Ein musikalischer Dokumentarfilm über Sakamotos letztes Konzert, bei dem nur er und sein Klavier zu hören waren. Ein stiller, nachdenklicher und berührender Film über das Leben und die Erfüllung durch die Musik.
Credits:
JP 2023, 103 Min., Regie: Neo Sora Kamera: Bill Kirstein Schnitt: Takuya Kawakami
Eine ganz eigene, magische Erzählung über einen Jäger verlorener Artefakte. Angesiedelt in den traumhaften Landschaften von Riparbella in der Toskana in den 1980er Jahren, erzählt „La Chimera“ die Geschichte von Arthur (Josh O’Connor), einem ehemaligen britischen Archäologen, der mittlerweile ein düsteres Gangsterleben führt. Als wir ihn zum ersten Mal im Film sehen, ist Arthur gerade aus dem Gefängnis entlassen worden. Zuvor hat er die alternde Aristokratin Flora (Isabella Rossellini) getroffen und sich in deren Tochter Beniamina (Yile Vianello) verliebt. Als Beniamina stirbt, schließt sich Arthur einem kleinen Netzwerk von kuriosen Grabräubern an, die sich mit viel kreativer Kraft dem Diebstahl von etruskischen Schätzen widmen. Während die meisten aufs große Geld hoffen, ist Arthur nur daran interessiert, sich mit seiner verstorbenen Traumfrau wieder zu vereinen.
Wie schon Rohrwachers frühere Werke, so ist auch „La Chimera“ ein elegantes Amalgam des italienischen Kinos. Echos der Werke der größten Meister durchziehen ihren Film; von Pasolinis Außenseiterromantik, über die Folklore der Werke der Gebrüder Taviani bis hin zu den ernsten Glaubensbekenntnissen eines Ermanno Olmi. Und die Gang der etruskischen Grabräuber könnte ohne weiteres aus Fellinis „Amarcord“ oder „Roma“ gecastet sein. Dennoch folgt die italienische Regisseurin nicht nur den Spuren großer Vorbilder, sondern formt sehr intelligent ihren eigenen, unverwechselbaren Stil, der zwischen der Rauheit des Neorealismus und einer traumhaften Verspieltheit changiert und fließend zwischen verschiedenen Konventionen wechselt. Es ist ein Kino der großen Gefühle und sinnlichen Freude, das den Abenteuer-Plot in einen filmischen Karneval überführt und den Alice Rohrwachers geniale Kamerafrau Hélène Louvart in einen wilden Mix aus 35mm, 16mm und Super8-Aufnahmen einfängt. Kurzum: Eine Feier von Zelluloid-Träumen. Dafür gewann der Film im Wettbewerb der Filmfestspiele von Cannes den FIPRESCI-Preis als bester Film.
Around the world in 14 films
Credits:
IT, FR, CH 2023, 103 Min., ital./engl. OmU Regie: Alice Rohrwacher Kamera: Hélène Louvart Schnitt: Nelly Quettier mit: Josh O’Connor, Carol Duarte, Isabella Rossellini, Alba Rohrwacher
Takumi (Hitoshi Omika) und seine Tochter Hana (Ryo Nishikawa) leben in einem kleinen Dorf namens Mizubiki, das nicht weit von der japanischen Hauptstadt Tokio entfernt liegt. Ihr Leben ist einfach und eng mit der Natur verbunden. Sie genießen die Kargheit und Abgeschiedenheit ihres Alltags. Doch diese Idylle scheint bald ein Ende zu nehmen. Ein Unternehmen aus Tokio plant, eine Luxus-Campinganlage in der Nähe zu errichten. Das entschleunigte Leben der Dorfbewohner hätte damit ein Ende. Die Fronten sind verhärtet. In einem Versuch, die Situation zu entschärfen, schickt das Unternehmen zwei Agenturmitarbeiter nach Mizubiki. Doch anstatt einer Lösung nahezukommen, führt dies zu weiteren Spannungen –mit tiefgreifenden Folgen für alle Beteiligten. Umwelt gegen Ökonomie. Um diese Auseinandersetzung geht es in Hamaguchis Werk, das auf dem letztjährigen Filmfest von Venedig acht Minuten lang Standing Ovations erhielt. „Evil Does Not Exist“ ist eine feinfühlig erzählte, ökologische Reise zu dem, was die Menschen in Mizubiki im Innersten antreibt und was sie erfüllt: sie existieren selbstbestimmt und unabhängig. Sie leben von dem, was der Wald ihnen gibt und was auf natürliche Weise vorhanden ist. Als Zuschauer beobachtet man Takumi beim Wasserholen (aus dem nahegelegenen Fluss), Holz hacken, bei den ausgiebigen Wanderungen und auf