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Opus

Opus – Ryuichi Sakamoto

Ein Film von Neo Sora.

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Ein musi­ka­li­scher Dokumentarfilm über Sakamotos letz­tes Konzert, bei dem nur er und sein Klavier zu hören waren. Ein stil­ler, nach­denk­li­cher und berüh­ren­der Film über das Leben und die Erfüllung durch die Musik. 

Credits:

JP 2023, 103 Min.,
Regie: Neo Sora
Kamera: Bill Kirstein
Schnitt: Takuya Kawakami

Trailer:
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La Chimera

Ein Film von Alice Rohrwacher. Ab 11.4. im fsk.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Eine ganz eige­ne, magi­sche Erzählung über einen Jäger ver­lo­re­ner Artefakte. Angesiedelt in den traum­haf­ten Landschaften von Riparbella in der Toskana in den 1980er Jahren, erzählt „La Chimera“ die Geschichte von Arthur (Josh O’Connor), einem ehe­ma­li­gen bri­ti­schen Archäologen, der mitt­ler­wei­le ein düs­te­res Gangsterleben führt. Als wir ihn zum ers­ten Mal im Film sehen, ist Arthur gera­de aus dem Gefängnis ent­las­sen wor­den. Zuvor hat er die altern­de Aristokratin Flora (Isabella Rossellini) getrof­fen und sich in deren Tochter Beniamina (Yile Vianello) ver­liebt. Als Beniamina stirbt, schließt sich Arthur einem klei­nen Netzwerk von kurio­sen Grabräubern an, die sich mit viel krea­ti­ver Kraft dem Diebstahl von etrus­ki­schen Schätzen wid­men. Während die meis­ten aufs gro­ße Geld hof­fen, ist Arthur nur dar­an inter­es­siert, sich mit sei­ner ver­stor­be­nen Traumfrau wie­der zu vereinen.

Wie schon Rohrwachers frü­he­re Werke, so ist auch „La Chimera“ ein ele­gan­tes Amalgam des ita­lie­ni­schen Kinos. Echos der Werke der größ­ten Meister durch­zie­hen ihren Film; von Pasolinis Außenseiterromantik, über die Folklore der Werke der Gebrüder Taviani bis hin zu den erns­ten Glaubensbekenntnissen eines Ermanno Olmi. Und die Gang der etrus­ki­schen Grabräuber könn­te ohne wei­te­res aus Fellinis „Amarcord“ oder „Roma“ gecas­tet sein. Dennoch folgt die ita­lie­ni­sche Regisseurin nicht nur den Spuren gro­ßer Vorbilder, son­dern formt sehr intel­li­gent ihren eige­nen, unver­wech­sel­ba­ren Stil, der zwi­schen der Rauheit des Neorealismus und einer traum­haf­ten Verspieltheit chan­giert und flie­ßend zwi­schen ver­schie­de­nen Konventionen wech­selt. Es ist ein Kino der gro­ßen Gefühle und sinn­li­chen Freude, das den Abenteuer-Plot in einen fil­mi­schen Karneval über­führt und den Alice Rohrwachers genia­le Kamerafrau Hélène Louvart in einen wil­den Mix aus 35mm, 16mm und Super8-Aufnahmen ein­fängt. Kurzum: Eine Feier von Zelluloid-Träumen. Dafür gewann der Film im Wettbewerb der Filmfestspiele von Cannes den FIPRESCI-Preis als bes­ter Film.

Around the world in 14 films

Credits:

IT, FR, CH 2023, 103 Min., ital./engl. OmU
Regie: Alice Rohrwacher
Kamera: Hélène Louvart
Schnitt: Nelly Quettier
mit: Josh O’Connor, Carol Duarte, Isabella Rossellini, Alba Rohrwacher 

Trailer:
LA CHIMERA (Official Trailer, OV/d)
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Evil does not exist

Ein Film von Ryusuke Hamaguchi. Ab 18.4. im fsk.

