Zur Erinnerung an Tatjana Turanskyj

Weitermachen!“ war die Devise von Tatjana Turanskyj, die vor einem Jahr viel zu früh ver­starb. „Tatjana war zual­ler­erst Feministin. Sie war Autorin-Filmemacherin, Aktivistin, Performerin, Galeristin, Werbetexterin, Kritikerin, Freundin, Mentorin, Professorin, Gefährtin und Verbündete“, schrei­ben Jan Ahlrichs und Freund:innen nach ihrem Tod. Die drei Langfilme von Turanskyj (einer davon in Co-Regie mit Marita Neher) wer­den jeweils von Filmausschnitten, Einführungen und Gesprächen beglei­tet. Zahlreiche Wegbegleiter:innen haben sich ange­kün­digt um nach den Filmen zu erin­nern und das Weitermachen weiterzudenken.

Freitag, 7.10., 17:30 Uhr, Eine Flexible Frau, D 2010 ‚
Greta, 40, ist Architektin, arbeits­los, Mutter, Trinkerin. Sie jobbt im Callcenter, doku­men­tiert die Gentrifizierung Berlins, wehrt sich gegen ihre Umwelt und drif­tet tags und nachts durch die Stadt.
Samstag, 8.10., 17:30 Uhr, Top Girl oder la défor­ma­ti­on pro­fes­si­on­nel­le, D 2014
Helena, 29, ist allein­er­zie­hen­de Mutter und mäßig erfolg­rei­che Schauspielerin. Deshalb arbei­tet sie neben­bei selbst­stän­dig als Sexarbeiterin. Zweiter Teil der unvoll­ende­ten „Frauen und Arbeit„-Trilogie.
Sonntag, 9.10., 17:30 Uhr, Orientierungslosigkeit ist kein Verbrechen (mit Marita Neher), D 2016

Vesper Chronicles

Ein Film von Kristina Buozyte und Bruno Samper.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Endzeitfilm mit viel Liebe zur Photosynthese. Schlürpige Gewächse, nicht immer fleisch­fres­send, dafür sehr neu­gie­rig und wach­sam, bevöl­kern Wald und Wiese. Im Labor ent­wi­ckelt, zur Serienreife gebracht, aber nach der Katastrophe sich selbst über­las­sen und um Evolution bemüht. Ununterscheidbar mit der natür­li­chen Flora und Fauna ver­wo­ben, im dich­ten Märchenwald ver­bor­gen, den Vesper durch­streift, auf der Suche nach allem, was ihren Vater und sie am Leben hal­ten könn­te. Vesper ist sowohl Hänsel als auch Gretel, ihr Vater liegt para­ly­siert daheim, kann ihr aber als schwe­ben­de Box mit auf­ge­mal­tem Kindergesicht bei­ste­hen. Hauptsächlich gegen den eige­nen Onkel, der eisig und kon­se­quent das System der Macht ver­kör­pert, in der Unterwelt, die nur Mangel bie­tet. Eines Tages kracht ein Flugkörper aus einer der Inseln der Oberwelt ins Gebüsch und Vesper will die­se ande­re Welt ent­de­cken, in der sie leben und nicht nur über­le­ben kann.

Ein Genrebeitrag im offi­zi­el­len Wettbewerb? Das war beim Karlovy Vary International Film Festival tat­säch­lich noch nicht all­zu oft der Fall. Tatsächlich hat­te Vesper auch schon im Vorfeld sei­ner Weltpremiere beim 56. KVIFF für Aufsehen gesorgt: Der Trailer zum ambi­tio­nier­ten Sci-Fi-Film der Vanishing Waves Filmemacher*innen Kristina Buožytė und Bruno Samper beein­druck­te mit sei­nem Production Design, den schö­nen Effekten und einer stim­mi­gen Atmosphäre. Und die­se Attribute las­sen sich defi­ni­tiv auch auf den fer­ti­gen Film über­tra­gen: Vesper wirkt tat­säch­lich sehr lie­be­voll und durch­dacht, gera­de was die ein­zel­nen Elemente der Welt angeht, in der er ange­sie­delt ist.”

