Archiv der Kategorie: archiv

Streetscapes

Eine Filmserie von Heinz Emigholz. Vom 14. – 29.10. im fsk.

Verleihwebseite

Aus vier Kapiteln besteht die Serie STREETSCAPES, jedes Kapitel ist zugleich ein eigen­stän­di­ger Film, die vier Filme hän­gen aber auf unter­schied­lichs­te Weise mit­ein­an­der zusam­men und erklä­ren sich gegenseitig.

Die Dreharbeiten für die­se Serie hat Heinz Emigholz 2013 in Tiflis, Georgien, begon­nen, in einem Aufnahmestudio, in das sich die Musiker von Kreidler ein­ge­mie­tet hat­ten, um die neue CD mit dem Titel ABC auf­zu­neh­men (Kapitel I: 2+2=22 [THE ALPHABET]).

Das zwei­te Kapitel beschäf­tigt sich mit der Architektur des Kibbutz-Baumeisters Samuel Bickels (BICKELS [Socialism]).

Im drit­ten Kapitel mit dem Titel des Gesamtzyklus (STREETSCAPES [Dialogue]) wird Bezug genom­men auf die ande­ren Kapitel: in einem Gespräch zwi­schen einem Psychoanalytiker und einem Filmemacher, der von sei­nen Blockaden erzählt, wird schließ­lich auch das Filmemachen ana­ly­siert, es geht dar­um, was der Filmemacher über­haupt sinn­voll fin­det am Filmemachen und was nicht und mit wel­chen Projekten er sich aktu­ell beschäf­tigt: mit den ande­ren Kapiteln aus der Serie.

29 Bauwerke des uru­gua­ya­ni­schen Architekten und Schalenbaumeisters Eladio Dieste und – als Prolog – drei Bauwerke von Julio Vilamajó im Montevideo wer­den im vier­ten Kapitel mit dem Titel DIESTE [Uruguay] genau betrachtet.

Ich mache das Framing, und wäh­rend ich das Bild ein­rich­te, küm­mert sich Till Beckmann um die Technik, damit ein durch­ge­zeich­ne­tes Bild dabei her­aus­kommt. Das Framing ist für mich ein foto­gra­fi­scher Akt: den Ausschnitt fest­zu­le­gen im Wissen, was man noch fil­men wird oder schon gefilmt hat. Das ist eine kine­ma­to­gra­fi­sche Entscheidung, aber gleich­zei­tig den­ke ich, dass jedes ein­zel­ne Bild so kon­zen­triert kom­po­niert sein muss, dass es für sich selbst ste­hen kann. Also nicht nur ein Füllbild oder Schnittbild sein, oder wie man das so nennt beim Filmemachen. Das ist eine kom­po­si­to­ri­sche Anstrengung, die auch in der Fotografie zu fin­den ist. Hier kommt aller­dings das Element Zeit hin­zu. Die Dauer und der Schnitt, der ja immer ein Science-Fiction-haf­ter Eingriff ist in die Zeitkonstruktion.“ Heinz Emigholz

D 2013 – 2017, 407 Min.,
Buch, Regie: Heinz Emigholz
Kamera, Schnitt: Heinz Emigholz, Till Beckmann

Wir freu­en uns, dass Heinz Emigholz zwei­mal im fsk zu Gast sein wird:
Am 15.10. fin­det nach der Vorführung von STREETSCAPES [Dialogue] (Filmstart: 14:30) ein Gespräch zwi­schen Heinz Emigholz und dem Architekten Arno Brandlhuber statt;

am 22.10. wird es nach BICKELS [Socialism] (Filmstart: 15:00) ein zwei­tes Filmgespräch geben, ange­fragt dafür ist der Leiter des Forums der Berlinale, Christoph Terhechte.

wei­te­re Termine:

Sa 14.10. 2+2 80′ 15.45
So 15.10. Streetscape 132′ + FG 14.30

Sa 21.10. 2 + 2 80′ 13.00
Sa 21.10. Streetscape 132′ 15.00
So 22.10. Dieste 95′ 13.00
So 22.10. Bickels 92′ 15.00

Sa 28.10. Bickels 92′ 13.30
Sa 28.10. Dieste 95′ 15.30
So 29.10. Streetscape 132′ 13.15
So 29.10. 2 + 2 80′ 15.45

STREETSCAPES [Official Trailer] – im Kino

Die Einsiedler

Ein Film von Ronny Trocker.