Hirschjagd. Oft ist seine interessierte Tochter Hana mit dabei, der Takumi viel über die Wälder, Tiere und Bäume lehrt. Gerade jene Szenen im Wald haben etwas zutiefst Meditatives und zählen zu den stimmungsvollsten des Films. Verantwortlich dafür sind neben den ungewöhnlichen Blickwinkeln und Kameraperspektiven noch zwei andere Aspekte. Zum einen die authentische Soundkulisse und Klanglandschaft, vom Fließen des Baches über die knackenden Äste bis hin zum Vogelgezwitscher. Zum anderen die wunderschöne, anrührende Filmmusik, komponiert von der japanischen Künstlerin Eiko Ishibashi. Ihre Klänge unterstreichen viele Szenen, nicht nur jene im Wald. Und meist hat man das Gefühl, dass ihre Musik maßgeblich und stellvertretend für die Stimmung des gesamten Films ist. Zu jener Naturverbundenheit und dem bereits angesprochenen Realismus kommt aber etwas hinzu, das den Frieden stört. Den Frieden und das ruhige Leben der Dorfbewohner. Das Eintreffen der beiden Firmenvertreter in Mizubiki ebenso wie die „Glamping“-Pläne ihres Arbeitgebers, symbolisieren das Eindringen des Menschen in die Natur. Stehen die Dörfler exemplarisch für ein naturbewusstes Dasein und die Liebe zur Umwelt, so geben die Firmenvertreter dem Kapitalismus und Gewinnstreben ein Gesicht. Doch „Evil Does Not Exist“ gewährt jeder Seite letztlich eine faire Chance, um für ihre Position einzustehen und Argumente darzulegen. Ryusuke Hamaguchi ergreift keine Partei, auch wenn sein Standpunkt subtil und unterschwellig oft durchscheint. Und egal ob Dorfbewohner oder Städter: Hamaguchi entlockt seinen Schauspielern durch den reduzierten Einsatz von Dialogen durchweg und unablässig gelungene, wahrhaftige Leistungen.
Es beginnt beim Bestatter: Helke Sander sucht sich einen Sarg aus, kein Zeichen von Fatalismus oder Morbidität, sondern von Selbstbestimmung bis zum Ende. Eigentlich würde sie gerne einfach in einem Tuch begraben werden, so wie es bei Muslimen Tradition ist, doch für eine Deutsche auf einem deutschen Friedhof gelten strenge Regeln.
Dass sie auch hier die Regeln hinterfragt passt zu einer Frau, die in einem Moment sagt: „Wer nachdenkt, radikalisiert sich auch.“ Nachgedacht hat Helke Sander viel, besonders in den 60er Jahren, als die Studentenrevolten ihren Anfang nahmen, Revolten, die aber bei aller Radikalität oft von einem immanenten Sexismus geprägt waren. Das Patriarchat ließ sich bei den Eltern gerne anklagen, bei sich selbst waren die Muster nicht so schnell wegzubekommen. Und so kam es 1968 zu Helke Sanders legendärer Rede vor dem SDS, dem Sozialistischen Deutschen Studentenbund. Sie forderte die Männer im Saal auf, sich nicht nur für die Befreiung der unterdrückten Völker in Vietnam oder anderswo einzusetzen, nicht nur auf das große Ganze zu schauen, sondern auch das kleine, das wenig Spektakuläre im Auge zu behalten: Die Realität der Frauen in Deutschland, in Frankfurt und Berlin.
Dort studierte Sander im legendären ersten Jahrgang der Filmhochschule DFFB, in dem unter anderem Wolfgang Petersen, Harun Farocki, Hartmut Bitomsky und auch der spätere RAF-Terrorist Holger Meins studierten. Erste Filme drehte Sander noch in den 70er Jahre, ihren bekanntesten 1978. In „Die allseitig reduzierte Persönlichkeit – Redupers“ spielt sie selber die Hauptrolle einer alleinerziehenden Frau, die in West-Berlin als Fotografin arbeitet und versucht, Kind, Beruf, Privatleben und politisches Bewusstsein unter einen Hut zu bringen.
Nicht nur durch ihr eigenes Mitwirken vor der Kamera wird deutlich, wie autobiographisch dieser Film war: Anfang der 60er Jahre zog Sander nach Finnland, bekam ein Kind und kehrte später als alleinerziehende Mutter nach Berlin zurück. In der Rückschau blicken sie und Zeitgenossinnen durchaus selbstkritisch auf diese Zeit zurück, geben zu, dass die Kinder nicht immer die Aufmerksamkeit bekamen, die sie vielleicht hätten bekommen sollen.
