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Besties

Besties

Ein Film von Marion Desseigne Ravel. 

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Raus aus Amal trifft Romeo & Julia trifft Bandes de Filles
Sommer in einem Pariser Vorort. Mit leich­ter Hand erzählt Besties von Nedjma, deren Welt sich auf den Kopf stellt, als sie Zina, der neu­en Nachbarin, begeg­net. Das gro­ße Problem: Zina gehört einer ver­fein­de­ten Clique an. Nedjmas Freundinnen, mit denen sie um die Häuser zieht, wür­den eine sol­che Verbindung nie tole­rie­ren. Sie haben einen Ruf zu ver­tei­di­gen und schä­di­gen mit nie­der­träch­ti­ger Finesse den Ruf derer, die sich ihrer Meinung nach respekt­los ver­hal­ten, sich also bei­spiels­wei­se auf „ihre“ Bank set­zen. Zinas Freundinnen wie­der­um las­sen sich auch nichts gefal­len. So steht Nedjma vor einem Dilemma, war­tet sie sich doch immer sehn­süch­ti­ger auf das nächs­te heim­li­che Treffen mit der gelieb­ten Zina, möch­te aber loy­al zur Clique ste­hen. Zu den not­wen­di­gen Lügen kommt noch die Unsicherheit der ers­ten gro­ßen Liebe, zudem zu einer Frau.
„Auf eine Wand in mei­ner Nachbarschaft wur­de gesprüht: Der ers­te, der sich ver­liebt, hat ver­lo­ren. Das ist wahr. Denn danach reden alle über dich und du bist aus­ge­lie­fert. Ich habe ver­lo­ren. Ich bin in ein Mädchen ver­liebt, ich weiß nicht, was ich tun soll …“ Nedjma
Besties ist psy­cho­lo­gisch stark, auch gefühl­voll, vor allem wirkt er aber authen­tisch und wahr­haf­tig. Eine klei­ne Perle des jun­gen quee­ren Kinos Frankreichs.“ programmkino.de

Credits:

Les meil­leu­res
FR 2021, 80 Min. frz. OmU
Regie & Buch: Marion Desseigne Ravel
Kamera: Lucile Mercier
Schnitt: Julie Picouleau, Elif Uluengin
mit: Lina El Arabi, Esther Rollande, Leila, Mahia Zrouki, Tasnim Jamlaoui

Trailer:
BESTIES Trailer Deutsch | German [HD]
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Gehen und Bleiben

Ein Film von Volker Koepp.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Eine Karte von Mecklenburg hing in Uwe Johnsons letz­tem Arbeitszimmer im eng­li­schen Sheerness. Die Region sei­ner Kindheit, in die er nach der Auswanderung in den Westen nicht mehr zurück­ge­hen und die er danach nur noch lite­ra­risch rekon­stru­ie­ren konn­te. Volker Koepps Film ist als Geobiografie ange­legt, er reist mit Johnsons Texten zu den Lebensorten des Autors, fin­det Menschen und Landschaften, die mal einen engen, mal einen frei­en Bezug zum Werk und zur Person haben. Koepps und Johnsons poe­ti­sche Projekte ver­bin­den sich: Ihre Landschaften und Biografien ken­nen kei­ne linea­ren Entwicklungen, in ihnen bleibt die Geschichte gespei­chert und legt sich selbst immer wie­der frei. Für Johnson sind beim Bad in der Ostsee die Toten anwe­send, die nach der Versenkung der Cap Arcona 1945 in der Lübecker Bucht trie­ben. Eine Gesprächspartnerin von Koepp denkt bei Italienurlauben an heu­ti­ge Fluchten über das Mittelmeer. Johnsons Trauer über den Einmarsch von Truppen des Warschauer Pakts in Prag spie­gelt sich im aktu­el­len Angriff Russlands auf die Ukraine, der die Dreharbeiten bestimmt. Wenn ein Fluss lang­sam fließt, kann er bei etwas Wind die Richtung ändern und kommt wie­der zur Quelle.

