Archiv der Kategorie: bald

War and Justice

Ein Film von Marcus Vetter und Michele Gentile. Ab 6.6. im fsk.

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Der Dokumentarfilm WAR AND JUSTICE erzählt die 25-jäh­ri­ge Geschichte des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) in sei­ner Mission die schwers­ten Verbrechen an der Menschheit zu been­den. Doch kön­nen Kriegsverbrechen im Krieg über­haupt ver­hin­dert wer­den, oder hat Ben Ferencz, ehe­ma­li­ger Ankläger der Nürnberger Prozesse recht, wenn er sagt, dass das größ­te Verbrechen der Krieg selbst ist. Im Mittelpunkt des Films ste­hen Benjamin Ferencz, der Argentinier Luis Moreno-Ocampo, der 2003 zum ers­ten Chefankläger ernannt wur­de und Karim Khan, der aktu­el­le Chefankläger des ICC. Die Regisseure Marcus Vetter und Michele Gentile fol­gen Luis Moreno Ocampo um die Welt, wäh­rend er die Unterstützung der Oscar-Preisträgerin Angelina Jolie gewinnt und gemein­sam mit Ferencz und Khan gegen Kriege im Kongo, in Libyen, Palästina und der Ukraine kämpft. Im Laufe des Films bekommt ein kom­ple­xes juris­ti­sches Verfahren ein Gesicht und der Zuschauer ver­steht, war­um Angriffskriege, die Mutter aller Verbrechen, kaum vor Gericht gebracht wer­den kön­nen, wenn die größ­ten Weltmächte – China, Russland, Indien und die Vereinigten Staaten – immer noch nicht bereit sind, den ICC als glo­ba­len Gerichtshof anzuerkennen?

Credits:

DE 2023 96 Min., engl. OmU
Regie +Schnitt: Marcus Vetter und Michele Gentile

Kamera: Christian Haardt, Marcus Vetter, Michele Gentile

Trailer:
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Landshaft

Ein Film von Daniel Kötter. Ab 30.5. im fsk.

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In Form einer Reise im Osten Armeniens folgt Daniel Kötters kon­tem­pla­ti­ve doku­men­ta­ri­sche Arbeit mensch­li­chen und nicht-mensch­li­chen Akteuren vom Sewan See bis zur seit dem Karabach-Krieg 2020 aser­bai­dscha­nisch besetz­ten Sotk-Goldmine. Landshaft ent­wirft die Psychogeographie einer geo­po­li­tisch auf­ge­la­de­nen Gegend und ihrer Bewohner zwi­schen Extraktivismus, Krieg und Vertreibung.

Während der Berlinale ver­lieh der Verband der deut­schen Filmkritik LANDSHAFT jüngst den Preis der deut­schen Filmkritik 2023 in der Kategorie Bester Dokumentarfilm. Die Jurybegründung: „Wie sich ein Krieg in die Landschaft zurück­zieht und sich dort als stum­me geo­po­li­ti­sche Formation abbil­det, wäh­rend die Menschen ihrem Leben wei­ter nach­ge­hen – davon erzählt in ein­drück­li­chen, aber immer auch respekt­voll Distanz wah­ren­den Bildern unser Gewinnerfilm. Hier ist nichts embedded, hier gibt es kei­ne gro­ßen Ereignisse und höchs­tens einen Aufruhr unter den Schafen. Auf trü­ge­ri­sche Weise scheint sich alles dem Zyklus der Natur unter­zu­ord­nen, wäh­rend der Konflikt jeder­zeit wie­der aus­bre­chen kann – so gesche­hen zuletzt im Spätsommer 2023. Für sei­ne glei­cher­ma­ßen sub­ti­le wie behut­sa­me Annäherung an die Menschen und Tiere, die im von Bergen ein­ge­heg­ten arme­nisch-aser­bai­dscha­ni­schen Grenzgebiet leben, geht der Preis für den Besten Dokumentarfilm an Daniel Kötter für sei­nen Film LANDSHAFT.“

Credits:

DE 2023 96 Min., arme­nisch mit deut­schen und eng­li­schen Untertiteln,
Regie, Buch, Kamera, Schnitt: Daniel Kötter 

