Weitermachen Sanssouci

Ein Film von Max Linz.

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Dem Institut für Kybernetik und Simulationsforschung droht die Schließung – so das Ausgangsszenario die­ser Satire über die Verwandlung des Universitätsbetriebs in eine tur­bo­ka­pi­ta­lis­ti­sche Forschungsmaschinerie. Phoebe Phaidon nimmt als hoch­qua­li­fi­zier­te Nachwuchswissenschaftlerin wie­der ein­mal einen befris­te­ten Lehrauftrag an. Mit ihren noch nicht ganz ver­blass­ten Idealen als pro­gres­si­ve Klimaforscherin agiert sie zwi­schen den frus­trier­ten, aber kampf­be­rei­ten Studierenden, die die Bibliothek beset­zen. Auf der ande­ren Seite: der eta­blier­te Lehrkörper, beim Überlebenswillen im Drittmittelbeschaffungssumpf zu eit­len Zynikern ver­kom­men, die sich vor kei­ner noch so gro­tes­ken Verrenkung im Evaluierungswahnsinn scheu­en. Max Linz kom­po­niert sei­nen Film mit fei­nem Gespür für Berliner Befindlichkeiten, städ­ti­sche Kulissen, Bürodekor und aka­de­mi­sche Kostüme. Und mit Lust an der Überzeichnung der deka­den­ten Uni-Sprache, die ihre Reizwörter wie Köder in der Verhaltensforschung benutzt. Am Ende ent­wi­ckelt sich der Film fast zu einem Musical – der Ohrwurm „Warum kann es hier nicht schön sein, war­um wer­den wir nicht froh?“ könn­te zu einer post­ka­pi­ta­lis­ti­schen Revolutionshymne werden.

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Credits:

DE 2019, 80 Min.
Regie: Max Linz
Kamera: Carlos Andrés López
Schnitt: Bernd Euscher, René Frölke
Mit: Sarah Ralfs, Sophie Rois, Philipp Hauß, Bernd Moss, Maryam Zaree, Bastian Trost, Leonie Jenning, Luis Krawen, Martha von Mechow, Max Wagner, Anna Papenburg, Olga Lystsova, Kerstin Grassmann, Jean Chaize, Friedrich Liechstenstein

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Trailer (Ausschnitt):

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Insel der hungrigen Geister

Ein Film von Gabrielle Brady.

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Vor der Küste Indonesiens liegt die von Australien ver­wal­te­te, rund 2000 Einwohner zäh­len­de Weihnachtsinsel, deren Gebiet zur Hälfte als Nationalpark aus­ge­wie­sen ist. Die Millionen dort leben­den Krabben bege­ben sich jähr­lich auf die Reise aus dem Inneren des Dschungels zum Meer, ein vom Vollmond seit Urzeiten bestimm­tes Naturspektakel.

Auf die­sem para­die­si­schen Eiland hat die aus­tra­li­sche Regierung ein soge­nann­tes „Detention Center“-Lager errich­tet, das nur der Abschreckung dient. Hier sind die Asylsuchenden qua­si recht­los und ver­lie­ren ihre letz­ten Hoffnungen. Die Traumatherapeutin Poh Lin Lee ver­sucht, ihre ver­letz­ten Seelen zu hei­len, oder zumin­dest vor wei­te­rem Schaden zu bewahren.

Die ursprüng­lich aus China stam­men­den Einheimischen ver­an­stal­ten jedes Jahr ihre „Hungry Ghost“ Rituale. Sie brin­gen Opfergaben, um die ein­sa­men Seelen derer, die ohne Begräbnis star­ben, zu besänf­ti­gen. Von ihnen heißt es, sie irr­ten auf der Suche nach einer Heimat des Nachts durch den Dschungel.

