Archiv des Autors: fsk

The Florida Project

Ein Film von Sean Baker. 

Autos von Neuankömmlingen bespu­cken, Touristen um Kleingeld anbet­teln, damit man sich Eis kau­fen kann, ein biss­chen her­um­zün­deln in den lee­ren Gebäuden des Nachbargrundstücks: Das sind die Abenteuer, mit denen die sechs­jäh­ri­ge Moonie ihre Ferien füllt. Ihr Zuhause ist ein bil­li­ges Motel vor den Toren von Disneyworld; ihre jun­ge Mutter hat kei­nen fes­ten Job. Was das für sie heißt, das tes­tet Moonie mit so uner­schöpf­li­cher wie nerv­tö­ten­der Energie aus, indem sie ihre gleich­alt­ri­gen Freunde zu aller­lei Missetaten anstif­tet – und Baker (STARLET und TANGERINE L.A.) steht als sozia­ler Realist ganz und gar auf der Seite sei­ner Helden.

Die auf­re­gends­ten Einblicke in die US-Gesellschaft jen­seits ihrer urba­nen Mittelschichtsfamilien bot „The Florida Project” von Sean Baker aus der Quinzaine-Reihe.
Nach sei­nem Durchbruchsfilm „Tangerine”, in dem zwei Transgender-Prostituierte chao­ti­sche Weihnachtstage in Los Angeles durch­le­ben, beweist Baker hier erneut sein Gespür für Laiendarsteller. In sei­nem knall­bun­ten „Florida Project” folgt er zwei klei­nen Mädchen, die an der Peripherie des ame­ri­ka­ni­schen Traums leben – genau­er gesagt am Rande von Disney World, Orlando. Sowohl die Verheißungen des Themenparks als auch der USA sind für die Mädchen denk­bar weit ent­fernt: Sie wach­sen im Motel bei ihrer afro-kari­bi­schen Oma respek­ti­ve ihrer sich pro­sti­tu­ie­ren­den wei­ßen Mutter auf.
„Pop veri­té” nennt Baker sei­ne Art des hyper­sti­li­sier­ten Realismus. Er sticht nicht nur wegen sei­ner kon­trast­rei­chen Farben neben dem mono­chro­men Wettbewerb her­vor. „The Florida Project” hat eines der am lau­tes­ten pochen­den Herzen des Festivals gehabt. Seinen Puls wird man noch füh­len, wenn der Großteil der „Offiziellen Auswahl” längst ver­ges­sen ist.” Hannah Pilarczyk in ihrer Cannes-Besprechung auf spiegel-online
 


 
Credits:
OT: The Florida Projekt
USA, 2017, 115min, engl. OmU
Drehbuch: Sean Baker, Chris Bergoch
Kamera: Alexis Zabe
Schnitt: Sean Baker

mit: Willem Dafoe
Brooklynn Prince
Valeria Cotto
Bria Vinaite
Christopher Rivera

 
Termine:

  • noch kei­ne / oder kei­ne mehr 

Your Name

Ein Film von Makoto Shinkai.

