Capernaum – Stadt der Hoffnung

Ein Film von Nadine Labaki.

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Born, never asked“ (Laurie Anderson) wäre auch ein pas­sen­der Titel zu Nadine Labakis Gewinner des Jury- und ande­rer Preise in Cannes, Capernaum. So heißt ein bibli­schen Fischerdorf am See Genezareth, aber das Wort bedeu­tet auch Chaos, und das passt genau zu Umgebung und Leben von Zain (Zain Al Rafeea, wie vie­le ande­re im Film ein – groß­ar­ti­ger – Laiendarsteller). Der unge­fähr 12-jäh­ri­ge Junge, weder er noch sonst jemand kennt sein Alter, klagt vor Gericht sei­ne Eltern an, ihn gezeugt zu haben. Rückblickend lebt er in Beirut in äußerst pre­kä­ren Verhältnissen bei den Eltern, bis die, ange­wie­sen auf das Geld, sei­ne gelieb­te Schwester Sahar viel zu jung ver­hei­ra­ten, d.h. ver­kau­fen. Wutentbrannt ver­lässt Zain die ärm­li­che Wohnung und die Familie, ohne Ziel und Zukunft. Beim Vergnügungspark am Meer trifft er auf Rahil, eine jun­ge Frau aus Äthiopien, eben­so wie er ein Mensch ohne Papiere. In ihrer Hütte fin­det er Unterschlupf und passt dafür auf den Sohn auf, wäh­rend sie arbei­tet – bis Rahil eines Tages ver­schwin­det und er allein ver­ant­wort­lich für den klei­nen Yonas ist.
Nadine Labaki macht sich ganz zur Anwältin von Ungerechtigkeit und vor allem der Kinder, im Film sogar in Persona. Ganz nah an Zain bleibt die Kamera, auf Augenhöhe beglei­tet sie ihn auf den Strassen und bei sei­nem Bemühen, durch die­se Welt zu kom­men. Das ist so authen­tisch wie hart, für Subtilität ist kein Platz. Der Film geht, weit­ge­hend ohne rühr­se­lig zu sein zu Herzen (falls dort kein Stein ist). Ab und zu lau­ert dann aller­dings doch Musik unter den Bildern, um im pas­sen­den Momenten die Dramatik abzu­fe­dern, gera­de zum Schluss, wo uns der Film mit einem gro­ßen Trostpflaster (Taschentuch!) entlässt.
In vie­len Filmen ist es ein Zeichen der Hoffnung, Kinder auf die Welt zu brin­gen, gleich, wie bru­tal und unwohn­lich die­se auch ist (sie­he Alfonso Cuaróns „Children of Man“). Als Hoffnungsträger sehen sich Zains rea­le Vorbilder wohl kaum.

Über ihre aus­gie­bi­ge Recherche auf den Straßen, in Lagern und in Gefängnissen sagt sie: „Zain ver­klagt ja nicht nur sei­ne Eltern, er ver­klagt das System. Seine Eltern sind genau­so Opfer wie er selbst. Wir den­ken immer nur an das Recht der Eltern, Kinder zu bekom­men, aber nie an die Rechte des Kindes, wenn es gebo­ren wird. Etwa das Recht, als Mensch behan­delt zu wer­den. Zu die­ser Frage haben mich all die ver­nach­läs­sig­ten Kinder gebracht. Ich frag­te sie, ob sie glück­lich sei­en, am Leben zu sein. Die meis­ten sag­ten: „Nein, ich wünsch­te, ich ich wäre nie­mals gebo­ren wor­den. Ich weiß nicht mal, war­um ich gebo­ren wur­de. Niemand liebt mich. Ich wer­de jeden Tag miss­han­delt. Warum bin ich da?“
(im Konkret-Interview)

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Credits:

Capharnaüm کفرناحوم
Libanon 2018, arab. OmU, 126 Min.
Regie: Nadine Labaki
Kamera: Christopher Aoun
Schnitt: Konstantin Bock
Buch: Nadine Labaki, Jihad Hojeily, Michelle Kesrouani, Georges Khabbaz, Khaled Mouzanar
mit: Zain Al Rafeea, Yordanos Shiferaw, Boluwatife Treasure Bankole, Kawthar Al Haddad, Fadi Kamel Youssef, Cedra Izam

Freigegeben ab 12 jah­ren (FSK)

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Cold War

Ein Film von Paweł Pawlikowski.