(TV Movie)

Credits:

LT/FR/BE 2022, 114 Min., engl. OmU,
Regie: Kristina Buozyte, Bruno Samper
Kamera: Feliksas Abrukauskas
Schnitt: Suzanne Fenn
mit: Raffiella Chapman, Eddie Marsan, Rosie McEwen, Richard Brake

Trailer:
Vesper – Official Trailer | HD | IFC Films
Im Kino mit deut­schen Untertiteln
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Nicht VerRecken

Ein Film von Martin Gressmann.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Immer wei­ter­lau­fen, um mit dem Leben davon­zu­kom­men … Anfang 1945 wer­den über­all dort, wo die Front in die Nähe der Konzentrationslager kommt, Gefangene Richtung Westen getrie­ben. Häftlinge aus den Lagern Sachsenhausen und Ravensbrück müs­sen bis zu 250 Kilometer mar­schie­ren. Anfang Mai wer­den die Überlebenden der Tortur in Raben Steinfeld bei Schwerin, in Ludwigslust, in Plau am See und noch wei­ter nörd­lich von der Roten Armee und der US-Armee befreit.
Über sie­ben Jahrzehnte spä­ter folgt Regisseur Martin Gressmann („Das Gelände“) den Hauptrouten der Todesmärsche durch Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, an denen heu­te 200 Gedenktafeln ste­hen. In sei­nem Film „Nicht verRecken“ lässt er die letz­ten, heu­te hoch­be­tag­ten Zeugen zu Wort kom­men. Einige von ihnen spre­chen zum ers­ten Mal dar­über. Sie erin­nern sich an ein Grauen, das nicht ver­schwin­det. Wie weit muss man zurück­schau­en, um zu ver­ste­hen, wie stark das Vergangene mit dem Heutigen ver­knüpft ist?
„Martin Gressmann erzählt und ent­deckt Spuren der Grausamkeit des Reichs-Zusammenbruchs, der auf die ent­setz­li­chen Grausamkeiten der Kriegs-Triumphe not­ge­drun­gen fol­gen muss­te. Überall Unvorstellbares, was Menschen, „Häftlinge“ ertru­gen. Beginnende Rechtfertigungsversuche der Nazibonzen ange­sichts der unaus­weich­li­chen Niederlage und der bevor­ste­hen­den Entdeckung ihrer Taten. Tausende von Wandernden durch Brandenburg und Mecklenburg, ohne­hin am Ende der Kräfte, ange­trie­ben von SS-Horden mit Peitschen und Hunden, immer auf Nebenstraßen, mög­lichst unge­se­hen vor­bei an den Dörfern. Wer zurück­blieb bekam den Todesschuss. Wo sie kurz lagern durf­ten, da hat­ten die vor­an­ge­gan­ge­nen Kolonnen bereits das Gras, den Löwenzahn, die Wurzeln ver­tilgt. Völlig anders­ar­tig als die gegen­wär­tig ste­reo­ty­pen Historien-Dokus der Fernsehsender, ganz ohne Musik, lei­se, auf­merk­sam, anteil­neh­mend geht Gressmann die Strecken ent­lang, beob­ach­tet, befragt die noch leben­den einst­ma­li­gen Häftlinge oder die heu­te alten Kinder, die damals die elen­den Vorbeiziehenden gese­hen hat­ten. Er horcht und blickt auf das Detail, gibt acht auf die Topographien und lässt ahnen. Hier erweckt die Sachlichkeit ech­tes Gefühl. So sehen Filme aus, die unei­tel und gedul­dig Wahrheit suchen.“ Dominik Graf

Credits:

DE 2021, 110 Min.,
Regie & Buch: Martin Gressmann
Kamera: Volker Gläser, Sabine Herpich
Schnitt: Stefan Oliveira-Pita
mit: Simcha Applebaum, Guy Chataigné, Alexander Fried, Karol Gdanietz, Wladimier Wojwodschenko

Trailer:
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Nachbarn

Ein Film von Mano Khalil.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Auf der Basis eige­ner Kindheitserinnerungen hat Mano Khalil einen Film über das Aufwachsen in der Assad-Diktatur der 1980er-Jahre gedreht. Nach „Der Imker“ und „Die Schwalbe“ the­ma­ti­siert der syrisch-kur­di­sche Autor und Regisseur mit „Nachbarn“ aber­mals sei­ne kul­tu­rel­le Herkunft – und beweist erneut Gespür für eine leben­di­ge Mileudarstellung.

