Die 17-jährige Suzume hat früh ihre Mutter verloren und lebt bei ihrer Tante in einer Kleinstadt auf Japans südlicher Hauptinsel Kyushu. Auf dem Schulweg lernt sie einen rätselhaften jungen Mann namens Souta kennen, der auf der Suche nach einer Tür ist. Sie folgt ihm in die Berge und stößt zwischen Ruinen auf eine alte, marode Tür. Einem Impuls folgend dreht sie den Knauf und entfesselt so das Unheil, das von der Tür zurückgehalten wurde. Überall in Japan öffnen sich weitere Türen, hinter denen sich Gefahren für die nichts ahnende Bevölkerung verbergen. Gemeinsam machen Suzume und Souta sich auf, sie alle wieder zu schließen. Bei dieser epischen Abenteuerreise von Anime-Regisseur und Drehbuchautor Makoto Shinkai folgen wir Suzume auf ihrer verzweifelten Suche nach den Unheilstüren kreuz und quer durch Japan, geraten fernab der Metropolen in entvölkerte Landstriche und erkennen, dass die Reise auch die Freiheitssuche einer jungen Frau ist, die erwachsen werden will. Suzume ist ein einfühlsames Porträt, eine Studie über eine gefährdete, kämpferische Nation – und ein Signal der Widerstandskraft in einer Zeit, in der die Menschheit den Zorn von Mutter Erde zu spüren bekommt.
Credits:
JP 2022, 122 Min., Japanisch mit dt. und engl. UT, Regie & Schnitt: Makoto Shinkai Character Design: Masayoshi Tanaka Animation Director: Kenichi Tsuchiya
Das Filmfestival Achtung Berlin!, bei dem wir mittlerweile zum fünften Mal Spielort sind, präsentiert zwar Produktionen aus Berlin, ist aber nicht an den Ort gebunden.
Das Programm im fsk:
So, 16.04 ‚16:00 (Kino 2)
EIGENTLICHEIGENTLICHJANUAR
Jan Peters, Dokumentarfilm, 100 Min. (Wettbewerb Dokumentarfilm)
Eine Tasche, gefüllt mit unbelichteten und zum Teil abgelaufenem Analog Filmmaterial: Der Filmemacher nimmt dies zum Anlass, einen Monat lang jeden Tag eine dreiminütige Rolle zu belichten. Neben der Verbindung von Alltäglichem und Politischem geht es ihm dabei vor allem um die Frage nach dem Bild und Filmgeschichte mit großem ‚G‘ betrachtet er mit gleicher Herangehensweise wie die eigenen Familienaufnahmen. Die Fragen danach, welche Bilder wann, mit welcher Technik, von wem und für wen hergestellt werden, ergänzt Peters mit Fragen nach der Relevanz von verwendetem Klebstoff und Montage. Alle 31 Filmrollen, aus denen Eigentlich eigentlich Januar besteht, kommentiert er – und wird immer wieder vom abrupten Ende der Rolle mitten im Satz unterbrochen.
Uraufführung 46. Duisburger Filmwoche
Regie Jan Peters Dramaturgie Marie-Catherine Theiler Darsteller:in Ada, Agnes Meyer-Brandis, Alexandra Münzner, Alexandra Scheele-Baer, Alix Kokula, Alma Amrami Peters Farbkorrektur Mikola Debik Ton Pit Przygodda Musik Pit Przygodda Produktion Jan Peters
Screenshot
Sonntag 16.04, 18:30
DIETOTENVÖGELSINDOBEN
Sönje Storm, Dokumentarfilm 85 Min. (Wettbewerb Dokumentarfilm, Berlin-Premiere)
350 ausgestopfte Vögel. 3000 Schmetterlinge, Pilze, Käfer. Die Sammlung ist obsessiv und poetisch. Objekte wurden in akribischer Arbeit präpariert und sortiert, Fotografien über Stunden, Tage und Wochen mit der Hand koloriert: Regisseurin Sönje Storm öffnet in ihrem Film den Nachlass ihres Urgroßvaters, des Bauern Jürgen Friedrich Mahrt (1882−1940). Während des Ersten Weltkriegs zum Fotografen ausgebildet, beobachtet dieser ab 1919 die Veränderungen in seiner Heimat Schleswig-Holstein und dokumentiert die menschlichen Eingriffe in die Naturlandschaften sowie die Zerstörung von Ökosystemen – Bilder aus der Frühzeit des Anthropozäns.