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Eine Liebesgeschichte in Polen im poli­ti­schem Kontext der 50er Jahren. In einer Musikakademie ver­liebt sich der Musiklehrer (Wiktor) in eine Schülerin (Zula). Diese unbe­ding­te Beziehung beglei­tet der Film über vie­le Jahre. Dabei spielt die Musik in ihrer Konstanz und fort­schrei­ten­der Veränderung eine gro­ße Rolle. Als Wiktor nach Paris flüch­tet und Zula zunächst in Polen bleibt, bedeu­tet das kei­ne end­gül­ti­ge Trennung. Während sich Orte und Zeiten ändern, scheint die Liebe unum­stöß­lich. Und doch folgt auf das neu­er­li­che Wiedersehen, gleich das nächs­te Auseinandergehen. Sowohl der Osten, wo der real exis­tie­ren­de Sozialismus herrscht, als auch der Westen mit sei­nen sub­ti­le­ren Unterdrückungsmechanismen, ist für sie kein Ort, der ihre Beziehung dau­er­haft bestehen lässt.

Eigentlich könn­te die­se Geschichte eine Vorlage für ein gro­ßes Melodram sein, doch ent­geht Pawel Pawlikowski geschickt die­ser Falle, indem Erzählbögen gekappt wer­den, vie­les unaus­ge­spro­chen bleibt, Lücken sich auf­tun, nach dem Wesentlichen abrupt geschnit­ten und auf Klischees und Kitsch weit­ge­hend ver­zich­tet und ins­ge­samt dem Zuschauer noch eine wohl­tu­en­de Distanz zuge­bil­ligt wird. Auch wenn für mei­nen Geschmack an eini­gen, weni­gen Stellen noch mehr und noch radi­ka­ler hät­te redu­ziert wer­den kön­nen, so wird die Geschichte doch mit einer gro­ßen Ökonomie, in einer läs­si­gen Unaufgeregtheit und unge­mei­nen Schnörgellosigkeit erzählt, der Erzählweise eines Aki Kaurismäki nicht unähnlich.

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Credits:

Zimna woj­na
Polen/Frankreich/Großbritannien 2018, 84 Min., poln. OmU
Regie: Paweł Pawlikowski
Drehbuch: Pawel Pawlikowski, Janusz Glowacki
Kamera: Lukasz Zal
Schnitt: Jaroslaw Kaminski
mit: Joanna Kulig, Tomasz Kot, Borys Szyc, Cédric Kahn, Agata Kulesza

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Drei Gesichter

Ein Film von Jafar Panahi.

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Jafar Panahi (Jafar Panahi) und eine Freundin, die bekann­te Schauspielerin Behnaz Jafari (Behnaz Jafari) schau­en ein Handyvideo, das an sie gerich­tet ist. Marziyeh (Marziyeh Rezaei), eine jun­ge Frau aus der Nähe von Panahis Heimatdorf, erzählt dar­in von ihrem Traum, der Schauspielerei, und wie er ihr von der Familie ver­wehrt wird – sie soll statt­des­sen ver­hei­ra­tet wer­den. Ihr Lebenssinn sei dahin, sagt sie, es gibt kei­nen Ausweg außer dem Strick. Das ist der erns­te Beginn des rasch wie­der leicht­fü­ßig wer­den­den Taxi-Teheran Nachfolgers. Großes Entsetzen und Skepsis, ob die Bilder echt und ernst zu neh­men sind, wech­seln sich bei den bei­den Adressaten ab. Vorsichtshalber aber fah­ren sie in das Dorf, um Marziyeh zu suchen und nach­zu­schau­en, was da wirk­lich los ist.
Intellektuelle Städter kom­men aufs rück­stän­di­ge Land – ein klas­si­scher Komödienstoff. Drei Gesichter geht jedoch gelas­sen mit der Situation um, mit nur hin­ter­grün­di­gem Witz und ohne jeman­den vor­zu­füh­ren. Mit gro­ßer Ruhe las­sen sich Reisende wie Film auf Merkwürdigkeiten wie dem aus­ge­klü­gel­ten Hup-Vorfahrt-System ein, oder fol­gen obsku­ren Wegbeschreibungen. Gerne dre­hen sich auch mal die Vorzeichen um: statt wie üblich, die Dorfmenschen mit soviel Bauernschläue aus­zu­stat­ten, dass sie die urba­ne Hochnäsigkeit zu Fall brin­gen, sind hier die Landleute min­des­tens eben­so bes­ser­wis­se­risch und über­heb­lich. Ihr Eigensinn zeigt sich auch an der anfäng­li­chen Begeisterung, mit der die Ankömmlinge, beson­ders die pro­mi­nen­te Behnaz, emp­fan­gen wer­den, nur um dann in eben­so gro­ße, ja teils gefähr­li­che Ablehnung umzu­schla­gen, als der wah­re Grund ihres Kommens klar wird.