Dem hybri­den Film gelingt es, das unsicht­ba­re Zusammenspiel von Traum und Trauma zu erfas­sen. Licht und Schatten, Farben und Geräusche, stil­les Lauschen und ein­dring­li­che Beobachtungen erzäh­len auf unmit­tel­ba­re Weise, wozu Menschen fähig sind. Sie errich­ten Orte der Verzweiflung, wo selbst die Helfer*innen an ihrer Hilflosigkeit zu zer­bre­chen dro­hen. Während Poh-Lin beob­ach­tet, wie sich der Zustand ihrer Klienten rapi­de ver­schlech­tert, wer­den ihrer Arbeit immer mehr Steine in den Weg gelegt.

» „Hybrid docu­men­ta­ry“ nennt Brady das Genre, in dem sie hier die Grenzen eines Paradieses erkun­det, das für Asylsuchende eine rea­le Hölle wur­de. … Die Traumatherapeutin Poh Lin Lee, von deren Arbeit mit Geflüchteten der Film so berüh­rend erzählt, ist eine Freundin der Regisseurin. Was auf den ers­ten Blick aus­sieht wie eine bril­lant insze­nier­te, krab­ben­rei­che Fiktion, ist tat­säch­lich fast zur Gänze aus doku­men­ta­ri­schem Material montiert.«
Robert Weixlbaumer / Viennale

 

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Credits:

DE/GB/AU 2018, 94 Min., eng­li­sche OmU
Regie und Buch: Gabrielle Brady
Kamera: Michael Latham
Schnitt: Katharina Fiedler

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Island of the Hungry Ghosts Trailer

Im Kino mit deut­schen Untertiteln.

 

 

Heute oder Morgen

Ein Film von Thomas-Moritz Helm.

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Sommer in Berlin. Niels (Maximilian Hildebrandt) und Maria (Paula Knüpling) sind ein Paar, ver­su­chen sich aber an offe­nen Beziehungsformen, gehen mit wech­seln­den Partnern ins Bett, mal allein, mal auch zusam­men. Sie schla­gen sich mit Nebenjobs durchs Leben, hän­gen rum, rau­chen Gras und genie­ßen ihr Leben und ihre Freiheit.

Bis eines Tages die Engländerin Chloe (Tala Gouveia) in ihrem Leben auf­taucht und alles ver­än­dert. Anfangs als poten­ti­el­ler Partner für einen Dreier im Gespräch, ent­wi­ckelt sich zwi­schen Maria und Chloe bald etwas, dass über rein kör­per­li­che Anziehung hin­aus­geht. Zunehmend ent­frem­det sich Maria von Niels, beginnt ihr Lebensmodell zu hin­ter­fra­gen. Währenddessen agiert Niels immer besitz­ergrei­fen­der, ver­sucht Maria zu kon­trol­lie­ren und sorgt damit erst recht dafür, dass ihr einst zu viel­ver­spre­chend und pro­gres­siv wir­ken­des Lebensmodell an sei­ne Grenzen stößt, spä­tes­tens dann, als Chloe plötz­lich schwan­ger ist.

Man könn­te klei­ne Festivals mit Debütfilmen oder Filmhochschulabschlussfilmen fül­len, die meis­ten in Berlin spie­lend, man­che auch in Köln oder ande­ren deut­schen Großstädten, die sich mit unter­schied­li­chen Formen unkon­ven­tio­nel­ler Beziehungsmodellen beschäf­ti­gen. Der Eröffnungsfilm der Perspektive Deutsches Kino, „easy love“ ist so ein Film, „Voll Rita“ oder „Kim hat einen Penis“ mag man dazu­zäh­len, ganz gewiss aber Thomas-Moritz Helms „Heute oder Morgen“.