Uraufführung 65. DOK Leipzig
Regie, Buch: Sönje Storm Kamera: Alexander Gheorghiu Schnitt: Halina Daugird Ton Enno Grabenhorst, Lukas Lücke, Torsten Pinne, Tobias Rüther, Hannes Schulze, Roman Pogorzelski Musik Dominik Eulberg, Bertram Denzel, Henry Reyels Animation Mieke Ulfig Produzentin Sönje Storm Produktion stormfilm produktion
So 16.04, 20:45,
PIAFFE
Anne Oren, Spielfilm, 86 Min. (Wettbewerb Spielfilm, Berlin-Premiere)
Nach dem Nervenzusammenbruch ihrer Schwester Zara muss die introvertierte Eva deren Job als Geräuschmacherin übernehmen. Für einen Werbespot vertont sie das Verhalten eines Pferdes – und vertieft sich so leidenschaftlich in die Arbeit, dass ihr ein Schweif aus dem Steißbein wächst. Mit dem Schwanz wird auch Evas sexuelles Begehren immer größer. Sie beginnt eine SM-Affäre mit einem Botaniker, der Farne erforscht, und erlebt ihren Körper auf eine noch nie empfundene Weise. Erotik, Fantasy und Performancekunst verbinden sich zu einer surrealistischen Feier des Andersseins und ‑begehrens. Ein transgressiver, kaum fassbarer Film voller neuer und faszinierender Reize. Uraufführung 75. Locarno Film Festival Regie Ann Oren Buch Ann Oren, Thais Guisasola Schauspiel Simone Bucio, Sebastian Rudolph, Simon(e) Jaikiriuma Paetau, Catherine Mayer, Bjørn Melhus, Sarah Nevada Grether (Stimme) Kamera Carlos Vasquez Schnitt Ann Oren, Haim Tabakman Ton Robert Hefter, Danylo Okulov Szenenbild Ilaria Di Carlo Kostüm Anna Philippa Müller Musik Daniela Lunelli aka Munsha, äbvsd, VTSS Produzent:in Kristof Gerega, Sophie Ahrens, Fabian Altenried Produktion Schuldenberg Films Verleih Salzgeber
Mo 17.04, 18:30
HAOAREYOU
Dieu Hao Do, Dokumentarfilm, 94 Min. (Wettbewerb Dokumentarfilm, Berlin-Premiere)
Seine Mutter gibt dem Kommunismus die Schuld, sein Onkel einem Erbstreit, die anderen schweigen. Regisseur Dieu Hao Do erforscht die Zersplitterung seiner Familie, die der Amerikanische Krieg in Vietnam auf drei Kontinente verstreut hat. Mehr als 1,5 Millionen Menschen versuchten nach dem Fall von Saigon am 30. April 1975 vor dem kommunistischen Regime zu fliehen, viele davon – auch die Familie des Regisseurs – gehörten zur chinesischen Minderheit. Fast 50 Jahre nach ihrer Flucht ist ihr Kontakt so gut wie abgebrochen. Wie haben sich Traumata durch Verfolgung und Gewalt in die Körper und Seelen der Überlebenden und die ihrer Kinder eingeschrieben?
Uraufführung 44. Filmfestival Max Ophüls Preis
Regie, Buch Dieu Hao Do Kamera Florian Mag Schnitt Franziska Köppel, Werner Bednarz, Torsten Striegnitz Ton Kuan-Chen Chen, Azadeh Zandieh Musik Delphine Malausséna Redaktion Burkhard Althoff (ZDF) Produzentin Andrea Ufer Produktion Hanfgarn & Ufer Filmproduktion KoproduktionZDF – Das kleine Fernsehspiel
Mo 17.04, 20:45 WETTBEWERBMITTELLANGEFILME. Block 2, 81 Min.
