Archiv der Kategorie: archiv

Grenzland

ein Film von Andreas Voigt. 

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Eine Reise ent­lang der Oder und der Neiße, ent­lang der deutsch pol­ni­schen Grenze. Begegnungen auf bei­den Seiten der Flüsse. Erkundungen. Geschichten vom Rand – doch aus der Mitte Europas. Arbeit, Heimat, Liebe. Menschen, ihre Geschichte und ihre Landschaft. Im Süden Niederschlesien – dort, wo Polen Deutschland und Tschechien ein­an­der tref­fen, in der Mitte das fla­che Land an der Oder, im Norden, das Stettiner Haff. Eine Reise im Grenzland.
Bewegungen und Geschichten im Grenzland zwi­schen Polen und Deutschland – mit sei­nem neu­en Film knüpft Andreas Voigt the­ma­tisch an sei­ne Arbeit „Grenzland – Eine Reise“ von 1992 an.

Credits:

DE 2020, 100 Min.,
Buch & Regie: Andreas Voigt
Kamera: Marcus Lenz, Maurice Wilkerling
Schnitt: Ina Tangermann


Trailer:
GRENZLAND – Andreas Voigt (2020) | Trailer
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Quo Vadis, Aida?

ein Film von Jasmila Žbanić.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Als Lehrerin hat die bos­ni­sche Muslimin Aida (Jasna Ðuriči) vor Beginn des Jugoslawienkriegs gear­bei­tet, leb­te mit Mann und zwei Söhnen in Srebrenica, gemein­sam mit Serben und ande­ren Ethnien, wie es im Vielvölkerstaat Jugoslawien Jahrzehntelang üblich war. Doch der Krieg hat aus Nachbarn Feinde gemacht, die Stadt steht unter Beschuss der bos­nisch-ser­bi­schen Truppen unter ihrem Anführer Ratko Mladić (Boris Isaković), Gerüchte von Vergewaltigungen und Morden an der Zivilbevölkerung machen die Runde. Aida selbst ist nicht in Gefahr, sie arbei­tet für die Blauhelme der UNPROFOR-Truppen als Übersetzerin, doch ihr Mann Nihad (Izudin Bajrović) und die bei­den Söhne Hamidja (Boris Ler) und Ejo (Dino Bajrović) sind außer­halb der UN-Anlage, wo sich tau­sen­de Menschen unter der sen­gen­den Sonne ver­sam­melt haben und Einlass begehren.

Im Inneren ahnt der nie­der­län­di­sche Kommandant Karremans (Johan Heldenbergh), dass die Absprache, die er mit Mladić getrof­fen hat, nur Augenwischerei war: Der Zivilbevölkerung frei­es Geleit zu geben und nur Soldaten in Gewahrsam zu neh­men war die Vereinbarung, doch der Aufmarsch an schwer bewaff­ne­ten ser­bi­schen Soldaten lässt kei­nen Zweifel dar­an, was pas­sie­ren wird. Mit zuneh­men­der Verzweiflung ver­sucht Aida Karremans davon zu über­zeu­gen, zumin­dest ihre Familie zu ret­ten, doch dem Kommandanten sind die Hände gebun­den. Und so neh­men die Ereignisse ihren Lauf, an deren Ende über 8000 Tote ste­hen, ermor­det im schlimms­ten Massaker der euro­päi­schen Nachkriegsgeschichte.

Gleich mit ihrem Debütfilm „Grbavica“ hat­te die bos­ni­sche Regisseurin Jasmila Žbanić 2006 den Goldenen Bären gewon­nen, ein Film, in dem sie sich mit den psy­cho­lo­gi­schen Folgen des Jugoslawienkrieges beschäf­tigt hat­te. Das sie mit „Quo Vadis, Aida?“ in die Zeit des Krieges zurück­kehrt und sich mit einem der am aus­führ­lichs­ten doku­men­tier­ten Ereignisse des Krieges beschäf­tigt mag daher über­ra­schen. Neue Einblicke in das Massaker kann es nicht geben, die Frage von Tätern und Opfern ist klar beant­wor­tet, das Versagen der inter­na­tio­na­len Gemeinschaft aus­führ­lich doku­men­tiert.
Zwischentöne gibt es dann auch bei Žbanić kaum: Wenn Aida auf der ser­bi­schen Seite einen ehe­ma­li­gen Schüler ent­deckt, scheint für kur­ze Momente die Frage auf­zu­kom­men, wie aus einst freund­li­chen Bekannten Gegner auf Leben und Tod wer­den kön­nen, doch schnell wird die­se Ambivalenz bei­sei­te gewischt. Etwas ein­fach macht es sich Žbanić oft, wenn sie die ser­bi­schen Truppen als waf­fen­star­ren­de, glatz­köp­fi­ge Muskelprotze schil­dert, die schon aus der Ferne wie blut­rüns­ti­ge Mörder aus­se­hen, denen in Gestalt der kaum voll­jäh­rig wir­ken­den hol­län­di­schen Blauhelmtruppen, oft ohne Gewehr, dafür in kur­zen Hosen klei­ne Jungs gegen­über­ste­hen, die eher wie Pfadfinder wirken.