Anders als etwa „easy love“ mit sei­nem semi­do­ku­men­ta­ri­schen Ansatz oder „Kim hat einen Penis“ mit sei­ner fast schon phan­tas­ti­schen Geschichte, bewegt sich Thomas-Moritz Helm im rea­lis­ti­schen, natu­ra­lis­ti­schen Bereich. In zurück­hal­ten­den, ruhi­gen Bildern beob­ach­tet er das Paar, das bald zu einem Trio wird, spitzt die Situation lang­sam zu, wobei das Externe stets unwich­ti­ger bleibt als das Interne. Während Niels ange­sichts der Gefühlsverwirrungen zuneh­mend gereizt agiert, sich in macho­haf­te Posen flüch­tet, immer mehr Mühe hat, sich als der sou­ve­rä­ne Typ zu zei­gen, als der er sich sieht, zieht sich Maria immer mehr zurück.

Gerade als Chloe gesteht, dass sie schwan­ger ist, ver­mut­lich von Niels, beginnt sie ihr Beziehungsmodell zu hin­ter­fra­gen. Zu dritt ein Kind auf­zu­zie­hen, scheint eine logi­sche Weiterentwicklung zu sein, doch ob Chloe da mit­ma­chen möch­te ist eine ande­re Frage.

Die Egozentrik einer Generation, die mit dem Gefühl auf­ge­wach­sen ist, stets im Mittelpunkt zu ste­hen, wird hier por­trä­tiert. Ohne Rücksicht auf Verluste zu leben, den eige­nen Wünschen zu fol­gen, sich wenig Gedanken über das Danach zu machen: So leben Niels und Maria, in die­ser Blase haben sie es sich gemüt­lich gemacht, in ihr ste­cken sie auch am Ende eines Films noch fest, der ohne deut­lich zu wer­ten und kri­ti­sie­ren, doch die Grenzen eines Lebensmodells auf­zeigt, das ganz auf der Idee von Freiheit basiert.

Michael Meyns | programmkino.de

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Credits:

DE 2018, 93 Min.
Regie & Buch: Thomas-Moritz Helm
Kamera: Stefan Neuberger
Schnitt: Elena Weihe
Darsteller: Paula Knüpling, Maximilian Hildebrandt, Tala Gouveia, Roland Bonjour, Nora Decker, Carrie Getman

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Heute oder mor­gen Trailer Deutsch | German [HD]

Familia Sumergida – Die untergegangene Familie

Ein Film von Maria Alché.

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Fremd und eigen­ar­tig wird Marcelas Welt nach dem Tod ihrer Schwester Rina. Sie fühlt sich in ihrem eige­nen Haus ver­lo­ren. Auch scheint ihre Beziehung zu ihrem Mann und ihren Kindern zu lei­den. Als Nacho, ein jun­ger Freund ihrer Tochter, uner­war­tet vor­bei­kommt, geht sie mit ihm auf einen Spaziergang und end­lich kann sie reden. Aber wie­der zu Hause, beginnt sie immer mehr, Gespräche mit Verwandten aus einer ande­ren Dimension zu füh­ren. Marcela, gut ver­hei­ra­tet, Mutter drei­er halb­wüch­si­ger Kinder, muss den Hausstand ihrer plötz­lich ver­stor­be­nen Schwester Rina in Buenos Aires auf­lö­sen: Strickwaren, Zimmerpflanzen, Bücher, Pelzmäntel und Möbel, Fotografien und Briefe. Erinnerungen. Mit einem Mal sit­zen die Geister alter Tanten und Onkel in Marcelas Wohnzimmer, strei­fen Schemen der Vergangenheit durch ihre Gegenwart und lösen sie auf: Vielerlei wäre nun mög­lich, eine Affäre viel­leicht? In der Trauer ent­rückt sich dem Menschen die Wirklichkeit, ein Verlust ver­än­dert die Welt – mit siche­rer Hand fängt die Schauspielerin, Fotografin und Filmemacherin Alché in ihrem Langfilmdebüt einen Schwebezustand ein.