Das Private und das Politische unter einen Hut zu bringen, das war damals schon schwierig, das ist es auch heute noch, doch die Fortschritte, die seit den 60er Jahre in der Gesellschaft, aber auch in der Filmbranche zu beobachten sind, zeigen, dass der Einsatz von Helke Sander und anderen nicht umsonst war. Heute gibt es die Initiative ProQuote, heute gibt es Kinderbetruung am Filmset und manch andere Errungenschaft. Wie Claudia Richarz in ihrem Dokumentarfilm „Helke Sander: Aufräumen“ überzeugend zeigt: Nicht zuletzt dank Helke Sander.
Michael Meyns | programmkino.de
Credits:
GB 2023, 101 Min. Regie: Claudia Richarz Kamera: Claudia Richarz, Martin Gressmann, Volker Sattel Schnitt: Martin Kayser-Landwehr, Magdolna Rokob
Es begann mit einem Knall: Als die britische Polizei 1964 eine illegale Party in der Underground-Szene von Cambridge gewaltsam beendet, sind die beiden Kunststudenten Aubrey „Po“ Powell und Storm Thorgerson die Einzigen, die nicht die Flucht ergreifen und den Beamten die Stirn bieten. Fortan ist das Duo unzertrennlich. Gemeinsam gründen sie das Grafik-Label „Hipgnosis“ und designen die ersten Cover für die noch unbekannten Rocker von Pink Floyd. Mit avantgardistischem Stil und dem kompromisslosen Primat der Kunst vor dem Kommerz werden Po und Storm zu Lieblingen der Bands – und zum Schrecken der Musikstudios und ‑produzenten. Der Erfolg aber gibt ihnen Recht. Pink Floyd werden Weltstars, ihre Cover erlangen Kultstatus.
Credits:
GB 2022, 101 Min., engl. OmU, Regie: Anton Corbijn Kamera: Stuart Luck, Martijn van Broekhuizen Schnitt: Andrew Hulme mit: Paul McCartney, Aubrey Powell, Jimmy Page, Noel Gallagher, Robert Plant, Roger Waters, u.a.
Trailer:
Squaring the Circle: The Story of Hipgnosis (2022)
Zwei unterschiedliche Frauen in einem noch geeinten Land: Am Vorabend der Teilung des Sudan eskalieren in Khartum die ethnischen Konflikte. Ein packendes Drama über Ausgrenzung und Rassismus. Mona, eine pensionierte Sängerin aus der nordsudanesischen Oberschicht, hat versehentlich den Tod eines Mannes aus dem Südsudan verursacht. Um ihre Schuld wiedergutzumachen, nimmt sie Julia, die ahnungslose Witwe, und deren Sohn bei sich auf. Während Julia als Hausangestellte arbeitet, beginnt Mona sich an den Status quo zu gewöhnen. Doch die Unruhen im Land rücken immer näher an ihr Haus heran und konfrontieren sie wieder mit ihrem Vergehen.
„GOODBYEJULIA ist eine schwierige Reise durch das kollektive Gedächtnis des sudanesischen und des südsudanesischen Volkes, die sich mit dem normalen Alltagsleben zweier Frauen befasst, die durch ungewöhnliche soziale und politische Situationen, die sie stark beeinflusst haben, miteinander verbunden sind. Die Erzählung ist von den Phasen der Versöhnung inspiriert und behandelt Themen wie Reue, Wiedergutmachung, Offenlegung, Schuldbekenntnis und Reue.“ (Mohamed Kordofani)
Credits:
SD/SE/DE/SA/FR/EG 2023, 120 Min., arab. OmU, Regie: Mohamed Kordofani Kamera: Pierre de Villiers mit: Eiman Yousif, Siran Riak, Nazar Gomaa, Ger Duany
„Hast du eine am Sträußchen?“ hätten die Eltern gesagt, wäre Martina mit dem Wunsch, Friseuse zu werden, „um die Ecke gekommen“. Martina ist eine von fünf Bergleuten, die der Film vor und nach der Schließung der ostwestfälischen Steinkohle-Zeche begleitet. Bis 2015 hieß sie Mark, seit ihrer Transition ist sie die erste und einzige Frau, die unter Tage einfährt. Er verbringe mehr Zeit mit seinem Kumpel Wolfgang („Locke“) als mit seiner Frau, rechnet Marco („Langer“) vor. Damit und mit der Arbeit ist bald Schluss, und vorausschauend macht er nebenher den Busführerschein. Locke wiederum vermisst nach der Stilllegung die gemeinsame Zeit schmerzlich, trotz der oft heftigen Anblafferei zwischen ihnen, oder