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Takumi (Hitoshi Omika) und sei­ne Tochter Hana (Ryo Nishikawa) leben in einem klei­nen Dorf namens Mizubiki, das nicht weit von der japa­ni­schen Hauptstadt Tokio ent­fernt liegt. Ihr Leben ist ein­fach und eng mit der Natur ver­bun­den. Sie genie­ßen die Kargheit und Abgeschiedenheit ihres Alltags. Doch die­se Idylle scheint bald ein Ende zu neh­men. Ein Unternehmen aus Tokio plant, eine Luxus-Campinganlage in der Nähe zu errich­ten. Das ent­schleu­nig­te Leben der Dorfbewohner hät­te damit ein Ende. Die Fronten sind ver­här­tet. In einem Versuch, die Situation zu ent­schär­fen, schickt das Unternehmen zwei Agenturmitarbeiter nach Mizubiki. Doch anstatt einer Lösung nahe­zu­kom­men, führt dies zu wei­te­ren Spannungen –mit tief­grei­fen­den Folgen für alle Beteiligten.
Umwelt gegen Ökonomie. Um die­se Auseinandersetzung geht es in Hamaguchis Werk, das auf dem letzt­jäh­ri­gen Filmfest von Venedig acht Minuten lang Standing Ovations erhielt. „Evil Does Not Exist“ ist eine fein­füh­lig erzähl­te, öko­lo­gi­sche Reise zu dem, was die Menschen in Mizubiki im Innersten antreibt und was sie erfüllt: sie exis­tie­ren selbst­be­stimmt und unab­hän­gig. Sie leben von dem, was der Wald ihnen gibt und was auf natür­li­che Weise vor­han­den ist.
Als Zuschauer beob­ach­tet man Takumi beim Wasserholen (aus dem nahe­ge­le­ge­nen Fluss), Holz hacken, bei den aus­gie­bi­gen Wanderungen und auf Hirschjagd. Oft ist sei­ne inter­es­sier­te Tochter Hana mit dabei, der Takumi viel über die Wälder, Tiere und Bäume lehrt. Gerade jene Szenen im Wald haben etwas zutiefst Meditatives und zäh­len zu den stim­mungs­volls­ten des Films. Verantwortlich dafür sind neben den unge­wöhn­li­chen Blickwinkeln und Kameraperspektiven noch zwei ande­re Aspekte. Zum einen die authen­ti­sche Soundkulisse und Klanglandschaft, vom Fließen des Baches über die kna­cken­den Äste bis hin zum Vogelgezwitscher.
Zum ande­ren die wun­der­schö­ne, anrüh­ren­de Filmmusik, kom­po­niert von der japa­ni­schen Künstlerin Eiko Ishibashi. Ihre Klänge unter­strei­chen vie­le Szenen, nicht nur jene im Wald. Und meist hat man das Gefühl, dass ihre Musik maß­geb­lich und stell­ver­tre­tend für die Stimmung des gesam­ten Films ist. Zu jener Naturverbundenheit und dem bereits ange­spro­che­nen Realismus kommt aber etwas hin­zu, das den Frieden stört. Den Frieden und das ruhi­ge Leben der Dorfbewohner. Das Eintreffen der bei­den Firmenvertreter in Mizubiki eben­so wie die „Glamping“-Pläne ihres Arbeitgebers, sym­bo­li­sie­ren das Eindringen des Menschen in die Natur. Stehen die Dörfler exem­pla­risch für ein natur­be­wuss­tes Dasein und die Liebe zur Umwelt, so geben die Firmenvertreter dem Kapitalismus und Gewinnstreben ein Gesicht.
Doch „Evil Does Not Exist“ gewährt jeder Seite letzt­lich eine fai­re Chance, um für ihre Position ein­zu­ste­hen und Argumente dar­zu­le­gen. Ryusuke Hamaguchi ergreift kei­ne Partei, auch wenn sein Standpunkt sub­til und unter­schwel­lig oft durch­scheint. Und egal ob Dorfbewohner oder Städter: Hamaguchi ent­lockt sei­nen Schauspielern durch den redu­zier­ten Einsatz von Dialogen durch­weg und unab­läs­sig gelun­ge­ne, wahr­haf­ti­ge Leistungen.