Der erfolg­reichs­te Anime aller Zeiten soll­te in Deutschland eigent­lich nur einen Kino-Kurzeinsatz bekom­men. Nun kommt die hin­rei­ßen­de Teen-Körpertausch-Romanze doch noch rich­tig in die Kinos. Mitsuha ist ein Mädchen vom Lande, die lie­ber in Tokyo leben wür­de, als in ihrem lang­wei­li­gen Dorf, in dem es nicht ein­mal ein Café gibt. Taki ist ein Schüler aus Tokyo, der eines Morgens in Mitsuhas Körper erwacht, wäh­rend Mitsuha zu Taki wird. Beide brin­gen das Leben des ande­ren gründ­lich durch­ein­an­der, aber am nächs­ten Morgen ist alles wie­der nor­mal. Während sie immer wie­der die Körper tau­schen, schrei­ben sie ein­an­der Nachrichten auf Hände, in Notizbücher und über ihre Telefone. Aber eines Tages endet ihre Verbindung plötz­lich, ohne dass die bei­den sich begeg­net sind. Taki macht sich auf die Suche nach Mitsuha, und fin­det her­aus, dass das Mädchen vor drei Jahren bei einer furcht­ba­ren Katastrophe ums Leben kam. Taki muss noch ein­mal in Mitsuhas Körper wech­seln und in der Zeit rei­sen, um Mitsuha und ihr Dorf zu retten.
Matoko Shinkai erzählt die fan­tas­ti­sche Geschichte über Teenager-Krisen und ers­te Liebe in wun­der­voll glit­zern­den Bildern, mit einer ver­we­ge­nen Erzählstruktur, in die tra­di­tio­nel­le Motive der japa­ni­schen Kultur und Philosophie ein­ge­ar­bei­tet sind. Mitsuhas Großmutter hütet einen alten Schrein des Zeitgottes. Die Familie webt magi­sche Stricke und Mitsuha pro­du­ziert bei einem Ritual kuchi­ka­mi­za­ke als Opfergabe, einen Sake, bei dem die Fermentierung dadurch aus­ge­löst wird, dass jun­ge Mädchen den Reis vor­kau­en und wie­der aus­spu­cken. Beides wird eine Rolle in Takis Zeitreise spie­len. YOUR NAME strahlt und fun­kelt, ist unglaub­lich komisch und herz­zer­rei­ßend rüh­rend. Matoko Shinkai hat den Stab des auf­re­gends­ten Anime-Regisseurs der Gegenwart von Hayao Miyazaki auf­ge­nom­men. Tom Dorow | Indiekino

»Die kom­ple­xe, in eben­so atem­be­rau­ben­den wie bei­läu­fig wir­ken­den Bildern ani­mier­te Geschichte chan­giert gekonnt zwi­schen den Genres und prä­sen­tiert eine eben­so melo­dra­ma­ti­sche wie geer­de­te Geschichte vol­ler Zwischentöne. … „Your Name“ ist ein epi­sches, muti­ges Kleinod, wie es sel­ten im Kino zu sehen ist.« Jörg Gerle | Filmdienst

Credits:
OT: Kimi no na wa 君の名は。
Japan 2016, 106 Min., japan. OmU
Regie & Drehbuch: Makoto Shinkai
Musik: Radwimps

Termine:

  • noch kei­ne / oder kei­ne mehr 

 

Killer of sheep

Ein Film von Charles Burnett.

Schauplatz des Films ist ein afro­ame­ri­ka­ni­sches Ghetto in Watts, einem Stadtteil von Los Angeles, in der Mitte der sieb­zi­ger Jahre. Im Mittelpunkt der Handlung steht Stan, ein sen­si­bler Träumer, der unter der Belastung, in einem Schlachthaus arbei­ten zu müs­sen, zuse­hends abstumpft. Von Geldsorgen geplagt, fin­det er nur ab und zu etwas Erholung in Augenblicken von schlich­ter Schönheit: wenn er eine Kaffeetasse gegen sei­ne Wange hält und die Wärme spürt; wenn er mit sei­ner Frau zu Radiomusik tanzt oder sei­ne Tochter im Arm hält. Der Film bie­tet kei­ne Lösungen, son­dern zeigt das Leben, wie es ist – zuwei­len schreck­lich düs­ter, dann wie­der erfüllt von über­ir­di­scher Freude und fei­nem Humor. … KILLER OF SHEEP wur­de im Laufe eines Jahres an den Wochenenden gedreht. Das Budget betrug weni­ger als zehn­tau­send Dollar, die zum größ­ten Teil über ein Stipendium der University of California in Los Angeles (UCLA) finan­ziert wur­den. Der Film wur­de an den Originalschauplätzen über­wie­gend mit Amateurdarstellern und mit Handkamera gedreht, der Ton wur­de nachsynchronisiert.
1981 erhielt KILLER OF SHEEP den Kritikerpreis bei den Internationalen Filmfestspielen in Berlin, wo der Film im Rahmen des Internationalen Forums des Jungen Films lief. 1990 erklär­te ihn die Library of Congress zum natio­na­len Kulturgut und nahm ihn auf­grund sei­ner his­to­ri­schen Bedeutung als einen der ers­ten fünf­zig Filme in das National Film Registry auf. Im Jahr 2002 erklär­te ihn die National Society of Film Critics zu einem von ‘100 Essential Films‘.” (aus dem Katalog des Internationalen Forums des Jungen Films, Berlin 1981)

