Ein amerikanischer Filmproduzent engagiert einen Drehbuchautor, weil er meint, sein Regisseur sei dabei, einen Flop zu drehen. Die Ehe des Drehbuchautors geht dabei zu Bruch, weil seine Frau nicht ertragen kann, dass ihr Mann sich dem Geldgeber verkauft, mehr noch, das Gefühl hat, dass er sogar sie selbst dem Produzenten anbietet. Godard macht ein Experiment: Er dreht einen teuren Film mit zwei Großproduzenten (Carlo Ponti und dem Amerikaner Levine), die eine Rendite erwarten über das Thema „was passiert, wenn die Geldgeber dem Regisseur in den Film dreinreden?“ Er engagiert einen berühmten Regisseur für die Rolle des Regisseurs, spielt selbst den Assistenten und bittet seinen Hauptdarsteller, zum Drehen seine eigene Kleidung zu tragen. So wird klar, das ist nicht nur Filmhandlung, sondern auch Realität, und wenn er den ganzen Film über den Regisseur gegen den Produzenten in Schutz nimmt, verkauft er dessen realem Pendant ein Plädoyer für die Freiheit des Künstlers gegenüber dem Geldgeber. Dumm nur, dass die vermeintlich Gefoppten dann doch immer am längeren Hebel sitzen und so gemeine Dinge tun wie z.B. eine Nacktszene mit Brigitte Bardot in den Film zu zwingen.
Dieser Film wurde von 2021 bis 2023 von STUDIOCANAL bei HIVENTY mit Unterstützung des CNC in 4K digital restauriert. Durch die Version des Films hat man die Gelegenheit, zur ursprünglichen Farbpalette des Films zurückzukehren. Um die Restaurierung zu optimieren, wurden das ursprüngliche 35-mm-Negativ und Szenen aus dem Zwischenpositiv sowie die Referenzkopie verwendet, die 2002 von Raoul Coutard, dem Kameramann des Films, überarbeitet wurde.
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Credits:
FR 1963, 105 Min., frz. OmU Regie: J.-L. Godard Kamera: Raoul Coutart mit: Michel Piccoli, Brigitte Bardot, Jack Palance, Fritz Lang, Francesca Vanini, Georgia Moll
Es sind viele Geschichten, und doch nur eine – persönlich und kollektiv zugleich. Regisseurin Maysson Pachachi und (Drehbuch-)Autorin Irada Al-Jubori haben anhand von selbst gehörten Dialogen und erlebten Szenen eine fiktive Erzählung entwickelt, die uns einen Einblick gibt in das ganz alltägliche Leben in einem besetzten Land, zu einer Zeit extremer sektiererischer Gewalt und nächtlicher Ausgangssperren. 2006, drei Jahre nach dem Einmarsch der US-Truppen, ist Bagdad ein gefährlicher Ort voller Chaos und Ungerechtigkeit. Autorin Sara, die im Mittelpunkt des Films steht, muss mit ihrer Tochter Rima das Leben alleine meistern. Oft genug denkt denkt sie daran, die geliebte Stadt, das Land zu verlassen, um Rima eine bessere, oder überhaupt eine Zukunft zu ermöglichen, aber nicht zuletzt die Nachbarschaft, Familie, Freund:innen und Rima selber halten sie bislang davon ab. Trotz aller aufregenden Geschehnisse und Ereignisse ist der Film der aus dem Irak stammenden Regisseurin zurückhaltend inszeniert, ohne zu beschönigen.