Trailer:
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May December

Ein Film von Todd Haynes. Ab 30.5. im fsk.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Raffiniert gebaut und mit gran­dio­sen Dialogen gelingt Todd Haynes ein außer­ge­wöhn­li­ches Liebesdrama. Vor 20 Jahren hielt die Liebesaffäre von Gracie Atherton-Yu (Julianne Moore) und ihrem 23 Jahre jün­ge­ren Mann Joe (Charles Melton) die gan­ze Nation in Atem. Heute sind die zwei Schauspieler·innen noch immer ver­hei­ra­tet, und ihre Zwillinge sind dabei, die High School abzu­schlie­ßen. Als Hollywood ihr Leben ver­fil­men will, reist Schauspielerin Elizabeth Berry (Natalie Portman) an, um für ihre Rolle als Gracie zu recher­chie­ren. Doch schon bald gerät die Familienidylle aus den Fugen: Joe hat den Skandal der Klatschpresse nie wirk­lich ver­ar­bei­tet – und je län­ger Elizabeth und Gracie sich gegen­sei­tig stu­die­ren, des­to mehr begin­nen die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwi­schen den bei­den Frauen zu verschwimmen.

Credits:

US 2023, 113 Min., engl. OmU
Regie: Todd Haynes
Kamera: Christopher Blauvelt
Schnitt: Affonso Gonçalves
mit Natalie Portman, Julianne Moore, Charles Melton, Piper Curda, Elizabeth Yu, Gabriel Chung

Trailer:
MAY DECEMBER – Trailer OmU German | Deutsch
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Alle die Du bist

Ein Film von Michael Fetter Nathansky. Ab 30.5. im fsk. 

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Nadine (Aenne Schwarz) weiß was los ist: Kollegen haben sie geru­fen, da ihr Mann Paul (Carlo Ljubek) ein­mal mehr eine Panikattacke bekom­men hat und sich in der Fabrik ver­schanzt hat. Trotz der Warnungen der Kollegen geht Nadine zu ihm – und steht vor einem Rind! Liebevoll umarmt sie es und hat kurz dar­auf ein Kind im Arm. Beide Variationen von Paul, bzw. Versionen von Paul, so wie Nadine sie wahrnimmt.

Doch inzwi­schen sieht sie Paul meist ein­fach „nur“ als Paul, ein Mann um die 30, so wie Nadine. Nach den omi­nö­sen sie­ben Jahren Beziehung hat sich bei dem Paar längst Routine ein­ge­stellt, zwei Kinder sind da, Leben und Arbeit gehen ihren all­zu gewohn­ten Gang. Dazu kommt, dass es in der Fabrik Probleme gibt, die Arbeitsplätze unsi­cher sind, Gehaltskürzungen nicht mehr rei­chen, Entlassungen dro­hen. Mit zuneh­men­der Verzweiflung, vor allem aber Traurigkeit, ver­sucht Nadine das Gefühl wie­der­auf­le­ben zu las­sen, wegen dem sie sich einst in Paul verliebte.

Nicht nur als Rind und Kind, auch als älte­re Frau sieht man Paul bis­wei­len, aber nicht zu oft. Es genügt, dass Michael Fetter Nathansky die­se Idee zu Beginn andeu­tet, um zu ver­ste­hen wor­um es geht: Um den sub­jek­ti­ven Blick auf ande­re Menschen, der oft eine ande­re Dimension offen­bart, als sie ein Unbeteiligter, emo­tio­nal nicht invol­vier­ter haben wür­de. Man kennt die­ses Konzept etwa aus dem Film „Schwer ver­liebt“ von den Farrelly-Brüdern, in denen ein Mann nur die inne­re Schönheit von Frauen wahr­nahm, wäh­rend sie Äußerlich nicht den kon­ven­tio­nel­len Schönheitsidealen ent­spra­chen. Auch Birgit Möller spiel­te letz­tes Jahr in „Franky Five Star“ mit der Darstellung unter­schied­li­cher Persönlichkeiten, die unter­schied­li­che Aspekte ihrer Hauptfigur repräsentierten.

So ein extre­mes Konzept funk­tio­niert dann am bes­ten, wenn es nicht Selbstzweck ist, son­dern nur Mittel, um einen Einblick in die Emotionen der Figuren zu bekom­men. Und das ist bei Michael Fetter Nathanskys „Alle die du bist“ der Fall, erst der zwei­te Film, den der 31jährige Regisseur gedreht hat. Und wie schon in sei­nem Debüt „Sag du es mir“, in dem er eine Geschichte aus drei ver­schie­de­nen Perspektiven erzähl­te, spielt Fetter Nathansky auch hier mit Erzählformen, die aber stets im Dienst der Figuren stehen.