SCHUTZBEFOHLEN
Sebastian Urzendowsky, Spielfilm, 26 Min. (Uraufführung) Vater und Sohn begeben sich auf einen Marsch durch den Wald. Auf einem verlassenen Armeegelände ringt der Sohn – zwischen militärischen Drills und Selbstverteidigungsübungen – um die Anerkennung seines Vaters. Doch noch mehr wünscht er sich, sich von dessen Erwartungsdruck befreien zu können. Uraufführung 19. achtung berlin Filmfestival Regie, Buch Sebastian Urzendowsky Schauspiel Mika Tritto, Jacob Matschenz Kamera Nikolaus Schreiber Schnitt Carolin Heinz Ton Tobias Adam Produzent:in Sarah Reß, Sebastian Urzendowsky
PERFORMER
Oliver Grüttner, Spielfilm, 55 Min. (Berlin-Premiere)
Tim steht kurz vor dem Abitur. Während seiner letzten Schultage geht er mit Freunden auf Partys, absolviert Prüfungen und hat sein erstes Date mit einer Klassenkameradin. Nachts dreht er Videos von sich, in denen er seine Männlichkeit inszeniert, seinem Hass auf Frauen freien Lauf lässt – und in denen er von seinen Plänen erzählt, am letzten Schultag Amok zu laufen. Uraufführung 39. Filmfest München Regie Oliver Grüttner Schauspiel Tilman Vellguth, Jan Henrik Stahlberg, Linda Rohrer, Ursula Rennecke, Laurin Kaiser, Steffen C. Jürgens Kamera Giulia Schelhas, Moritz Friese Schnitt Kai Eiermann Ton Sum-Sum Shen, Alexandre Leser Produzent:in Henning Wagner, Bianca Gleissinger Mariam Shatberashvili, Luise Hauschild Produktion Deutsche Film- und Fernsehakademie Berlin, New Matter Films
Di 18.04, 18:30
DREIFRAUEN
Maksym Melnyk, Dokumentarfilm, 85 Min. (Wettbewerb Dokumentarfilm, Berlin-Premiere)
Über die Begegnungen mit drei selbstbestimmten Frauen dokumentiert der Film das Leben im ukrainischen Stuschyzja, was soviel bedeutet wie ‚kalter Ort‘: Im Dreiländereck zwischen Polen und der Slowakei, wo 2019 – im Jahr von Selenskyjs Wahlerfolg – kaum noch junge Menschen leben, trifft der Regisseur eine Landwirtin, eine Postbeamtin und eine Biologin. Im Laufe des Films rückt er mit zunehmender Nähe zu den Menschen selbst ins Bild. Und die alleinstehende Bäuerin Hanna, die ihn und seinen Kameramann wie Söhne behandelt, beschreibt ein entbehrungsreiches Landleben, das in der Bergregion nahe der EU-Grenze im Niedergang begriffen scheint. Uraufführung 64. Dok Leipzig
Regie Maksym Melnyk Darsteller:innen Hanna Wudmaska, Maria Psiajka, Nelya Kowal Kamera Florian Baumgarten, Meret Madörin Schnitt Jannik Eckenstaler Ton Roman Pogorzelski Musik Maksym Melnyk Animation Florian Baumgarten, Meret Madörin Produzentin Andrea Wohlfeil Produktion Andrea Wohlfeil
Di 18.04, 20:45
RUKLA – MOMENTANKEINEFEINDSICHT
Steffi Wurster, Dokumentarfilm, 87 Min. (Wettbewerb Dokumentarfilm, Berlin-Premiere)
Der Film spielt in Rukla, sieben Monate vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine. In dem litauischen Ort hat die NATO tausend Soldatinnen und Soldaten stationiert, Manöver und Übungen finden das ganze Jahr über statt, ihre Kampfbereitschaft ist täglich spürbar. Das richtet die Bewohner:innen von Rukla zwischen West und Ost aus, hier haben alle eine Meinung: Soldatin Nina, Ortsvorsteherin Vilma, Georgi und seine Frau Marytje sowie Vlada begegnen den politischen (Außen)verhältnissen auf sehr unterschiedliche Weise. Trotz aller Spannung prallen die verschiedenen Perspektiven nicht aufeinander, sondern treten gleichberechtigt ins Bild. Das unscheinbare Rukla hält sie in Balance.