Einerseits bestä­tigt Žbanić dadurch die Klischees des Jugoslawienkrieges, ande­rer­seits kann es gera­de im Fall des Massakers von Srebrenica kei­ne Frage über Schuld und Unschuld geben. Die Komplexität der Ursachen des Krieges, die Verbrechen, die von allen Seiten began­gen wur­den, spie­len in „Quo Vadis, Aida?“ jedoch kei­ne Rolle, Jasmila Žbanić geht es nur dar­um, ein Ereignis in fast doku­men­ta­ri­scher Manier dar­zu­stel­len. Ein Ziel, das ihr frag­los auch ein­drucks­voll gelingt.

Michael Meyns


Credits:

BA/AU/PL/DE/RO/FR/NO/TK/NL 2020, 104 Min.
Regie & Buch: Jasmila Žbanić
Kamera: Christine A. Maier
Schnitt: Jarosław Kamiński
Darsteller: Jasna Đuričić, Izudin Bajrović, Boris Ler, Dino Bajrović, Boris Isaković. Johan Heldenbergh, Raymond Thiry


Trailer:
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Landretter

ein Film von Gesa Hollerbach. Ab 3.7. im fsk.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Das Landleben wird immer gefrag­ter, dabei wer­den die Schwierigkeiten, mit denen Gemeinden dort zu kämp­fen haben, immer grö­ßer. Exemplarisch zeigt der Film drei Dörfer und drei Versuche, sie Leben zu las­sen: eine Bürgermeisterin ver­klagt das Land Sachsen, weil die ört­li­che Schule geschlos­sen wer­den soll, eine Bäuerin setzt sich gegen die Agrarkonzentration zur Wehr, und ein Dorf möch­te sei­nen Sternenhimmel vor Lichtverschmutzung ret­ten.
»Mein Film will nicht die alt­be­kann­ten Klischees vom länd­li­chen Niedergang bedie­nen. Es geht um Persönlichkeiten, die sich mit Leidenschaft und Humor in einer Umgebung behaup­ten, die ihnen viel Einsatz abver­langt und manch­mal ver­zwei­feln lässt. Ihrem Blick in die Welt will der Film fol­gen und dabei ein gesell-schaft­li­ches Phänomen, das uns über­all in Europa betrifft, aus einer neu­en, unge­wöhn­li­chen Perspektive erfahr­bar machen.« Gesa Hollerbach

Credits:

DE 2019, 93 Min.,
Buch und Regie: Gesa Hollerbach,
Schnitt: Carina Mergens,
Kamera: Jennifer Günther


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9 Leben

Ein Film von Maria Speth.

[indie­ki­no club] [Credits]  [Trailer]

Der Film por­trä­tiert das Schicksal meh­re­rer Jugendlicher, die sehr früh – oft schon im Alter von 11, 12 oder 13 Jahren – ent­schie­den haben, von zu Hause weg­zu­ge­hen und für eine bestimm­te Zeit oder dau­er­haft auf der Straßezu leben: Sunny, Toni, Krümel, JJ, Stöpsel, Soja und Za.

Menschen also, von denen jeder ein­zel­ne mitt­ler­wei­le auch schon neun Leben gelebt haben könn­te. Versehen mit see­li­schen und kör­per­li­chen Beschädigungen. Doch trotz die­ser Zerstörungen gibt es bei ihnen eine enor­me Kraft, Talente und Fähigkeiten zu ent­de­cken. Dieser Reichtum an per­sön­li­chen Möglichkeiten steht im Mittelpunkt des Films.