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Credits:

AR/BR/DE/NO 2018, 91 Min., span. OmU
Regie & Buch: Maria Alché
Kamera: Hélène Louvart 
Schnitt: Livia Serpa 
mit: Mercedes Morán, Marcelo Subiotto,
Esteban Bigliardi, Diego Vélazquez

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Trailer Die unter­ge­gan­ge­ne Familie Familia sum­er­gi­da dt Uts final

 

 

Prélude

Ein Film von Sabrina Sarabi.

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Da ist der deut­sche Wunderknabe“ wird der 19-jäh­ri­ge David von sei­nem Kommilitonen Walter begrüßt, gera­de ein­ge­trof­fen an sei­nem neu­en Zuhause. Die bei­den wer­den in mehr­fa­cher Hinsicht Konkurrenten wer­den, beim Klavierstudium wie bei der Liebe. Walter ist extro­ver­tiert und ver­sucht, die Situation mit über­heb­li­chem Witz zu meis­tern. Der eher in sich gekehr­te David, der als gro­ßes und viel­ver­spre­chen­des Talent gilt, wird jedoch zuneh­mend zu sei­nem eige­nen Feind. Dazu trägt auch die berech­nend-süf­fi­san­te Art sei­ner kom­pe­ten­ten Lehrerin bei, die ihre Schüler enorm her­aus­for­dert und undurch­sich­tig zwi­schen auto­ri­tär und behut­sam pen­delnd agiert. Ehrgeizig sind alle, die Studierenden am Musikkonservatorium, die Lehrenden, die einen Ruf zu ver­lie­ren haben und die Talentscouts, die nur die Besten aus­su­chen dür­fen. Dem eige­nen und äuße­ren Leistungsdruck sind nicht alle der jun­gen Musiker*innen gewach­sen. Es bau­en sich zwar Freundschaften in der ein­ge­grenz­ten Campusgemeinschaft auf, Konkurrenzdenken ist jedoch gefragt und wird, hier bei­spiels­wei­se über die Auswahl für ein begehr­tes Stipendium in New York, vor­sätz­lich geför­dert. Auch das Leben in den kalt aus­ge­stat­te­ten Räumen der Lehranstalt erscheint unge­müt­lich, unter­stri­chen von den Geräuschen – dem Knarren der Stufen, Quietschen der Türen und vom ewi­gen Ping-Pong im Hof.

Wie die Triller, die David in atem­be­rau­bend geschnit­te­nen Sequenzen in der Mitte des Films sto­isch übt und die sich zu einem Score vol­ler trei­ben­der Rhythmik und ener­vie­ren­der Monotonie aus­brei­ten, ist Sabrina Sarabis Spielfilmdebüt Prélude ein Werk vol­ler Musikalität und extrem rhyth­misch kom­po­niert. Die Musikstücke, das stak­ka­to­haf­te Klacken des Tischtennisballs, der vor Davids Wohnung von Walter mit beses­se­ner Inbrunst gespielt wird … — all das erzeugt einen nicht nur musi­ka­li­schen Sog, son­dern gibt dem ruhi­gen Drama, das bis­wei­len eher an einen Psychothriller der bedäch­ti­gen Art erin­nert, auch dra­ma­tur­gisch Drive und Tempo. … eine Studie über Vereinsamung und nicht nur musi­ka­li­sche Obsessionen, unter­drück­te Wut und offen­sicht­li­che Versagensangst, über Abhängigkeitsverhältnisse und deren Folgen.“ Joachim Kurz | kino-zeit

 

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Credits:

DE 2019, 95 min.
Buch und Regie: Sabrina Sarabi
Kamera: Max Preiss
Schnitt: Hannah Schwegel, Jan von Rimscha
mit: Louis Hofmann, Liv Lisa Fries, Johannes Nussbaum, Ursina Lardi, Jenny Schily, Saskia Rosendahl

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PRÉLUDE | Offizieller Trailer

 

 

Becoming Animal

Ein Film von Emma Davie & Peter Mettler.