Anfang der 1980er-Jahre lebt der sechs­jäh­ri­ge Sero in einem Dorf an der syrisch-tür­ki­schen Grenze, wo Kurden, Araber und Juden nah bei­ein­an­der sie­deln. Vor dem ers­ten Schultag des kur­di­schen Jungen weht ein neu­er Wind im Grenzort. Ein regime­treu­er Lehrer aus Damaskus will die Dorfkinder „von der Dunkelheit der Unterentwicklung befrei­en“, sprich: sie auf die Diktatur unter Hafiz al-Assad ein­schwö­ren. Der unver­hoh­le­ne Nationalismus führt zu Konflikten, die Seros Kindheit zuneh­mend überschatten.

Der Filmemacher Mano Khalil lebt als Exil-Syrer in der Schweiz. Sein Drama „Nachbarn“ ist von eige­nen Kindheitserlebnissen inspi­riert. Dementsprechend ist der Film aus Seros Perspektive erzählt, der die Staatspropaganda als Kind mit­er­lebt. Plötzlich ist die lang­jäh­ri­ge Freundschaft zwi­schen Seros Verwandten und der jüdi­schen Nachbarsfamilie ein Tabu – und Israel nur noch „die Entität, die unser Palästina gestoh­len hat“. Wo zuvor kind­li­che Streiche und die Vorfreude auf einen Fernseher den Alltag des Jungen präg­ten, herrscht nun Willkür.

Mano Khalil insze­niert den Stoff recht zurück­ge­nom­men als Erzählkino. Dialogreiche Episoden aus der Dorfgemeinschaft rei­ßen vie­le Aspekte an, wobei der zen­tra­le Protagonist Sero als emo­tio­na­ler Anker und Alter Ego des Regisseurs fun­giert. Im Grunde ist er ein gewöhn­li­cher Junge, dem ein Teil der Kindheit genom­men wird. Die Titelschrift ver­weist mit ihrem Stacheldraht-Layout auf den nahe gele­ge­nen Grenzzaun, der das Dorfleben ent­schei­dend prägt. Rund um die Einweihung der Stromleitungen, eine ver­bo­te­ne Liebe oder Konfrontationen mit den Grenzsoldaten ent­steht eine ein­gän­gi­ge Milieuschilderung.

Mit iro­ni­schen Zuspitzungen und dem trotz allem lebens­be­ja­hen­den Ton ähnelt „Nachbarn“ dem 2015 oscar­no­mi­nier­ten Drama „Timbuktu“. Nicht nur in der Baracke, die als Klassenraum dient, geht es oft absurd zu. Der Lehrer schürt fort­wäh­rend anti­jü­di­sche Ressentiments und gestat­tet im Unterricht aus­nahms­los Arabisch, obwohl eini­ge der Kinder nur Kurdisch spre­chen. Auch Sero ver­steht weder den Erzieher noch die Formeln aus dem neu ein­ge­führ­ten Fahnenappell. Kein Wunder, dass sei­ne Augen im Unterricht auf Halbmast hängen.

Die Stimmung kippt mit­un­ter schlag­ar­tig. So ist es amü­sant, wenn der Regierungsbeamte vol­ler Stolz eine Palme als Symbol der ara­bi­schen Nation ankar­ren lässt, obgleich der Boden dafür unge­eig­net ist. In einer Parallelszene spie­len die Kinder unter­des­sen mit einer Landmine – und schon regiert wie­der der Schrecken.