Björn Schneider | programmkino.de

Credits:

Aku wa Sonzai Shinai (悪は存在しない)
JP 2023, 106 Min., japan. OmU
Regie: Ryusuke Hamaguchi
Kamera: Yoshio Kitagawa
Schnitt: Ryūsuke Hamaguchi & Azusa Yamazaki
mit: Hitoshi Omika, Ryo Nishikawa, Ryūji Kosaka,
Ayaka Shibutani

Trailer:
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Helke Sander: Aufräumen

Ein Film von Claudia Richarz.
Am 11.3. mit anschlie­ßen­dem Filmgespräch mit Claudia Richarz und Helke Sander. Moderation: Tobias Büchner.

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Es beginnt beim Bestatter: Helke Sander sucht sich einen Sarg aus, kein Zeichen von Fatalismus oder Morbidität, son­dern von Selbstbestimmung bis zum Ende. Eigentlich wür­de sie ger­ne ein­fach in einem Tuch begra­ben wer­den, so wie es bei Muslimen Tradition ist, doch für eine Deutsche auf einem deut­schen Friedhof gel­ten stren­ge Regeln.

Dass sie auch hier die Regeln hin­ter­fragt passt zu einer Frau, die in einem Moment sagt: „Wer nach­denkt, radi­ka­li­siert sich auch.“ Nachgedacht hat Helke Sander viel, beson­ders in den 60er Jahren, als die Studentenrevolten ihren Anfang nah­men, Revolten, die aber bei aller Radikalität oft von einem imma­nen­ten Sexismus geprägt waren. Das Patriarchat ließ sich bei den Eltern ger­ne ankla­gen, bei sich selbst waren die Muster nicht so schnell weg­zu­be­kom­men. Und so kam es 1968 zu Helke Sanders legen­dä­rer Rede vor dem SDS, dem Sozialistischen Deutschen Studentenbund. Sie for­der­te die Männer im Saal auf, sich nicht nur für die Befreiung der unter­drück­ten Völker in Vietnam oder anders­wo ein­zu­set­zen, nicht nur auf das gro­ße Ganze zu schau­en, son­dern auch das klei­ne, das wenig Spektakuläre im Auge zu behal­ten: Die Realität der Frauen in Deutschland, in Frankfurt und Berlin.

Dort stu­dier­te Sander im legen­dä­ren ers­ten Jahrgang der Filmhochschule DFFB, in dem unter ande­rem Wolfgang Petersen, Harun Farocki, Hartmut Bitomsky und auch der spä­te­re RAF-Terrorist Holger Meins stu­dier­ten. Erste Filme dreh­te Sander noch in den 70er Jahre, ihren bekann­tes­ten 1978. In „Die all­sei­tig redu­zier­te Persönlichkeit – Redupers“ spielt sie sel­ber die Hauptrolle einer allein­er­zie­hen­den Frau, die in West-Berlin als Fotografin arbei­tet und ver­sucht, Kind, Beruf, Privatleben und poli­ti­sches Bewusstsein unter einen Hut zu bringen.

Nicht nur durch ihr eige­nes Mitwirken vor der Kamera wird deut­lich, wie auto­bio­gra­phisch die­ser Film war: Anfang der 60er Jahre zog Sander nach Finnland, bekam ein Kind und kehr­te spä­ter als allein­er­zie­hen­de Mutter nach Berlin zurück. In der Rückschau bli­cken sie und Zeitgenossinnen durch­aus selbst­kri­tisch auf die­se Zeit zurück, geben zu, dass die Kinder nicht immer die Aufmerksamkeit beka­men, die sie viel­leicht hät­ten bekom­men sollen.