Immer wie­der schnei­det er zwi­schen der Gegenwart, in der die Beziehung zwi­schen Nadine und Paul an ihr Ende gekom­men zu sein scheint und der Vergangenheit, als das Paar sich ken­nen­lern­te, hin und her, mar­kiert durch einen leich­ten Wechsel des Bildformates. Der Beginn und das mög­li­che Ende der Beziehung ste­hen also neben­ein­an­der, der sich ver­än­dern­de Blick, mit dem Nadine Paul betrach­tet, wird so unmit­tel­bar deut­lich. Und ganz neben­bei wird in „Alle die du bist“ auch noch die Welt der Arbeiterklasse sicht­bar, wird eine Welt jen­seits der bür­ger­li­chen Existenz sicht­bar. Auch das ein Grund, war­um Michael Fetter Nathansky zu den inter­es­san­tes­ten jun­gen deut­schen Regisseuren zählt, die sich trau­en, inhalt­lich und sti­lis­tisch neue, unge­wöhn­li­che Wege zu gehen.

Michael Meyns | programmkino.de

Credits:

DE/ES 2024, 108 Min., Deutsch mit eng­li­schen UT
Regie: Michael Fetter Nathansky
Kamera: Jan Mayntz
Schnitt: Andrea Mertens
mit Aenne Schwarz, Carlo Ljubek, Youness Aabbaz, Sara Fazilat, Naila Schuberth

Trailer:
ALLE DIE DU BIST (Trailer) | Ab 30. Mai im Kino
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Showing up

Ein Film von Kelly Reichardt. Ab 9.5. im fsk.

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Der aktu­el­le Film von Kelly Reichardt kommt nun end­lich ins fsk!

Filme über Künstler*innen befas­sen sich nur sel­ten mit dem, was die­se in ihrem Alltag tun – oder pro­kras­ti­nie­rend nicht tun. Gerade des­halb ist Kelly Reichardts SHOWING UP eine sol­che Offenbarung – und als Wende im Schaffen die­ser Autorin und Regisseurin ein aus­ge­spro­che­nes Vergnügen. Ein Hauch von Humor fin­det sich oft in Reichardts Filmen, aber die­ser hier ist durch und durch eine Komödie – wenn auch cha­rak­te­ris­ti­scher­wei­se eine phi­losophische, ent­spann­te, melan­cho­li­sche. In Portland, Oregon – einer Bastion der US-Gegenkultur –, berei­tet die Bildhauerin Lizzy ihre Soloausstellung vor. Dabei lässt sie sich von den Widrigkeiten des Lebens ablen­ken: von ihrem psy­chisch kran­ken Bruder, ihrem schrul­li­gen Vater, einer ego­is­tisch-nach­läs­si­gen Vermieterin und Künstlerkollegin sowie einer ver­letz­ten Taube. In der Rolle der wort­kar­gen Lizzy zeigt Reichardts Stammschauspielerin Michelle Williams eine ganz neue komi­sche Seite ihres Talents.“ (Jonathan Romney)

In ihrer bereits vier­ten Zusammenarbeit gelingt Reichardt und ihrer wun­der­ba­ren Hauptdarstellerin Michelle Williams das bemer­kens­wert detail­lier­te Porträt einer Künstlerin im künstlerverliebten Portland. Mit bezau­bern­der Leichtigkeit erle­ben wir die Bildhauerin Lizzy in den letz­ten Wochen vor ihrer gro­ßen Galerieausstellung, der noch jede Menge Feinschliff fehlt. Das Chaos des Alltags, die Anforderungen des Brotjobs und die Nöte des Umfelds machen es nicht gera­de leich­ter … Es ist vor allem der lei­se Humor, abseits gängiger Künstler:innen-Klischees oder sati­ri­scher Überzeichnung, der SHOWING UP zum so amüsanten wie gro­ßen Kino macht. (Nada Torucar)

Credits:

US 2022 | 108 Min., engl. OV
Regie & Schnitt: Kelly Reichardt
Kamera: Christopher Blauvelt
mit: Michelle Williams, Hong Chau, Judd Hirsch, André Benjamin, Heather Lawless, Amanda Plummer