Credits:

DE 2023, 168 Min. deut­sche OmeU
Regie: Volker Koepp
Schnitt: Christoph Krüger
Kamera: Uwe Mann
mit Stuart Roberts, Judith Zander, Erhard Siewert, Peter Kurth, Hans-Jürgen Syberberg, Helga Elisabeth Syberberg, Aukje Dijkstra, Undine Spillner, Fritz Rost, Heinz Lehmbäcker, Hanna Lehmbäcker, Dietrich Sagert, Kristian Wegscheider, Christian Höser, Thomas Irmer, Uta Löber, Erdmut Wizisla, Karin Bosinski, Hartmut Bosinski

Trailer:
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Mit Liebe und Entschlossenheit

Ein Film von Claire Denis.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Urlaub am Meer. Sara (Juliette Binoche) und ihr Lebensabschnittsgefährte Jean (Vincent Lindon) füh­len sich frei und glück­lich, wie zwei Delphine schwim­men sie neben­ein­an­der her. Nach ihrer Rückkehr ins Pariser Stadtleben kehrt die Alltagsroutine zurück, eine Zäsur ergibt sich, als Sara im Gewimmel einer Metrostation zufäl­lig einen län­ge­re Zeit nicht gese­he­nen Freund ent­deckt. Dieser Moment trifft sie wie ein Blitzschlag. Zufällig erzählt ihr Jean, dass just die­ser Freund ihm die Partnerschaft in einer Agentur zur Vermittlung jun­ger Rugby-Talente ange­bo­ten hat. Eine Begegnung von Sara mit François (Grégoire Colin), über den sie vor mehr als zehn Jahren Jean über­haupt erst ken­nen­ge­lernt hat­te, bleibt nicht aus. Und die­ses Wiedersehen sorgt in der Folge dafür, dass nicht nur für Sara eine Achterbahnfahrt der Emotionen beginnt und sie sich ent­schei­den muss, mit wel­chem der bei­den Männer, denen sie sich auf doch recht unter­schied­li­che Weise in Liebe ver­bun­den fühlt, sie zusam­men­le­ben möchte.

Die Geschichte, die Claire Denis in ihrem jüngs­ten, 2022 bei den Filmfestspielen in Berlin mit dem Silbernen Bären aus­ge­zeich­ne­ten und im Herbst dann auch bei den Französischen Filmtagen in Tübingen/Stuttgart vor­ge­stell­ten Werk ver­han­delt, ist im Grundsatz kei­ne neue. Doch erzählt und vor allem gespielt ist sie mit einer Intensität, wie man sie auf der Leinwand nur sel­ten zu sehen bekommt. Was Sara fühlt, das meint man als Zuschauender förm­lich sel­ber zu spü­ren. „C’est repar­tie“, sagt Sara über die Rückkehr schlaf­lo­ser Nächte und über ihr inne­res Aufgewühltsein, wel­ches sie manch­mal wie unter einer Trance erschei­nen lässt. Auch Lindon ist in sei­nen Reaktionen und in sei­ner Haltung wahr­haf­tig, gestresst zudem durch im Nebenplot ver­han­del­te Probleme mit sei­nem jugend­li­chen Sohn, um den zu küm­mern sich des­sen Großmutter (Bulle Ogier) jedoch über­for­dert fühlt. Denis legt dabei immer wie­der auch die Mechanismen gesell­schaft­li­cher Rollenbilder offen, die zum Beispiel die Frau als ohn­mäch­tig und bevor­mun­det cha­rak­te­ri­sie­ren, ohne dass es den Männern des Films in irgend­ei­ner Art und Weise bewusst wäre und dazu führt, dass bei­de Männer auf jeweils ihre Art und Weise Druck auf die von ihnen begehr­te Frau aus­üben. Nach und nach ein­streu­te Hinweise auf die Vorgeschichte der bei­den Männer hel­fen dabei, die Figuren in ihrem Verhalten bes­ser zu verstehen.

