Ein Film von Karin Jurschick.
Wie viel Geld ist das Leben eines Menschen wert? Welche Kriterien spielen bei der Berechnung eine Rolle? Welche Interessen beeinflussen die Berechnung? Warum erhalten z.B. die Angehörigen des Feuerwehrmanns, der beim Einsatz am 11. September umkam, eine Million Euro weniger als die Angehörigen des tödlich verunglückten Börsenmaklers? Wer entscheidet über die Summe und wie wird die Entscheidung den Angehörigen erklärt? Die Regisseurin Karin Jurschick begleitet den Anwalt und Mediator Ken Feinberg, den „Master of Disaster“, bei seiner täglichen Arbeit. Seine Aufgabe ist es, die Folgen katastrophaler Ereignisse für den Einzelnen mit Geld zu lindern. Oder zwischen Unternehmen, die für eine Umweltkatastrophe haften müssen, und den Geschädigten zu vermitteln.
„Es ist eine dieser Menschheitsfragen, an deren Beantwortung sich die Entwicklung unserer Kulturen und Gesellschaften messen lässt: was ist das Leben eines Einzelnen – jedes Einzelnen – wert? … Kann ich als Sklave zur Arbeit gezwungen, als Unfreier straflos getötet oder als Fußsoldat den Plänen der Herrschaft geopfert werden? Oder habe ich ein eigenes Gewicht, ein eigenes Maß?
Erst im Zeitalter der Aufklärung, mit dem Humanismus und der Idee der Menschenrechte bekam diese Frage auch für das bürgerliche Individuum Gewicht. „Ich bin etwas wert“: dieser Gedanke war revolutionär. Die Antwort war zwar immer noch abhängig davon, ob der Einzelne eine Arbeiterin, ein Kaufmann oder der Fabrikdirektor war, aber er ließ sich nicht mehr ganz aus der Welt schaffen. In den großen Kriegen wurde das Selbstopfer zwar immer noch gefordert, nun aber ideologisch begründet, nicht einfach vorausgesetzt. Und selbst die großen Religionen mussten sich dem veränderten Menschenbild anpassen – wenn auch meist nur in Bezug auf die eigenen Glaubensbrüder …
Mit dem Kapitalismus haben wir uns in vielen Gesellschaften endgültig von der Idee des Selbstopfers verabschiedet – wir möchten versichert sein und Entschädigung für erlittenes Unrecht erhalten, möglichst in cash. Das Individuum wird immer mehr aufgewertet – und (sich) immer teurer. Auf der anderen Seite scheint es für jene, die Schaden verursachen, einfach zu sein, ihn mit barer Münze ‚wieder gut zu machen‘.” Karin Jurschick
Credits:
D 2017, 90 Min.
Regie: Karin Jurschick
Buch: Karin Jurschick und Birgit Schulz
Kamera: Timm Lange
Schnitt: Anika Simon
Termine:
- noch keine / oder keine mehr