… Die Eröffnungsszene illus­triert das Hauptthema des Films: Einem klei­nen Jungen wird erklärt, dass zum Überleben kein mora­li­sches Urteil nötig sei, und dass die Kriterien ‘rich­tig‘ oder ‘falsch‘ nur im engs­ten Familienkreis Gültigkeit haben. Bei einem sen­si­blen Kind kann eine sol­che Erklärung nur Verwirrung aus­lö­sen. Man muss erwach­sen sein, um bestimm­te grund­le­gen­de Gefühle aufzugeben.
Die Menschen in mei­nem Film gehö­ren nicht zur Bourgeoisie; für sie beschränkt sich das Leben auf die phy­si­sche Ebene. Ihre Bedürfnisse sind ein­fach und direkt; auf­grund his­to­ri­scher Gründe fehlt es ihnen an Mitteln, vor allem aber an Zeit und Muße, um sich mit etwas ande­rem als dem Lebenskampf zu beschäf­ti­gen. Ihre Vorstellung von Bewegung heißt seit­wärts, nicht nach oben.
Trotz der vie­len Bilder vom Töten erhält der Film dadurch eine opti­mis­ti­sche Note, dass er eine tie­fe Verehrung für das Leben zum Ausdruck bringt. Überall sind Kinder zu sehen, die alles mitbekommen.
Die letz­ten bei­den Szenen beru­hen auf genau die­ser Kombination gegen­sätz­li­cher Bilder: Ein jun­ges, ver­krüp­pel­tes Mädchen, das schwan­ger ist, spricht dar­über, wie sehr sie sich auf das Baby freut. Das nächs­te Bild zeigt wie­der­um das Schlachten von Schafen und steht in star­kem Kontrast zur vor­an­ge­hen­den Szene; durch Ironie und Gegenüberstellung soll die­ses Gefühl der Verehrung des Lebens ver­stärkt wer­den. …” Charles Burnett, im Katalog des Internationalen Forums des Jungen Films, Berlin 1981

Forumsblatt

Credits:
USA 1977, 83 Min., engl. OmU, schwarzweiss
Buch, Kamera, Schnitt, Produktion: Charles Burnett
Darsteller: Henry Gayle Sanders, Kaycee Moore, Charles Bracy, Angela Burnett, Eugene Cherry, Jack Drummond

Termine:

  • noch kei­ne / oder kei­ne mehr 

Playing God

Ein Film von Karin Jurschick.

Wie viel Geld ist das Leben eines Menschen wert? Welche Kriterien spie­len bei der Berechnung eine Rolle? Welche Interessen beein­flus­sen die Berechnung? Warum erhal­ten z.B. die Angehörigen des Feuerwehrmanns, der beim Einsatz am 11. September umkam, eine Million Euro weni­ger als die Angehörigen des töd­lich ver­un­glück­ten Börsenmaklers? Wer ent­schei­det über die Summe und wie wird die Entscheidung den Angehörigen erklärt? Die Regisseurin Karin Jurschick beglei­tet den Anwalt und Mediator Ken Feinberg, den „Master of Disaster“, bei sei­ner täg­li­chen Arbeit. Seine Aufgabe ist es, die Folgen kata­stro­pha­ler Ereignisse für den Einzelnen mit Geld zu lin­dern. Oder zwi­schen Unternehmen, die für eine Umweltkatastrophe haf­ten müs­sen, und den Geschädigten zu vermitteln.