Schon weil Panahi in sei­ne fil­mi­sche Handschrift die Grauzone des Lebens im Iran ein­schreibt, aber auch weil er ent­ge­gen allen Paratexten sich selbst als Prot­agonisten nicht all­zu wich­tig nimmt, fällt es schwer, ihm die stel­len­wei­se auf­kom­men­de Nabelschau übel zu neh­men. Dafür inter­es­siert sich Three Faces zu sehr für die drei Frauen und für die Möglichkeiten, wider­stän­di­ge Positionen nicht in einem Antagonis­mus zur kon­ser­va­ti­ven Provinz auf­ge­hen zu lassen.“
Frédéric Jaeger | critic.de

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Credits:

OT: Se rokh – سه رخ
Iran 2018, far­si OmU, 100 Min.,
Regie: Jafar Panahi
Buch: Jafar Panahi, Nader Saeivar
Kamera: Amin Jafari
Schnitt: Mastaneh Mohajer, Panah Panahi
Darsteller: Behnaz Jafari, Jafar Panahi, Marziyeh Rezaei, Maedeh Erteghaei, Narges Del Aram

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THREE FACESTROIS VISAGES (Official Trailer Fahrsi, Turkish/deutsch, français)

Shoplifters

Ein Film von Hirokazu Kore-eda.

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Vater Osamu und Sohn Shota sind beim Einkauf im Supermarkt, eine Einkaufsliste wird abgearbeitet:
Shampoo, Nudeln, Gemüse … Eigentlich nichts Besonderes, sieht man davon ab, dass die Güter heim­lich direkt in ihren Taschen lan­den, ohne Umweg über die Kasse.
Shoplifters (dt. Titel: Familienbande) heißt der Film dann auch und han­delt von einer Familie, die sich unter ande­rem mit Diebstählen über Wasser hält. Eine Familie? Der Struktur nach schon, Vater, Mutter, zwei Kinder, Großmutter, aber schnell fällt auf, dass die Verbindungen weni­ger Verwandtschaft als Solidargemeinschaft sind. Die fünf leben in dem win­zi­gen Haus, das der „Großmutter“ gehört. Mit pre­kä­rer Arbeit und klei­ne­ren Gaunereien schla­gen sich alle so eben durch. Osamu jobbt auf dem Bau, so viel es geht, und Nobuyo in der Wäscherei. Aki arbei­tet in einer Peep-Show und Oma Hatsue besucht gele­gent­lich den Sohn ihres Exmannes, von dem sie etwas Geld bekommt.

Die Filme des Regisseurs Kore-Eda Hirokazu sind geprägt von Empathie und haben „einen unver­wech­sel­ba­ren Stil und eine unver­wech­sel­ba­re Tonlage: sehr zart und zugleich sehr natu­ra­lis­tisch und rea­lis­tisch. Der Regisseur beob­ach­tet genau und erzählt prä­zi­se, und er beschö­nigt nichts, erfin­det kein Happy End, wo eines in der Wirklichkeit wenig wahr­schein­lich wäre. Zugleich sieht er Wärme und Licht, wo ein flüch­ti­ger Blick viel­leicht nur Kummer, Streit oder Armut sehen würde.“