Claire Denis und ihre Co-Autorin Christine Angot haben schon 2017 beim Spielfilm „Meine schö­ne inne­re Sonne“, in dem es um Roland Barthes Buch „Fragmente einer Sprache der Liebe“ ging, zusam­men­ge­ar­bei­tet. Diesmal gab Angots Roman „Un tour­nant de la vie“ den Anstoß für die­ses sei­nen Figuren immer wie­der auch in Nahaufnahmen auf den Leib rücken­des Liebesdrama. Ein Drama, dass sich bekann­ten Erzählmustern jedoch ent­zieht und mit der mensch­li­chen Psyche zu spie­len weiß.

Interessant auch zu beob­ach­ten, wie und wann pan­de­mie­be­dingt Masken getra­gen wer­den, wie Küsschen links und rechts selbst bei Begegnungen mit sehr ver­trau­ten Menschen unter­blei­ben und zu Distanz füh­ren. Weitere gesell­schaft­li­che Aktualität lie­fern Interviews von Sara als Radiojournalistin mit der liba­ne­si­schen Verlegerin Hind Darwish zum Thema Flucht und Immigration oder Aussagen über die von Ex-Fußballstar Lilian Thuram in sei­nem 2021 erschie­ne­nen Buch „Das wei­ße Denken“ geäu­ßer­ten Gedanken zu Rassismus und der Rolle der Hautfarbe als psy­cho­lo­gi­schem Problem. Nicht unwe­sent­lich ist auch die Rolle, die ein­mal mehr die bri­ti­sche Band Tindersticks – seit „Nénette et Boni“ sind sie bei Claire Denis gesetzt – spielt. Ihr hyp­no­ti­scher Score mit oft düs­te­ren Streichern, die in ihrer Schwere an die Auftragsarbeit „Ypres“ (2014) erin­nern, ver­stärkt die beweg­ten Gefühle von glück­li­chen Zeiten am Meer bis hin zu auf­brau­sen­den Streitigkeiten in Paris aufs Intensivste.

Thomas Volkmann | programmkino.de

Credits:

Avec amour et acharne­ment
FR 2022, 116 Min., frz. OmU
Regie: Claire Denis
Kamera: Eric Gautier
Musik: Tindersticks
Schnitt: Emmanuelle Pencalet, Sandie Bompar, Guy Lecorne
mit Juliette Binoche, Vincent Lindon, Grégoire Colin, Issa Perica, Bulle Ogier, Mati Diop

Trailer:
AVEC AMOUR ET ACHARNEMENT – Trailer F/d
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Geranien

Geranien

Ein Film von Tanja Egen. 

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Muss man muss weder aus dem Ruhrgebiet (oder vom Rand) kom­men, noch Mutter, noch Tochter sein, um die­sen Film zu ver­ste­hen, und eben­falls nicht ambi­tio­nier­te Schauspielerin mit Traumschiff-Angebot, so wie Nina„ die Protagonistin.
Nina kommt zur Beerdigung der gelieb­ten Oma nach Holzwickede in ihr Elternhaus. Wegen plötz­li­cher Sarglieferschwierigkeiten aber muss der Termin ver­scho­ben wer­den. So bleibt sie unwil­lig und unfrei­wil­lig noch ein paar Tage län­ger bei den Eltern, obwohl es sie eigent­lich zurück nach Amsterdam zieht, zu Freund und Kind und Theaterauftritt. Lakonisch, lebens­nah und nicht ohne Witz erzählt der Film von Entfremdung und Wiederannäherung, Verlust und Trauer, und, obwohl alle dem eigent­lich längst ent­wach­sen sein soll­ten, vom Kind-Sein und Eltern-Sein, einem offen­bar lebens­lan­gen Zustand.
„Regisseurin Egen lässt ihren Film an ein paar weni­gen Tagen spie­len, es ist Hochsommer, alles licht­durch­flu­tet, und im klei­nen Kosmos des Reihenhauses bro­deln Konflikte – geschick­ter­wei­se lässt Egen die­se nie aus­bre­chen. Denn im wirk­li­chen Leben bre­chen sie auch nicht aus, wenn man die Mutter, den Vater besucht; auch nicht unbe­dingt in einer Ausnahmesituation wie dem Todesfall der Oma. Das macht den Film so lebens­nah, in sei­ner gan­zen Zugespitztheit…“ H. Mühlberge | kino-zeit