„Wir sind der Meinung, dass es gerade jetzt wichtig ist, Geschichten von individuellem Widerstand und Hoffnung über den Nahen Osten zu erzählen, wo so viele Menschen es immer noch schaffen, als Menschen miteinander solidarisch zu sein, trotz des stark spaltenden Drucks von Religion und Politik, mit dem sie leben.“ Maysson Pachachi / Irada Al-Jubori
Credits:
UK, FR, DE, KW 2021, 117 Min., arab.OmU Regie: Maysoon Pachachi Schnitt:Alexandre Donot Kamera: Jonathan Bloom mit: Darina Al Joundi, Zainab Joda, Basim Hajar, Labwa Arab, Amed Hashim
Im Werk von Thomas Schütte geht es immer um den Menschen. Seine Arbeiten haben Schwere und Leichtigkeit, zeigen Beschädigungen, Machtverhältnisse, Ängste, Abhängigkeiten, böse, schräge und schöne Gestalten. Das Arbeiten mit den Händen, das Zeichnen, das Aquarellieren, das Modellieren, das Formen mit Ton und Knetmasse, das Bauen mit Holz und anderen Materialien stehen im Zentrum seiner künstlerischen Tätigkeit; sein Wissen um handwerkliche Techniken verbindet ihn eng mit seinen Werkstätten. Schütte studierte an der Kunstakademie Düsseldorf bei Fritz Schwegler und Gerhard Richter. Heute zählt er zu den bedeutendsten Künstlern der Gegenwart und ist weltweit in allen großen Museen und Sammlungen vertreten. Corinna Belz wählte für ihr Porträt einen klassischen Weg. Am Anfang steht eine wiederentdeckte Idee, am Ende das Kunstwerk, die „Nixe“, als fertige Skulptur. Dazwischen gibt es Begegnungen mit langjährigen Mitarbeiter:innen und Galerist:innen, Innenansichten und Rückschauen. „Für Corinna Belz und ihr Interesse am kreativen Akt ist Thomas Schütte ein idealer Kandidat. Nicht nur wegen seines trockenen Witzes und seiner locker-zugänglichen Art. Sondern zum einen, weil man innerhalb des arbeitsteiligen Prozesses, bei dem auch viele Handwerker nötig sind, den spezifischen Beitrag des Künstlers besser sieht. Und zum andern, weil Thomas Schütte gern schnell arbeitet. … Mit einfühlsamen Kamerafahrten und aufgeräumten Bildern funktioniert [der Film] als Dialog zwischen kinematografischer und bildender Kunst. Durch den Austausch auf Augenhöhe wirkt er dem Elitären entgegen, das sich meist mit der abgeschotteten Welt der Sammler verbindet. Und er durchkreuzt das Vorurteil, dass man als „normaler“ Mensch heutzutage sowieso keinen Zugang mehr zu Werken von Gegenwartskünstlern finde. Thomas Schütte und Corinna Belz beweisen das Gegenteil – mit einer immer wieder unterhaltsamen Reise zu den Brüchen und Kontinuitäten im Werk eines sich treu bleibenden Künstlers.“ Peter Gutting | kino-zeit
Credits:
DE 2023, 94 Min., engl., franz. deutsche OmU Regie: Corinna Belz Schnitt: Rudi Heinen Kamera: David Wesemann, Jule Katinka v. Cramer
Kaum ist Felice wieder in Neapel, geht er hinaus auf die Straße und taucht ein in das Chaos der trubeligen Großstadt mit ihrem Lärm, ihren unzähligen verschlungenen Gassen und Gässchen, ein Labyrinth voller Mysterien, voller Dreck und Blumen – eine Mischung aus alt und neu, hell und dunkel, pittoresk und hässlich zugleich. Am nächsten Tag besucht er seine Mutter, die allein in einer düsteren, zugeräumten Wohnung lebt. Sie ist nur noch Haut und Knochen. Ihretwegen ist er gekommen, und ihretwegen will er bleiben. Er versorgt sie, badet sie und kauft ihr neue Kleidung. Wenige Tage später hat er in seinem alten Viertel mit dem schönen Namen Sanità eine Wohnung angemietet und nimmt die Mutter bei sich auf. Immer öfter holen ihn die Erinnerungen an seine Jugend ein – er war damals eine große Nummer im Kiez mit seinem Moped, ständig auf Achse und gierig, etwas Neues zu erleben. Kaum jemand erkennt ihn heute noch, doch er wird gewarnt: Sein ehemaliger bester Freund Oreste ist der „Malommo“, ein schlechter Mensch, einer der Mafiabosse in der Gegend. Skrupellos und gewalttätig gebietet er über das gesamte Viertel. Sein größter Gegner ist der kämpferische Pfarrer Don Luigi, der versucht, mit Idealismus und guten Ideen die Herrschaft der Camorra zu brechen. Nach dem Tod der Mutter schließen Felice und Don Luigi Freundschaft. Immer tiefer taucht Felice ein in die Stadt am Fuße des Vesuvs, aber wie ein Damoklesschwert schwebt ein Geheimnis über ihm.