Die Einsiedler erzählt die Geschichte von Albert, der den elter­li­chen Bergbauernhof ver­las­sen hat um sich im Tal eine Existenz auf­zu­bau­en. Parallel dazu wird das Leben der Mutter auf dem abge­schie­de­nen Hof gezeigt. Ein Leben voll har­ter Arbeit und Entbehrungen, das sie ihrem Sohn unter allen Umständen erspa­ren will. Dazu ist sie sogar bereit, den Unfalltod ihres Mannes zu ver­tu­schen. Doch Albert fin­det her­aus, was gesche­hen ist. Am Ende steht er vor der Entscheidung, Tradition und Pflichtgefühl oder Aufbruch und Neubeginn, so als ob es aus dem Gefängnis der Vergangenheit kein Entrinnen gibt und sich kein Weg für die Zumutungen der Gegenwart öffnet.
„Die schrof­fe Schicksalswelt der Berge: Oben, auf einem alten, her­un­ter­ge­kom­me­nen Hof, die Eltern iso­liert und sprach­los, unten im Marmorbruch schuf­tet der ein­zig ver­blie­be­ne Sohn, der sich nach Nähe sehnt. Der Autor und Filmemacher Ronny Trocker erzählt in Die Einsiedler radi­kal und ein­dring­lich von Abschied, Veränderung und Liebe. Vor monu­men­ta­ler Kulisse führt er sein gran­dio­ses Ensemble, allen vor­an Ingrid Burkhard als unsen­ti­men­ta­le und har­te Bergbäuerin, durch eine so schweig­sa­me wie unwirt­li­che Welt. Die Einsiedler hat die Jury über­zeugt, weil er Raum schafft für Bilder, die über das Gezeigte hin­aus gehen.“ (aus der Jury Begründung für den „Fünf Seen Filmpreis“)

Österreich 2016, 100 Min.
Regie: Ronny Trocker
Kamera: Klemens Hufnagl
Schnitt: Julia Drack
mit: Andreas Lust, Ingrid Burkhard, Hannes Perkmann, Peter Mitterutzner, Oris Toth 

Happy End

Ein Film von Michael Haneke.

Ich schau‚ halt ger­ne Filme. Inzwischen mache ich sie auch ger­ne“ M. Haneke

Bei sei­ner 7. Wettbewerbsteilnahme in Cannes bleibt sich der „der gro­ße Autoritäre des gegen­wär­ti­gen euro­päi­schen Autorenkinos“ (critic.de) treu: gleich­sam böse wie prä­zi­se ana­ly­siert und seziert er eine wohl­ha­ben­de Familie, ihr nicht-Verhältnis und ihre Ignoranz. Wütend ist er dabei, und geht manch­mal mit grim­mem Humor zur Sache. Die Unternehmerfamilie Laurent lebt in einer luxu­riö­sen Großstadtvilla in Calais, der Transitstation von Geflüchteten in Europa. Das geht an den Laurents natür­lich völ­lig vor­bei, haben sie doch ganz ande­re Probleme. Patriarch Georges (Jean-Louis Trintignant kehr­te für Haneke noch ein­mal vor die Kamera zurück) erfreut sei­ne Verwandten mit poin­tier­ten sar­do­ni­schen Bemerkungen, sehnt sich aber eigent­lich nach dem Tod. Tochter Anne muss einen schwe­ren Unfall auf einer ihrer Baustellen ver­tu­schen, die Ehe von Sohn Thomas sieht auch bes­ser aus, als sie ist, und die 13-jäh­ri­ge Enkelin Eve passt sich den Familienverhältnissen bereits gut an.