Es ist eine die­ser Menschheitsfragen, an deren Beantwortung sich die Entwicklung unse­rer Kulturen und Gesellschaften mes­sen lässt: was ist das Leben eines Einzelnen – jedes Einzelnen – wert? … Kann ich als Sklave zur Arbeit gezwun­gen, als Unfreier straf­los getö­tet oder als Fußsoldat den Plänen der Herrschaft geop­fert wer­den? Oder habe ich ein eige­nes Gewicht, ein eige­nes Maß?
Erst im Zeitalter der Aufklärung, mit dem Humanismus und der Idee der Menschenrechte bekam die­se Frage auch für das bür­ger­li­che Individuum Gewicht. „Ich bin etwas wert“: die­ser Gedanke war revo­lu­tio­när. Die Antwort war zwar immer noch abhän­gig davon, ob der Einzelne eine Arbeiterin, ein Kaufmann oder der Fabrikdirektor war, aber er ließ sich nicht mehr ganz aus der Welt schaf­fen. In den gro­ßen Kriegen wur­de das Selbstopfer zwar immer noch gefor­dert, nun aber ideo­lo­gisch begrün­det, nicht ein­fach vor­aus­ge­setzt. Und selbst die gro­ßen Religionen muss­ten sich dem ver­än­der­ten Menschenbild anpas­sen – wenn auch meist nur in Bezug auf die eige­nen Glaubensbrüder …
Mit dem Kapitalismus haben wir uns in vie­len Gesellschaften end­gül­tig von der Idee des Selbstopfers ver­ab­schie­det – wir möch­ten ver­si­chert sein und Entschädigung für erlit­te­nes Unrecht erhal­ten, mög­lichst in cash. Das Individuum wird immer mehr auf­ge­wer­tet – und (sich) immer teu­rer. Auf der ande­ren Seite scheint es für jene, die Schaden ver­ur­sa­chen, ein­fach zu sein, ihn mit barer Münze ‚wie­der gut zu machen‘.” Karin Jurschick

 


 
Credits:
D 2017, 90 Min.

Regie: Karin Jurschick
Buch: Karin Jurschick und Birgit Schulz
Kamera: Timm Lange
Schnitt: Anika Simon
 
Termine:
  • noch kei­ne / oder kei­ne mehr 

 

PLAYING GOD – Offizieller Trailer

Freiheit

Ein Film von Jan Speckenbach.

Nora ist aus­ge­bro­chen aus dem Leben, das sie bis­her führ­te, sie hat ihren Mann und ihre zwei Kinder ver­las­sen und ist die unge­lieb­te Arbeit als Anwältin los. Befreit ist sie unter­wegs, zuerst nach Wien und dann wei­ter Richtung Osten, sie lässt sich trei­ben, pro­biert sich aus und will sich neu erfin­den. Aber ein gutes Gefühl stellt sich dabei nicht ein, Nora ist zwar on the road, aber ohne Rausch und ohne Glück und die neue Zukunft will auch nicht so recht begin­nen. Währenddessen ver­su­chen ihr Mann und die bei­den Kinder den Verlust zu ver­ar­bei­ten und das Familienleben in den Griff zu bekommen.

Der Gedanke an Freiheit ist dem Menschen als Ideal unab­ding­bar. Doch wie es in die Realität umset­zen? „Freiheit“ von Jan Speckenbach ver­han­delt die Möglichkeiten und Grenzen, die Hoffnungen und Auswirkungen unbe­ding­ten Freiheitswillens: Eine Frau brach aus der Familie aus. Ein Filmdrama der ande­ren Art: Nicht als Drama der Beziehung(en), als Drama fort­schrei­ten­der Handlung, als Drama von Entfremdung, Entscheidung und Konsequenz, son­dern als Drama der Tatsachen: Es ist, wie es ist. Ist es Freiheit?“ Harald Mühlbeyer, kino-zeit.de


 
Credits:
Deutschland, Slowakei 2017, 100 Min.
Buch, Regie, Schnitt: Jan Speckenbach
Kamera: Tilo Hauke
Mit: Johanna Wokalek, Hans-Jochen Wagner, Inga Birkenfeld, Andrea Szabová, Ondrej Koval
 
Termine:
  • noch kei­ne / oder kei­ne mehr 

 

Die Grundschullehrerin

Ein Film von Hélène Angel.