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David Abrams Buch „The Spell of the Sensuous. Perception and Language in a More-Than-Human World“, 1996 im ame­ri­ka­ni­schen Original, erst 2012 auf Deutsch unter dem Titel „Im Bann der sinn­li­chen Natur. Die Kunst der Wahrnehmung und die mehr-als-mensch­li­che Welt“ gilt als Schlüsselwerk für die moder­ne Ökologiebewegung. Stark beein­flusst von der so genann­ten Gaia-Hypothese, die pos­tu­liert, dass die Erde, die Menschen, die Natur, die gesam­te Biosphäre als ein ver­bun­de­nes Lebewesen betrach­tet wer­den müs­se, um die Komplexität unse­rer Welt begrei­fen zu kön­nen, befasst sich Abram mit dem Verhältnis von Mensch und Natur.

Allein das hier zwei Begriffe neben­ein­an­der, viel­leicht auch gegen­ein­an­der ste­hen sieht Abram als Teil des Problems, als Zeichen für die zuneh­men­de Loslösung des Menschen von der Natur, einem Prozess, der in der Entwicklung der Menschheit, vor allem durch die Entwicklung der Sprache, immer stär­ker wur­de. Und das bis vor weni­gen Jahren dazu führ­te, dass der Mensch und sei­ne Handlungen nicht als inte­gra­ler Teil der Biosphäre betrach­tet wur­de, son­dern qua­si als blo­ßer Bewohner und Nutzer unse­res Planeten, den er sich – ganz der Bibel fol­gend – über Jahrhunderte unter­tan machte.

Dass die­se Ausbeutung der Ressourcen längst kata­stro­pha­le Ausmaße ange­nom­men hat wird immer deut­li­cher, dem­entspre­chend wur­de vor eini­gen Jahren der Begriff des Anthropozän geprägt, der das gegen­wär­ti­ge Erdzeitalter beschreibt, eine Ära, in der der Mensch mehr Einfluss auf die Erde ein­nimmt als die Natur selbst.

Kann die­se Entwicklung gestoppt oder gar rück­gän­gig gemacht wer­den? Das ist eine der vie­len Fragen, die lose durch den Essayfilm der Schottin Emma Davie und des Schweiz-Kanadiers Peter Mettler schwe­ben, wäh­rend sie mit Abram durch die Natur strei­fen. Gedreht wur­de aus­schließ­lich im Grand Teton National Park im ame­ri­ka­ni­schen Bundesstaat Wyoming, einem der kom­ple­xes­ten und best­erhal­tends­ten Ökosysteme der Erde. Hier sucht Abram die Nähe zur Natur, lauscht den Lauten der Tiere eben­so wie dem Rauschen der Flüsse oder dem Rascheln der Blätter.

Ein wenig eso­te­risch mag das auf den ers­ten Blick wir­ken, doch Abrams Gedanken sind weit­aus kom­ple­xer. Von der distan­zie­ren­den Wirkung der Sprache spricht er etwa oft, davon, wie Begriffe Differenzen erzeu­gen, die im Laufe der Zeit dazu füh­ren, dass sich etwa der Mensch von der Natur zuneh­mend ent­frem­de­te. Parallel dazu ging im Zuge der zuneh­men­den Industrialisierung und Technologisierung der Welt auch ein Gespür für die Natur ver­lo­ren, ein Wissen um die Kreisläufe der Natur, die wech­sel­sei­ti­ge Beeinflussung von Mensch, Tieren und Natur.

Dieses Gespür wie­der­zu­fin­den ist ein eben­so heh­res wie not­wen­di­ges Ziel, will die Menschheit noch auf abseh­ba­re Zeit auf der Erde leben. Alarmistisch ist „Becoming Animal“ den­noch in kei­ner Weise, statt des­sen eine medi­ta­ti­ve, betont zurück­hal­ten­de, mäan­dern­de Annäherung an ein weit­rei­chen­des Thema. Ein klu­ger Film, der nicht so tut als gäbe es auf die drän­gen­den Themen unse­rer Zeit kla­re, ein­fa­che Antworten, son­dern es schafft, kom­ple­xe Gedanken greif­bar zu machen.