Uraufführung 44. Filmfestival Max Ophüls Preis
Regie, Buch Steffi Wurster Kamera Alexander Gheorghiu Schnitt Maja Tennstedt, Janina Herhoffer Ton Ignas Lungevicius, Ignas Mateika, Hannes Schulze Redaktion Burkhard Althoff (ZDF) Produzent Tobias Büchner Produktion Büchner Filmproduktion KoproduktionZDF – Das Kleine Fernsehspiel
Mi. 19.04, 18:30
THEHOMESWECARRY
Brenda Akele Jorde, Dokumentarfilm, 89 Min. (Wettbewerb Dokumentarfilm) Berlin-Premiere Der Film zeichnet das Porträt einer von den Wirrungen der Weltgeschichte zerrissenen Familie zwischen Deutschland, Mosambik und Südafrika. Im Zentrum steht die afrodeutsche Sarah. Sie will ihrer Tochter Luana die Beziehungen ermöglichen, die ihr selbst als Kind fehlten. Die beiden reisen ins südliche Afrika, um Luanas, aber auch Sarahs Vater zu treffen. Die Begegnung mit Luanas Vater stellt alle drei vor große Herausforderungen. Sarahs Vater Eulidio wiederum erinnert an die fast vergessene und ungerechte Geschichte der mosambikanischen Vertragsarbeiter in der DDR. In seinen nostalgischen Tagträumen kehrt er zurück zum Ursprung seiner europäischen Familie und ihrer plötzlichen Trennung.
Uraufführung 65. DOK Leipzig
Regie, Buch Brenda Akele Jorde Co-Regie David-Simon Groß, Malte Wandel Protagonist:innen Eulidio Daniel Nhambiro, Sarah Deichsel, Luana Deichsel, Eduardo Pinto Goenha Kamera David-Simon Groß Schnitt Laura Espinel Ton Till Aldinger, Brenda Akele Jorde, André Estevão Bahule Musik Lenna Bahule Redaktion Rolf Bergmann (rbb) Produzent:in Florian Schewe, Miriam Henze Produktion Film Five Koproduktion Filmuniversität Babelsberg KONRADWOLF, Rundfunk Berlin-Brandenburg
Mi. 19.04, 20:45
GERANIEN
Tanja Egen, Spielfilm, 84 Min.
Nina ist Schauspielerin und lebt selbstbestimmt mit Mann und Kind in Amsterdam. Doch die Beerdigung ihrer geliebten Oma, der Mutter ihrer Mutter, reißt sie da raus. Zurück im Ruhrgebiet wird sie mit dem verdrängten Familienleben ihrer Heimat konfrontiert. Ninas Mutter gelingt es zwar beinahe, in der Geschäftigkeit der Beerdigungsorganisation ihre Trauer vor dem Rest der Familie zu verbergen – doch Ninas Anwesenheit und gewisse Dynamiken im Mutter-Tochter Gefüge werfen Fragen auf. Mit jeder erneuten Stornierung ihres Rückfluges wird klar: Nina lernt, ihre Eltern in ihr Leben zu lassen und sich wirklich auf das ihre einzulassen. Warum nicht auch mal ihnen – oder der verstorbenen Oma zu Liebe – über den eigenen Schatten springen? Oma Marie jedenfalls würde sich freuen.
Uraufführung 73. Internationale Filmfestspiele Berlin
Regie Tanja Egen Buch Tanja Egen, Esther Preußler Schauspiel Friederike Becht, Marion Ottschick, Peer Martiny, Jasmina Music, Aleksandra Corovic, Stefanie Meier Kamera Claudia Schröder Schnitt Nicolas Dusollier Ton Daria Somesan Szenenbild Jana Donis, Hella Vohrmann Kostüm Eugenia Giesbrecht Musik Paul Eisenach, Jonas Hofer Redaktion Jakob Zimmermann (ZDF) Producerin Tanja Egen, Annika Pacyna Produktion Deutsche Film- und Fernsehakademie Berlin KoproduktionZDF – Das kleine Fernsehspiel
Ein Film von Constantin Wulff. Ab 27.4.. im fsk. Filmgespräch mit dem Regisseur Constantin Wulff und Christoph Klein, dem ehemaligen Direktor der Arbeiterkammer Wien am 27.4.