Florence (Sara Forestier) lebt im Auge des Orkans. Als Grundschullehrerin und Mutter eines 11—jährigen Sohnes ist sie von mor­gens bis nachts von Chaos umge­ben. Kümmert sie sich um eine Baustelle, braut sich drü­ben an der nächs­ten Ecke schon die nächs­te Krise zusam­men. Florence liebt ihren Job und managt ihn mit gro­ßer Kompetenz. Der klei­nen Tara, die es geschafft hat, sich bis in die fünf­te Klasse durch­zu­mo­geln, ohne Lesen zu ler­nen, besorgt sie ein Anfängerlesebuch. Sie ani­miert die kleinen
Rabauken zum Theaterspielen. Sie baut Provokationen ele­gant in eine Lehrstunde zum Thema tran­si­ti­ve und intran­si­ti­ve Verben ein. Und als ihr Sohn einen Jungen hän­selt, weil er „stinkt“, nimmt sie sich sofort des Falles an, obwohl der Junge in eine Nachbarklasse geht. Dabei stellt sich her­aus, dass des­sen Mutter vor Wochen ein­fach weg­ge­gan­gen ist und Sacha seit­her allei­ne lebt. Die ein­zi­ge Bezugsperson ist ein Ex, zu dem Sache mal eine gute Verbindung aber län­ger schon kei­nen Kontakt hatte.
Florence küm­mert sich. Dass sie sich dabei völ­lig über­nimmt, mer­ken alle ande­ren vor ihr selbst.
DIE GRUNDSCHULLEHRERIN ist ein quir­li­ger, gut­ge­laun­ter Film, des­sen leb­haf­ten Soundtrack Kindergeschrei bil­det. Wie Florence selbst springt die Erzählung stän­dig zwi­schen Handlungssträngen und Schauplätzen hin— und her. Da ist die all­täg­li­che Arbeit, die Frage, was mit Sacha pas­sie­ren soll, die Theateraufführung, die Auseinandersetzungen mit Sohn und Ex—Mann Und dann sind die Erstklässler auch noch trau­rig, weil das Kaninchen weg ist. Die gro­ßen und klei­nen Ereignisse pur­zeln durch­ein­an­der und bil­den eine fröh­li­che Kakophonie. Wie das halt so ist im Leben:Ständig pas­siert alles gleich­zei­tig, und die Kontrolle behal­ten zu wol­len, ist von vorn­her­ein zum Scheitern bestimmt. Das lernt auch Florence.
Hendrike Bake | Indiekino

Wir wis­sen doch alle, dass Lehrer heut­zu­ta­ge ech­te Helden des Alltags sind. Wir ver­lan­gen von ihnen, dass sie vie­le Dinge wei­ter­ge­ben – Wissen und Werte –, und das unter Bedingungen, die immer schwie­ri­ger wer­den. Ein Alltagsheld ist immer eine span­nen­de Figur für einen Film. Florence kommt im Schulsystem eini­ger­ma­ßen klar, denn sie glaubt an die öffent­li­chen Schulen, die lai­zis­tisch aus­ge­rich­tet und kos­ten­los und ver­pflich­tend sind. In einer Welt, die vom Geld regiert wird, sind es sol­che grund­le­gen­den Werte, die mich berüh­ren. Ich woll­te eine Heldin schaf­fen, die – von ihren Gefühlen und mora­li­schen Fragen hin und her geris­sen – immer mal wie­der in Stolperfallen gerät und trotz­dem ihre Frau ste­hen muss. Das alles in einem abge­schlos­se­nen System, das nichts­des­to­trotz die Welt wie­der­spie­gelt.” Hélène Angel

Credits:
Primaire, Frankreich 2016, 105 Min., franz. OmU

Regie: Hélène Angel 
Drehbuch: Hélène Angel, Yann Coridian 
Kamera: Yves Angelo 
Schnitt: Christophe Pinel
mit: Albert Cousi, Ghillas Bendjoudi, Sara Forestier, Vincent Elbaz Produktion: Hélène Cases

Termine:

  • noch kei­ne / oder kei­ne mehr 

The woman who left

Ein Film von Lav Diaz.