Vom sanften Beginn bis zu seinem unausweichlichen Ende behält der Film eine undurchschaubare Stimmung. Da ist sehr viel Abgründiges, manches ist rau und spröde oder schwer verständlich, vielleicht nur für Eingeweihte. Doch der Zauber dieser kaum fassbaren Metropole teilt sich auch denen mit, die noch nie in Neapel waren. In langen, meist ruhigen Einstellungen zeichnet Mario Martone ein faszinierendes Bild dieser Stadt, genauer gesagt: des Viertels Sanità, in dem Felice aufwuchs und wo er seine Jugend verbrachte, bis er aufgrund eines schlimmen Ereignisses Neapel verlassen musste. Für die Rückblenden wählt Martone das altmodische Academy Format – ein Filmbild im Format 4:3. Die Erinnerungen tauchen anfänglich wie kurze Blitze auf und werden immer intensiver. Da begegnen sich das alte und das neue Neapel, so wie der alte und der junge Felice und sein Jugendfreund, der blondschöpfige Oreste (Tommaso Ragno), der ein Mafiaboss wurde und jeden von Felices Schritten beobachten lässt.
Man taucht förmlich ein in den Lärm und in die unvergleichliche Atmosphäre dieser Stadt. Wenn Felice nach so langer Zeit seine Mutter wiedersieht, dann ist da viel Zärtlichkeit und Wehmut, und wenn er sie in die Badewanne setzt und sie wäscht, wobei sie sich sehr schämt, dann hat das etwas sehr Anrührendes. Doch Martone führt das Publikum geschickt in die Irre, denn dies ist keinesfalls ein rührseliges Kitschdrama. Im Gegenteil: Der Reiz dieses schwierigen, aber schönen Filmes entfaltet sich vor allem beim Hinschauen. Zu Beginn hat Felice vieles vergessen, doch je länger er in Neapel bleibt, desto stärker werden die Erinnerungen und desto mehr fällt ihm wieder ein von dem, was er 40 Jahre lang verdrängt hat. Und was als Mutter-Sohn-Geschichte begann, wird zu einem Thriller, in dem es um Schuld und Unschuld geht, um Freundschaft und Verrat.
Pierfrancesco Favino spielt den Felice als ruhigen, schwer durchschaubaren Mann, der offenbar einiges hinter sich hat. Er strahlt viel Gelassenheit aus, lässt sich kaum aus der Ruhe bringen, lächelt selten. Er lässt sich durch die Stadt treiben und ist doch kein Getriebener. Nebenbei erfährt man, dass er mittlerweile als reicher Mann im Libanon lebt, eine Ärztin geheiratet hat und Moslem wurde. Doch seine Rückkehr nach Neapel löst offenbar etwas in ihm aus, was er nur schwer kontrollieren kann. Er will sich der Vergangenheit stellen, will Klarheit – tabula rasa für sich selbst. Dafür braucht er die Mitwirkung des Malommo, seines alten Freundes Oreste. Nur mit seiner Hilfe kann Felice sich seinen Traum erfüllen, seine Frau zu sich holen und in Neapel bleiben. Ein Hoffnungsschimmer …
Gaby Sikorski | programmkino.de
Credits:
IT / FR 2022, 118 Min., ital. OmU Regie: Mario Martone Kamera: Carmine Guarino Schnitt: Jacopo Quadri mit: Pierfrancesco Favino, Francesco Di Leva, Tommaso Ragno
Terrorismus oder Selbstverteidigung? Ist es angesichts des fortschreitenden Klimawandels und den abzusehenden verheerenden Auswirkungen legitim, einen radikaleren Weg einzuschlagen als den bisherigen friedfertigen? Acht junge Leute aus diversen Zusammenhängen haben sich in How to blow up a pipeline dafür entschieden und wollen eine Ölleitung sabotieren. Der Akt soll nicht nur aufrütteln, sondern direkte, auch finanzielle Auswirkungen auf die Petroindustrie haben und dort Ängste schüren. In diesem zunehmend spannenden Polit-Thriller, der das provokante, gleichnamige Manifest des schwedischen Wissenschaftlers Andreas Malm ernst nimmt, begleiten wir die Aktionen der Klimaaktivist*innen in der texanische Wüste zunächst so minutiös wie in jedem ordentlichen Heist-Film, unterbrochen nur durch Rückblenden, in denen die persönlichen Beweggründe ausgeführt werden. Da jederzeit etwas in die Luft fliegen kann, auf technischer Ebene wie untereinander, fiebern wir mit und fragen uns dann, wie