Ich kann kei­nen Film über Immigranten machen, weil ich zuwe­nig über sie weiß. Ich habe weder mit ihnen gelebt, noch bin ich sel­ber einer. … Wovon ich aber sehr wohl etwas ver­ste­he, ist von unse­rer Haltung gegen­über Immigranten.« sagt Haneke im Kurier-Interview, und auch: »Der Film ist kei­ne Tragödie. Wir sind ja einer Tragödie nicht mehr wür­dig. Es ist eine Farce und auch als sol­che gedacht. … Es ist eigent­lich unmög­lich, uns noch ernst zu neh­men, denn die Leiden fin­den rund­her­um statt. Wir, in den ver­wöhn­ten Ländern, sehen es als Fernsehbericht, als Schauspiel: Wir sind nicht drin, wir kön­nen es von außen betrach­ten.“ M. Haneke

Happy End ist ein sati­ri­scher Alptraum des Reichtums im groß­bür­ger­li­chen Europa: So klar, bril­lant und unver­söhn­lich wie Halogenlicht. Es ist so mit­rei­ßend wie eine teuf­li­sche Soapopera, eine Dynastie der ver­lo­re­nen Seelen.“ The Guardian

F, D, Österreich 2017, 110 Min., franz. OmU
Regie & Buch: Michael Haneke
Kamera: Christian Berger
Schnitt: Monika Willi
mit: Isabelle Huppert, Toby Jones, Jean-Louis Trintignant, Mathieu Kassovitz, Franz Rogowski, Laura Verlinden, Fantine Harduin, Loubna Abidar

Die Nile Hilton Affäre

Ein Film von Tarik Saleh.

Kairo, am Vorabend der Revolution in Ägypten. In der Luxussuite des Hotels Nile Hilton liegt die bekann­te Popsängerin Lalela, tot. Ihr wur­de der Hals auf­ge­schlitzt und ins Gesicht geschla­gen. Alles deu­tet auf ein Verbrechen aus Leidenschaft hin. Eine jun­ge Sudanesin Salwa (Mari Malek) macht im Hotel sau­ber. Sie hört ein Geräusch. Sie sieht den Täter. Aber sie will nicht aus­sa­gen. Sie hat Angst, ihren Job zu ver­lie­ren. Polizist Noredin (Fares Fares), der sich nach dem Tod sei­ner Frau nur noch mit Tabletten und Alkohol betäubt, über­nimmt die Ermittlungen.

Ziemlich bald ver­mu­tet der hart gesot­te­ne, des­il­lu­sio­nier­te Cop, dass die Elite des Landes in den Mordfall ver­wi­ckelt ist. Schließlich war sie dort mit dem rei­chen Immobilienhändler und Politiker Hatem Shafiq (Ahmed Selim) ver­ab­re­det, mit dem sie eine Affäre hat­te. Doch sein Vorgesetzter und Onkel Kammal (Yasser Ali Maher) bremst ihn gna­den­los aus. Der bri­san­te Fall soll als Selbstmord zu den Akten gelegt wer­den. „Sie hat sich selbst die Kehle durch­ge­schnit­ten“, ver­sucht Noredin ihn aus der Reserve zu locken. Umsonst.

Noredin frei­lich beißt sich fest. Legt sich mit allen an. Plötzlich taucht die hüb­sche Freundin der Toten auf. Die mys­te­riö­se Gina (Hania Amar). Sie ver­hilft ihm nicht nur zu neu­en Hinweisen. Und auch der ver­däch­ti­ge Politiker will plötz­lich, dass er den Fall auf­klärt. Durch Korruption und poli­ti­sche Intrigen stol­pert Noredin von einer Falle in die nächs­te. Die Staatssicherheit zieht der­weil im Hintergrund die Fäden. Auf dem Tahir Platz kommt es bei einer Demonstration zum Showdown.