Das Private und das Politische unter einen Hut zu brin­gen, das war damals schon schwie­rig, das ist es auch heu­te noch, doch die Fortschritte, die seit den 60er Jahre in der Gesellschaft, aber auch in der Filmbranche zu beob­ach­ten sind, zei­gen, dass der Einsatz von Helke Sander und ande­ren nicht umsonst war. Heute gibt es die Initiative ProQuote, heu­te gibt es Kinderbetruung am Filmset und manch ande­re Errungenschaft. Wie Claudia Richarz in ihrem Dokumentarfilm „Helke Sander: Aufräumen“ über­zeu­gend zeigt: Nicht zuletzt dank Helke Sander.

Michael Meyns | programmkino.de

Credits:

GB 2023, 101 Min.
Regie: Claudia Richarz
Kamera: Claudia Richarz, Martin Gressmann, Volker Sattel
Schnitt: Martin Kayser-Landwehr, Magdolna Rokob

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Squaring the Circle - The Story of Hipgnosis

Squaring the Circle: The Story of Hipgnosis

Ein Film von Anton Corbijn.

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Es begann mit einem Knall: Als die bri­ti­sche Polizei 1964 eine ille­ga­le Party in der Underground-Szene von Cambridge gewalt­sam been­det, sind die bei­den Kunststudenten Aubrey „Po“ Powell und Storm Thorgerson die Einzigen, die nicht die Flucht ergrei­fen und den Beamten die Stirn bie­ten. Fortan ist das Duo unzer­trenn­lich. Gemeinsam grün­den sie das Grafik-Label „Hipgnosis“ und desi­gnen die ers­ten Cover für die noch unbe­kann­ten Rocker von Pink Floyd. Mit avant­gar­dis­ti­schem Stil und dem kom­pro­miss­lo­sen Primat der Kunst vor dem Kommerz wer­den Po und Storm zu Lieblingen der Bands – und zum Schrecken der Musikstudios und ‑pro­du­zen­ten. Der Erfolg aber gibt ihnen Recht. Pink Floyd wer­den Weltstars, ihre Cover erlan­gen Kultstatus.

Credits:

GB 2022, 101 Min., engl. OmU,
Regie: Anton Corbijn
Kamera: Stuart Luck, Martijn van Broekhuizen
Schnitt: Andrew Hulme
mit: Paul McCartney, Aubrey Powell, Jimmy Page, Noel Gallagher, Robert Plant, Roger Waters, u.a.

Trailer:
Squaring the Circle: The Story of Hipgnosis (2022)
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Goodbye Julia

Goodbye Julia

Ein Film von Mohamed Kordofani. Ab ??? (ver­scho­ben) im fsk.

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Zwei unter­schied­li­che Frauen in einem noch geein­ten Land: Am Vorabend der Teilung des Sudan eska­lie­ren in Khartum die eth­ni­schen Konflikte. Ein packen­des Drama über Ausgrenzung und Rassismus. Mona, eine pen­sio­nier­te Sängerin aus der nord­su­da­ne­si­schen Oberschicht, hat ver­se­hent­lich den Tod eines Mannes aus dem Südsudan ver­ur­sacht. Um ihre Schuld wie­der­gut­zu­ma­chen, nimmt sie Julia, die ahnungs­lo­se Witwe, und deren Sohn bei sich auf. Während Julia als Hausangestellte arbei­tet, beginnt Mona sich an den Status quo zu gewöh­nen. Doch die Unruhen im Land rücken immer näher an ihr Haus her­an und kon­fron­tie­ren sie wie­der mit ihrem Vergehen. 

GOODBYE JULIA ist eine schwie­ri­ge Reise durch das kol­lek­ti­ve Gedächtnis des suda­ne­si­schen und des süd­su­da­ne­si­schen Volkes, die sich mit dem nor­ma­len Alltagsleben zwei­er Frauen befasst, die durch unge­wöhn­li­che sozia­le und poli­ti­sche Situationen, die sie stark beein­flusst haben, mit­ein­an­der ver­bun­den sind. Die Erzählung ist von den Phasen der Versöhnung inspi­riert und behan­delt Themen wie Reue, Wiedergutmachung, Offenlegung, Schuldbekenntnis und Reue.“ (Mohamed Kordofani)

Credits:

SD/SE/DE/SA/FR/EG 2023, 120 Min., arab. OmU,
Regie: Mohamed Kordofani
Kamera: Pierre de Villiers
mit: Eiman Yousif, Siran Riak, Nazar Gomaa, Ger Duany 

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Wir waren Kumpel

Wir waren Kumpel

Ein Film von Christian Johannes Koch & Jonas Matauschek.

