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Die außergewöhnliche Reise der Celeste Garcia

ein Film von Arturo Infante. 

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Einen Science-Fiction-Film aus Kuba bekommt man nicht alle Tage zu sehen, allein das schon macht das Regiedebüt des erfah­re­nen Drehbuchautors Arturo Infantes bemer­kens­wert. Weltraumaction soll­te man aller­dings nicht erwar­ten, denn „Die außer­ge­wöhn­li­che Reise der Celeste Garcia“ benutzt sein Sci-Fi-Motiv ganz unter­schwel­lig und erzählt statt­des­sen von sei­ner Titelheldin, die nach Jahren des immer glei­chen Trotts noch ein­mal einen Neuanfang wagen möchte.

Die ehe­ma­li­ge Lehrerin Celeste Garcia (Maria Isabel Diaz) führt nach ihrer Pensionierung ein beschau­li­ches Leben in Havanna, arbei­tet als Teilzeitkraft im Planetarium und küm­mert sich um ihren 25jährigen Sohn Pedrito (Roberto Espinosa), der immer noch zu Hause lebt und den gan­zen Tag mit sei­nen Videospielen beschäf­tigt ist. Ein wenig mehr Aufregung wünscht sich Celeste in ihrem täg­li­chen Trott, der so beschau­lich abläuft, wie das Leben in der kuba­ni­schen Hauptstadt.

Als sie eines Tages nach Hause kommt, ist die Wohnung ihrer Nachbarin Polina von der Polizei abge­sperrt und die Nachbarin ver­schwun­den. Und dann hört Celeste in den abend­li­chen Nachrichten im Staatsfernsehen etwas selt­sa­mes: Der Sprecher erklärt der Bevölkerung, dass Kuba seit lan­gem von Außerirdischen vom Planeten Gryok Besuch hat. Unbemerkt haben die Aliens sich unter die Bevölkerung gemischt, um die beson­de­ren Erfolge des kuba­ni­schen Sonderweges mit eige­nen Augen zu erle­ben, Erfolge, die, wie der Nachrichtensprecher betont, trotz des Embargos durch die Vereinigten Staaten errun­gen wur­den. Und als wäre das nicht schon selt­sam genug, fin­det Celeste in ihrer Wohnung eine Einladung zum Planeten der Gryoks, die eini­ge Kubaner als Botschafter in ihre Welt holen wol­len. Voller Enthusiasmus beginnt sich Celeste auf die bevor­ste­hen­de Reise vor­zu­be­rei­ten und erin­nert sich der­weil an Momente, die ihr bis­he­ri­ges Leben geprägt haben.

In einer alten, ver­fal­le­nen Schule spielt „Die außer­ge­wöhn­li­che Reise der Celeste Garcia“ in ers­ter Linie, umfunk­tio­niert zum Ort, wo die Auserwählten sich auf ihr neu­es Leben vor­be­rei­ten. Eine bun­te Gruppe kuba­ni­scher Charaktere ist das, vom altern­den Musiker, einer schwan­ge­ren Frau, bis zu einem jün­ge­ren Paar, das unbe­dingt aus­rei­sen möch­te. Unweigerlich muss man spä­tes­tens hier an den Wunsch vie­ler Kubaner den­ken, ihre mit wirt­schaft­li­chen Problemen kämp­fen­de Heimat zu ver­las­sen und ihr Glück im Ausland, am liebs­ten im eben­so nahen wie fer­nen Amerika zu suchen. Doch die Vorbereitung auf die Migration macht schnell deut­lich, dass auch das Leben auf Gyrok kein Zuckerschlecken ist, das auch dort stren­ge Regeln gel­ten, das auch in die­sem schein­ba­ren Ort der Freiheit, nicht Alle alle Möglichkeiten haben.

So deut­lich sich die­se Prämisse auf dem Papier liest, so sub­til erzählt Arturo Infante von sei­ner Titelfigur, ein­fühl­sam gespielt von der auch inter­na­tio­nal bekann­ten Maria Isabel Diaz, die etwa in Almodovars „Volver“ oder Mel Gibsons „Apocalypto“ zu sehen war. Ob Celeste Garcia dann am Ende mit dem Raumschiff in ein neu­es Leben auf­bricht oder doch in ihrer Heimat zurück­bleibt, spielt kei­ne Rolle mehr. Längst hat sie erkannt, dass nicht der Ort an dem sie lebt für ihr Glücklichsein ent­schei­dend ist, son­dern die Menschen, die sie umge­ben und vor allem ihr eige­ner Blick auf ihr Dasein.