Credits:

DE 2023, 83 Min., Deutsch OmeU
Regie: Tanja Egen
Kamera: Claudia Schröder
Schnitt: Nicolas Dusollier
mit Friederike Becht, Marion Ottschick, Peer Martiny, Jasmina Musić, Stefanie Meier, Aleksandra Ćorović, Adi Hrustemović, Oliver Möller, Bruno Kirchhof

Trailer:
„On Mothers and Daughters” (Geranien) | Trailer | Berlinale 2023
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Trenque Lauquen

Trenque Lauquen

Ein Film von Laura Citarella. 

[Credits] [Tickets & Termine – Teil1] [Tickets & Termine – Teil2] [Trailer]
Wer bei­de Teile als Doppelprogramm sehen möch­te, kann 2x den ermä­ßig­ten Preis buchen. Leute mit Ermäßigungsberechtigung kön­nen 2x den Berlinpass Preis buchen und Berlinpass Berechtigte zah­len 1x den Normalpreis für bei­de Teile.

Laura, eine jun­ge Biologin aus Buenos Aires, kommt für einen Forschungsauftrag in die Provinzstadt Trenque Lauquen – und ver­schwin­det plötz­lich. Zwei Männer machen sich auf die Suche nach ihr, bei­de lie­ben die­se Frau, bei­de ver­ste­hen nicht, war­um sie gegan­gen ist. Spielt die rus­si­sche Autorin Alexandra Kollontai eine Rolle, die Laura zuletzt las? Was hat es mit dem geheim­nis­vol­len Briefwechsel auf sich, den Laura gefun­den hat­te, ver­steckt in den Büchern der loka­len Bibliothek? Während die bei­den Männer sich auf ihre Spur bege­ben und Vermutungen anstel­len, hält eine unheim­li­che Entdeckung im See des ört­li­chen Parks die Menschen der Kleinstadt in Atem …
Mit ihrem drit­ten Spielfilm fei­ert Laura Citarella die Lust am Geschichtenerzählen und bedient sich bei so unter­schied­li­chen Genres wie Detektivgeschichte, Liebesfilm, Film noir und Mysterydrama mit einer an David Lynch erin­nern­den Note. Citarella ist Mitglied des argen­ti­ni­schen Filmkollektivs El Pampero Cine, das uns 2018 das vor Ideen über­spru­deln­de Kinowunderwerk La Flor bescherte.

Credits:

AR/DE 2022, Teil 1: 128 Min./Teil 2: 132 Min., span. OmU,
Regie: Laura Citarella
Kamera: Agustín Mendilaharzu, Inés Duacastella, Yarará Rodriguez,
Schnitt: Miguel de Zuviría, Alejo Moguillansky,
mit Laura Paredes, Ezequiel Pierri, Rafael Spregelburd, Elisa Carricajo, Juliana Muras, Verónica Llinás, Cecilia Rainero u. a.

Trailer:
TRENQUE LAUQUEN – ein Film von Laura Citarella
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Die Verachtung – Le Mépris

Ein Film von Jean-Luc Godard.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer] [indie­ki­no club]

Ein ame­ri­ka­ni­scher Filmproduzent enga­giert einen Drehbuchautor, weil er meint, sein Regisseur sei dabei, einen Flop zu dre­hen. Die Ehe des Drehbuchautors geht dabei zu Bruch, weil sei­ne Frau nicht ertra­gen kann, dass ihr Mann sich dem Geldgeber ver­kauft, mehr noch, das Gefühl hat, dass er sogar sie selbst dem Produzenten anbie­tet. Godard macht ein Experiment: Er dreht einen teu­ren Film mit zwei Großproduzenten (Carlo Ponti und dem Amerikaner Levine), die eine Rendite erwar­ten über das Thema „was pas­siert, wenn die Geldgeber dem Regisseur in den Film drein­re­den?“ Er enga­giert einen berühm­ten Regisseur für die Rolle des Regisseurs, spielt selbst den Assistenten und bit­tet sei­nen Hauptdarsteller, zum Drehen sei­ne eige­ne Kleidung zu tra­gen. So wird klar, das ist nicht nur Filmhandlung, son­dern auch Realität, und wenn er den gan­zen Film über den Regisseur gegen den Produzenten in Schutz nimmt, ver­kauft er des­sen rea­lem Pendant ein Plädoyer für die Freiheit des Künstlers gegen­über dem Geldgeber. Dumm nur, dass die ver­meint­lich Gefoppten dann doch immer am län­ge­ren Hebel sit­zen und so gemei­ne Dinge tun wie z.B. eine Nacktszene mit Brigitte Bardot in den Film zu zwingen.