Atmosphärisch dicht insze­niert Regisseur Tarek Saleh das düs­te­re Stimmungstableau sei­nes klas­si­schen Noir-Krimis. Dabei kann der Schwede mit ägyp­ti­schen Wurzeln sich bei sei­nem erhel­len­den Politthriller voll auf sei­nen exzel­len­ten Hauptdarsteller Fares Fares ver­las­sen. Der talen­tier­te Schauspieler ver­leiht sei­ner Figur als brü­chi­ger, des­il­lu­sio­nier­ter Held ein ein­deu­ti­ges Profil. Nicht umsonst wur­de das fes­seln­de Gesellschaftsportrait beim dies­jäh­ri­gen Sundance Film Festival mit dem Grand Jury Prize (World Cinema – Dramatic) aus­ge­zeich­net und auch beim Münchner Filmfest begeis­tert aufgenommen.

Luitgard Koch | programmkino.de

Ich hat­te nie vor, einen poli­ti­schen Film zu dre­hen. Im Gegenteil, ich woll­te eher einen per­sön­li­chen Film machen. Es geht dar­um, dass man nicht nur ein wenig kor­rupt sein kann. Das funk­tio­niert nicht. Entweder man ist es oder nicht.
Korruption in Ägypten ist nicht das Gleiche, wie Korruption in Europa. In Ägypten ent­stand die Korruption, weil es für die Menschen kei­nen ande­ren Weg gab, um zu über­le­ben. Es gab immer aus­län­di­sche Machthaber. So ent­stand ein System neben dem System, um mit den Römern, den Griechen, den Türken, den Engländern oder den Franzosen, wer auch immer gera­de die Macht hat­te, zu kom­mu­ni­zie­ren. Man brauch­te stän­dig jeman­den, der in sei­nem Namen sprach. Dieses System war sehr sta­bil, es bestand seit tau­sen­den von Jahren. Nach der natio­na­len Revolution durch die die aus­län­di­schen Machthaber ver­drängt wur­den, ent­stand nicht sofort ein kom­plett neu­es System.
Deshalb wird Korruption in Ägypten nicht so wahr­ge­nom­men wie woan­ders. Das Wort Korruption selbst zum Beispiel: Es gibt in Ägypten, also auf Arabisch das Wort „was­ta“ und das bedeu­tet „Gefallen“ oder „wen man kennt“. Jeder in Ägypten braucht „was­ta“, egal wer. Sogar der Präsident. Deshalb ist es ist kein nega­tiv, son­dern ein posi­tiv beleg­tes Wort.

Tarik Saleh | Regisseur

Schweden, Dänemark, Deutschland, 2017
Regie & Drehbuch: Tarik Saleh

Darsteller: Fares Fares, Mari Malek, Yaser Maher, Hania Amar, Ahmed Seleem, Slimane Dazi, Hichem Yacoubi, Mohamed Yousry, Ger Duany. Yasser Ali Maher.


im Kino mit deut­schen Untertiteln

Bunch of Kunst – A Film About Sleaford Mods

Gleich drei Pop-Dokus erzäh­len im September Geschichten der elek­tro­ni­schen Musik. REVOLUTION OF SOUND. TANGERINE DREAM und CONNY PLANKTHE POTENTIAL OF NOISE erzäh­len von den bei­den sehr unter­schied­li­chen Linien der elek­tro­ni­schen Popmusik in Deutschland. Auf der einen Seite steht die eher an klas­si­scher Musik ori­en­tier­te „Berliner Schule“, zu der Tangerine Dreams Gründungsmitglied Edgar Froese zähl­te. Auf er ande­ren Conny Planks Studio in Wolperath, wo Plank zunächst expe­ri­men­tel­len Krautrock pro­du­zier­te, und mit den ers­ten Platten von Cluster, NEU!, Harmonia und Kraftwerk die Grundlagen einer völ­lig neu­en, groo­ve- und sound­ori­en­tier­ten elek­tro­ni­schen Popmusik leg­te. A BUNCH OF KUNSTTHE SLEAFORD MODS ist dage­gen ein hand­ge­strick­ter wir­ken­der Film über die Post-Punk-Band aus Nottingham, deren Sound nicht ganz zufäl­lig an die von Conny Plank pro­du­zier­ten ers­ten Platten von DAF erinnert.