Michael Meyns | programmkino.de

Credits:

OT: El Viaje Extraordinario de Celeste Garcia
CU/DE 2018, 92 Min., Span. OmU
Regie & Buch: Arturo Infante
Darsteller: Maria Isabel Diaz, Omar Franco, Nestor Jimenez, Yerlin Perez, Tamara Castellanos, Veronica Diaz, Roberto Espinosa

Trailer:
Trailer „Celeste Garcia”
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Achtung Berlin 2021

Auch die­ses Jahr sind wir wie­der bei Achtung Berlin dabei, mitt­ler­wei­le zum 3. Mal. Bei unse­rer Auswahl schei­nen sich die Themen manch­mal zu ähneln, Hintergründe und Erzählstil sind es nicht. 

Die Filme:

(WAS SEHEN WIR, WENN WIR ZUM HIMMEL SCHAUEN? gibt es bei uns dann zum Filmstart, das nur zur Info.)

Melanie Lischker schafft in BILDER (M)EINER MUTTER neben einem sehr per­sön­li­chen Zugang zu ihrer Mutter ein anschau­li­ches Zeitkolorit der 1970-er Jahre mit sei­nen man­nig­fal­ti­gen Widersprüchen.
R: Melanie Lischker, Dokumentarfilm | 78 min.
9.9., 18:30  [Tickets & Termine]

Jide Tom Akinleminu schaut in WHEN A FARM GOES AFLAME auf sei­ne Eltern, eine dänisch-nige­ria­ni­sche Beziehung, die plötz­lich eine völ­lig uner­war­te­te Wendung nahm.
R: Jide Tom Akinleminu, Dokumentarfilm | 111 min.
12.9., 17Uhr [Tickets & Termine]

Rocco Di Mento möch­te einen Film über die gro­ße Liebe sei­ner Großeltern dre­hen, muss aber fest­stel­len, dass die Familienerzählung sehr ver­schie­den ist von der Wirklichkeit (und auch noch anders, als wir das jetzt ver­mu­ten): THE BLUNDER OF LOVE.
R: Rocco Di Mento, Dokumentarfilm | 84 min.
11.9., 18:30 [Tickets & Termine]

In der Polizeiakademie der auto­nom ver­wal­te­ten kur­di­schen Provinz Rojava absol­viert die 19-jäh­ri­ge Hala eine mili­tä­ri­sche Ausbildung mit femi­nis­ti­scher Schulung. Dann kehrt sie in ihr Heimatdorf zurück, um auch ihre Schwestern vor Zwangsheirat und Unterdrückung zu schüt­zen, erlebt aber eine Enttäuschung: THE OTHER SIDE OF THE RIVER von Antonia Kilian
R: Antonia Kilian, Dokumentarfilm | 92 min.
11.9., 21:00 [Tickets & Termine]

Einmal mehr unter­sucht Daniel Kötter Bewegungen und Entwicklungen in Afrika. Entlang der Schlucht des Akaki-Flusses seziert RIFT FINFINNEE den mehr als nur sym­bo­li­schen Riss zwi­schen der Stadt Addis Ababa und dem Land.
R: Daniel Kötter, Dokumentarfilm | 79 min.
12.9., 19:30 [Tickets & Termine]

Tobias Lenels Spielfilm CAPRICCIODAS FALSCHE KIND ist ein Sommerfilm über Empathie, Lügen und eine ver­leug­ne­te Tochter.
R: Tobias Lenel, Spielfilm| 90 min
10.9., 21.00 [Tickets & Termine]

Nach dem Tod sei­ner Großmutter reist der neun­jäh­ri­ge Roman sei­ner Mutter Oksana aus der Ukraine nach Deutschland hin­ter­her, nur um fest­zu­stel­len, dass er sich einem Rivalen stel­len muss, dem neu­en Mann der Mutter. RIVALE, Spielfilm von Marcus Lenz
R: Marcus Lenz, Spielfilm | 96 min.
10.9., 18:30 [Tickets & Termine]

Irgendwo im graus­ten Ruhrgebiet fin­det das „Böse“ statt, und Komissar Konka und sein Assistent Walter müs­sen in der völ­lig sinn­lo­sen Tat ermit­teln. Hanna Dörrs DAS MASSAKER VON ANRÖCHTE ist ziem­lich abge­fah­ren und will kein „Crowdpleaser“ sein, ist aber ein Film für alle, die kei­nen deut­schen Fernsehkrimi mehr ertra­gen kön­nen.
R: Hannah Dörr, Spielfilm | 63 min.
9.9., 21:00 [Tickets & Termine]

Nachspiel

ein Film von Christoph Hübner & Gabriele Voss.