Trailer:
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Das leere Grab

Ein Film von Agnes Lisa Wegner & Cece Mlay. Ab 23.5. im fsk. Am Montag, 27. Mai in Anwesenheit des Protagonisten Konradin Kunze

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Bis heu­te lagern zehn­tau­sen­de mensch­li­che Gebeine aus ehe­ma­li­gen Kolonien in deut­schen Museen. Bis heu­te ist unklar, wie sie iden­ti­fi­ziert und zurück­ge­führt wer­den kön­nen. „Das lee­re Grab“ folgt zwei Familien auf ihrer müh­sa­men Suche nach ihren Vorfahren: Im Süden Tansanias begibt sich der jun­ge Anwalt John Mbano mit sei­ner Frau Cesilia auf die Spuren sei­nes Urgroßvaters, der vor über 100 Jahren von der deut­schen Kolonialarmee hin­ge­rich­tet wur­de. Der Schädel sei­nes Ahnen wur­de damals zu ras­sis­ti­schen „Forschungszwecken“ nach Deutschland gebracht; die Familie wird bis heu­te von die­sem Schmerz heim­ge­sucht. Ähnlich geht es Felix und Ernest Kaaya: Im Norden Tansanias kämp­fen sie um die Rückführung der Gebeine ihres Vorfahren und bege­ben sich dafür in die Metropole Dar es Salaam. Beide Familien rin­gen mit dem Dickicht deut­scher und tan­sa­ni­scher Bürokratie, erhal­ten aber auch Unterstützung von Aktivisten wie Mnyaka Sururu Mboro und Konradin Kunze, die in Deutschland Sichtbarkeit für das Thema schaf­fen. Mit deren Hilfe wer­den die Mbanos schließ­lich im Auswärtigen Amt in Berlin emp­fan­gen, und dann kommt sogar Bundespräsident Steinmeier in ihre Heimatstadt, um sich für das zuge­füg­te Leid zu ent­schul­di­gen. Das Grab jedoch ist immer noch leer.

In ihrem Film erzählt das deutsch-tan­sa­ni­sche Regieduo Agnes Lisa Wegner und Cece Mlay von den Spuren und Traumata, die die eins­ti­ge deut­sche Kolonialherrschaft in tan­sa­ni­schen Familien und Communities bis heu­te hin­ter­las­sen hat – und von der Stärke und Selbstermächtigung der Hinterbliebenen, die sich hart­nä­ckig für eine voll­stän­di­ge Aufklärung ein­set­zen. „Das lee­re Grab“ wirft Licht auf ein (auch fil­misch) bis­her kaum beleuch­te­tes Kapitel deut­scher Geschichte und lie­fert damit einen wich­ti­gen Beitrag zu der längst über­fäl­li­gen Aufarbeitung deut­scher Kolonialverbrechen.

Credits:

DE/TZ 2023, 97 Min., Suaheli, Deutsch und Englisch OmU
Regie: Agnes Lisa Wegner, Cece Mlay
Kamera: Marcus Winterbauer
Schnitt: Donni Schoenemond

Trailer:
DAS LEERE GRAB Trailer [HD]
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Robot Dreams

Robot Dreams

Ein Film von Pablo Berger. Ab 9.5. im fsk. 

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Hund lebt in Manhattan. Eines Tages beschließt er, um sei­ner Einsamkeit zu ent­flie­hen, einen Roboter zu bestel­len. Die bei­den wer­den zu den bes­ten Freunden der Welt! Unzertrennlich genie­ßen sie die Freuden von New York und beschlie­ßen, an einem schö­nen Sommertag an den Strand zu gehen. Doch nach der Freude am Baden ist Robot völ­lig ver­ros­tet und gelähmt! Was soll das? Robot hat doch bis­her immer funk­tio­niert! Hund beschließt sich neue Freunde zu suchen, doch schließ­lich erkennt er, was wah­re Liebe ist… Eine berüh­ren­de Geschichte über Freundschaft und Loyalität, die (fast) ganz ohne Worte aus­kommt. Nach der Graphic Novel „Robo und Hund“ von Sara Varon.