die Sache wohl ausgeht … Der Film ist im Übrigen keine Anleitung zum Bombenbau, sondern eine Genre-Film mit hohem Eskapismus-Potential, der höchst aktuelle Fragen aufwirft. „… Der Film orientiert sich an seinen Helden: Er will das Publikum zum Handeln anregen, statt sich zu unterwerfen. Es ist eine Höllenfahrt. Nach seiner Premiere in Toronto im vergangenen Jahr bezeichnete die New York Times HOWTOBLOWUP A PIPELINE als „kulturelles Wahrzeichen“ für seine sympathische Sicht auf den Öko-Terrorismus, während die Washington City Paper seine jugendliche Besetzung als ‚eine viel intensivere, explosive Version von The Breakfast Club‘‚ beschrieb.“ Simran Hans | The Guardian
Credits:
US 2022, 106 Min., engl. OmU, Regie: Daniel Goldhaber mit Ariela Barer, Kristine Froseth, Lukas Gage, Forrest Goodluck, Sasha Lane, Jayme Lawson , Marcus Scribner, Jake Weary, Irene Bedard, Olive Jane Lorraine
Die junge Lehrerin Carla arbeitet mit viel Schwung und Idealismus in ihrem ersten Job an einem Hamburger Gymnasium. Ununterbrochen in Action schuftet sie wie ein Pferd, ist trotz allem gutgelaunt, hilfsbereit, kollegial und stets für alle ansprechbar, kurz: eine Pädagogin wie aus dem Bilderbuch. Carla achtet zudem sehr darauf, sich den Kindern gegenüber korrekt zu verhalten. Sie setzt sich für Integration und Geschlechtergerechtigkeit ein, sie unterstützt und fördert die Schwächeren ebenso wie die Leistungsstarken, aber sie zeigt den Kids auch ihre Grenzen und kann sehr energisch werden. Eigentlich sollte sie ein Vorbild für alle anderen Lehrkräfte sein. aber stattdessen wird sie misstrauisch beäugt von den alten Häsinnen und Hasen im Kollegium, denen Carlas Engagement suspekt erscheint. Carlas Methoden sind allerdings wirklich erfolgreich, sie hat ihren Laden im Griff, die Kids vertrauen ihr und folgen ihr aufs Wort. In Carlas Stunden läuft alles wie geschmiert, sie hat schnell bestimmte Routinen etabliert, die von allen angenommen werden, ihre Methoden sind modern, und die 7. Klasse, in der sie Mathe und Sport unterrichtet, macht prima mit. Es scheint, als ob Carla in ihrem Beruf rundherum glücklich ist, obwohl sie sich viel zu viel zumutet. Doch ganz plötzlich, praktisch von einer Minute zur anderen, wendet sich das Blatt: Bei der Aufklärung von Diebstählen an der Schule überschreitet Carla ihre Kompetenzen, sie macht sich schuldig und droht zum Opfer ihrer eigenen moralischen Ansprüche zu werden. Carla wird von allen Seiten mit Anfeindungen und Schuldzuschreibungen konfrontiert.
Gibt es eigentlich eine allgemein gültige Wahrheit? Wie funktioniert Gerechtigkeit? Wie steht es um die moralischen Werte unserer Gesellschaft? In seinem neuen Film stellt İlker Çatak viele Fragen und zeigt die Schule als Mikrokosmos. Da geht es einmal nicht um die Bildungskrise und um die „richtige“ Erziehung, sondern vielmehr um Debattenkultur, um Idealismus und um den Kampf für das Gute. Lohnt sich das alles überhaupt? Was ist gut und was ist böse? Und wie kann man beides voneinander unterscheiden? İlker Çatak hält der Gesamtgesellschaft einen kritischen Spiegel vor, und was er darin sieht, ist alles andere als angenehm. Darüber hinaus zeigt İlker Çatak das Psychogramm einer taffen Frau, die in jeder Beziehung charakterlich und menschlich gefestigt wirkt und alles richtig machen möchte. Sie will die perfekte Lehrerin sein, und diese Vorstellung betrifft praktisch jeden Aspekt ihrer Arbeit: Erziehung, Bildung, Wertevermittlung, Kommunikation, Kooperation, Integration. Sie steckt ihre ganze Kraft in diese Aufgabe, und sie macht sich selbst dabei kaputt. Für Carla steht die Gemeinschaft im Vordergrund, während sich alle anderen vorrangig mit Formalismen und ihrem eigenen Egoismus beschäftigen. Niemand von den Erwachsenen, weder Eltern noch Lehrkräfte, scheint bereit zu sein, anderen auch nur zuzuhören.