vielleicht gerade deshalb. Auch Thomas fällt die Umstellung nicht leicht, zumal er die Wohnung mit der alles kontrollierenden Mutter jetzt den ganzen Tag teilt. Der Tamile Kirishanthan („Kiri“) floh vor über 20 Jahren aus Sri Lanka. Die Hütte und die Kumpel sind seitdem neben seiner Familie ein zweites Zuhause. Auch er muss sich nun umorientieren. Das Ende des Steinkohlebergbaus in Deutschland bedeutete auch das Ende eines der ungesündesten und härtesten Berufe, wie man sehen kann. Ein Arbeitsplatz in bis zu 1600m Tiefe, enge Stollen, Hitze, Kohlenstaub, Schichtbetrieb – trotzdem rollen die Tränen beim Abschied nicht aus Freude. Der Strukturwandel trägt neben Perspektivlosigkeit auch Einsamkeit in sich, denn die harte Arbeit und das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun, schweißen zusammen. Der Film zeigt das in tragisch-humorvoll-berührender Weise, und findet für den„Rückbau“ und was „danach“ passiert. beeindruckende Bilder. Während Locke sich, angeregt durch seine Kinder und der FFF-Bewegung, Gedanken zum Klimaschutz macht („ein Bergmann, der Kohle gefördert hat für Kohlekraftwerke will die Welt retten – das wär doch mal was“), fährt Lange einen Schulbus, Kiri unterrichtet Tamilisch und Thomas kämpft mit seiner Mutter um die Hoheit am Herd. Nur Martina blieb dem Bergbau treu: sie arbeitet jetzt im Salzbergwerk.
Credits:
DE 2023, 104 Min., Regie: Christian Johannes Koch & Jonas Matauschek Kamera: Sebastian Klatt Schnitt: Natali Barrey, Annette Brütsch, Jonas Matauschek
Miss Novak beginnt an einer internationalen Privatschule zu unterrichten, wo sie mit ihrem Unterricht über bewusste Ernährung die Essgewohnheiten der Schüler grundlegend verändert. Ohne den Verdacht der anderen Lehrer und der Eltern zu wecken, geraten einige der Schüler in ihren Bann, bis sie schließlich selbst Teil des geheimnisvollen Club Zero werden. „Die jungen Menschen von heute fürchten um ihre Zukunft. Sie kämpfen um sie. Sie wollen handeln, Verantwortung übernehmen, Macht über ihr Leben haben, etwas bewirken. Sie wollen einen Sinn finden. Sie wollen den Planeten retten und damit auch ihre Zukunft. Sie werden politisch, manche schließen sich radikalen Gruppen an. Sie wollen nicht warten, bis es zu spät ist. Ich verstehe das, und ich habe großes Mitgefühl für diese Generation. (…) Es gibt bei mir keine moralische Verurteilung, keine Erlösung. Und ich denke, das Thema Ernährung berührt einen Nerv. Essen ist extrem intim, wie Nacktsein oder Sex. Es ist auch tabuisiert. (…) Essen ist etwas sehr Persönliches, aber gleichzeitig auch etwas sehr Soziales. Stellen Sie sich vor, Sie treffen sich mit Freunden zum Abendessen und sind die einzige Person an diesem Abend, die nicht isst. Das kann dazu führen, dass die anderen sich angegriffen fühlen. Und warum? Weil Sie einen geheimen Code brechen, eine gesellschaftliche Regel ignorieren und damit die anderen in Frage stellen. Wir alle glauben an etwas, niemand ist frei von Aberglauben. Jeder von uns gehört zu einer Gruppe, die bestimmte Grundsätze oder Codes hat. Wir müssen die Subjektivität unserer Überzeugungen verstehen, um zu begreifen, wie sehr Miss Novak und die Kinder von ihren Glaubenssätzen überzeugt sind. Ihre »Lebensmittelreligion« ist ein Beispiel für einen radikalen Glauben. (…) Es gibt eine gewisse Art von Absurdität, die unserer Existenz innewohnt. Aus einem distanzierteren Blickwinkel betrachtet, erscheinen viele Dinge, an die wir glauben und die wir tun, lächerlich, absurd oder vergeblich. In meinen Filmen versuche ich immer, eine distanzierte Perspektive zu finden, um dies zu reflektieren. Ganz im Sinne von Bertold Brechts Verfremdungseffekt. Club Zero wird aus einer Perspektive erzählt, die das Alltägliche verfremdet: bis hin zur Absurdität. Daraus ergibt sich auch der schwarze Humor des Films.” Jessica Hausner