Alle drei Filme sind natür­lich auch Promo für neue Veröffentlichungen. Edgar Froese von Tangerine Dream ist zwar 2015 ver­stor­ben, hat aber Tapes hin­ter­las­sen, an denen die letz­te Besetzung sei­ner Band wei­terf­ri­ckelt. Conny Planks Sohn Stefan, der auch für den Film über sei­nen Vater ver­ant­wort­lich zeich­net, hat Rechte an Connys Bändern geerbt, und da sich Herbert Grönemeyers exqui­si­tes Groenland-Label seit län­ge­rem dar­auf spe­zia­li­siert hat, die frü­hen Meisterwerke aus dem NEU!/Cluster/Kraftwerk/Harmonia-Umfeld zu ver­öf­fent­li­chen, wird da in nächs­ter Zeit sicher auch noch eini­ges aus­ge­gra­ben wer­den. Ein Plank-Sampler ist ange­kün­digt. Die Sleaford Mods pro­du­zie­ren im Film eine neue Platte, und alle, die sie in ihrem Proberaum gefragt haben, fin­den das neue Zeug super: „Yeah, mate, it’s fuck­in‘ great!“

Dabei ist TANGERINE DREAM zugleich der bie­ders­te und trau­rigs­te der Filme. Alexander Hacke liest einen sehr ordent­li­chen Text von Band-Gründer Edgar Froese vor, der alle his­to­ri­schen Stationen sei­nes Lebens der Reihe nach abklap­pert und dazwi­schen ein wenig New Age Philosophie streut: Zeit ist eine Illusion, eben­so die Trennung der Menschen unter­ein­an­der usw. Und ein biss­chen Musiktheorie: Die Basis der Musik ist Bach, der Basso Continuo und der Kontrapunkt usw. Persönliches ver­rät Froese selbst nicht. Am span­nends­ten sind die Momente, in denen Wegbegleiter von den ers­ten Experimenten mit elek­tro­ni­schen Musikinstrumenten erzäh­len: zunächst mit einem Rauschgenerator, der eini­ge Filter hat­te, dann mit dem legen­dä­ren EMS VCS‑3, um schließ­lich bei der Verwendung des Moog-Synthesizers als Sequenzer zu lan­den, was den typi­schen Sound der Band aus­ma­chen soll­te. Interessant sind auch Passagen über die Arbeit der Band an Soundtracks wie den für SORCERER, William Friedkins einst wegen Heiligenschändung (der Film war ein Remake von Henri-George Couzots LOHN DER ANGST) ver­ris­se­nen, inzwi­schen aber zum Kultfilm avan­cier­ten Thriller. Zu sehen gibt es nur Ausschnitte aus RISKY BUSINESS, einem Teenager-Film von 1983, aber SORCERER hät­te durch­aus mal eine Wiederaufführung ver­dient, auch wegen des inno­va­ti­ven Soundtracks, der für Tangerine Dream den Durchbruch in den USA bedeu­te­te. Obwohl die Band sich kurz danach immer wei­ter auf­löst, schil­dert REVOLUTION OF SOUND kei­nen ein­zi­gen Konflikt der Bandmitglieder unter­ein­an­der. Ab Mitte der 80er Jahre muss Edgar Froese allein wei­ter­ma­chen und umgibt sich mit wech­seln­den Massen von Studiomusikern. Die letz­ten 30 Jahre der Band wir­ken wie ein lan­ger, depres­si­ver Zerfall, der sich mit Pomp und Pseudo-Philosophie über die Runden rettet.