Credits:

ES/FR 2023 | 102 Min., ohne Dialog
Regie: Pablo Berger
Schnitt: Fernando Franco

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Die Vision der Claudia Andujar

Die Vision der Claudia Andujar

Ein Film von Heidi Specogna. Ab 9.5. im fsk. Preview in Anwesenheit der Regisseurin Heidi Specogna am 29.4.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Geboren 1931, über­leb­te Andujar die Judenverfolgung durch ihre Flucht in die Schweiz. In den 1950er-Jahren wur­de Südamerika zu ihrer Heimat. Dort lern­te sie schließ­lich das Yanomami-Volk im bra­si­lia­ni­schen Amazonas ken­nen – und beglei­te­te es ab den 70er-Jahren auch foto­gra­fisch. Immer mehr ent­wi­ckel­te sich Andujar zu einer Natur- und nicht zuletzt poli­ti­schen Fotografin, die den Lebensalltag des indi­ge­nen Stammes fest­hielt.
Die Porträtierte erweist sich in die­ser Dokumentation und ein­ge­hen­den Betrachtung ihres Lebens als aus­kunfts­freu­di­ge, unge­mein sym­pa­thi­sche und zugäng­li­che Person. Andujar ist heu­te 92 Jahre alt und gewährt Regisseurin Specogna offen und frei her­aus Einblicke in all ihre Lebensstationen. Dazu zäh­len die prä­gen­den Kindheitserinnerungen. Die Positiven, wie die Zeit in Transsilvanien als jun­ges Mädchen, eben­so wie die Negativen. Darunter die vom Nationalsozialismus über­schat­te­ten, trau­ma­ti­schen Vorkommnisse (der Vater und vie­le Verwandte väter­li­cher­seits kamen im KZ Dachau um).
Was folg­ten, waren Zeiten häu­fi­ger Wohnortwechsel und des unste­ten Lebens. Auf einen kur­zen Aufenthalt in der Schweiz folg­te die Flucht zum Onkel in die USA und anschlie­ßend die Weiterreise nach Brasilien. Andujar beein­druckt bei ihren Erzählungen nicht nur mit ihrem beacht­li­chen Erinnerungsvermögen – auch ihre klu­gen Ergänzungen und von intel­li­gen­tem Witz durch­zo­ge­nen Bemerkungen sind ein Gewinn für den Film. Ein ums ande­re Mal bezieht sich gar die Regisseurin unmit­tel­bar mit ins Geschehen ein, indem sie ihr eine Frage gestellt.
„Die Vision der Claudia Andujar“ zeigt an sinn­haf­ten, gut gewähl­ten Stellen vie­le der foto­gra­fi­schen Arbeiten Andujars. Im Zentrum ste­hen die Bilder der Yanomami und des Regenwaldgebietes. Seit jeher habe sie der Blick und der Ausdruck in den Gesichtern der Menschen inter­es­siert, sagt sie. Und genau das sieht man ihren mal poe­ti­schen, mal sach­li­chen, aber immer authen­ti­schen Fotografien an. Zu ihnen gehö­ren die Bilder eines sich immer wei­ter redu­zie­ren­den Lebensraums und toxi­scher äuße­rer Einflüsse. So hielt Andujar in den frü­hen 70er-Jahren unter ande­rem den Bau der von der dama­li­gen Militärregierung in Auftrag gege­be­nen, gro­ßen Bundesstraße fest. Sie führ­te direkt durch das Yanomami-Gebiet und beein­träch­tig­te das Leben der Ureinwohner mas­siv.
Im zwei­ten Drittel ent­schei­det sich Specogna für einen klu­gen Schachzug. Unvermittelt rich­tet sie ihre Aufmerksamkeit auf eine jun­ge Yanomami-Generation, weg von Andujar und der Vergangenheit. Diese jun­gen, kämp­fe­ri­schen Indigenen füh­ren ihren ganz eige­nen Kampf um den Erhalt ihrer Heimat. Und sie füh­ren ihn mit moder­nen Mitteln (mit hoch­wer­ti­gen Kameras), neu­en Medien und in der Online-Welt. Specogna beob­ach­tet sie dabei, wie sie die Ausbeutung und Zerstörung der Natur mit ihren Smartphones und Handycams für ihren eige­nen Film fest­hal­ten. Und damit gleich­zei­tig auf die Folgen von Abholzung und die Vergiftung der Flüsse mit Quecksilber durch Goldgräber verweisen.

Björn Schneider | programmkino.de

Credits:

DE/CH 2024, 88 Min., por­tu­gie­sisch, fran­zö­si­sche OmU
Regie: Heidi Specogna
Kamera: Johann Feindt
Schnitt: Kaya Inan

Trailer:
Die Vision der Claudia Andujar [Offizieller Trailer DEUTSCH HD] – Ab 9. Mai im Kino
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Vom Ende eines Zeitalters …

Ein Film von Christoph Hübner und Gabriele Voss.