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Hast du eine am Sträußchen?“ hät­ten die Eltern gesagt, wäre Martina mit dem Wunsch, Friseuse zu wer­den, „um die Ecke gekom­men“. Martina ist eine von fünf Bergleuten, die der Film vor und nach der Schließung der ost­west­fä­li­schen Steinkohle-Zeche beglei­tet. Bis 2015 hieß sie Mark, seit ihrer Transition ist sie die ers­te und ein­zi­ge Frau, die unter Tage ein­fährt.
Er ver­brin­ge mehr Zeit mit sei­nem Kumpel Wolfgang („Locke“) als mit sei­ner Frau, rech­net Marco („Langer“) vor. Damit und mit der Arbeit ist bald Schluss, und vor­aus­schau­end macht er neben­her den Busführerschein. Locke wie­der­um ver­misst nach der Stilllegung die gemein­sa­me Zeit schmerz­lich, trotz der oft hef­ti­gen Anblafferei zwi­schen ihnen, oder viel­leicht gera­de des­halb.
Auch Thomas fällt die Umstellung nicht leicht, zumal er die Wohnung mit der alles kon­trol­lie­ren­den Mutter jetzt den gan­zen Tag teilt. Der Tamile Kirishanthan („Kiri“) floh vor über 20 Jahren aus Sri Lanka. Die Hütte und die Kumpel sind seit­dem neben sei­ner Familie ein zwei­tes Zuhause. Auch er muss sich nun umori­en­tie­ren.
Das Ende des Steinkohlebergbaus in Deutschland bedeu­te­te auch das Ende eines der unge­sün­des­ten und här­tes­ten Berufe, wie man sehen kann. Ein Arbeitsplatz in bis zu 1600m Tiefe, enge Stollen, Hitze, Kohlenstaub, Schichtbetrieb – trotz­dem rol­len die Tränen beim Abschied nicht aus Freude. Der Strukturwandel trägt neben Perspektivlosigkeit auch Einsamkeit in sich, denn die har­te Arbeit und das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun, schwei­ßen zusam­men. Der Film zeigt das in tra­gisch-humor­voll-berüh­ren­der Weise, und fin­det für den„Rückbau“ und was „danach“ pas­siert. beein­dru­cken­de Bilder.
Während Locke sich, ange­regt durch sei­ne Kinder und der FFF-Bewegung, Gedanken zum Klimaschutz macht („ein Bergmann, der Kohle geför­dert hat für Kohlekraftwerke will die Welt ret­ten – das wär doch mal was“), fährt Lange einen Schulbus, Kiri unter­rich­tet Tamilisch und Thomas kämpft mit sei­ner Mutter um die Hoheit am Herd. Nur Martina blieb dem Bergbau treu: sie arbei­tet jetzt im Salzbergwerk.

Credits:

DE 2023, 104 Min.,
Regie: Christian Johannes Koch & Jonas Matauschek
Kamera: Sebastian Klatt
Schnitt: Natali Barrey, Annette Brütsch, Jonas Matauschek

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Club Zero

Ein Film von Jessica Hausner.