CONNY PLANK war das Soundgenie und der expe­ri­men­tel­le Advocatus Diaboli hin­ter Kraftwerk, NEU!, Harmonia, Cluster, Devo, Ultravox, Les Rita Mitsouko, DAF und den Eurythmics, aber auch Italo-Popstar Gianna Nanini zähl­te zu Planks Kunden, und natür­lich eine gan­ze Reihe von Krautrock-Bands, die auch in der Doku dem Vergessen anheim­ge­fal­len sind, wie Grobschnitt, Eroc oder Jane. Die CONNY PLANK-Doku kommt per­sön­li­cher und wesent­lich ent­spann­ter daher als TANGERINE DREAM, und sie schafft es bes­ser, einen Eindruck von der Arbeitsweise und dem spe­zi­fi­schen Sound von Planks Studio ver­mit­teln, unter ande­rem weil die Ausschnitte aus den ein­zel­nen Stücken län­ger sind. Vor allem aber inter­es­siert sich Stefan Plank auf­rich­tig für die Arbeit sei­nes 1985 ver­stor­be­nen Vaters, und wenn er sagt, er ver­su­che, sich mit die­sem Film ein Stück Erinnerung an sei­ne Kindheit zurück­zu­ho­len, dann nimmt man ihm das am Ende sogar ab. Einigen Musikern scheint es ähn­lich zu gehen. Die älte­ren Herren, die einst zum Hip Hop-Duo Whodini gehör­ten, erzäh­len mit Tränen in den Augen, wie sie mit 1718, ohne vor­her jemals Brooklyn ver­las­sen zu haben, zu Plank aufs Kaff kamen: „You were our litt­le brot­her, man!“ Den Musikern, mit denen Stefan Plank spricht, ist die Liebe zu Conny anzu­mer­ken, und so trau­en sie sich auch, Geschichten zu erzäh­len, die ein weni­ger ehr­li­cher Regisseur her­aus­ge­schnit­ten hät­te. Wir erfah­ren unter ande­rem, dass der Sound von Hitlers Reden auf dem Reichsparteitag ein Vorbild für die ver­zerr­ten Gesangsaufnahmen für Plank gewe­sen ist: „Das macht Menschen zu Göttern“, soll er erklärt haben, wäh­rend er die Regler nach oben schob. Vor allem aber schil­dern sie Planks Begeisterung für das Experiment und Spontaneität und erklä­ren den Anteil, den sein krea­ti­ver Geist an den Aufnahmen hat­te. „The Potential of Noise“ ist ein völ­lig gerecht­fer­tig­ter Untertitel, denn Plank hat nicht nur das Potential des „Sounds“, jen­seits von Melodie, Rhythmus und Groove ent­deckt, son­dern den Lärm, den Soundfehler, das Nichtharmonische in die (elek­tro­ni­sche) Pop-Musik gebracht.

Die Arbeitsweise der SLEAFORD MODS unter­schei­det sich nicht beson­ders von dem, was Gabi Delgado in der Conny-Plank-Doku von den Aufnahmen zum ers­ten DAF-Album erzählt: Robert Görl ent­wi­ckel­te mit Plank den Groove, Gabi impro­vi­sier­te dazu. Die Zusammenarbeit von Sänger Jason Williamsons mit sei­nen Partnern Simon Parfrement (bis 2012) und Andrew Robert Lindsay Fearn sieht offen­bar genau­so aus. Andrew macht den Groove, Jason impro­vi­siert, schreibt und edi­tiert im Proberaum, wäh­rend Jason und diver­se ande­re „mates“ ihn ansta­cheln. Alles mit dem heu­te übli­chen win­zi­gen Equipment: ein klei­nes Keyboard, ein biss­chen Software – der Sound der Sleaford Mods und vie­ler ande­rer moder­ner Electro-Bands lässt sich zur Not zum Preis einer E‑Gitarre der Mittelklasse repro­du­zie­ren, wäh­rend Tangerine Dream selbst als Trio gan­ze Lastwagenladungen vol­ler Equipment benö­tig­ten. SLEAFORD MODS – A BUNCH OF KUNST ist hei­ßer, wüten­der Stoff, der in der Tradition nord­eng­li­scher Bands wie The Fall und The Smiths steht. Aber ohne die Soundpioniere der sieb­zi­ger und acht­zi­ger Jahre gäbe es sie ver­mut­lich gar nicht. Dass die Wiederentdeckung des „Krautrock“ eben­falls über England, und vor allem über das vom ehe­ma­li­gen The Teardrop Explodes-Sänger Julian Cope geschrie­be­ne Buch „Krautrocksampler – One Head’s Guide to the Great Kosmische Musik – 1968 Onwards“ von 1995 geschah, ist auch ein Teil die­ser Geschichte.