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Was war? Was bleibt? Was kommt?

Alle reden vom Klimawandel. Und dass sich etwas ändern muss. Im Ruhrgebiet geht das Zeitalter der Kohle zu Ende. Schon lan­ge und lang­sam, als letz­te Zeche schließt die Zeche Prosper/Haniel in Bottrop.

Die Geschichte des Ruhrgebiets ist seit 150 Jahren eine Migrationsgeschichte, in deren Kern immer die Frage stand, wie kön­nen wir zusam­men­ar­bei­ten und leben. Die all­täg­li­che Beantwortung die­ser Frage stif­te­te den Menschen damals ihre Identität. Heute fehlt der gemein­sa­me Arbeitgeber.

Sind die Bewohner*innen des Ruhrgebiets auf der Suche nach einer neu­en Identität? Helfen die Industriedenkmäler und Museumsstücke, die auf den ehe­ma­li­gen Abraumhalten aus­ge­stellt wer­den? Die weit­hin leuch­ten­den Kulturfestivals?

Während man in den 60er Jahren in den Zechen-Siedlungen noch stolz gesagt hat: Wir hel­fen uns selbst und haben durch Vereine und Brauchtum die Möglichkeit gemein­sam zu gestal­ten, war­tet man heu­te auf die Politik, oder wen­det sich ent­täuscht ab, weil zu wenig geschieht.

Die Filmschaffenden Christoph Hübner und Gabriele Voss haben über 40 Jahre die Veränderungen im Ruhrgebiet beob­ach­tet und die­je­ni­gen beglei­tet, deren Leben und Arbeit davon geprägt war. Ein Spagat zwi­schen all­ge­mei­ner Entwicklung und Einzelschicksalen von Menschen. Dabei wird deut­lich: Strukturwandel bedeu­tet nicht nur, dass Zechen schlie­ßen und Landschaften rekul­ti­viert wer­den müs­sen. Auch der sozia­le Zusammenhalt der Menschen muss sich neu defi­nie­ren. Ein Filmprojekt, das aus der Zeit fällt – und doch von ihr erzählt. Ein Film, in dem das Ende noch nicht zu Ende ist und die Zukunft schon begon­nen hat.

Credits:

DE 2023, 155 Min., Deutsch
Regie: Christoph Hübner und Gabriele Voss
Kamera: Christoph Hübner
Schnitt: Gabriele Voss

Trailer:
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Auf trockenen Gräsern

Ein Film von Nuri Bilge Ceylan. Ab 16.5. um fsk

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Auf tro­cke­nen Gräsern – About Dry Grasses“ nimmt uns mit in ein ver­schnei­tes, klei­nes ana­to­li­sches Dorf. Der Kunstlehrer Samet kehrt wie­der heim. Er fühlt sich allen Bewohnern über­le­gen. Vor allem sei­nen Schülerinnen und Schülern. Er spielt mit den Grenzen sei­ner Autorität, gibt sich libe­ral und dann wie­der distan­ziert. Dieses Spiel kippt, als er von zwei Schülerinnen beschul­digt wird, sich unan­ge­mes­sen ver­hal­ten zu haben. Was dann beginnt, ist nicht nur eine Jagd nach der Wahrheit, son­dern eine hoch­in­tel­li­gen­te Suche nach dem Sinn und Wert der Wahrheit an sich. Selbst die Künstlichkeit des Filmemachens selbst wird zum Thema in die­ser dich­ten Folge von Dialogduellen, die sich mit nihi­lis­ti­schen, pro­gres­si­ven, athe­is­ti­schen und psy­cho­lo­gi­schen Ideen über die Deutungshoheit von Samets angeb­li­chen Taten streiten.

Credits:

TK/FR 2023, 197 Min., türk. OmU
Regie: Nuri Bilge Ceylan
Kamera: Cevahİr Şahİn, Kürşat Üresİn
Schnitt: Oğuz Atabaş, Nuri Bilge Ceylan
Kamera: Cevahİr Şahİn, Nuri Bilge Ceylan
mit: Deniz Celiloğlu, Merve Dizdar, Musab Ekici

Trailer:
Auf tro­cke­nen Gräsern, Trailer OmdU
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