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Sie haben alles erlebt im Fußball. Sie waren oben und unten, dann wie­der oben oder auch nicht. Sie haben sich ver­letzt, sie haben sich wie­der her­an gekämpft, sie haben den har­ten und ernüch­tern­den Alltag des bezahl­ten Fußballs in den Profi-Ligen und dar­un­ter erlebt. Sie sind ganz aus dem Fußball aus­ge­stie­gen, haben ihre eige­nen Grenzen erkannt, sie haben erle­ben müs­sen, dass Talent allein nicht reicht. Sie haben sich mit den Medien her­um­ge­schla­gen und sich an sie gewöh­nen müs­sen. Sie haben sehr viel Geld ver­dient oder auch gera­de das nötigs­te. Sie haben viel über sich selbst gelernt und in weni­gen Jahren so viel erlebt, wie ande­re kaum in einem gan­zen Leben.

Seit über zwan­zig Jahren beglei­ten Christoph Hübner und Gabriele Voss eini­ge jun­ge Fußballtalente von Borussia Dortmund mit der Kamera. Sie alle waren mehr­fa­che deut­sche Jugendmeister und Hoffnungsträger im Nachwuchsfußball. Einer von ihnen brach­te es schließ­lich zu einer Profikarriere bis an die Spitze der Bundesliga, ein ande­rer schlug sich in den unte­ren Ligen des Fußballgeschäfts durch. Einer stieg schließ­lich ganz aus und mach­te eine erstaun­li­che Karriere anderswo.

Doch jetzt ist Schluss mit Fußball. Die Protagonisten von damals sind inzwi­schen Mitte drei­ßig und haben ihre Karriere been­det. Wie bau­en sie sich einen neu­en Alltag auf? Wie geben sie ihrem Leben einen neu­en Inhalt? Sind sie mit sich zufrie­den? Haben sie für die Verwirklichung ihres Traums alles gege­ben? Was bleibt über den Fußball hinaus?

NACHSPIEL erlaubt einen unge­wöhn­lich nahen Blick auf den Fußball, auf sei­ne Faszination und sei­ne Gnadenlosigkeit, auf sei­ne schö­nen und schwie­ri­gen Seiten. Das ist aber nicht alles. Was die jun­gen Spieler erlebt haben, ist nicht nur Fußball. Die Fragen, die blei­ben, gehen weit dar­über hin­aus: Was muss man tun, um den eige­nen Lebenstraum zu ver­wirk­li­chen? Was heißt Erfolg  und was heißt Scheitern? Und was heißt Gelingen auf dem per­sön­li­chen Lebensweg? 

NACHSPIEL ist der drit­te und letz­te Teil der „Trilogie des Fußballer-Lebens“ von Christoph Hübner und Gabriele Voss, die 1998 mit DIE CHAMPIONS begann und 2009 mit HALBZEIT fort­ge­setzt wurde.

Credits:

DE 2019, 94 Min.
Regie: Christoph Hübner & Gabriele Voss
Kamera: Christoph Hübner
Schnitt: Gabriele Voss

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Über Deutschland

ein Film von Bernhard Sallmann.

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Den Sommer 1910 ver­bringt die 17-jäh­ri­ge Russin Marina Zwetajewa im Kurort Loschwitz bei Dresden. Die Begegnung mit der deut­schen Kultur fließt in ihren nach der Oktoberrevolution ver­fass­ten tage­buch­ar­ti­gen Text ein. Entstanden ist ein schil­lern­der, irri­tie­ren­der Exkurs der noch jun­gen Beobachterin, in dem schon die spä­te­re Lyrikerin auf­blitzt. Sie reflek­tiert über Kunst und das Verhältnis Deutschland-Russland-Frankreich.