Die Lebensumstände der Jugendlichen auf der Straße wer­den des­halb auch nicht doku­men­tiert, son­dern sie wer­den von ihnen in frei­er Wahl erzählt oder auch nicht. So kom­men sehr per­sön­li­che, mit­reis­sen­de und berüh­ren­de Zeugnisse zustande.

Um den Fokus auf ihre Persönlichkeiten zu legen, erzäh­len sie vor neu­tra­lem Hintergrund im Studio von ihren Leben.
Einige haben ihre Musikinstrumente mit­ge­bracht und spie­len spon­tan, ande­re zei­gen Fotos oder ande­re künst­le­ri­sche Arbeiten. So ent­ste­hen fil­mi­sche Porträts wie in einer Ausstellung, einem Kunstraum.

Vorurteile und Klischeevorstellungen über „Penner“ und „Punks“ lösen sich auf. Die Jugendlichen wer­den in ihrer bewun­derns­wer­ten Einmaligkeit erkennbar.

Und sie wer­den zu Stars – zu Recht.

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Credits:

Deutschland 2010
Regie: Maria Speth
Drehbuch: Maria Speth
Kamera: Reinhold Vorschneider
Schnitt: Maria Speth

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Trailer:

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Kunst kommt aus dem Schnabel wie er gewachsen ist

Ein Film von Sabine Herpich.

[Video on demand] [Credits] [Tickets & Termine] [Verleihseite] [Trailer]

In der Kunstwerkstatt Mosaik in Berlin arbei­ten Künstler*innen mit Behinderung an ihren Werken. Sabine Herpich beob­ach­tet sie bei der Arbeit und rich­tet den Blick auf die Institution selbst, auf die Abläufe, das Personal, die Räumlichkeiten. Ihr gelingt es, nicht die Behinderung der Menschen ins Zentrum zu stel­len, son­dern die künst­le­ri­sche Arbeit. Um die­se her­um for­miert sich die Institution und wird so pri­mär als Institution für die Kunst und nicht als Institution für Menschen mit Behinderung sicht­bar. Die Idee von Kunst wird ganz­heit­lich, beinhal­tet die Menschen, die sie machen, wie auch die Orte, an denen sie erzeugt wird, meint das Sehen der Werke, das Sprechen über sie, meint aber auch: Kunst als Arbeit, mit Arbeitszeiten und Gehalt. Die Filmemacherin selbst ist nicht unsicht­bar. Sie fragt die Künstler*innen nach ihren Gedanken, Ideen, Vorgehensweisen. In der Begegnung der Künstler*innen vor der Kamera mit dem Blick der Filmemacherin ent­steht eine erhöh­te Aufmerksamkeit und Sensibilität – für die Gestimmtheiten der Werke, ihrer Schöpfer*innen und Betrachter*innen, wie auch für die behut­sa­me, nicht schüch­ter­ne, genaue, sich nicht ver­schlie­ßen­de Form die­ses Films über Kunst. (Alejandro Bachmann, Berlinale Forum)

DOKKA dokKa-Preis der Stadt Karlsruhe
Duisburger Filmwoche: 3sat-Preis sowie eine loben­de Erwähnung der Arte-Jury
Nominiert für den Preis der deut­schen Filmkritik 2020

Verleih geför­dert durch:

Credits:

DE 2020, 106 Min.

Mit: Adolf Beutler, Suzy van Zehlendorf, Gabriele Beer, Till Kalischer, Nina Pfannenstiel u. a.
Regie, Kamera, Montage: Sabine Herpich

O‑Ton Schnitt, Mischung: Marilyn Janssen
Color Grading: Florian Lampersberger
Titel- und Plakatgestaltung: Ulrike Damm
Produktion: Sabine Herpich, Tobias Büchner

Freigegeben ohne Altersbeschränkunge (FSK Prüfkarte: pdf)

Trailer:

Kunst kommt aus dem Schnabel wie er gewach­sen ist from Büchner Filmproduktion on Vimeo.