Nach gelun­ge­nem Coup, gut gelaunt auf dem Nachhauseweg, fällt ihnen ein klei­nes Mädchen auf, das ein­sam drau­ßen auf einem kal­ten Balkon sitzt. Osamu nimmt sie mit, und als die Familie Misshandlungsspuren ent­deckt, steht fest: Yuri gehört ab jetzt ein­fach dazu. Als ihre jun­gen Eltern nach lan­ger Zeit eine Vermisstenanzeige auf­ge­ben, da ist die Kleine schon fest im Alltag inte­griert – inklu­si­ve Diebstahlausbildung durch Shota.
„Aus vie­len klei­nen vir­tu­os insze­nier­ten Alltagsszenen – nie­mand arbei­tet so gut mit Kindern wie Kore-Eda – setzt sich nach und nach ein sanf­tes Porträt einer lie­bens­wer­ten Gemeinschaft zusam­men, in der alle mit ihren Eigenarten ihren Platz haben. Aber es wird auch deut­lich, wie sehr Geld – oder der Mangel an Geld – den Alltag bestimmt. … Er [der Regisseur] hat eine ziem­lich kla­re Meinung, wer hier wen aus­beu­tet: Wenn Osamu nach einem Arbeitsunfall kein Geld bekommt oder wenn der Chef Nobuyo und ihre Kollegin zu sich zitiert, ihnen eröff­net, dass er kla­rer­wei­se die Leute mit dem höchs­ten Gehalt zuerst ent­las­sen muss, und sie dann auf­for­dert, unter­ein­an­der aus­zu­ma­chen, wer gehen muss, wird deut­lich, dass die Betrügereien der Arbeiter und Arbeiterinnen, der Ladendiebe und Herumstreicherinnen schlimms­ten­falls Notwehr sind. Dass es stän­dig um Geld geht, ist Schuld des Systems, nicht der Menschen, die um ihre Existenz kämpfen.“

Nach sie­ben Filmen im Wettbewerb von Cannes und etli­chen Auszeichnungen hat Kore-Eda Hirokazu sie end­lich – und hoch­ver­dient – für SHOPLIFTERS bekom­men, die Goldene Palme. Was aber hielt den sonst so pres­t­ige­lie­ben­den japa­ni­schen Premier Shinzō Abe davon ab, ihm zu gra­tu­lie­ren? War es die „fal­sche“ Familienkonstellation? Das the­ma­ti­sie­ren pre­kä­rer Lebensverhältnisse im heu­ti­gen Japan? Die Verteidigung von soli­da­ri­schem Handeln? Die Tatsache, dass die Held*innen im Film Diebe sind? Ist er zu wahr­haf­tig? Oder war es doch „nur“ die Teilnahme Kore-Edas an einer Demonstration gegen ein neu­es Militär-Auslandseinsatz-Gesetz? Regisseur Kore-Eda bekam jeden­falls kei­nen Glückwunsch, die Japaner hin­ge­gen bescher­ten ihm einen Riesenerfolg an der Kinokasse.
Zitate: Hendrike Bake | indie­ki­no Berlin

 

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Credits:

Manbiki kazo­ku
Japan 2018, 121 Min., jap. OmU
Regie & Schnitt: Hirokazu Kore-eda 
Kamera: Kondo Ryuto
mit: Lily Franky, Sakura Ando, Mayu Matsuoka, Kilin Kiki, Kairi Jyo
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Gegen den Strom

Ein Film von Benedikt Erlingsson.