Die Filme von Lav Diaz sind auf den gro­ßen inter­na­tio­na­len Festivals zu Hause und wer­den auch ger­ne aus­ge­zeich­net. 2014 gewann er mit From What Is Before in Locarno den Goldenen Leoparden, und The Woman who left war 2016 Sieger beim Filmfestival von Venedig. Die Filme zeich­nen sich auch dadurch aus, dass sie sich alle Zeit neh­men, die sie für ihre Geschichte brau­chen. Waren das beim 2016 im Wettbewerb der Berlinale auf­ge­führ­ten A Lullaby to the Sorrowful Mystery noch 8 Stunden, lässt sich die Geschichte von Horacia in nur 4 Stunden erzäh­len. 30 Jahre saß sie unschul­dig im Gefängnis, aber neue Beweise bele­gen die Schuld ihres immer noch super­rei­chen Liebhabers aus Jugendtagen. Jetzt denkt sie, eine eigent­lich zutiefst barm­her­zi­ge Frau, an Rache.
„Eine Überlebensgeschichte, ein Blick auf eine Gesellschaft, ihre Gewalt und Kriminalität und zugleich ein Über-Film, der die Mittel des Kinos in Richtung einer poe­ti­schen Freiheit rückt.“ Katja Nicodemus/Die Zeit

Ang Babaeng Humayo, Philippinen 2016, 228 min, phil­ip. OmU,
Regie, Kamera & Schnitt: Lav Diaz
Buch: Lav Diaz, nach der Erzählung von Leo Tolstoi („Gott sieht die Wahrheit, aber sagt sie nicht sogleich“)
mit: Charo Santos-Concio, John Lloyd Cruz, Michael De Mesa, Nonie Buencamino. 

Termine:

  • noch kei­ne / oder kei­ne mehr 
The Woman Who Left – Official Trailer

Beach Rats

Ein Film von Eliza Hittman.

Sommer auf Coney Island. Der Teenager Frankie drif­tet durch sein Leben. Tagsüber hängt er mit sei­nen Freunden am Strand ab, geht trai­nie­ren und raucht Gras. Doch weder sei­ne macho­haf­ten, latent aggres­si­ven Kumpels noch Simone, mit der er eine Affäre beginnt, schei­nen ihn wirk­lich zu inter­es­sie­ren. Der ein­zi­ge Ort, an dem Frankie offen über sei­ne Gefühle und sexu­el­len Wünsche spre­chen kann, ist der anony­me Chatroom, in dem er nachts mit älte­ren schwu­len Männern schreibt. Nach eini­gem Zögern beginnt er sich mit Leuten aus dem Netz zu tref­fen und wagt sich in die Cruising-Bereiche am Flußufer vor.
In ihrem zwei­ten Spielfilm erzählt die US-ame­ri­ka­ni­sche Independent-Regisseurin Eliza Hittman in düs­ter-ver­träum­ten Bildern eine Geschichte von homo­se­xu­el­lem Erwachen und einer Selbstverleugnung am äußers­ten Rand New Yorks, an dem sozia­le Probleme wie Arbeitslosigkeit und Jugendkriminalität eben­so Alltag sind wie eine ein­sei­ti­ge Vorstellung von Männlichkeit.
„Ich wuchs in einer Familie auf, in der das Sprechen über Sexualität Tabu war. Ich habe erlebt, wie Menschen an ihrer Sexualität ver­ro­hen kön­nen. Das hat mich zu der Geschichte über einen jun­gen Mann inspi­riert, der mit sei­ner sexu­el­len Identität kämpft. Ich such­te dafür ganz bewusst ein beson­ders mas­ku­li­nes Milieu. Darin woll­te ich den enor­men Druck unter­su­chen, der auf jun­gen Männern las­tet, die tra­di­tio­nell mas­ku­li­nen Lebensbildern fol­gen sol­len und denen kei­ne Alternativen, kei­ne ande­ren Rollenmodelle ange­bo­ten wer­den.“ Eliza Hittman
 


 
Credits:
USA 2016, 95 Min., engl. OmU

Regie: Eliza Hittman
Kamera: Hélène Louvart
Schnitt: Scott Cummings, Joe Murphy
mit: Harris Dickinson, Madeline Weinstein, Kate Hodge
 
Termine:
  • noch kei­ne / oder kei­ne mehr 

 

Marlina – Die Mörderin in vier Akten

Ein Film von Mouly Surya.