Christian Horn

Credits:

CH/FR 2021, 124 Min., kur­disch, hebrä­isch, ara­bische OmU
Regie & Buch: Mano Khalil
Kamera: Stéphane Kuthy
Schnitt: Thomas Bachmann
mit: Serhed Khalil, Jalal Altawil, Jay Abdo, Zîrek, Heval Naif, Tuna Dwek, Mazen Al Natour

Trailer:
NACHBARN – Trailer OV/df
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Solastalgia

Ein Film von Marina Hufnagel. Am 19.9. mit anschlie­ßen­dem Filmgespräch mit der Regisseurin Marina Hufnagel und dem Produzenten Michael Kalb.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Ganz anders als ihre Geschwister, ist Edda sehr aktiv in Klima- und Umweltschutzgruppen tätig. Eines Tages jedoch wird bei ihr die Verzweiflung dar­über, dass alle Anstrengung offen­sicht­lich ins Leere läuft, zu groß, was sie aller­dings nicht rebel­li­scher macht. Nein, sie sagt geplan­te Interviews und Auftritte ab, bricht alle Kontakte ab und zieht sich ganz zurück. Sie ist dabei wohl nicht die Einzige, immer­hin gibt es schon län­ger einen Begriff für das Phänomen: SOLASTALGIE – das belas­ten­de Gefühl des Verlustes, das ent­steht, wenn jemand die Zerstörung des eige­nen Lebensraums direkt mit­er­lebt. Edda bricht erst­mal auf die Nordseeinsel Pellworm auf, um dort ein Praktikum zu begin­nen, wo sie auf die etwa gleich­alt­ri­ge Studentin Sophie Backsen trifft, die dort mit ihrer Familie einen Bio-Hof betreibt. Sie war eine der­je­ni­gen, die beim Bundesverfassungsgericht die Bundesregierung auf ihr Recht auf Zukunft ver­klag­ten. Edda muss erken­nen, dass die Insel, auf der sie sich befin­det, jetzt schon vom stei­gen­den Meeresspiegel bedroht ist. Wie kann es gelin­gen, ande­ren Menschen die­se Bedrohung begreif­lich zu machen? Ist der pri­va­te Rückzug wirk­lich eine Option?
In dem lei­sen und ein­dring­li­chen Hybridfilm trifft die fik­ti­ve Figur Edda auf die rea­le Protagonistin Sophie. Die solast­al­gi­sche Haltung der Regisseurin trifft auf die prag­ma­ti­sche Realität von Menschen, die schon jetzt unter den Folgen des Klimawandels leiden.

Credits:

DE 2022, 72 Min., dt OmeU,
Regie: Marina Hufnagel
Kamera:: Felix Riedelsheimer
Schnitt: Melanie Jilg
mit: Marie Tragoustie, Sophie Backsen

Trailer:
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Justine

Ein Film von Jamie Patterson. 

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Justine (Tallulah Haddon) ist eine jun­ge Frau mit einer aus­ge­präg­ten Intelligenz, aber einem eben­so star­ken Hang zur Selbstzerstörung. Zusammen mit ihrem ein­zi­gen Freund Peach (Xavien Russell) fin­det sie sich in einer Welt wie­der, die wenig Sinn ergibt und in der Alkohol der ein­zi­ge Ausweg aus ihrer hoff­nungs­lo­sen Zukunft ist. Ihre Bewährungshelferin Leanne (Sian Reese-Williams) und ihr Arzt (Steve Oram) ver­su­chen, sie zurück in die Gesellschaft zu füh­ren. Doch Justine weiß nur zu gut, was die­se Gesellschaft für sie bereithält…

Eines Tages lernt sie bei einem Ladendiebstahl Rachel (Sophie Reid) ken­nen, und die Möglichkeit von Glück, Liebe und einer hel­len Zukunft beginnt sich abzu­zeich­nen. Doch ihr Schmerz sitzt tief, und als die Dämonen in ihrem Inneren an die Oberfläche kom­men, beginnt sich Justine zu fra­gen, ob sie sich das Konzept Hoffnung über­haupt erlau­ben kann.

Credits:

GB 2020, 82 Min., engl. OmU
Regie: Jamie Patterson
Kamera: Paul O’Callaghan
Schnitt: David Fricker
mit: Tallulah Rose Haddon, Sophie Reid, Sian Reese-Williams

Trailer:
JUSTINE Official Trailer (2021) Sian Reese Williams
im Kino mit deut­schen Untertiteln
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Verabredungen mit einem Dichter – Michael Krüger

Ein Film von Frank Wierke. 