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Benedikt Erlingsson (Von Menschen und Pferden) hat mit der Chorleiterin Hella eine Heldin geschaf­fen, die so boden­stän­dig wie enthu­si­as­tisch agiert und einen zwar mora­lisch unter­stütz­ten, aktiv aber ein­sa­men Guerillakrieg gegen Naturzerstörung und deren Verursacher führt. Niemand käme auf die Idee, dass die lie­bens­wer­te, gesell­schaft­lich vor­bild­li­che Mitbürgerin für die weit­flä­chi­gen Stromausfälle mit enor­men Ausfallkosten und poli­ti­schen Konsequenzen ver­ant­wort­lich sein könn­te. Doch dann bekommt Hella ein ganz ande­res Problem: das Adoptivkind, um das sie sich vor etli­chen Jahren bewor­ben hat, wird zu einer ganz rea­len ukrai­ni­schen Tochter, die es abzu­ho­len gilt. Aber Hella will ihre sons­ti­gen Aktivitäten nicht aufgeben…
Wir geben zu: dies ist ein soge­nann­tes Feel-Good-Movie. Was lässt sich zu sei­ner Verteidigung anfüh­ren? Die groß­ar­ti­ge Landschaft, in der Hella die natio­na­le Aluminiumindustrie sabo­tiert? Die Ungerechtigkeit, mit der ein armer latein­ame­ri­ka­ni­scher Fahrradtourist immer aufs Neue ihrer Taten bezich­tigt wird? Die Skurrilität man­cher Charaktere, die das mär­chen­haf­te der Erzählung unter­stüt­zen? Oder die Musiker*innen, die bei jedem Einsatz gleich auch im Bild her­um­ste­hen, und sogar wagen, sich einzumischen?
Was sagt der Regisseur?
„Mir geht es immer mehr um die Handlung, die Aufgabe, den Schmerz, um die abs­trak­te Idee, die mich bei einem Projekt fas­zi­niert und die Geschichte, die erzählt wer­den muss. … Ich fin­de nicht, dass die­ser Film eine Komödie ist… Wenn etwas in den Geschichten, die ich erzäh­le, komisch ist, ist es ein Zusatz oder ein Nebeneffekt.« und zum Umweltschutz bemerkt er: »Ich möch­te in die­sem Zusammenhang mei­ne bei­den Heldinnen erwäh­nen. Zwei rea­le, sehr kämp­fe­ri­sche Frauen: Berta Cáceres aus Honduras und Yolanda Maturana aus Kolumbien. Beide waren Umweltaktivistinnen von „Life its­elf”, die von dunk­len Hintermännern einer star­ken Lobby mit eige­nen Interessen ermor­det wur­den. Aber am schlimms­ten ist, dass die Regierungen die Frauen in kei­ner Weise beschützt haben. Bisweilen wirkt es sogar so, als wür­den eini­ge Regierungen aktiv für die ande­re Seite arbeiten. …“

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Credits:

Kona fer í stríð, FR/IS/UA 2018, 100 Min., isländ. OmU
Regie: Benedikt Erlingsson
Kamera: Bergsteinn Björgúlfsson
Schnitt: Davíð Alexsander Corno
mit: Halldóra Geirharðsdóttir, Jóhann Sigurðarson, Davíð Þór Jónsson

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WOMAN AT WAR (Official Trailer, OV/d,f)

Widows – Tödliche Witwen

Ein Film von Steve McQueen.

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Der neue Film des bri­ti­schen Regisseurs Steve McQueen (Hunger, Shame, 12 Years a Slave) basiert auf einer TV-Krimiserie aus den 80er Jahren, geschrie­ben von Lynda La Plante. Um von aktu­el­len Umständen zu erzäh­len, ver­legt Steve McQueen die Geschichte von London in den 80ern ins heu­ti­ge Chicago. Die Witwen sind vier Frauen, deren Männer bei einem miss­glück­ten Raub getö­tet wer­den. Sie hin­ter­las­sen ihren Frauen unver­mu­te­te Schulden, wodurch ihr schein­bar gesi­cher­tes Leben droht, wie ein Kartenhaus zusam­men­zu­bre­chen. Ein mög­li­cher Weg aus die­ser Notsituation fin­det sich in dem Notizbuch des ver­stor­be­nen Ehemanns von Veronica (gespielt von Viola Davis), in dem der Plan für den nächs­ten Coup skiz­ziert ist. Die vier Frauen schlie­ßen sich zu einer Art Notgemeinschaft zusam­men und tun das, was nie­mand ihnen zutraut, um sich gemein­sam aus dem Sumpf zu ziehen.

In Filmen wür­den sich oft Frauen gegen­sei­tig has­sen müs­sen, sagt Steve McQueen, der umge­kehr­te Fall, dass sich Frauen zusam­men­schlie­ßen und sich gegen­sei­tig respek­tie­ren, ist viel zu sel­ten erzählt. Das ist das eine. Das ande­re sind gesell­schaft­li­che Fragen, der sozia­le und finan­zi­el­le Hintergrund der Frauen wird immer auch mit­er­zählt. „Widows“ ist vor­der­grün­dig ein span­nen­den Thriller, der auf die Frage hin­aus­läuft, ob die vier Witwen erwischt wer­den oder nicht. Der Film ver­han­delt zugleich aber viel mehr, es geht um Politik, Klasse, Ethnie, Kriminalität. Ein Blick auf das Lokale (Chicago) als Methode, um Globales zu sehen, schreibt Steve McQueen in sei­nem Kommentar zum Film.