Das Lehrerzimmer wird zum Ort, wo die Handlung kulminiert, wo Carla, verfolgt von neidischen Kolleginnen und saturierten Kollegen, an ihre Grenzen kommt. Und Leonie Benesch, die vermutlich dank ihrer schauspielerischen Ausnahmebegabung zum neuen Star des deutschen Films avanciert, spielt diese Carla mit sehr viel positiver Energie und einer zu Herzen gehenden Ausdruckskraft. In ihren sanften, großen Augen spiegelt sich das Unverständnis über das, was mit ihr passiert, ebenso wie die ständig wachsende Angst vor dem Kontrollverlust. Die Kamera hängt an ihr, nahezu den gesamten Film über steht Leonie Benesch im Zentrum des Geschehens, und sie trägt den Film mit ihrer Dynamik und mit einer Leidenschaft, die sich aufs Publikum überträgt. Mit sehr viel inszenatorischem Geschick fängt der Berliner Filmemacher İlker Çatak, der mit jedem Film sicherer und souveräner zu werden scheint, die durch Aggressionen und Vorurteile aufgeheizte Atmosphäre einer dysfunktionalen Aufregungsgesellschaft ein. Das ist entlarvend und extrem spannungsgeladen, dank Leonie Benesch und ihrem subtilen Spiel aber auch streckenweise sehr zu Herzen gehend, kurz: ein toller Film, unbedingt sehenswert!
Gaby Sikorski | programmkino.de
Credits:
DE 2023, 94 min, Deutsch, Türkisch, Polnisch, Englisch OmU Regie: İlker Çatak Schnitt: Gesa Jäger Kamera: Judith Kaufmann mit: Leonie Benesch, Leonard Stettnisch, Eva Löbau, Michael Klammer, Anne-Kathrin Gummich
Trailer:
DASLEHRERZIMMER | Trailer deutsch | Jetzt im Kino!
Die Stadt, der Müll und der Tod. Sicher hat Frankfurt mehr Kulissen zu bieten, aber es passte auch zur Berlinale 23, diese Stadt in Christoph Hochhäuslers sechstem Film zu sehen, während man den Unort Potsplatz fast schon mochte, weil die Beschissenheit des Mercedes Dings Platz schwerer wog. Natürlich ist Bis ans Ende der Nacht aber hauptsächlich ein Kammerspiel an dunklen, zugigen, abschüssigen Orten, auch Melodram mit einem Geschmack von Fassbinder, Film Noir mit verzwickter Handlung. Der verdeckte Ermittler Robert soll in das Umfeld des Großdealers Victor eintauchen, dazu benutzt er Leni, der dafür die Haft gestrichen wird. Allerdings waren Robert und Leni mal ein Paar und Leni war damals noch ein Mann. Schließlich verläuft auch das Eintauchen zu perfekt, Robert und Victor verstehen sich zu gut und Leni freundet sich zu sehr mit Nicole an, der Partnerin von Victor. Kinofilme über verdeckte Ermittlungen gibt es viele, es handelt sich um ein eigenes Untergenre. Aber Christoph Hochhäuslers Film Bis ans Ende der Nacht, der letzte von fünf deutschen Beiträgen im Berlinale-Wettbewerb, schlägt einen eigenen Weg ein. Er hält sich an die Gesetze des Genres und lädt den Thriller melodramatisch auf. Die Spannung, die daraus erwächst, ist auch den Hauptdarstellern Timocin Ziegler und Thea Ehre zu verdanken. Zum Soundtrack gehören Chansons von Zarah Leander, Evelyn Künneke und Hildegard Knef. Eine Verfolgungsjagd ist mit Howard Carpendales Soul-Schlager „Du hast mich“ unterlegt… (Tagesspiegel, Christian Schröder) Bis ans Ende der Nacht bleibt dennoch ein Mund, der hinter der Scheibe zum Kuss ansetzt, um nur auf Glas zu treffen; ein Film, dessen Schichten Verstecke bieten, bei deren Erkundung sich die wahren Tränen offenbaren. (critic.de, Anne Küper)