Credits:

DE 2021, 90 Min.
Buch & Regie: Bernhard Sallmann
Schnitt: Christoph Krüger

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Victoria

ein Film von Sofie Benoot, Liesbeth De Ceulaer und Isabelle Tollenaere.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Zwei Jahre in California City, einer rie­si­gen, geis­ter­haf­ten Planstadt in der Wüste, durch eine Bergkette von Los Angeles abge­schnit­ten. Im Vergehen der Zeit, beim Pflegen des ver­san­de­ten Straßennetzes, auf dem Weg zur Schule, beim Abhängen, ent­fal­tet Victoria en pas­sant eine Stadtkarte, die nie Orientierung erlaubt. Aus doku­men­ta­ri­schen Bildern und Handyvideos des Protagonisten, aus vir­tu­el­len Ansichten und einem Voiceover aus Warrens Tagebucheinträgen ent­steht ein Bild der Stadt und eine Stadt aus Bildern. Darin wird die Konstruktion der Realität sicht­bar, aber auch ihr Potenzial zur Poesie: ein Wettrennen mit der Schildkröte im Wüstensand, die Fontänen geplatz­ter Wasserleitungen, die Erinnerungen an Los Angeles beim vir­tu­el­len Flanieren mit Google Maps, schwar­ze Löcher als Tore zu einer ande­ren Galaxie.

Credits:

BE 2019, 71 Min., engl. OmU
Regie: Sofie Benoot, Liesbeth De Ceulaer, Isabelle Tollenaere

Kamera: Isabelle Tollenaere
Schnitt: Sofie Benoot, Liesbeth De Ceulaer, Isabelle Tollenaere
mit Lashay T. Warren, Sharleece Bourne, Mark Martinez, Ernest Dove, Markiece Glover, Elliot Lacey

Trailer:
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Hinter den Schlagzeilen

ein Film von Daniel Sager.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Für den Dokumentarfilm HINTER DEN SCHLAGZEILEN öff­net Deutschlands größ­te Tageszeitung erst­mals die Tür zu ihrem welt­weit renom­mier­ten Investigativ-Ressort und erlaubt einen inti­men Einblick in Arbeitsprozesse, die sonst nur unter strik­ter Geheimhaltung stattfinden.

Zwei Jahre nach der Enthüllung der Panama Papers ste­hen die Journalisten der Investigativ-Redaktion der Süddeutschen Zeitung vor neu­en Herausforderungen: der poli­ti­sche Mord der mal­te­si­schen Journalistin Daphne Caruana Galicia und ein mys­te­riö­ser Waffenhändler, der mit dem ira­ni­schen Atomraketen-Programm in Verbindung gebracht wird. Doch als ihnen im Frühling 2019 ein gehei­mes Video zuge­spielt wird, das den öster­rei­chi­schen Vizekanzler HC Strache schwer belas­tet, über­schla­gen sich die Ereignisse.

Daniel Sager gelingt es in sei­nem Film, die kom­ple­xe Vorgehensweise der Journalisten und der Redaktion für die Veröffentlichung des Ibiza-Videos zu beglei­ten. Prüfungen des Materials auf Echtheit, recht­li­che Konsequenzen und Absicherungen, Recherchen zur Entstehung und den Quellen des Videos als Arbeitsschritte bis zur Veröffentlichung wer­den für den Zuschauer hier transparent.

Ein wich­ti­ger Beitrag in der Diskussion um die Glaubwürdigkeit und die Rolle der Medien in demo­kra­ti­schen Gesellschaften.

Credits:

DE 2021, 90 Min.
Regie: Daniel Sager
Kamera: Börres Weiffenbach, Daniel Sager, Anne Misselwitz, Frank Marten Pfeiffer
Schnitt: Hannes Bruun

Trailer:
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filmPOLSKA reloaded – Simple Things

Proste rzec­zy / Simple Things

[Tickets]

PL 2020, 84 min, OmU
R/B: Grzegorz Zariczny
K: Weronika Bilska
S: Bartosz Pietras
M: Marcin Dymiter
D: Błażej Kitowski, Magdalena Sztorc, Tomasz Schimscheiner u. a.

Für die jun­ge Aussteiger-Familie geht ein Traum in Erfüllung – ein eige­nes Haus auf dem Land. Hier kann das jun­ge Paar mit sei­ner Tochter in Ruhe pla­nen, wer­keln und gestal­ten. Aber ein altes Haus zu reno­vie­ren ist kei­ne leich­te Bastelarbeit. Deshalb kommt ein Onkel, um zu hel­fen – doch mit ihm kommt auch die Vergangenheit in das Haus, die zuneh­mend die hei­te­re Aufbruchsstimmung überschattet.