Mit einem Porträt der Arbeiterkammer Wien zeichnet FÜRDIEVIELENein Bild der Vielfalt unserer Gesellschaft. Im Direct-Cinema-Stil gibt er den Menschen, deren individuelle Geschichten sich hinter abstrakten Begriffen wie Krise, Rezession und Arbeitsmarktverwerfungen verbergen, ein Gesicht. Die Arbeiterkammer ist seit über 100 Jahren die zentrale Interessensvertretung der Beschäftigten und einzigartige Anlaufstelle für die vielen, die um ihre Rechte kämpfen.
Die rote Faust im Foyer markiert die Arbeiterkammer Wien als historische Errungenschaft der Arbeiterbewegung. Dass sich die Idee einer gesetzlichen Interessenvertretung für Arbeitnehmer*innen in der postmigrantisch und pandemisch geprägten digitalen Gegenwart nicht überlebt hat, zeigt die Nachfrage: Am Empfang herrscht reger Betrieb. Die Klientel ist divers, der Zugang niedrigschwellig, das Angebot vielfältig, der Umgang freundlich, die Haltung engagiert. Einblicke in die tägliche Praxis der Institution, von Beratungsgesprächen zum Arbeitsrecht, über Teamsitzungen und kulturelle Veranstaltungen hin zur Präsentation von wirtschaftswissenschaftlichen Analysen zur Vermögensverteilung geben dem Sozialstaat ein Gesicht.. Als die Kampagne zum 100-jährigen Bestehen der Arbeiterkammer im Jahr 2020 mit dem Ausbruch der Coronapandemie kollidiert, wird die interne Organisation des Krisenmodus zentral – und es zeichnen sich ganz neue Herausforderungen für die Welt der Arbeit ab. Die Idee muss weiterleben.
In Deutschland gibt es nur in Bremen und im Saarland Institutionen, die der Arbeiterkammern Wien entsprechen. Wäre das Model nicht auch für ganz Deutschland erstrebenswert?
Credits:
AT 2022, 120 Min., Deutsch, Serbokroatisch, Türkisch, Ungarisch OmU, Regie: Constantin Wulff Kamera: Johannes Hammel, Michael Schindegger Schnitt: Dieter Pichler
Eine eigenartige Epidemie sucht Griechenland heim. Männer wie Frauen verfallen einem akuten Gedächtnisverlust und landen in einer spezialisierten Klinik. Wenn sie dort niemand abholt, können sie sich einer Therapie unterziehen, bei der es gilt, eine eigene Identität neu zu erschaffen. Dieser Erstling macht Christos Nikou zu einem Namen, den man sich merken sollte.