 

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Credits:
GB/US 2018, 130 Min., engl. OmU
Regie: Steve McQueen
Kamera: Sean Bobbitt
Schnitt: Joe Walker
mit: Viola Davis, Michelle Rodriguez, Elizabeth Debicki, Cynthia Erivo, , Colin Farrell, Brian Tyree Henry, Daniel Kaluuya, Jacki Weaver, Carrie Coon, Robert Duvall, Liam Neeson

frei­ge­ge­ben ab 16 Jahren (FSK)

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An Elephant Sitting Still

Ein Film von Hu Bo.

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Als Ausgangspunkt dient die Erzählung von einem Elephanten, der ein­fach nur dasitzt und die Welt zu igno­rie­ren scheint. Der Film zeigt einen Tag im Leben von vier Personen, die in einer chi­ne­si­schen Stadt woh­nen und deren Wege mit­ein­an­der ver­knüpft sind und sich immer wie­der kreuzen:
Bu ist auf der Flucht, nach­dem er den Schultyrannen Shuai die Treppe hin­un­ter­ge­stos­sen hat. Seine Mitschülerin Ling hat sich auf eine gefähr­li­che Affäre ein­ge­las­sen. Shuais Bruder fühlt sich nach dem Suizid sei­nes bes­ten Freundes schul­dig. Und der Pensionär Wang befürch­tet, in ein Heim abge­scho­ben zu wer­den. Das elek­tri­sie­ren­de, vir­tu­os erzähl­te Mammutwerk von Ausnahmetalent Hu Bo ist tra­gi­scher­wei­se zugleich sein Testament. Am 12. Oktober 2017 hat sich der 29-Jährige das Leben genommen.

An Elephant Sitting Still“ ist ein Geniestück. Voller Härte und Poesie, mit einer Kamera, die sich den Figuren an die Fersen hef­tet, die obses­siv Nähe sucht und Entfremdung ins Bild setzt. (Christiane Peitz)

Der Mythos eines Elefanten, der rät­sel­haf­ter­wei­se ein­fach nur still dasitzt, ver­kör­pert die Hoffnung der Protagonisten auf einen Ausweg und ihre Sehnsucht nach einem ande­ren Ort. Das Trompeten durch­schnei­det die Nacht wie zar­tes Grün, das in der „Einöde“ blüht. Mit die­sem Wort beschreibt Hu gern das Leben, sowohl im Film als auch in sei­ner Erzählung Risse: „Ich dach­te dar­über nach, war­um ich dort war und in der Einöde nach Wegen such­te, die ich ein­schla­gen kann. Und ich bin über­zeugt, dass es mehr ist als nur die Enttäuschung über die Gegenwart.“ (Yun-hua Chen)

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Credits:
Volksrepublik China 2018, Mandarin OmU, 230 Min.,
Regie, Buch: Hu Bo
Kamera: Fan Chao
Schnitt: Hu Bo
mit: Zhang Yu
Peng Yuchang
Wang Yuwen
Liu Congxi

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Die Erbinnen

Ein Film von Marcelo Martinessi.

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Chela (Ana Brun) und Chiquita (Margarita Irún) leben schon lan­ge zusam­men und sind ein ein­ge­spiel­tes Paar. Chiquita, extro­ver­tiert und selbst­be­wusst, umsorgt die intro­ver­tier­te und unselbst­stän­di­ge Chela. Doch eines Tages muss Chiquita wegen nicht getilg­ter Schulden ins Gefängnis. Chela, plötz­lich auf sich gestellt, muss nun ler­nen nicht nur ihren Alltag zu bewäl­ti­gen, son­dern auch ihre Gefühle und Bedürfnisse neu zu ent­de­cken. Dieser Lernprozess wird im Film aber nicht als freu­di­ge Erfahrung oder Befreiung dar­ge­stellt, son­dern als ein ver­spä­te­tes Nachholen von Fähigkeiten, was die immer prä­sen­te, leicht melan­cho­li­sche Stimmung die­ser sanf­ten Emanzipationsgeschichte erklärt.