Der Film besticht durch nar­ra­ti­ve Einfachheit und eine gro­ße Nähe zu sei­nen Figuren. Weronika Bilskas Kamera rückt eng an Personen und Gegenstände her­an und hilft damit dem Zuschauer, tief in das Leben der Familie ein­zu­tau­chen. Regisseur Grzegorz Zariczny wie­der­um bedient sich meis­ter­haft der Sprache des Dokumentarfilms und nimmt damit die Perspektive eines unprä­ten­tiö­sen Beobachters ein, der auf kon­stru­ier­te Spannungsbögen und den mora­li­schen Zeigefinger verzichtet.

Grzegorz Zariczny (geb. 1983) stu­dier­te Regie in Katowice Dokumentarfilm in Warschau. Sein Kurzfilm „Gwizdek“ (2013) gewann einen Grand Prix beim Sundance-Filmfestival. Darüber hin­aus dreh­te Zariczny u. a. die Dokumentarfilme „Love, love“ (2015), „Ridan“ (2017) und „Ostatnia lek­c­ja“ (2018), sowie den Spielfilm „Fale“ (2016).

 

 

wei­te­re filmPOLSKA Termine:

 

filmPOLSKA – I Never Cry

Jak naj­da­lej stąd / I Never Cry

PL/IRL 2020, 100 min, OmU

R/B: Piotr Domalewski

K: Piotr Sobociński jr.

S: Agnieszka Glińska

M: Hania Rani

D: Zofia Stafiej, Kinga Preis, Arkadiusz Jakubik, Dawid Tulej u. a.

Ola ist sieb­zehn, ziem­lich dick­köp­fig und träumt vor allem von einem eige­nen Auto – denn damit kann man dem Alltag einer tris­ten Kleinstadt ent­flie­hen, die immer ein Stück zu eng ist. Ihren Vater hat sie ewig nicht mehr gese­hen, denn der schuf­tet in Irland für die Familie.

Dann kommt aus hei­te­rem Himmel die Nachricht: Ihr Vater hat­te einen töd­li­chen Arbeitsunfall. Jemand muss nach Irland fah­ren, um die nöti­gen Formalitäten zu erle­di­gen und ihn nach Hause zu über­füh­ren. Da ihre Mutter kein Wort Englisch spricht, macht sich Ola allein auf den Weg, um mit der Aussicht auf die Erbschaft viel­leicht doch den Traum vom Auto zu fül­len. Dort taucht sie tief ein in den Alltag der zahl­lo­sen Migranten, wel­che die iri­sche Wirtschaft am Laufen halten.

Wenn Ken Loach Pole wäre, hät­te er die­sen Film gemacht. Piotr Domalewski bedient sich in Bildsprache und Erzähltechnik beim Meister des Sozialdramas und haucht damit dem Genre neu­es Leben ein. Das gelingt vor allem dank der Hauptdarstellerin Zofia Stafiej, die über­zeu­gend einen unge­stü­men Teenie ver­kör­pert, der lang­sam zur Erwachsenen reift.

Piotr Domalewski (geb. 1983) stu­dier­te Schauspiel in Kraków und Regie in Katowice, bevor er mit sei­nem Langspiel-Debüt „Cicha noc / Stille Nacht“ auf Anhieb beim Filmfestival in Gdynia den Hauptpreis gewann.

Vorführungen in Kooperation mit dem FilmFestival Cottbus

14.10. 18:00 / fsk Kino  [Tickets]

 

filmPOLSKA 2021

filmPOLSKA ist das größ­te pol­ni­sche Filmfestival in Deutschland und wird vom Polnischen Institut Berlin ver­an­stal­tet. In den Jahren 2006–2020 zeig­te das Festival in ver­schie­de­nen Kinos Berlins und Brandenburgs ins­ge­samt 1.574 Filme. 324 Filmemacher/innen waren beim Festival zu Gast.