Dieser Film wur­de von 2021 bis 2023 von STUDIOCANAL bei HIVENTY mit Unterstützung des CNC in 4K digi­tal restau­riert. Durch die Version des Films hat man die Gelegenheit, zur ursprüng­li­chen Farbpalette des Films zurück­zu­keh­ren. Um die Restaurierung zu opti­mie­ren, wur­den das ursprüng­li­che 35-mm-Negativ und Szenen aus dem Zwischenpositiv sowie die Referenzkopie ver­wen­det, die 2002 von Raoul Coutard, dem Kameramann des Films, über­ar­bei­tet wurde.

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Credits:

FR 1963, 105 Min., frz. OmU
Regie: J.-L. Godard
Kamera: Raoul Coutart
mit: Michel Piccoli, Brigitte Bardot, Jack Palance, Fritz Lang, Francesca Vanini, Georgia Moll

Trailer:
DIE VERACHTUNGLE MÉPRIS | Trailer / Deutsch | Jean-Luc Godard | ARTHAUS
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Unser Fluss… Unser Himmel

Ein Film von Maysoon Pachachi.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Es sind vie­le Geschichten, und doch nur eine – per­sön­lich und kol­lek­tiv zugleich. Regisseurin Maysson Pachachi und (Drehbuch-)Autorin Irada Al-Jubori haben anhand von selbst gehör­ten Dialogen und erleb­ten Szenen eine fik­ti­ve Erzählung ent­wi­ckelt, die uns einen Einblick gibt in das ganz all­täg­li­che Leben in einem besetz­ten Land, zu einer Zeit extre­mer sek­tie­re­ri­scher Gewalt und nächt­li­cher Ausgangssperren. 2006, drei Jahre nach dem Einmarsch der US-Truppen, ist Bagdad ein gefähr­li­cher Ort vol­ler Chaos und Ungerechtigkeit. Autorin Sara, die im Mittelpunkt des Films steht, muss mit ihrer Tochter Rima das Leben allei­ne meis­tern. Oft genug denkt denkt sie dar­an, die gelieb­te Stadt, das Land zu ver­las­sen, um Rima eine bes­se­re, oder über­haupt eine Zukunft zu ermög­li­chen, aber nicht zuletzt die Nachbarschaft, Familie, Freund:innen und Rima sel­ber hal­ten sie bis­lang davon ab.
Trotz aller auf­re­gen­den Geschehnisse und Ereignisse ist der Film der aus dem Irak stam­men­den Regisseurin zurück­hal­tend insze­niert, ohne zu beschönigen.

Wir sind der Meinung, dass es gera­de jetzt wich­tig ist, Geschichten von indi­vi­du­el­lem Widerstand und Hoffnung über den Nahen Osten zu erzäh­len, wo so vie­le Menschen es immer noch schaf­fen, als Menschen mit­ein­an­der soli­da­risch zu sein, trotz des stark spal­ten­den Drucks von Religion und Politik, mit dem sie leben.“
Maysson Pachachi / Irada Al-Jubori

Credits:

UK, FR, DE, KW 2021, 117 Min., arab.OmU
Regie: Maysoon Pachachi
Schnitt:Alexandre Donot
Kamera: Jonathan Bloom
mit: Darina Al Joundi, Zainab Joda, Basim Hajar, Labwa Arab, Amed Hashim

Trailer:
Im Kino mit deut­schen Untertiteln.
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Thomas Schütte - Ich bin nicht allein

Thomas Schütte – Ich bin nicht allein

Ein Film von Corinna Belz. 