Das pri­va­te Drama spie­gelt die gesell­schaft­li­che Entwicklung, die Paraguay nach lan­gen Jahren der Diktatur und der Absetzung der ers­ten demo­kra­ti­schen Regierung genom­men hat und erzählt zugleich eine uni­ver­sel­le Geschichte über Abhängigkeiten und einen spä­ten Neuanfang.“ (Grandfilm)

Berlinale 2018 – Silberner Bär: bes­te Darstellerin
Berlinale 2018 – Silberner Bär: Alfred Bauer-Preis
Berlinale 2018 – FIPRESCI-Preis
Berlinale 2018 – Teddy Award der Leserjury

 

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Credits:
Las here­de­ras
PY/UY/DE/BR/NO/FR 2018, 95 Min., span. OmU,
Regie: Marcelo Martinessi
Kamera: Luis Armando Arteaga
Schnitt: Fernando Epstein
mit: Ana Brun, Margarita Irún, Ana Ivanova

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Yours in Sisterhood

Ein Film von Irene Lusztig.

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Die Orte sind nicht wei­ter außer­ge­wöhn­lich, die die Kamera in ruhi­gen Einstellungen ein­rahmt. Tankstellen und Vorstadthäuser, Gärten und Kirchen, Wohnzimmer und Bars. Eher schon die Frauen, die in die­sen Einstellungen die Stimme erhe­ben, und die Erzählungen, die sie wie­der­ge­ben. Sie legen Zeugnis ab, intim und offen­her­zig, erleich­tert dar­über, nicht mehr allein zu sein, oder wütend. Weiterlesen

Reise nach Jerusalem

Ein Film von Lucia Chiarla.

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Alice weiß nicht wei­ter. Vor Kurzem arbeits­los gewor­den, ver­sucht die 39 jäh­ri­ge wie­der einen Job zu bekom­men und ihre Ansprüche dar­an wer­den im Verlauf der Zeit immer gerin­ger. Sie gibt nicht auf, rennt immer wie­der gegen Wände und ver­tuscht ihre pre­kä­re Lage fort­wäh­rend. Auch nach­dem ihr wegen „Fehlverhalten“ die Bezüge gekürzt wer­den, ver­sucht sie wei­ter­hin mit gro­ßer Vehemenz, Fuß zu fas­sen. Das ent­behrt nicht einer gewis­sen Komik, und doch lau­ert hin­ter jedem neu­en Aufbruch eine unend­li­che, lee­re, ver­zwei­fel­te Traurigkeit. Als Zuschauer möch­te man sie, bei aller Zuneigung, manch­mal schüt­teln und sie zum Aufgeben bewe­gen oder sie zumin­dest auf den Boden holen, weil das Ende stets abseh­bar ist. Aber Alice steht immer wie­der auf, und wir freu­en uns fast, wenn sie dann doch Verzweiflung zulässt, die aller­dings sogleich wie­der über­spielt und ver­drängt wird.

Der Vergleich zu Maren Ades Film „Der Wald vor lau­ter Bäumen“ drängt sich natür­lich auf, zumal Eva Löbau in bei­den Filmen die Hauptrolle spielt. In bei­den Filmen scheint die Protagonistin, und das wahr­schein­lich aus gutem Grund, nicht in der Lage zu sein, sich in der Welt ein­zu­rich­ten und sich zu syn­chro­ni­sie­ren. Oder ist es die Welt, die nichts mit den Figuren anfan­gen kann?

Der Unterschied bei­der Filme scheint in einem Perspektivwechsel zu bestehen: Während in „Der Wald vor lau­ter Bäumen“ die Figur ihrer Umwelt und sich viel zumu­tet, ist es umge­kehrt in „Reise nach Jerusalem“ jedoch die Welt, die sie über­for­dert. Das eine führt in die Tragödie, das ande­re in die Groteske.

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Credits:
DE 2018, 118 Min., Deutsch.m.engl.UT
Regie: Lucia Chiarla
Bildgestaltung: Ralf Noack 
Schnitt: Aletta von Vietinghoff 
mit: Eva Löbau, Beniamino Brogi, Veronika Nowag-Jones, Axel Werner
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Termine:

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Trailer:

Reise nach Jerusalem (2018) Trailer, deutsch

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