Fabian oder Der Gang vor die Hunde

ein Film von Dominik Graf.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Berlin, 1931: Ein Ort zwi­schen Untermiete und Unterwelt, wo Bordelle Ateliers sind, Nazis auf den Straßen pöbeln und man in Babelsberg vom „psy­cho­lo­gi­schen Film“ träumt. Das Leben bro­delt, die Gesellschaft gärt, kor­ro­diert. Solange er noch Arbeit hat, ver­fasst der pro­mo­vier­te Germanist Jakob Fabian tags­über Werbetexte, nachts zieht er mit Stephan Labude durch die schrä­gen Etablissements der Stadt. Während sein Freund – er wird spä­ter beken­nen, „in den Fächern Leben und Beruf“ ver­sagt zu haben – ein Draufgänger in Sachen Kommunismus und Sex ist, bleibt Fabian nüch­tern und distan­ziert. Er war­tet auf den „Sieg der Anständigkeit“, ohne recht dar­an zu glau­ben. Nur die Liebe zu Cornelia lässt ihn an sei­nem iro­ni­schen Fatalismus zwei­feln. Sie wird zum Lichtblick in sei­nem zer­rin­nen­den Leben.
Erich Kästners tief­trau­ri­gen auto­bio­gra­fi­schen „Fabian“ – einen der bedeu­tends­ten Romane der Weimarer Republik – aus sei­nem Schattendasein zu holen, ist bei allen Parallelen zum ver­ma­le­dei­ten Heute eine Herausforderung. Dominik Graf meis­tert sie kon­ge­ni­al: spitz­fin­dig poin­tiert sein Stil, kalt­schnäu­zig flott, und doch von schweig­sa­mer Melancholie. Ein Film wie eine Diskokugel, die sich lang­sam dreht. Über den Zusammenhang von Geschlechtsverkehr und lee­rem Kühlschrank – und den Zerfall des Traums vom Glück.

Credits:

DE 2021, 176 Min.,
Regie: Dominik Graf
Kamera: Hanno Lentz
Schnitt: Claudia Wolscht
mit Tom Schilling, Saskia Rosendahl, Albrecht Schuch, Meret Becker, Michael Wittenborn


Trailer:
FABIAN | TRAILER | jetzt fürs Heimkino
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The Trouble With Being Born

ein Film von Sandra Wollner. Ab 1.7. geplant.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Ein Haus mit Pool, inmit­ten eines akku­rat geschnit­te­nen grü­nen Rasens, Wald drum­her­um, ein Mann, ein Mädchen: trotz des etwas unwirk­li­chen Eindrucks des Settings, der Tonspur und der Beziehung zwi­schen den bei­den dau­ert es eine klei­ne Weile, bis sich die­se Künstlichkeit mit einem aha-Effekt erklärt. Die Kleine, Ellie, – sie nennt den Mann Papa – ist weni­ger leben­dig, als sie schei­nen soll. Erinnerung soll sie ler­nen, und vie­les ande­re, dazu ist sie da. Schwer erklär­bar, aber sie ent­zieht sich dem und wird als „er“ den nächs­ten Ersatz-und Trost-Job anneh­men. Sich mit Verlusten abzu­fin­den, ist die Sache der rea­len Menschen nicht mehr. Man kann ja jetzt anders. So ist es die Geschichte einer Maschine und der Geister, die wir alle in uns tra­gen.
“ … maxi­mal pro­duk­ti­ve Verstörung, ein audio­vi­su­el­les Ereignis, streng, flir­rend, in alle Richtungen offen. Nicht die Technik, ver­kör­pert durch Ellie, ist per­vers, son­dern der Mensch, der sich nach Reinactments, nach einem Leben in der Fiktion, sehnt. Auf Ellies Pullover steht: Nature is the future.“ Jens Balkenborg | epd-Film
Im ENCOUNTERS Wettbewerb der Berlinale 2020 wur­de THE TROUBLE WITH BEING BORN mit dem SPEZIALPREIS DER JURY ausgezeichnet.

Credits:

AU/DE 2020, 94 Min.,
Regie: Sandra Wollner
Kamera: Timm Kröger
Schnitt: Hannes Bruun
mit Lena Watson, Dominik Warta, Ingrid Burkhard, Jana McKinnon


Trailer:
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Bad Luck Banging or Loony Porn

ein Film von Radu Jude.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

In wel­cher Stadt war ich im Kino am häu­figs­ten? Paris natür­lich, es fol­gen ähn­li­che Ikonen der städ­ti­schen Topographie. Und Bukarest, dem Gegenteil des urba­nen Sehnsuchtsortes. Was sich hier seit den 00ern vor mei­nen eige­nen Augen auf der Leinwand abspiel­te, war eine der auf­re­gends­ten neu­en Wellen vol­ler Verve, Wut und Wahnsinn. Kommst du mit in den Alltag VII oder VIII. Aber nein, hier lie­ber nicht! Keine Romantik, kein Feel Good Lost Faktor, nur wegelo­ses Gewirr der Unorte.