Insgesamt sie­ben Filme kon­kur­rie­ren die­ses Jahr im Wettbewerb (der kom­plett im fsk zu sehen ist), dar­un­ter gleich zwei Coming-Of-Age-Geschichten: Piotr Domalewski wid­met sich mit sei­nem in Cottbus mit dem Hauptpreis aus­ge­zeich­ne­ten “Jak naj­da­lej stąd / I Never Cry” [Tickets] den pre­kä­ren Lebensbedingungen der pol­ni­schen Arbeitsmigrant*innen in England mit Ken Loach-Anklängen, wäh­rend Tomasz Jurkiewicz in sei­nem Debüt “Każdy ma swo­je lato / Everyone Has A Summer” [Tickets] als Generationenfilm von der ers­ten gro­ßen Liebessehnsucht erzählt. “Sweat” [Tickets] zeigt den Alltag der Fitness-Trainerin und Influencerin Sylwia (​gespielt von Magdalena Koleśnik) und wirft einen ung­la­mou­rö­sen Blick hin­ter die Kulissen per­fekt insze­nier­ter Online-Persönlichkeiten.Um die Verquickung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft geht es in Mariusz Wilczyńskis hoch­am­bi­tio­nier­tem, düs­te­rem Animationsfilm “Zabij to i wyje­dź z tego mias­ta / Kill It And Leave This Town“ [Tickets], an dem der Regisseur 14 Jahre lang arbei­te­te. Der ers­te Langfilm des Regisseurs fei­er­te 2020 in der Sektion Encounters der Berlinale sei­ne Premiere. Grzegorz Zaricznys auf wah­ren Begebenheiten und mit “rea­len” Charakteren insze­nier­tes Drama “Proste rzec­zy / Simple Things” [Tickets] berich­tet von der Schwierigkeit, einen Neustart auf dem Land zu wagen, wenn die fami­liä­re Vergangenheit einen nicht los­lässt. Dokumentarisch wird es dann mit Eliza Kubarskas atem­be­rau­bend foto­gra­fier­tem “Ściana cie­ni / Die Wand der Schatten“ [Tickets], der das Abhängigkeitsverhältnis von Sherpas und Alpinist*innen zum Anlass nimmt, über die Grenzen des Tourismus und Macht(un)gleichgewichte nach­zu­den­ken. Und Agnieszka Polska lie­fert mit “Hura. Wciąż żyje­my! / Hurrah, We Are Still Alive!” [Tickets] einen Polit-Thriller und Genrefilm um eine Schauspieltruppe, der ihr Regisseur abhan­den gekom­men ist.

Hinzu kom­men außer­habl des Wettbewerbs Małgorzata Szumowskas mes­ser­schar­fe Gesellschaftssatire “Śniegu już nig­dy nie będ­zie / Der Masseur” [Tickets] und Agnieszka Hollands “Šarlatán / Charlatan“ [Tickets], sowie fol­gen­des Kurzfilmprogramm:

Im Trickfilm-Programm “Polish Animation” [Tickets] erle­ben wir in aktu­el­len Filmen jun­ger Regisseur*innen in diver­sen Animationstechniken die Erforschung des eige­nen Körpers, eine vir­tu­os insze­nier­te Seelenwanderung, einen comic­haft über­zeich­ne­ten Kampf mit dem Körpergewicht, eine im Sterben lie­gen­de Frau bei ihren letz­ten Atemzügen und dar­über hin­aus, eine zwie­lich­ti­ge Vogelretterin mit dunk­len Geheimnissen, eine moder­ne Hexenjagd mit tra­gi­schem Ausgang, einen nächt­li­chen Wandel im Rausch und das in Metaphern ver­pack­te Ringen mit einer trau­ma­ti­schen Kindheit.

Installation:
Das für iPads und iPhones opti­mier­te Augmented-Reality-Projekt “Przyszłość będ­zie świet­la­na / Die Zukunft wird leuch­tend sein” von Wiola Sowa erwei­tert die bestehen­de Realität nicht um eine neue Dimension, son­dern  degra­diert sie, indem sie Informationen aus dem Bild schnei­det und ihm so „Narben“ zufügt. Damit bezieht sich die Arbeit auf Pandemie-Erfahrungen und ruft Verlustgefühle her­vor. In filmPOLSKA-Kinos hän­gen Plakate mit dem QR-Code zum Projekt. Die Arbeit ist für die Anzeige auf iPads und iPhones opti­miert, läuft aber auch auf eini­gen Android-Geräten.