Wir haben alle einen Lockdown hinter uns plus eine zweite Phase des teilweisen Lahmliegens von Öffentlichkeit. Der Grieche Christos Nikou konnte nicht ahnen, dass die Realität seine Fiktion so rasch einholt. Er erzählt in seinem Regieerstling von Aris, einem eher einsam wirkenden Mann mittleren Alters, der eines Tages nicht mehr weiss, wer er ist und wo er hingehört. Am Ort, an dem man ihn betreut, macht man Tests und ordnet seinen Gedächtnisverlust einem Phänomen zu, das sich breitgemacht hat und von dem viele betroffen sind. Eine Therapie soll auch Aris helfen, wieder zu sich zu kommen, oder müsste man sagen: Ein neues Sich zu finden? Der von Erinnerung Unbelastete kann, wenn man das positiv betrachten will, neu anfangen. Es gibt sogar ein Programm, das ihm beim Aufbau eines Bewusstseins helfen soll; Aris bekommt banale Aufgaben geliefert, die er erfüllen und zu denen er mit einer Instantkamera jeweils ein Bild festhalten soll: Fahrradfahren, Kinobesuch, Ausgang. Über die Aufgaben bilden sich neue Erinnerungen und, wer weiss, so etwas wie eine Identität. Aris ist nicht allein, auch das gehört zu seinen Lernschritten. Da taucht eine Anna auf, die das gleiche Regenerations-Programm durchläuft. Kannten sich die beiden vor dem Gedächnisverlust? Oder passen sie zusammen? Schaffen einfache Erfahrungen eine neue Identität? Definiert diese sich übers Erinnern? Der Spielfilm aus Griechenland provoziert Fragen und wirkt mit unserer Pandemieerfahrung noch amüsanter, als er es ohnehin ist. Der Humor, der ihn prägt, ist aber ein lakonischer und stiller. Wir sind eingeladen zu Betrachtungen einer surrealen Welt, von der wir inzwischen wissen, dass sie so surreal nicht ist, und vor allem: Unsere eigene Welt kann schlagartig recht surreal werden. Walter Ruggle
Credits:
Mila GR 2020, 90 Min., griechische OmU, Regie & Kamera: Christos Nikou Schnitt: Giorgos Zafeiris mit: Aris Servetalis, Sofia Georgovasili, Anna Kalaitzidou, Argiris Bakirtzis
Irina, eine alleinerziehende Mutter aus der Ukraine, lebt gemeinsam mit ihrem 13- jährigen Sohn Igor in einer tschechischen Kleinstadt. Eines Nachts wird der Junge überfallen und schwer verletzt. Während die Polizei ermittelt, solidarisiert sich die ganze Stadt mit Mutter und Sohn. Verdächtigt werden Irinas Nachbarn, Roma, die angeblich für den Überfall verantwortlich sein sollen. Als Igor im Krankenhaus aufwacht, kommt die Wahrheit über den Vorfall ans Licht. Zur gleichen Zeit erstarkt in der Stadt eine politische Kampagne: Akteure aus Medien, Politik und Zivilgesellschaft manipulieren die Realität strategisch für ihre eigenen Zwecke. Wahrheit und Lüge lassen sich nur noch schwer auseinanderhalten. Irina, eine fürsorgliche Mutter, die versucht sich in einem für sie fremden Land ein neues Leben aufzubauen, sieht sich mit systemischer Ausländerfeindlichkeit, Diskriminierung und Vorurteilen konfrontiert. Hin- und hergerissen zwischen dem Schutz ihrer kleinen Familie und der Suche nach der Wahrheit ist sie schließlich gezwungen, eine schicksalhafte Entscheidung zu treffen.
Credits:
Obeť CZ/DE/SK 2022, 91 Min., Ukrainisch/TschechischOmU, Regie: Michal Blaško Kamera: Adam Mach Schnitt: Peter Hasalík mit: Vita Smachelyuk, Gleb Kuchuk, Igor Chmela
Für Adam, Sohn eines einfachen Fischers, geht ein Traum in Erfüllung: Er erhält ein Stipendium für die renommierte Azhar-Universität in Kairo – das Epizentrum der Macht in der islamischen Welt. Als das Oberhaupt der Universität, der Großimam, plötzlich stirbt, beginnt ein Kampf um seine Nachfolge. Der dubiose Regierungsbeamte Ibrahim (Fares Fares) rekrutiert Adam als Informanten für den ägyptischen Geheimdienst und bringt ihn damit nicht nur zwischen die Fronten der religiösen und politischen Eliten des Landes, sondern auch in Lebensgefahr.
Mit DIEKAIROVERSCHWÖRUNG inszenierte der in Schweden geborene Tarik Saleh einen waschechten Politthriller um Macht und Autorität und die Frage: Haben wir unser Schicksal selbst in der Hand? Wie weit würden wir gehen, um uns selbst zu retten? Angesiedelt im Herzen der ältesten und renommiertesten Institution des Islam, der Azhar-Universität in Kairo, öffnet er den Blick in eine faszinierende Welt, die wir so noch nie gesehen haben, und erzählt von einem jungen Mann, der in einen Strudel von Verrat und Intrige gerät und damit riskiert, seine Unschuld zu verlieren.