Michael Meyns | programmkino.de

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Credits:

CH/CA/GB 2018, 78 Min., engl. OmU
Regie: Emma Davie & Peter Mettler
Kamera: Peter Mettler

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Synonymes

Ein Film von Nadav Lapid. Ab 5.9. im fsk.

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Yoav ist nach Paris gezo­gen mit der Absicht, Franzose zu wer­den und sei­ne israe­li­sche Herkunft abzu­strei­fen. Kein hebräi­sches Wort soll ihm mehr über die Lippen kom­men, er will nur noch fran­zö­sisch spre­chen und übt die Sprache, indem er ver­bis­sen Synonyme auf­zählt. Schon bald nach sei­ner Ankunft lernt er ein jun­ges Paar ken­nen, das all das ver­kör­pert, was man gemein­hin mit Paris asso­zi­iert: bei­de sind gebil­det, gut geklei­det, leben in einer geschmack­voll ein­ge­rich­te­ten Wohnung. Sie hel­fen Yoav mit etwas Geld aus und klei­den ihn ein. In die begin­nen­de Freundschaft mischen sich bald eigen­nüt­zi­ge Interessen. Der Film basiert auf eige­nen Erfahrungen des israe­li­schen Regisseurs Nadav Lapid. Er erzählt mit viel Humor und sati­ri­schen Einlagen davon, dass man sich selbst immer mit­nimmt, wenn man weg­geht. Und auch die bösen Geister der Vergangenheit krie­chen aus dem Koffer. Yoavs gespal­te­nes Verhältnis zu Israel und damit zur eige­nen Identität ist der Preis eines Lebens in stän­di­gem Kriegszustand. Auf der dies­jäh­ri­gen Berlinale wur­de SYNONYMES mit dem Goldenen Bären und dem Preis der Filmkritik ausgezeichnet.

Und der Goldene Bär für den bes­ten Film? Ging tat­säch­lich an den bes­ten Film. (…) SYNONYMES spielt mit klei­nen Verneigungen vor den Klassikern des fran­zö­si­schen Kinos. DER LETZTE TANGO IN PARIS, JULES UND JIM, die gro­ßen ero­ti­schen Urkonstellationen aus der Ära der Nouvelle Vague wer­den her­auf­be­schwo­ren.“ David Steinitz, Süddeutsche Zeitung

Der Film (…) geht auf eine gewitz­te Weise mit sei­nem nicht eben leicht­ge­wich­ti­gen Thema um, steckt vol­ler ori­gi­nel­ler Bildideen, komi­scher Situationen und skur­ri­ler Momente.“ Berliner Zeitung

Hier ist ein Hauptdarsteller zu ent­de­cken, der die Fähigkeit besitzt, einen Film zu beherr­schen, wie Daniel Day-Lewis oder Denis Lavant.“ Indiewire

In Lapids künst­le­ri­scher Verwandtschaft ist vor allem ein Name zu nen­nen: Jean-Luc Godard. (…) Das gro­ße Gelingen des Films besteht dar­in, dass er sich der Sprache ver­schreibt. Auch das Kino ist eine Sprache, und wenn man die­sen Film sieht, fällt einem auf, wie sel­ten das heu­te gewor­den ist.“ Philipp Stadelmaier, Filmbulletin

 

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Credits:

IL/ FR/ DE 2019, 123 Min., frz., hebr. OmU 
Regie: Nadav Lapid
Buch: Nadav Lapid, Haïm Lapid
Kamera: Shaï Goldman
Schnitt: Era Lapid, Neta Braun
Darsteller: Tom Mercier, Quentin Dolmaire, Louise Chevillotte, Uri Hayik, Léa Drucker

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Golden Twenties

Ein Film von Sophie Kluge.