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Michael Krüger gilt als einer der bedeu­tends­ten Verleger und Literaturvermittler in Deut-schland und welt­weit – aber vor allem ist er Dichter. Wir sind ver­ab­re­det in den inof­fi­zi­el­len Bereichen, wo sich sei­ne Gedichte und ein unkon­ven­tio­nel­les, schick­sal­haf­tes Leben berüh­ren.
„Wie ein Gedicht wirk­lich ent­steht? Wenn man es wüss­te, wür­den kei­ne Gedichte mehr ent­ste­hen. Das ist für mich ganz klar.“ (Michael Krüger)
Unvoreingenommen folgt der Filmemacher Frank Wierke den Gedankengängen Michael Krügers bei ihren Verabredungen – von Krügers letz­tem Monat im Verlag bis in die Zeit, in der eine lebens­be­droh­li­che Erkrankung tie­fe Fragen auf­wirft. In der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, im Garten bei den ver­trau­ten Bäumen und auf sei­nen täg­li­chen Wegen sind es oft die gegen­wär­ti­gen Momente, in denen sich Michael Krügers Gedanken über das Leben ent­wi­ckeln.
Mit den Verabredungen mit einem Dichter gelingt Frank Wierke ein leicht­fü­ßi­ger Spaziergang durch das Leben und Denken eines gro­ßen Intellektuellen unse­rer Zeit.
„Michael Krügers Karriere begann 1968, als der damals 25-Jährige eine Stelle als Verlagslektor beim Carl Hanser Verlag antrat. 1986 wur­de er lite­ra­ri­scher Leiter des Verlages; 1995 über­nahm er die Geschäftsführung. Geschrieben hat­te er wäh­rend die­ser Zeit immer. Pausenlos. 1976 erschien sein Debüt, der Gedichtband „Reginapoly“, 1984 folg­te, nach eini­gen wei­te­ren Lyrikbänden, das ers­te Prosastück „Was tun? Eine alt­mo­di­sche Geschichte“. Mit „Der Mann im Turm“ erschien 1991 im Residenz Verlag Krügers ers­ter Roman. Ein uner­müd­li­cher Literaturarbeiter, der, so scheint es, vie­le Jahrzehnte lang vom Lesen ins Schreiben fiel und umge­kehrt. Was bewegt einen sol­chen Menschen, was treibt ihn um? Wo tun sich Erschöpfungsgrenzen auf? Gibt es sol­che über­haupt? Unter ande­rem die­sen Fragen geht der Regisseur Frank Wierke in sei­nem Dokumentarfilm Verabredungen mit einem Dichter – Michael Krüger nach.“ Lesering
DE 2022, 91 Min., Regie, Kamera & Schnitt: Frank Wierke

Credits:

DE 2022, 91 Min.,
Regie, Kamera und Schnitt: Frank Wierke

Trailer:
VERABREDUNGEN MIT EINEM DICHTERMICHAEL KRÜGER – Offizieller Trailer
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Mutter

Ein Film von Carolin Schmitz. 