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Im Werk von Thomas Schütte geht es immer um den Menschen. Seine Arbeiten haben Schwere und Leichtigkeit, zei­gen Beschädigungen, Machtverhältnisse, Ängste, Abhängigkeiten, böse, schrä­ge und schö­ne Gestalten. Das Arbeiten mit den Händen, das Zeichnen, das Aquarellieren, das Modellieren, das Formen mit Ton und Knetmasse, das Bauen mit Holz und ande­ren Materialien ste­hen im Zentrum sei­ner künst­le­ri­schen Tätigkeit; sein Wissen um hand­werk­li­che Techniken ver­bin­det ihn eng mit sei­nen Werkstätten. Schütte stu­dier­te an der Kunstakademie Düsseldorf bei Fritz Schwegler und Gerhard Richter. Heute zählt er zu den bedeu­tends­ten Künstlern der Gegenwart und ist welt­weit in allen gro­ßen Museen und Sammlungen ver­tre­ten.
Corinna Belz wähl­te für ihr Porträt einen klas­si­schen Weg. Am Anfang steht eine wie­der­ent­deck­te Idee, am Ende das Kunstwerk, die „Nixe“, als fer­ti­ge Skulptur. Dazwischen gibt es Begegnungen mit lang­jäh­ri­gen Mitarbeiter:innen und Galerist:innen, Innenansichten und Rückschauen.
„Für Corinna Belz und ihr Interesse am krea­ti­ven Akt ist Thomas Schütte ein idea­ler Kandidat. Nicht nur wegen sei­nes tro­cke­nen Witzes und sei­ner locker-zugäng­li­chen Art. Sondern zum einen, weil man inner­halb des arbeits­tei­li­gen Prozesses, bei dem auch vie­le Handwerker nötig sind, den spe­zi­fi­schen Beitrag des Künstlers bes­ser sieht. Und zum andern, weil Thomas Schütte gern schnell arbei­tet. … Mit ein­fühl­sa­men Kamerafahrten und auf­ge­räum­ten Bildern funk­tio­niert [der Film] als Dialog zwi­schen kine­ma­to­gra­fi­scher und bil­den­der Kunst. Durch den Austausch auf Augenhöhe wirkt er dem Elitären ent­ge­gen, das sich meist mit der abge­schot­te­ten Welt der Sammler ver­bin­det. Und er durch­kreuzt das Vorurteil, dass man als „nor­ma­ler“ Mensch heut­zu­ta­ge sowie­so kei­nen Zugang mehr zu Werken von Gegenwartskünstlern fin­de. Thomas Schütte und Corinna Belz bewei­sen das Gegenteil – mit einer immer wie­der unter­halt­sa­men Reise zu den Brüchen und Kontinuitäten im Werk eines sich treu blei­ben­den Künstlers.“
Peter Gutting | kino-zeit

Credits:

DE 2023, 94 Min., engl., franz. deut­sche OmU
Regie: Corinna Belz
Schnitt: Rudi Heinen
Kamera: David Wesemann, Jule Katinka v. Cramer

Trailer:
THOMAS SCHÜTTEICH BIN NICHT ALLEIN – Offizieller Trailer
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Nostalgia

Nostalgia

Ein Film von Mario Martone. 