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Miss Novak beginnt an einer inter­na­tio­na­len Privatschule zu unter­rich­ten, wo sie mit ihrem Unterricht über bewuss­te Ernährung die Essgewohnheiten der Schüler grund­le­gend verändert. Ohne den Verdacht der ande­ren Lehrer und der Eltern zu wecken, gera­ten eini­ge der Schüler in ihren Bann, bis sie schließ­lich selbst Teil des geheim­nis­vol­len Club Zero wer­den.
„Die jun­gen Menschen von heu­te fürch­ten um ihre Zukunft. Sie kämp­fen um sie. Sie wol­len han­deln, Verantwortung über­neh­men, Macht über ihr Leben haben, etwas bewir­ken. Sie wol­len einen Sinn fin­den. Sie wol­len den Planeten ret­ten
und damit auch ihre Zukunft. Sie wer­den poli­tisch, man­che schlie­ßen sich radi­ka­len Gruppen an. Sie wol­len nicht war­ten, bis es zu spät ist. Ich ver­ste­he das, und ich habe gro­ßes Mitgefühl für die­se Generation. (…)
Es gibt bei mir kei­ne mora­li­sche Verurteilung, kei­ne Erlösung. Und ich den­ke, das Thema Ernährung berührt einen Nerv. Essen ist extrem intim, wie Nacktsein oder Sex. Es ist auch tabui­siert. (…)
Essen ist etwas sehr Persönliches, aber gleich­zei­tig auch etwas sehr Soziales. Stellen Sie sich vor, Sie tref­fen sich mit Freunden zum Abendessen und sind die ein­zi­ge Person an die­sem Abend, die nicht isst. Das kann dazu füh­ren, dass die ande­ren sich ange­grif­fen füh­len. Und war­um? Weil Sie einen gehei­men Code bre­chen, eine gesell­schaft­li­che Regel igno­rie­ren und damit die ande­ren in Frage stel­len. Wir alle glau­ben an etwas, nie­mand ist frei von Aberglauben. Jeder von uns gehört zu einer Gruppe, die bestimm­te Grundsätze oder Codes hat. Wir müs­sen die Subjektivität unse­rer Überzeugungen ver­ste­hen, um zu begrei­fen, wie sehr Miss Novak und die Kinder von ihren Glaubenssätzen über­zeugt sind. Ihre »Lebensmittelreligion« ist ein Beispiel für einen radi­ka­len Glauben. (…)
Es gibt eine gewis­se Art von Absurdität, die unse­rer Existenz inne­wohnt. Aus einem distan­zier­te­ren Blickwinkel betrach­tet, erschei­nen vie­le Dinge, an die wir glau­ben und die wir tun, lächer­lich, absurd oder ver­geb­lich. In mei­nen Filmen ver­su­che ich immer, eine distan­zier­te Perspektive zu fin­den, um dies zu reflek­tie­ren. Ganz im Sinne von Bertold Brechts Verfremdungseffekt. Club Zero wird aus einer Perspektive erzählt, die das Alltägliche ver­frem­det: bis hin zur Absurdität. Daraus ergibt sich auch der schwar­ze Humor des Films.” Jessica Hausner

Credits:

AT, UK, DE, FR, DK 2023, 110 Min., eng­li­sche OmU
Regie: Jessica Hausner
Kamera: Martin Gschlacht
Schnitt: Karina Ressler
mit: Mia Wasikowska, Sidse Babette Knudsen, Elsa Zylberstein, Lukas Turtur, Mathieu Demy, Amir El-Masry, Ksenia Devriendt, Luke Barker

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Slow

Ein Film von Marija Kavtaradze.

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Elena ist (wie ihre Interpretin Greta Grineviciute) mit Leib und Seele Tänzerin und Choreografin. Bei einem Tanzworkshop für gehör­lo­se Jugendliche lernt sie den Gebärdendolmetscher Dovydas ken­nen. Die bei­den mögen sich sofort, ver­brin­gen eini­ge Zeit mit­ein­an­der und kom­men sich näher, bis er sei­ne Grenzen auf­zeigt. Dovydas ist ase­xu­ell. Er hat zwar ein Bedürfnis nach kör­per­li­cher Nähe, aber kei­nes nach Sex – eine Herausforderung für Elena, wie für die fri­sche roman­ti­sche Beziehung über­haupt. Unspektakulär und warm­her­zig erzählt Regisseurin Marija Kavtaradze von einer unge­wöhn­li­chen sinn­li­chen Liebe, die ihre Sprache und ihren Weg ent­lang bei­der Wünsche fin­den will, und den ganz nor­ma­len Fallstricken unter­wegs.
„Doch dass, bloß weil zwei, die sich lie­ben, sich etwas vor­neh­men, es noch lan­ge nicht nach Plan ver­lau­fen muss, weiß Marija Kavtaradze in ihrer gra­zil geschrie­be­nen Geschichte eben­so zu illus­trie­ren. Die litaui­sche Filmemacherin benö­tigt in ihrem zwei­ten lan­gen Spielfilm als Regisseurin … kei­ne Einfälle rie­si­ger Tragödien, um alles durch­drin­gen­de Emotionen auf die Leinwand zu zau­bern, insze­na­to­ri­sche Ruhe und Vertrauen in die Dialoge sowie die, die sie spre­chen, genü­gen ihr dazu.“
Jakob Dibold | Ray Filmmagazin
„… es ist erfri­schend, einen Film zu sehen, der „ein­fach nur“ erfolg­reich eine rea­li­täts­ge­treue Beziehung dar­stellt, ohne in die­se gezwun­gen wir­ken­de erzäh­le­ri­sche Wendungen ein­zu­bau­en.“ Maximilian Schröter | film-rezensionen.de