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Bei der Premiere von „Mutter“ beim Filmfest München konn­te ich erle­ben, welch unter­schied­li­che per­sön­li­che Rezeptionen vie­le Filme ermög­li­chen, so auch die­ser. Während bei der anschlie­ßen­den Diskussion eine Zuschauerin recht bald fest­stell­te, dass das dar­ge­stell­te Mutterbild durch­weg sehr nega­tiv sei, ver­tra­ten ande­re sofort eine gegen­tei­li­ge Meinung. Spricht das für die Offenheit des Films, der ver­schie­de­ne Sichtweisen erlaubt, oder gewin­nen eige­ne Erfahrungen, wenn sie mit dem Kunstprodukt abge­gli­chen wer­den, stets die Oberhand?
15 Frauen haben Carolin Schmitz ihre Geschichten erzählt. Acht davon hören wir im Film offen und frei über Mutterschaft, Sex, Männer, Familie oder Beruf spre­chen, anony­mi­siert sozu­sa­gen durch Anke Engelke, die uns dabei durch mehr oder weni­ger all­täg­li­che Szenen führt.
„Einmal sitzt die Schauspielerin, die hier erfreu­li­cher­wei­se nichts von ihrem Image als Komikerin ein­flie­ßen lässt, auf einem Sofa, als sie den Text der Frauen „spricht“. Plötzlich greift ein Regisseur ein, wir sehen eine Bühne. Das ist nicht die ein­zi­ge Verfremdung, die klar macht: Hier geht es nicht um Anke Engelke. Aber auch nicht allein um die Einzelschicksale der acht Interviewten. Dadurch, dass die Geschichten der acht Frauen so intim und indi­vi­du­ell sind, wer­den sie anschluss­fä­hig für die Erfahrungen aller Mütter. … Manchmal kann man die inein­an­der ver­schach­tel­ten Stimmen der ein­zel­nen Mütter gut aus­ein­an­der­hal­ten, in ande­ren Momenten gelingt dies weni­ger. Aber das macht nichts. Denn der Film lädt das Publikum ein, sich trei­ben zu las­sen und sich ein Gesamtbild der Mutterschaft zusam­men zu puz­zeln, gera­de auch mit ihren tabui­sier­ten Teilen.“
Peter Gutting | film-rezensionen.de

Credits:

DE 2022, 88 Min., deut­sche OmeU
Regie & Buch: Carolin Schmitz
Kamera: Reinhold Vorschneider
Schnitt: Stefan Oliveira-Pita, Annett Kiener
mit: Anke Engelke

Trailer:
MUTTER von Carolin Schmitz mit Anke Engelke // Trailer
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Liebe, D‑Mark und Tod

Ein Film von Cem Kaya.

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Mit den Menschen brach­te das Anwerbeabkommen mit der Türkei 1961 auch die Musik der Gastarbeiter*innen nach Deutschland. Cem Kayas dich­ter Dokumentarfilmessay ist eine Nachhilfestunde in tür­kisch-deut­scher Zeitgeschichte: Fließbandjobs, Heimweh und Familiennachzug, der Basar im Berliner Hochbahnhof Bülowstraße, Xenophobie und Rassismus, die weh­mü­ti­gen Lieder der frü­hen Jahre und der Hiphop der Nachwendezeit. Von all dem erzäh­len die Musiker*innen, begin­nend mit Metin Türköz und Yüksel Özkasap über die psy­che­de­li­schen Derdiyoklar bis zum Rapper Muhabbet, der in den Charts stand. Ihre Musik ent­wi­ckel­te sich fern­ab von der deut­scher Bands, immer getra­gen von der tür­ki­schen Gemeinschaft und deren Bedürfnissen. Es geht um Radio Yilmaz, diver­se Musikkassettenlabels, das deut­sche Exil des Protestrockers Cem Karaca und um Hochzeitsbands, die auch auf Kurdisch und Arabisch sin­gen, um den Markt zu bedie­nen.
Umfangreiche Archivrecherche und das Interesse an tür­ki­scher Populärkultur sind wie­der­keh­ren­de Themen in Cem Kayas Werk. Mit Aşk, Mark ve Ölüm schafft er ein rhyth­misch und leben­dig erzähl­tes, fil­mi­sches Nachschlagewerk der tür­ki­schen Musik in Deutschland.

Credits:

Aşk, Mark ve Ölüm
DE 2022, 96 Min., Türkisch, Deutsch, Englisch OmU
Regie: Cem Kaya
Buch Cem Kaya, Mehmet Akif Büyükatalay
Koautor*in Ufuk Cam
Kamera: Cem Kaya, Mahmoud Belakhel, Julius Dommer, Christian Kochmann
Schnitt: Cem Kaya
mit İsmet Topçu, Ömer Boral, Yüksel Ergin, İhsan Ergin, Metin Türköz, Adnan Türköz, Yüksel Özkasap, Cevdet Yıldırım, Ercan Demirel, Cavidan Ünal, Ata Canani, Cem Karaca, Betin Güneş, Aykut Şahin, Fehiman Uğurdemir, Cengiz Öztunç, Dede Deli, Mustafa Çetinol, Erdal Karayağız, İzzet Nihat Yarsaloğlu, Hatay Engin, Yasin Kıran, Aytaç Kıran, Serdar Saydan, Serkan Kaynarcalı, Rüştü Elmas, Mustafa Deniz, Oktay Vural, Orhan Amuroğlu, Ümit Gücüyener, Sultan Korkmaz, Bekir Karaoğlan, Ümit Çağlar, Ali Ekber Aydoğan, Killa Hakan, Kabus Kerim, Derya Yıldırım, Tümay Koyuncuoğlu, Rossi Pennino, Kutlu Yurtseven, Erci E., Alper Ağa, Boe B., Tahir Çevik, Volkan Türeli, Nellie, Muhabbet, Aziza A., İmran Ayata, Bülent Kullukcu, Ibrahim Ertalay, Ilkay Kökel, Mehmet Yozgut

Trailer:
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Hive

Ein Film von Blerta Basholli.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Der Krieg im Kosovo ist vor­über, und vie­le der Männer kehr­ten nicht zurück. Im Dorf müs­sen jetzt die Alten, die Frauen, ihre Kinder und weni­ge arbeits­fä­hi­ge Männer neben der Ungewiss auch mit der pre­kä­ren Lage zurecht­kom­men. Mehr schlecht als recht schafft es Fahrije, mit der kläg­li­chen Unterstützung, Sohn, Tochter, Schwiegervater und sich selbst durch­zu­brin­gen, der Ertrag vom Bienenstock ihres Ehemannes hilft wenig. Aber sie weiß, was sie kann: Ajvar, eine Paprikazubereitung, her­stel­len, und so wird eine Großküche in der Imkerei ein­ge­rich­tet. Kontakte zu Supermärkten in der Gegend her­stel­len ist die eine, die Ware dort zuzu­stel­len die ande­re Hürde. Fahrjie beschließt, den Führerschein zu machen. Das ist zu viel für die, vor­sich­tig gesagt, patri­ar­chal gepräg­te Gemeinde. Selbständig arbei­ten zu wol­len war schon eine Zumutung, aber Auto fah­ren … da fliegt auch schon mal ein Stein durch die Scheibe. Andere Frauen, die in der glei­chen Situation ste­cken, war­nen sie, aber, was bleibt ihnen eigent­lich zu tun übrig? Das Ende wird jetzt nicht ver­ra­ten, nur soviel: die Geschichte hat so bzw. so ähn­lich statt­ge­fun­den, und die rea­le Farhije sag­te nach Sichtung des Filmes: „Ich habe so viel mehr gelit­ten, aber ich den­ke, Sie haben die Dinge sehr gut zusam­men­ge­fasst.“ zu Regisseurin Blerta Basholli. Die kehr­te nach ihrem Studium an der New York University 2011 in ihre Heimat zurück, und ist inzwi­schen Kulturdirektorin in Pristina.

… [Sie] erzählt sozi­al­rea­lis­tisch aus dem Leben die­ser Frau und ihres Umfelds, das vom Feminismus ver­ges­sen wor­den zu sein scheint. Doch rutscht sie nie­mals ins Melodram, viel­mehr rückt sie die ver­hee­ren­de Zerstörung eines gan­zen sozia­len Gefüges in den Fokus ihres Films und die immense gemein­schaft­li­che Anstrengung, derer es bedarf, um nach einem sol­chen kol­lek­ti­ven und per­sön­li­chen Trauma wei­ter­zu­ma­chen.“
Sofia Glasl | Filmdienst

Credits:

XK, CH, AL, MK 2021, 84 Min., alba­ni­sche OmU
Buch & Regie: Blerta Basholli
Kamera: Alex Bloom
Schnitt: Félix Sandri, Enis Saraçimit: Yllka Gashi, Çun Lajçi, Aurita Agushi, Kumrije Hoxha, Adriana Matoshi

Trailer:
HIVE | offi­zi­el­ler deut­scher Trailer | OmU
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