Credits:
DE 2023, 123 min, Deutsch OmeU Regie: Christoph Hochhäusler Schnitt: Stefan Stabenow Kamera: Reinhold Vorschneider mit: Timocin Ziegler, Thea Ehre, Michael Sideris, Ioana Iacob, Rosa Enskat
Trailer:
Bis ans Ende der Nacht (offizieller Trailer) – Ein Film von Christoph Hochhäusler mit Thea Ehre
Das karge und autarke Leben in den japanischen Bergen, eingefangen zwischen Regenzeit und erstem Schnee. Abgelegen und ruhig: ein Ort, den die Zeit vergessen hat – und doch, selbst hier, ein Gefühl der Unruhe … Die Welt verändert sich, und es gibt kein Entrinnen, nur Anpassung.
Rainer Komers portraitiert in seinem neuen Film die Dorfgemeinschaft von Miyama, einer Bergregion nördlich von Kyoto, und trifft dabei auf eine Welt, in der Tradition und Moderne, auf vielfältige Weise verwoben, miteinander existieren. Junge Familien, die versuchen, sich eine eigenständige Existenz aufzubauen, die Alten, die ein genügsames Leben aus einer anderen Zeit zu führen scheinen, die immer gegenwärtige Natur, der traditionelle Reisanbau und der Kampf gegen die Makaken bilden den Fluss der Erzählung.
Diesem gesellt sich als Melodie die Geschichte von Uwe Walter hinzu, der aus dem Ruhrgebiet stammt und seit drei Jahrzehnten mit seiner japanischen Frau in Miyama lebt. Für die Alteingesessenen ist Uwe der Außenseiter, aber zugleich auch ein Kenner des traditionellen Nō-Theaters und ein Meister der Shakuhachi-Flöte, einem prägenden Instrument der klassischen Musik Japans. Kaum vorstellbar, dass es einen weiteren Deutschen gibt, der so sehr die japanische Kultur lebt und sich der dörflichen Gemeinschaft angepasst hat.
MIYAMA, KYOTOPREFECTURE erzählt vom Leben in dieser Dorfgemeinschaft, von der der Leiter des Dokumentarfilmfestivals Leipzig, Christoph Terhechte sagt: „Der eigentliche Gegenstand dieses Films ist nicht der graublond gelockte Deutsche, sondern eben jene Gemeinschaft, die Rainer Komers in bittersüßer Vielstimmigkeit porträtiert. Sie entsteht im Spiel der Kinder, in den Verrichtungen der Erwachsenen und den Erzählungen der Alten, in den sommerlichen Wolkenbrüchen der Regenzeit, im weißen Mond über dem nächtlichen Dorf und in den blutrot gefärbten Blättern im Herbst – ein herrlicher Film, der zeigt, wie anpassungsfähig wir Menschen sind.“
Credits:
DE 2022, 97 min, Deutsch, Japanisch OmU Regie & Kamera: Rainer Komers Schnitt: Gregor Bartsch
Das gemeinsame Campingwochenende auf der dänischen Insel Bornholm ist Tradition. Maja und Hubert reisen mit ihren Kindern Eryk und Wiktor an, während ihr Freund aus Studienzeiten, der geschiedene Dawid, dieses Jahr mit Sohn Kaj und seiner deutlich jüngeren Tinder-Freundin, der Psychologiestudentin Nina, auftaucht. Die Reisegruppe freut sich auf entspannte Maitage im Ostseeparadies, doch bereits auf der Fähre wirkt die Stimmung angespannt – und Nina und Hubert flirten miteinander. Kaum sind die Wohnwagen direkt am Strand bezogen, kommt es unter den vorpubertären Kindern zu einem sexualisierten Übergriff. Erschüttert versucht die erschöpfte Maja richtig zu reagieren, während die anderen Erwachsenen sich nicht aus der Urlaubsruhe bringen lassen. Bald brechen Konflikte auf, die schon lange unter der Oberfläche schwelen. (indiekino) „Nicht nur die Ausgangskonstellation