Credits:

LT/ES/SE 2023, 108 Min., litaui­sche OmU
Regie: Marija Kavtaradze
Kamera: Laurynas Bareiša
Schnitt: Silvija Vilkaitė
mit: Greta Grinevičiūtė, Kęstutis Cicėnas

Trailer:
SLOW Trailer Deutsch | German [HD]
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Die Unschuld

Ein Film von Hirokazu Kore-eda.

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Empathie ist der Begriff, der mir zu den Filmen des Regisseurs Hirokazu Kore-eda sofort ein­fällt, natür­lich auch dies­mal wie­der. Seit sei­nem vier­ten Spielfilm „Nobody Knows“ (nach den frü­hen, nicht weni­ger gran­dio­sen „Maboroshi“, „After Life“ und „Distance“), nimmt er häu­fig die Belange von Kindern ernst, aber auch die Erwachsenen, deren Umgang mit ihnen oder auch der nicht-Umgang, das Ignorieren, sind Thema, und immer ganz grund­sätz­lich jede Kommunikation und das Zusammenleben.
So stellt sich im ers­ten der drei Kapitel von „Die Unschuld“ sehr schnell die Frage, ob Herr Hori, der net­te jun­ge Lehrer von Minato und Yori, nicht doch ein eher win­di­ger Typ ist, zumal er auch noch hand­greif­lich wird. Oder mobbt Minato den klei­nen Yori, und Lehrer Hori greift nur ein, und ist Minatos allein erzie­hen­de Mutter ihrer Aufgabe über­haupt gewach­sen? Welche Rolle spielt die Schulleitung? Aus drei auf­ein­an­der fol­gen­den Blickwinkeln eröff­net der Film, der nach dem Kinderreim „Wer ist das Monster?“ im Original „Kaibutsu – Monster“ heißt, immer wei­ter­füh­ren­de Erklärungen für und Einblicke in Geschehnisse, die zunächst allen Beteiligten, auch uns Zusehenden, als sehr ein­fach zu deu­ten galten.

Zwischen den Geheimnissen und Vorurteilen, die sich nach und nach offen­ba­ren, zeigt Kore-eda aber auch für eini­ge der Erwachsenen – oft sel­ber Opfer der Umstände – Verständnis. Der Schrecken, der zwi­schen all dem steckt – Kore-eda ist bei aller Zartheit kein Märchenonkel, son­dern Realist – wird fil­misch sub­li­miert und von Ryūchi Sakamotos Pianotupfern abge­mil­dert. Es war die letz­te Arbeit des im ver­gan­ge­nen Jahr ver­stor­be­nen Musikers.“
Christian Meyer-Pröpstl | choices

Credits:

Kaibutsu (Monster)
Japan 2023, 127 Min., japan. OmU
Regie & Schnitt: Hirokazu Kore-eda
Kamera: Kondo Ryuto
mit: Eita Nagayama, Sakura Ando, Soya Kurokawa, Yuko Tanaka, Hinata Hiragi, Mugino Saori

Trailer:
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