Radu Jude war mit sei­nem ers­ten Spielfilm THE HAPPIEST GIRL IN THE WORLD auf der Berlinale (Forum 2009), mit EVERYBODY IN THE FAMILY eben­da (Forum 2012), mit AFERIM! gewann er 2015 den sil­ber­nen Bären. Dann 2020 mit UPPERCASE PRINT und als Co-Regisseur von THE EXIT OF THE TRAINS dop­pelt im Forum ver­tre­ten. 2021 wähl­te die Jury aus RegisseurInnen, die in den ver­gan­ge­nen Jahren den Goldbären gewan­nen, BAD LUCK BANGING OR LOONY PORN zum Gewinner des gol­de­nen Bären 2021.

Das Thema der faschis­ti­schen Vergangenheit Rumäniens hat Radu Jude mit MIR IST ES EGAL, OB WIR ALS BARBAREN IN DIE GESCHICHTE EINGEHEN auf den Punkt gebracht, BAD LUCK… taucht eben­so schnell und stil­si­cher in den Alltag einer Lehrerin ab, die durch den Upload eines pri­va­ten Sexfilms unter Verdacht der Teilnahme an und Verbreitung von PORNOGRAPHIE steht. Gedreht letz­ten Sommer kommt durch die Maskologie, die heu­er kaum noch jemand mis­sen möch­te, ganz natür­lich sur­re­al daher. Die wun­der­vol­len Möglichkeiten der Manipulation der Realität durch die digi­ta­le Parallelwelt und die ent­spre­chend gna­den­lo­sen Bauchlandungen dank der immer noch exis­ten­ten alten Welt mit ihren phy­si­schen Grenzen wer­den in Drehbüchern immer noch zu sel­ten aus­ge­lo­tet. Hier ein ver­gnüg­li­ches Beispiel für eine gelun­ge­ne Abwärtsspirale im Wirrwarr der Realitäten, egal ob die Mall, der Wohnblock, das Internet. Ein Sommerfilm.

Credits:

Babardeală cu bucluc sau por­no balamuc
Rumänien / Luxemburg / Kroatien / Tschechische Republik 2021, 108 Min., rumä­ni­sche OmU
Regie, Buch: Radu Jude
Kamera: Marius Panduru
Schnitt: Cătălin Cristuțiu
mit Katia Pascariu, Claudia Ieremia, Olimpia Mălai, Nicodim Ungureanu, Alexandru Potocean


Trailer:

Im Kino mit deut­schen Untertiteln.

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Night Moves

Ein Film von Kelly Reichardt

[Credits] [Indiekino Club] [Trailer]

Josh, Dena und Harmon pla­nen ein Fanal gegen die Gleichgültigkeit einer über­tech­ni­sier­ten Welt. Ruhig und kon­zen­triert zeich­net Kelly Reichardt die Bewegungen der drei auf, ihre kon­spi­ra­ti­ven Treffen, die Organisation des Materials, die Fahrt zum spä­te­ren Tatort. Night Moves ent­fal­tet sich als küh­ler, prä­zi­ser Zeitlupenthriller. Später müs­sen sich die drei mit der Frage des gegen­sei­ti­gen Vertrauens aus­ein­an­der­set­zen. Sind sie tat­säch­lich eine Gruppe und ver­fol­gen ein gemein­sa­mes Ziel? 
 Reichardts Figuren sind auch hier auf der Reise und ste­hen dabei sich selbst über­las­sen am Rand. Wie schon Bill Oldham in Old Joy, der vom Verschwinden einer Freundschaft erzähl­te, oder Michelle Williams in Wendy & Lucy, der vom Aufenthalt in der Fremde han­del­te, und von Armut. In Meek’s Cutoff  beweg­te sich eine Siedlergruppe durchs Niemandsland des Westens, das zum Grab wird. Night Moves bie­tet sei­nen Protagonisten zwar das Umfeld von Gleichgesinnten, mit denen sie leben, aber sie bege­hen eine radi­ka­le Tat, die sie von den ande­ren unter­schei­det und in die Isolation treibt. Kelly Reichardt ver­mag es dabei ganz selbst­ver­ständ­lich Genrekino mit Gesellschaftsanalyse auf­zu­la­den. 