Credits:
AT, UK, DE, FR, DK 2023, 110 Min., englische OmU Regie: Jessica Hausner Kamera: Martin Gschlacht Schnitt: Karina Ressler mit: Mia Wasikowska, Sidse Babette Knudsen, Elsa Zylberstein, Lukas Turtur, Mathieu Demy, Amir El-Masry, Ksenia Devriendt, Luke Barker
Elena ist (wie ihre Interpretin Greta Grineviciute) mit Leib und Seele Tänzerin und Choreografin. Bei einem Tanzworkshop für gehörlose Jugendliche lernt sie den Gebärdendolmetscher Dovydas kennen. Die beiden mögen sich sofort, verbringen einige Zeit miteinander und kommen sich näher, bis er seine Grenzen aufzeigt. Dovydas ist asexuell. Er hat zwar ein Bedürfnis nach körperlicher Nähe, aber keines nach Sex – eine Herausforderung für Elena, wie für die frische romantische Beziehung überhaupt. Unspektakulär und warmherzig erzählt Regisseurin Marija Kavtaradze von einer ungewöhnlichen sinnlichen Liebe, die ihre Sprache und ihren Weg entlang beider Wünsche finden will, und den ganz normalen Fallstricken unterwegs. „Doch dass, bloß weil zwei, die sich lieben, sich etwas vornehmen, es noch lange nicht nach Plan verlaufen muss, weiß Marija Kavtaradze in ihrer grazil geschriebenen Geschichte ebenso zu illustrieren. Die litauische Filmemacherin benötigt in ihrem zweiten langen Spielfilm als Regisseurin … keine Einfälle riesiger Tragödien, um alles durchdringende Emotionen auf die Leinwand zu zaubern, inszenatorische Ruhe und Vertrauen in die Dialoge sowie die, die sie sprechen, genügen ihr dazu.“ Jakob Dibold | Ray Filmmagazin „… es ist erfrischend, einen Film zu sehen, der „einfach nur“ erfolgreich eine realitätsgetreue Beziehung darstellt, ohne in diese gezwungen wirkende erzählerische Wendungen einzubauen.“ Maximilian Schröter | film-rezensionen.de
Credits:
LT/ES/SE 2023, 108 Min., litauische OmU Regie: Marija Kavtaradze Kamera: Laurynas Bareiša Schnitt: Silvija Vilkaitė mit: Greta Grinevičiūtė, Kęstutis Cicėnas
Empathie ist der Begriff, der mir zu den Filmen des Regisseurs Hirokazu Kore-eda sofort einfällt, natürlich auch diesmal wieder. Seit seinem vierten Spielfilm „Nobody Knows“ (nach den frühen, nicht weniger grandiosen „Maboroshi“, „After Life“ und „Distance“), nimmt er häufig die Belange von Kindern ernst, aber auch die Erwachsenen, deren Umgang mit ihnen oder auch der nicht-Umgang, das Ignorieren, sind Thema, und immer ganz grundsätzlich jede Kommunikation und das Zusammenleben. So stellt sich im ersten der drei Kapitel von „Die Unschuld“ sehr schnell die Frage, ob Herr Hori, der nette junge Lehrer von Minato und Yori, nicht doch ein eher windiger Typ ist, zumal er auch noch handgreiflich wird. Oder mobbt Minato den kleinen Yori, und Lehrer Hori greift nur ein, und ist Minatos allein erziehende Mutter ihrer Aufgabe überhaupt gewachsen? Welche Rolle spielt die Schulleitung? Aus drei aufeinander folgenden Blickwinkeln eröffnet der Film, der nach dem Kinderreim „Wer ist das Monster?“ im Original „Kaibutsu – Monster“ heißt, immer weiterführende Erklärungen für und Einblicke in Geschehnisse, die zunächst allen Beteiligten, auch uns Zusehenden, als sehr einfach zu deuten galten.
„Zwischen den Geheimnissen und Vorurteilen, die sich nach und nach offenbaren, zeigt Kore-eda aber auch für einige der Erwachsenen – oft selber Opfer der Umstände – Verständnis. Der Schrecken, der zwischen all dem steckt – Kore-eda ist bei aller Zartheit kein Märchenonkel, sondern Realist – wird filmisch sublimiert und von Ryūchi Sakamotos Pianotupfern abgemildert. Es war die letzte Arbeit des im vergangenen Jahr verstorbenen Musikers.“ Christian Meyer-Pröpstl | choices
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