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Kaum ist Felice wie­der in Neapel, geht er hin­aus auf die Straße und taucht ein in das Chaos der tru­beli­gen Großstadt mit ihrem Lärm, ihren unzäh­li­gen ver­schlun­ge­nen Gassen und Gässchen, ein Labyrinth vol­ler Mysterien, vol­ler Dreck und Blumen – eine Mischung aus alt und neu, hell und dun­kel, pit­to­resk und häss­lich zugleich. Am nächs­ten Tag besucht er sei­ne Mutter, die allein in einer düs­te­ren, zuge­räum­ten Wohnung lebt. Sie ist nur noch Haut und Knochen. Ihretwegen ist er gekom­men, und ihret­we­gen will er blei­ben. Er ver­sorgt sie, badet sie und kauft ihr neue Kleidung. Wenige Tage spä­ter hat er in sei­nem alten Viertel mit dem schö­nen Namen Sanità eine Wohnung ange­mie­tet und nimmt die Mutter bei sich auf. Immer öfter holen ihn die Erinnerungen an sei­ne Jugend ein – er war damals eine gro­ße Nummer im Kiez mit sei­nem Moped, stän­dig auf Achse und gie­rig, etwas Neues zu erle­ben. Kaum jemand erkennt ihn heu­te noch, doch er wird gewarnt: Sein ehe­ma­li­ger bes­ter Freund Oreste ist der „Malommo“, ein schlech­ter Mensch, einer der Mafiabosse in der Gegend. Skrupellos und gewalt­tä­tig gebie­tet er über das gesam­te Viertel. Sein größ­ter Gegner ist der kämp­fe­ri­sche Pfarrer Don Luigi, der ver­sucht, mit Idealismus und guten Ideen die Herrschaft der Camorra zu bre­chen. Nach dem Tod der Mutter schlie­ßen Felice und Don Luigi Freundschaft. Immer tie­fer taucht Felice ein in die Stadt am Fuße des Vesuvs, aber wie ein Damoklesschwert schwebt ein Geheimnis über ihm.

Vom sanf­ten Beginn bis zu sei­nem unaus­weich­li­chen Ende behält der Film eine undurch­schau­ba­re Stimmung. Da ist sehr viel Abgründiges, man­ches ist rau und sprö­de oder schwer ver­ständ­lich, viel­leicht nur für Eingeweihte. Doch der Zauber die­ser kaum fass­ba­ren Metropole teilt sich auch denen mit, die noch nie in Neapel waren. In lan­gen, meist ruhi­gen Einstellungen zeich­net Mario Martone ein fas­zi­nie­ren­des Bild die­ser Stadt, genau­er gesagt: des Viertels Sanità, in dem Felice auf­wuchs und wo er sei­ne Jugend ver­brach­te, bis er auf­grund eines schlim­men Ereignisses Neapel ver­las­sen muss­te. Für die Rückblenden wählt Martone das alt­mo­di­sche Academy Format – ein Filmbild im Format 4:3. Die Erinnerungen tau­chen anfäng­lich wie kur­ze Blitze auf und wer­den immer inten­si­ver. Da begeg­nen sich das alte und das neue Neapel, so wie der alte und der jun­ge Felice und sein Jugendfreund, der blond­schöp­fi­ge Oreste (Tommaso Ragno), der ein Mafiaboss wur­de und jeden von Felices Schritten beob­ach­ten lässt.

Man taucht förm­lich ein in den Lärm und in die unver­gleich­li­che Atmosphäre die­ser Stadt. Wenn Felice nach so lan­ger Zeit sei­ne Mutter wie­der­sieht, dann ist da viel Zärtlichkeit und Wehmut, und wenn er sie in die Badewanne setzt und sie wäscht, wobei sie sich sehr schämt, dann hat das etwas sehr Anrührendes. Doch Martone führt das Publikum geschickt in die Irre, denn dies ist kei­nes­falls ein rühr­se­li­ges Kitschdrama. Im Gegenteil: Der Reiz die­ses schwie­ri­gen, aber schö­nen Filmes ent­fal­tet sich vor allem beim Hinschauen. Zu Beginn hat Felice vie­les ver­ges­sen, doch je län­ger er in Neapel bleibt, des­to stär­ker wer­den die Erinnerungen und des­to mehr fällt ihm wie­der ein von dem, was er 40 Jahre lang ver­drängt hat. Und was als Mutter-Sohn-Geschichte begann, wird zu einem Thriller, in dem es um Schuld und Unschuld geht, um Freundschaft und Verrat.