Irgendwo im son­nen­ver­brann­ten, kar­gen, dünn­be­sie­del­ten Nordosten der indo­ne­si­schen Insel Sumba erreicht ein Mann auf einem Motorrad eine abge­le­ge­ne Hütte. Er klärt die dort leben­de Marlina dar­über auf, dass sie hohe Schulden bei ihm hat. Deshalb wür­den er und sei­ne sechs Freunde, die gegen Abend ein­trä­fen, ihr Vieh und ihr Geld neh­men. Zur Stärkung wünscht sich der Eindringling für die gan­ze Bande ein gutes Essen und stellt der Hausherrin in Aussicht, sie anschlie­ßend zu ver­ge­wal­ti­gen. Anscheinend gibt es kei­ne Fluchtmöglichkeit für Marlina, denn sie ist allein und nie­mand wird ihr zur Hilfe kom­men. Doch ihre Kochkünste über­ra­schen die Räuber gewal­tig und bei Einbruch der Nacht haben sich die Machtverhältnisse gewandelt.
Mouly Surya schaut mit distan­zier­tem Blick auf die vor Hitze glü­hen­den Landschaft aus­ge­lie­fer­ten Menschen, gleich­wohl schenkt sie ihnen Vertrauen und Mitgefühl. Ihr kühl insze­nier­ter Western ist in wun­der­voll kom­po­nier­ten Cinemascope- Bildern gehal­ten. Die ver­roh­ten Verhältnisse sind von archai­scher Schlichtheit: Die Männer neh­men sich in aller Selbstverständlichkeit, was ihnen nicht zusteht. Aber die Frauen ver­bün­den sich gegen sie und ändern den Lauf der Geschichte.
Nach dem ers­ten Akt „Robbery“ fol­gen „The Journey“, „The Confession“ und „The Birth“. Damit endet der Zirkel, schließt sich der Kreis. Ein Film wie von Tarantino. Aber mit Inhalt.


 
Credits:
Indonesien 2017, 94 Min., indo­ne­si­sche OmU
Regie: Mouly Surya
Buch: Mouly Surya, Rama Adi
Kamera: Yunus Pasolang
Schnitt: Kikiwini Matusola

mit: Marsha Timothy, Dea Panendra, Yoga Pratama, Rita Matu Mona
 
Termine:

  • noch kei­ne / oder kei­ne mehr 

 

Marlina – Die Mörderin in vier Akten // Trailer // Kinostart 18. Januar 2018

 

Licht

Ein Film von Barbara Albert.

Wien, 1777: Nach meh­re­ren geschei­ter­ten Versuchen, die Blindheit des Klavierwunderkindes Maria Theresia zu hei­len, geben die ehr­gei­zi­gen Eltern das Mädchen in die Obhut des umstrit­te­nen Wunderheilers Franz Anton Mesmer. Wider Erwarten hel­fen des­sen magne­ti­sche Kuren und Maria Theresia dient ihm fort­an als Beweis gegen die ungläu­bi­ge Ärzteschaft. Mit der gewon­nen Sehkraft ver­liert das Mädchen aller­dings den gewohn­ten Zugang zur Musik, und damit zu dem, was für sie lebens­not­wen­dig ist und womit sie sich einen Namen gemacht hat.

Ich möch­te LICHT nicht als Flucht in eine Ästhetik der Vergangenheit ver­stan­den wis­sen, viel­mehr wid­met sich der Film Grundfragen der mensch­li­chen Existenz: der fort­wäh­ren­den Spannung zwi­schen Unterordnung und Anpassung, und der Sehnsucht, sich über das Gewöhnliche zu erhe­ben, letzt­lich unsterb­lich zu wer­den. Und dar­über hin­aus dem Wert des Menschen an sich.
Nicht zuletzt kreist alles in LICHT um die Wahrnehmung und deren Flüchtigkeit. Es geht um den Blick und ums Sehen, um die­je­ni­gen, die gese­hen wer­den und die­je­ni­gen, die schau­en.“ Barbara Albert

Credits:

Österreich/D, 2017, 97 Min.
Regie: Barbara Albert
Drehbuch: Kathrin Resetarits
based on the novel «Mesmerized» by Alissa Walser
Kamera: Christine A. Maier
Schnitt: Niki Mossböck

mit:
Maria Dragus
Devid Striesow
Lukas Miko
Katja Kolm

Termine:

  • noch kei­ne / oder kei­ne mehr