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Ava kommt nach ihrem Studium in ihre Heimatstadt zurück, zieht wie­der bei ihrer Mutter ein, bekommt eine Hospitanz beim Theater, ver­liebt sich ein wenig, was dann aber nicht lan­ge hält. Und so drif­tet sie durch den Alltag, immer suchend, nie fin­dend. Wobei sie kei­nes­wegs eine Besonderheit dar­stellt: Alle Menschen in ihrer Umgebung füh­len und ver­hal­ten sich so, oder so ähn­lich. Wenn dann mal eine Person eine Entscheidung trifft, viel­leicht um einen Anker zu haben und den Wunsch hat, sich zu fes­ti­gen, scheint das nur dem Zweck zu die­nen, die Hilflosigkeit und Unsicherheit zu kom­pen­sie­ren. Es bleibt immer der scha­le Beigeschmack einer Lebenslüge. Bei der zeit­wei­li­gen ein­di­men­sio­na­len Darstellung der Figuren, vor­nehm­lich in den Nebenrollen, wer­den Abgründe spür­bar, die immer auf die umfas­sen­de Verlorenheit ver­wei­sen. Die Einsamkeit die­ser bemit­lei­dungs­wür­di­gen Knallchargen macht sie auf den zwei­ten Blick letzt­lich zu kom­ple­xen Charakteren. Und da wir uns in einer Komödie befin­den, ist das auf tra­gi­sche und selt­sa­me Weise auch sehr lustig.

Sophie Kluge bringt klug ein Generationsporträt auf die Leinwand; doch Golden Twenties ist mehr als die Mittzwanziger-Depression: Es ist eine Geschichte der Gesellschaft, die sich wenig auf­ein­an­der ein­lässt, und in der sich jeder­zeit alles ändern kann. In der alles in Bewegung ist, oder sein kann, in der Ava mit ihrem Stillstand nicht hin­ein­pas­sen kann. Oder will.“ (Kinozeit.de, Harald Mühlbeyer)

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Credits:

DE 2019, 93 Min.
Regie & Buch: Sophie Kluge
Kamera: Reinhold Vorschneider
Schnitt: Katja Dringenberg
Darsteller: Henriette Confurius, Max Krause, Inga Busch, Franziska Machens, Hanna Hilsdorf

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Golden Twenties | Offizieller Trailer | Deutsch HD German (2019)

Congo calling

Ein Film von Stephan Hilbert.

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Der Osten der Demokratischen Republik Kongo ist eine der ärms­ten und unsi­chers­ten Regionen der Welt. Hunderte von west­li­chen Entwicklungshelfern sind vor Ort und wol­len die Bevölkerung unter­stüt­zen. Unter ihnen Raul, Peter und Anne-Laure. Sie sind hoch­mo­ti­viert und vol­ler Visionen, doch ihre Situation wirft für sie grund­sätz­li­che Fragen auf. Raul, ein spa­nisch-fran­zö­si­scher Wissenschaftler, muss fest­stel­len, dass er sei­ne Kollegen mit den Projektgeldern zur Korruption ver­führt und sei­ne Studie über die Rebellengruppen des­halb zu schei­tern droht. Peter, ein deut­scher Entwicklungshelfer, wird nach 30 Berufsjahren in Rente geschickt, sieht aber außer­halb von Afrika kei­ne Perspektiven für sich. Die Belgierin Anne-Laure hat ihre Stelle als Entwicklungshelferin auf­ge­ge­ben. Sie arbei­tet nun für ein kon­go­le­si­sches Musikfestival und kämpft mit ihrem regime­kri­ti­schen Freund und ande­ren Einheimischen für eine bes­se­re Zukunft. Die Frage, wer oder was für die Armut und Unsicherheit in die­ser Region haupt­säch­lich ver­ant­wort­lich ist, wird nicht the­ma­ti­siert und wür­de den Rahmen die­ses Films spren­gen. Die Gewichtung liegt auf den drei per­sön­li­chen Perspektiven, die viel über das Zusammenleben und Zusammenarbeiten zwi­schen Europa und Afrika erzäh­len und die Frage stellt: Wie hilf­reich ist die Hilfe des Westens?