Pierfrancesco Favino spielt den Felice als ruhi­gen, schwer durch­schau­ba­ren Mann, der offen­bar eini­ges hin­ter sich hat. Er strahlt viel Gelassenheit aus, lässt sich kaum aus der Ruhe brin­gen, lächelt sel­ten. Er lässt sich durch die Stadt trei­ben und ist doch kein Getriebener. Nebenbei erfährt man, dass er mitt­ler­wei­le als rei­cher Mann im Libanon lebt, eine Ärztin gehei­ra­tet hat und Moslem wur­de. Doch sei­ne Rückkehr nach Neapel löst offen­bar etwas in ihm aus, was er nur schwer kon­trol­lie­ren kann. Er will sich der Vergangenheit stel­len, will Klarheit – tabu­la rasa für sich selbst. Dafür braucht er die Mitwirkung des Malommo, sei­nes alten Freundes Oreste. Nur mit sei­ner Hilfe kann Felice sich sei­nen Traum erfül­len, sei­ne Frau zu sich holen und in Neapel blei­ben. Ein Hoffnungsschimmer …

Gaby Sikorski | programmkino.de

Credits:

IT / FR 2022, 118 Min., ital. OmU
Regie: Mario Martone
Kamera: Carmine Guarino
Schnitt: Jacopo Quadri
mit: Pierfrancesco Favino, Francesco Di Leva, Tommaso Ragno

Trailer:
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How to Blow up a Pipeline

Ein Film von Daniel Goldhaber. 

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Terrorismus oder Selbstverteidigung? Ist es ange­sichts des fort­schrei­ten­den Klimawandels und den abzu­se­hen­den ver­hee­ren­den Auswirkungen legi­tim, einen radi­ka­le­ren Weg ein­zu­schla­gen als den bis­he­ri­gen fried­fer­ti­gen? Acht jun­ge Leute aus diver­sen Zusammenhängen haben sich in How to blow up a pipe­line dafür ent­schie­den und wol­len eine Ölleitung sabo­tie­ren. Der Akt soll nicht nur auf­rüt­teln, son­dern direk­te, auch finan­zi­el­le Auswirkungen auf die Petroindustrie haben und dort Ängste schü­ren. In die­sem zuneh­mend span­nen­den Polit-Thriller, der das pro­vo­kan­te, gleich­na­mi­ge Manifest des schwe­di­schen Wissenschaftlers Andreas Malm ernst nimmt, beglei­ten wir die Aktionen der Klimaaktivist*innen in der texa­ni­sche Wüste zunächst so minu­ti­ös wie in jedem ordent­li­chen Heist-Film, unter­bro­chen nur durch Rückblenden, in denen die per­sön­li­chen Beweggründe aus­ge­führt wer­den. Da jeder­zeit etwas in die Luft flie­gen kann, auf tech­ni­scher Ebene wie unter­ein­an­der, fie­bern wir mit und fra­gen uns dann, wie die Sache wohl aus­geht …
Der Film ist im Übrigen kei­ne Anleitung zum Bombenbau, son­dern eine Genre-Film mit hohem Eskapismus-Potential, der höchst aktu­el­le Fragen auf­wirft.
„… Der Film ori­en­tiert sich an sei­nen Helden: Er will das Publikum zum Handeln anre­gen, statt sich zu unter­wer­fen. Es ist eine Höllenfahrt. Nach sei­ner Premiere in Toronto im ver­gan­ge­nen Jahr bezeich­ne­te die New York Times HOW TO BLOW UP A PIPELINE als „kul­tu­rel­les Wahrzeichen“ für sei­ne sym­pa­thi­sche Sicht auf den Öko-Terrorismus, wäh­rend die Washington City Paper sei­ne jugend­li­che Besetzung als ‚eine viel inten­si­ve­re, explo­si­ve Version von The Breakfast Club‘‚ beschrieb.“ Simran Hans | The Guardian

Credits:

US 2022, 106 Min., engl. OmU,
Regie: Daniel Goldhaber
mit Ariela Barer, Kristine Froseth, Lukas Gage, Forrest Goodluck, Sasha Lane, Jayme Lawson , Marcus Scribner, Jake Weary, Irene Bedard, Olive Jane Lorraine 

Trailer:
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