von Anna Kazejaks Fucking Bornholm erinnert deutlich an die moralischen Versuchsanordnungen, mit denen der schwedische Regisseur Ruben Östlund in den letzten Jahren große Erfolge feierte. Besonders sein Force Majeure, in dem ebenfalls eine Familie im Urlaub mit männlicher Schwäche konfrontiert wurde, scheint Vorbild gewesen zu sein, mit einem großen Unterschied: Kazejak wirft einen dezidiert feministischen Blick auf ihre Figuren, wobei besonders Maja im Mittelpunkt steht. In pointierten Dialogen entfaltet sich ein komplexes Figurengeflecht, bei dem immer wieder angedeutet wird, wie sehr sich Maja in den Dienst ihrer Familie, ihres Mannes und ihrer Kinder stellt und ihre eigenen Wünsche dabei zurückstellt. Während sie sich um die Kinder kümmert, geht Hubert seinen Hobbys nach. Ganz selbstverständlich mutet diese Aufgabenverteilung an, ein Ausbruch aus diesen traditionellen Konventionen scheint kaum möglich. Dementsprechend wird auch die Situation zwischen den Kindern bald vergessen, scheinen die unterschwelligen Konflikte immer wieder auszubrechen, nur um dann doch wieder zu verschwinden. Eine Katharsis bleibt somit aus, ein versöhnliches oder anderweitig zugespitztes Ende sucht man vergebens. Man mag das unbefriedigend finden, aber es passt zu einem genau beobachteten Film, der auf überzeugende Weise zwischen komödiantischen und dramatischeren Momenten changiert und dabei viel über Geschlechterrollen und Vorstellungen von Männlichkeit erzählt.“ M.Meyns | programmkino.de
Credits:
PL 2022, 96 min, poln. dän. OmU Regie: Anna Kazejak Kamera: Jakub Stolecki Schnitt: Maciej Pawlinski mit Agnieszka Grochowska, Maciej Stuhr, Grzegorz Damięcki, Jasmina Polak and Magus Krepper
Ihre Gewaltausbrüche haben Margaret, 35Jahre alt, ihre Beziehung gekostet. Sie zieht wieder zu ihrer Mutter Christina. Doch die labile, unreife 55-Jährige macht sie als älteste Tochter für das Scheitern ihrer Karriere als Konzertpianistin verantwortlich. Ein Streit der beiden eskaliert, und die wütende Margaret schlägt auf ihre Mutter ein. Die Justiz wird aktiv und die Dynamik in der Familie noch komplizierter: Aufgrund eines Kontaktverbots darf Margaret sich dem Haus ihrer Mutter nun nur noch auf 100 Meter nähern, was ihre Sehnsucht nach familiärer Nähe verstärkt. Täglich erscheint Margaret an der Bannkreisgrenze und gibt ihrer 12-jährigen Schwester Marion Musikstunden. In La ligne lotet Ursula Meier erneut eine ungewöhnliche Familienkonstellation aus und gibt dem Wort „Familienkreis“ auch eine topografische Dimension. Wie die beeindruckende Hauptdarstellerin aus diesem Kreis verbannt und der Mutter „entrissen“ wird, erinnert an das Trauma der Geburt. Kennzeichnend für den Film sind die Stimmungswechsel, mit denen er die Gefühlswelten der Protagonist*innen nachempfindet und dabei immer wieder ohne Vorwarnung zwischen Komödie und Tragödie hin- und herschaltet. Tonalität und Regiearbeit sind treffsicher und heftig wie ein Schlag ins Gesicht.
Credits:
La Ligne CH/FR/BE 2022, 104 Min., frz. OmU Regie: Ursula Meier Kamera: Agnès Godard Schnitt: Nelly Quettier mit Stéphanie Blanchoud, Valeria Bruni Tedeschi, Elli Spagnolo
Trailer:
DIELINIE – offizieller OmU-Kinotrailer – ab 18.05.2023
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