„In gewis­ser Weise berührt die­se Struktur, die auch Night Moves beschreibt, auch die Geschichte des Radikalismus. Ich bin in den 1970er Jahren auf­ge­wach­sen, habe die Geschehnisse um Patty Hearst und Angela Davis mit­er­lebt, die Nachwirkungen der Weather-Underground-Bewegung, oder auch in jün­ge­rer Zeit die Aktionen der Earth Liberation Front. Es stellt sich ja zumeist erst mal ein gewis­ser Enthusiasmus ein, wenn die wie­der eine gan­ze Flotte von Hummer-Geländewagen in die Luft spren­gen, danach aber denkt man sich, ver­dammt, jetzt sit­zen die­se jun­gen Menschen im Gefängnis, bis sie vier­zig sind, und über­all ste­hen Millionen von Hummer-Autos rum, war es das wirk­lich wert? Ich glau­be, dass alle die­se radi­ka­len Bewegungen irgend­wann immer selbst­be­züg­li­cher wer­den, sich immer mehr ihre eige­ne Wirklichkeit schaf­fen, dann kommt irgend­wann Egoismus auf, Paranoia, Isolation, das scheint fast eine zwangs­läu­fi­ge Entwicklung zu sein.“ (Kelly Reichardt)

Credits:

USA 2013 ,  112 Min.
engl. OmU 

Regie:  Kelly Reichardt

Buch: Kelly Reichardt,  Jon Raymond
Kamera: Christopher Blauvelt
Schnitt: Kelly Reichardt 

mit: Jesse Eisenberg, Dakota Fanning,  Peter Sarsgaard

Trailer:

 

Night Moves – Trailer (OmU)
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Like Father, Like Son

Like Father, Like Son

[Credits] [Indiekino Club]

 

Inhalt

Like Father, Like Son

Ein Anruf, und ihre Welt ist nicht mehr wie sie war: Keita, der 6‑jährige Sohn, wur­de als Neugeborener im Krankenhaus ver­tauscht, erfah­ren die wohl­si­tu­ier­ten Nonomiyas eines Tages. Ihr Sohn ist nicht ihr leib­li­ches Kind. „Das erklärt also alles“ ent­fährt es spon­tan Ryota, dem Vater,  der sich doch schon oft über den man­geln­den Ehrgeiz sei­nes ein­zi­gen Kindes geär­gert hat. Seine Frau Midori dage­gen macht sich Vorwürfe, als Mutter nicht gespürt zu haben, dass ihr gelieb­ter Keita nicht ihr leib­li­ches Kind war. Was ist jetzt der nächs­te Schritt? Erstmal müs­sen sie die Saikis, Eltern des „rich­ti­gen“ Sohnes tref­fen. Eher ein­fach als wohl­ha­bend, leben die in einem leben­di­gen Haushalt mit 3 Kindern; nicht gera­de das, was sich Ryota für sei­nen Sprößling erhofft. Und was nun? Die Psychologen raten zu einem mög­lichst schnel­len Kindertausch – aber das geht natür­lich nicht so ein­fach. Zunächst ent­schlie­ßen sich die Familien für eine Wochenendlösung.

Man ist […] ganz hin­ge­ris­sen von sei­nem [Kore-Edas] Zartgefühl für’s Menschenmögliche. Für eine Frau zum Beispiel, die schon aus ihrer Haut könn­te, wenn ihr Mann, der es nicht kann, sie lie­ße.  Für die wehr­lo­se Fröhlichkeit von Kindern – Hirokazu Kore-eda ist ein genia­ler Kinder-Regisseur,  … und für alle Varianten von Elternliebe, die sym­pa­thi­schen und die unsym­pa­thi­schen. Denn dar­um geht es am Ende doch immer in die­ser Inszenierung, die sich nie mora­lisch auf­bläst. In ihrer fas­zi­nie­ren­den, vor­sich­tig möch­te man sagen: japa­nisch dis­zi­pli­nier­ten Contenance steckt eine gro­ße Melancholie des Verstehens.“ Christoph Schneider | Tagesanzeiger ch

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Credits:
Like Father, Like Son

[Soshite chi­chi ni naru]
Japan 2013  120 Min.  jap. OmU

Regie & Buch: KORE-EDA Hirokazu
Kamera: Takimoto Mikiya
Schnitt: Kore-Eda Hirokazu

mit  Masaharu Fukuyama,  Yôko Maki,  Machiko Ono,  Lily Franky,  Hiroshi Ohkochi, Keita Ninomiya

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