Przyszłość będ­zie świet­la­na / The Future Will Be Bright © Wiola Sowa

Termine:

So.., 10. Sep..:Mi.., 13. Dez..:Mi.., 17. Jan..:Mi.., 14. Feb..:Mi.., 13. März.:Mi.., 10. Apr..:Mi.., 15. Mai.:Mi.., 12. Juni.:Mi.., 17. Juli.:Do.., 12. Sep..:Sa.., 14. Sep..:So.., 15. Sep..:Mo.., 16. Sep..:Di.., 17. Sep..:Mi.., 18. Sep..:Di.., 17. Dez..:Mo.., 27. Jan..:Mi.., 26. Feb..:Mi.., 2. Apr..:Do.., 11. Sep..:Fr.., 12. Sep..:Sa.., 13. Sep..:So.., 14. Sep..:Mo.., 15. Sep..:Di.., 16. Sep..:Mi.., 17. Sep..:Mi.., 29. Okt..:Mi.., 3. Dez..:

JFBB – Jüdisches Filmfestival Berlin Brandenburg 2021

Wir freu­en uns, auch die­ses Jahr das jüdi­sche Filmfestival bei uns zu Gast zu haben, dies­mal mit mehr Filmen und mehr Gästen. Fünf aktu­el­le Dokumentarfilme, von denen sich vier direkt oder indi­rekt auf die Shoah bezie­hen und vier Spielfilme aus der DDR und Polen. Die Spielfilme sind Teil der Reihe deutsch-pol­ni­sche Zeitreise,

in Die Passagierin kommt es bei einer Schiffspassage zur Begegnung zwi­schen der Überlebenden Marta und einer ehe­ma­li­gen KZ-Aufseherin, ein Kammerspiel inmit­ten der end­lo­sen, atlan­ti­schen Weite. Andrzej Wajdas Das gelob­te Land por­trai­tiert ein jüdisch, pol­nisch, deut­sches Trio mit Aufstiegsambitionen zur Zeit der Industrialisierung Ende des 19ten Jahrhunderts. Epische 180 Minuten, und das mein­te 1974 eine Filmreise/eine Reise im Film. Chronik eines Mordes kon­fron­tiert die Jüdin Ruth, die ver­schleppt wur­de und deren Eltern im KZ umka­men, mit den Mördern, die wei­ter­hin unge­stört in Amt und Würden unter uns waren. Die Schauspielerin wagt einen melo­dra­ma­ti­schen Ansatz: die gro­ße Liebe (am Theater, unter Schauspielern). Mark bekommt als Jude Berufsverbot, Maria ver­folgt ihren Weg erfolg­reich wei­ter, bis sie sich radi­kal umentscheidet.
Unter den Dokumentarfilmen ist Displaced eine erneu­te Auseinandersetzung der drit­ten Generation der Holocaust Überlebenden mit der eige­nen Familiengeschichte. Ein wei­te­rer Versuch, das Schweigen auf­zu­bre­chen. Love, it was not the­ma­ti­siert die Abhängigkeitsverhältnisse zwi­schen Opfer und Täter. Die Jüdin Helena, in Auschwitz inhaf­tiert, gefällt einem SS Offizier, er wähnt sich in Liebe, jeder­zeit sei­ner Macht bewußt und extrem bru­tal, wie es sei­ne Totenkopfblechmarke ver­spricht. Sie ver­sucht ihr Leben zu ret­ten und für ihre Mitgefangenen zu spre­chen. Muranow war lan­ge ein Ort bun­ten Gewimmels, mehr­heit­lich jüdisch bewohnt. Nach dem Überfall auf Polen wur­de es zum Warschauer Ghetto und beim Aufstand 1943 fast voll­stän­dig zer­stört. Eine Spurensuche heu­te, wo Ort und Bewohner nichts mit der Vergangenheit zu ver­bin­den scheint. Walter Kaufmann- welch ein Leben por­trai­tiert natür­lich den Schriftsteller, der als jüdi­sches Kind wäh­rend des 12 jäh­ri­gen Reichs nach Großbritannien ent­kam, dort als Deutscher inhaf­tiert auf einem Seelenfänger nach Australien ver­schifft wur­de und schließ­lich der Seefahrt und dem Schreiben frön­te. Zum Abschluß des Festivals bei uns führt Ziyara in ein ganz ande­res Land: Marokko. Lange leb­ten Muslime und Juden hier rela­tiv pro­blem­los zusam­men, auch die Familie der Regisseurin. Eine wei­te­re Spurensuche.

Termine:

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