DIEKAIROVERSCHWÖRUNG wurde im Wettbewerb des Festivals de Cannes 2022 mit dem Preis für das beste Drehbuch ausgezeichnet.
Credits:
Boy from Heaven SE/FR/FI2022 121 Min., arab. OmU Regie: Tarik Saleh Kamera: Pierre Aïm Schnitt: Theis Schmidt mit: Tawfeek Barhom, Fares Fares, Mohammad Bakri, Makram J. Khoury
Der Mythos des Ödipus ist der virtuelle Kern dieser Meisterstudie des elliptischen Erzählens, in der jedes auch noch so kleine Detail zum Zeichen wird oder auch nicht. Ein Film, der uns von den Bergen und Stränden Griechenlands bis an die Seen um Berlin führt, von irgendwann in den 1980er-Jahren bis ins Heute. Dazwischen ein rekonstruierbares Datum: 2006. (Es geht um Fußball und zwei entscheidende Minuten für Italien.) In einem nächtlichen Sturm wird ein neugeborener Junge geborgen. Sanitäter Elias bringt ihn zu seiner Frau, die beiden nennen ihn Jon und ziehen ihn auf. Als junger Mann wird Jon überfallen und macht sich des Totschlags schuldig. Das Opfer … Die Gefängnisbeamtin Iro und er werden ein Paar. Der Kassettenrekorder spielt Barock, Playlist: Monteverdi, Bach, Pergolesi und andere. Die Ästhetik der Musik wird zum Programm. Sie spiegelt das Geschehen luzide enigmatisch, konkret abstrakt, lustvoll asketisch. Im barock-postmodernen Kino der Angela Schanelec gelten die Formeln der Affekten- und Figurenlehre. Eine intellektuell-sinnliche Herausforderung, die süchtig macht. Blind sehend.
Berlinale 2023 – Wettbewerb
Credits:
Deutschland / Frankreich / Serbien 2023, 108 Min., Griechisch, Englisch OmU Regie, Buch & Schnitt: Angela Schanelec Kamera: Ivan Marković mit Aliocha Schneider, Agathe Bonitzer, Marisha Triantafyllidou, Argyris Xafis, Frida Tarana
Trailer:
MUSIC – ein Film von Angela Schanelec (offizieller Trailer)
Eigentlich wollten Leon und Felix den Sommer im Ferienhaus an der Ostsee zu zweit verbringen. Als Freunde und vor allem arbeitend; der eine an seinem zweiten Buch, der andere künstlerisch kreativ. Aber Nadja und Devid sind auch da und bringen jede Menge positive Vibes mit. Vier junge Menschen also beim Sich-Lieben, auch wenn das besonders Leon nicht ganz leicht fällt. Sein unvollendetes Manuskript verfolgt ihn auf Schritt und Tritt, in die Gartenlaube und an den Strand. Die gute Stimmung der anderen lässt seine eigene meist noch schlechter werden. Der Besuch des Verlegers naht. Als der im schneidigen Kleinwagen um die Ecke biegt, beginnt der Wald zu lodern. Es regnet Asche, der Himmel färbt sich rot und das Beziehungsdrama, das körperliche Intensität und künstlerische Sublimierung vereint, nimmt eine Wende in eine neue Dimension. Christian Petzolds zweiter Teil einer Trilogie, die er 2020 mit Undine begann, handelt vom Nicht-schlafen-Können und Liebenwollen, vom Schreiben und Gelesenwerden, vom In-der-Welt-Sein und möglicherweise doch An-ihr-vorbei-Leben. Ein Film im Schwebezustand zwischen Symbolik und Realistik, komisch und zutiefst tragisch.
Berlinale 2023 – Wettbewerb
Credits:
DE 2023, 103 Min., deutsche OmeU Regie: Christian Petzold Kamera: Hans Fromm Schnitt: Bettina Böhler mit Thomas Schubert, Paula Beer, Langston Uibel, Enno Trebs, Matthias Brandt
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