Mit Raul, einem der Protagonisten des Films, bin ich schon seit lan­ger Zeit befreun­det. Er hat mir immer wie­der von sei­ner Arbeit im Ostkongo erzählt. Mit über 5 Millionen Todesopfern ist der Konflikt in die­ser Region der blu­tigs­te seit dem Zweiten Weltkrieg. Viele Helfer aus der west­li­chen Welt arbei­ten hier – und vie­le von ihnen haben gro­ße Zweifel an ihrer eige­nen Rolle. Bald war klar, dass wir einen Film über die Beziehung von uns Europäern zu einem so fer­nen und frem­den Ort und sei­nen Menschen machen wol­len. Was zieht uns dort­hin, was haben wir da zu suchen? Was machen wir mit die­sem Ort und die­ser Ort mit uns?“ (Stephan Hilpert)

 

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Credits:

DE 2019, 90 Min., OmU
Regie: Stephan Hilbert
Kamera: Daniel Samer
Schnitt: Miriam Märk 

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Carmine Street Guitars

Ein Film von Ron Mann.

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Das lie­be­vol­le Portrait eines Individualisten: Rick Kelly, Inhaber von Carmine Street Guitars, Gitarrenbauer aus Leidenschaft. Ein klei­ner Laden, der im Greenage Village über­lebt. Aus der Zeit, als Großstädte nicht die ers­te Wahl waren und Möglichkeiten boten, ein­fach was aus­zu­pro­bie­ren und vor sich zu schnur­ren. Rick Kelly fin­det sein Tonholz in Abrisshäusern, oder da, wo restau­riert wird. Bauholz aus alten Lagerhäusern der Bowery, das einen ganz eige­nen Charakter hat. Er upcy­celt dar­aus in Handarbeit elek­tri­sche Gitarren, ger­ne in Form der Klassiker der Moderne. Das ers­te elek­tri­sche Brett in Serienfertigung, die 1950 von Leo Fender auf den Markt gebrach­te Telecaster, steht in ihrer zeit­lo­sen Edelschlichtheit oft Modell für Kellys Instrumente. Und schon betritt Jim Jarmusch (Squürl) den Laden, auch Lou war Kunde, Patti & Lenny Kaye sind ver­ewigt, Bill Frisell und ande­re spie­len uns was vor. Aber haupt­säch­lich geht es um die Details des täg­li­chen Lebens im eige­nen Universum, die Beharrlichkeit, die sach­li­che Bescheidenheit, die Dinge anzu­ge­hen, den Rhythmus der Entschleunigung. Es ist Handarbeit, die Präzision ver­langt, dazu braucht es Zeit. Ein Universum, das schein­bar abge­schie­den vom Drumherum exis­tiert. Eine gut ein­ge­spiel­te Familie, neben Rick arbei­ten der Lehrling Cindy Hulej und die 90+ jäh­ri­ge Mutter Dorothy Kelly. Ron Mann (Comic Book Confidential) hat sie fünf Tage lang por­trai­tiert. Danach riecht alles ange­nehm nach frisch gesäg­tem Holz aus dem vor­letz­ten Jahrhundert des letz­ten Jahrtausend.

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Credits:

USA 2018, 81 Min., engl. OmU
Regie: Ron Mann
Buch: Len Blum
Kamera: Becky Parsons, John M. Tran
Schnitt: Robert Kennedy 

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Carmine Street Guitars (2018) Trailer, OmU