Bei Regisseurin Laura Bispuri ist es nicht der Elefant, der im Raum steht und den doch keiner sehen möchte, sondern ein Pfau, der stolz balzend ein Rad schlägt. Er ist das Bild im Bild, das offene Geheimnis, eigentlich aber das etwas andere Haustier von Enkelin Alma. Der Vogel stolziert durch die Räume, während die Gäste auf dem Geburtstag von Großmutter Nena eintrudeln, sich situieren, erste Gespräche beginnen und das Essen vorbereitet wird. Schwiegertochter Adelina (Alba Rohrwacher) versucht, mit ihrem Geschenk, einem selbst gestrickten Pullover, zu glänzen. Sohn Vito pumpt Schwester Caterina um Geld für seine anstehende Hochzeit an, während diese zu verheimlichen sucht, dass sie sich von ihrem Mann Manfredi getrennt hat. Der insistiert trotzdem, beim Essen dabei zu sein, während seine neue Freundin Joana unten im Auto wartet. Alles könnte in Banalitäten oder Klamauk enden, hätte Bispuri nicht ein grandioses Gespür für Besetzung, Timing und Stil. Und es gibt Paco, den schönen Pfau, der sich inmitten des familiären Durcheinanders in eine Taube auf einem von Nenas Gemälde verliebt. Bispuri verwebt die Liebe des Pfauen mit den Herzensangelegenheiten der Tischbesetzung. Stürzt sich Paco aus Leidenschaft vom Balkon, so erscheint dadurch Joana auf der Bildfläche, werden alte Begierden neu entfacht und selbst Nena, wunderbar gespielt von Dominique Sanda, lässt lang gepflegte Fassaden fallen. Oder waren diese nie da, sondern nur durch Pacos schillerndes Gefieder verdeckt, war man abgelenkt von dem perfekten Bild einer Familie und wollte nicht sehen, dass andere Figuren im Hintergrund eigentlich Hauptrollen spielen, zum Beispiel die Haushälterin Lucia? Bispuri gelingt eine wunderbar leichthändig inszenierte Familien-Dramödie, die mit Erwartungen spielt und diese dann, in warme Bilder getaucht, charmant einlöst.
Susanne Kim | indiekino.de




Credits:
Il paradiso del pavone
DE/IT 2021, 89 Min., ital. OmU
Regie: Laura Bispuri
Kamera: Vladan Radovic
Schnitt: Carlotta Cristiani, Jacopo Quadri
mit: Dominique Sanda, Maddalena Crippa, Carlo Cerciello, Alba Rohrwacher, Fabrizio Ferracane, Maya Sansa
Trailer:
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