Tom Dorow

Deutschland 2017, 103 min
Sprache: Englisch
Genre: Biografie, Dokumentarfilm, Musikfilm
Regie: Christine Franz
Drehbuch: Christine Franz
Kamera: Christine Franz
Darsteller: Andrew Fearn, Sleaford Mods, Steve Underwood

Körper und Seele

Ein Film von Ildikó Enyedi.

Der Gewinner des Goldenen Bären – Berlinale 2017.

Ein Hirsch und eine Hirschkuh strei­fen durch den win­ter­li­chen Wald, essen und trin­ken und schau­en sich, wie die Inszenierung uns sug­ge­riert, mal lie­be­voll, mal besorgt (und alles ande­re, was wir in sie hin­ein­se­hen wol­len) mit ihren gro­ßen Knopfaugen an. Ein wun­der­ba­res Spiel mit Projektionen. Auf der ande­ren Seite, die die­sel­be ist, sehen wir einem Personalchef eines Schlachthofes und einer neu­en Angestellten für Qualitätsprüfung und bei deren vor­sich­ti­gen Annäherungen zu. Es stellt sich her­aus, dass die Tierszene, zwar unab­hän­gig von ein­an­der geträumt und doch der gemein­sa­me Traum bei­der Protagonisten ist. Schon ist zu befürch­ten, dass mit sol­chen Analogien ein lieb­li­cher Kitsch in Bezug auf Beziehung und Liebe auf uns nie­der­geht. Zunächst bleibt es auch ein Rätsel, war­um gera­de das nicht pas­siert. Am Ende liegt es wahr­schein­lich dar­an, dass mit har­ten Kontrasten immer wie­der die dicho­to­mi­sche Erzählung geer­det und auf die Dissonanzen, Unstimmigkeiten, Gegensätze hin­ge­wie­sen wird und letzt­lich der Frage nach­ge­gan­gen wird, wie die ein­zel­nen Teile, der Körper und die Seele, har­mo­ni­siert wer­den können.

In ihrem Regiedebüt „Mein 20. Jahrhundert“ waren es die Sterne, die sich ins Geschehen ein­misch­ten, und auch dies­mal haben sur­rea­le neben den rea­lis­ti­schen Einschlägen einen fes­ten Platz; eine unsicht­ba­re Schicksals­macht scheint über das Wohl der Figuren zu wachen. So ist „Körper und Seele“, mit dem Ildikó Enyedi im Februar 2017 den „Goldenen Bären“ bei der „Berlinale“ gewann, ein Werk, in dem Form und Inhalt mit sel­te­ner Meisterschaft zusam­men­tref­fen. Dieser Film über eine zar­te Liebe ver­rät in jeder fein kom­po­nier­ten, in war­men Farben leuch­ten­den Einstellung die Liebe zum Erzählen und zum Kino – der Welt, in der es tat­säch­lich mög­lich ist, sich gemein­sam in Träume zu ver­sen­ken. Marius Nobach | FILMDIENST

Testről és lélekről
Ungarn 2017, unga­ri­sche OmU, 116 Min.

Regie, Buch: Ildikó Enyedi
Kamera: Máté Herbai
Schnitt: Károly Szalai

Mit:
Alexandra Borbély (Mária)
Géza Morcsányi (Endre)
Réka Tenki (Klára)
Zoltán Schneider (Jenő)
Ervin Nagy (Sándor)
Itala Békés (Zsóka, Putzfrau)
Éva Bata (Jenős Frau)
Pál Mácsai (Detektiv)
Zsuzsa Járó (Zsuzsa)
Nóra Rainer-Micsinyei (Sári, Arbeiterin im Schlachthaus)


 

 

What our fathers did: A Nazi legacy

Ein Film von David Evans.

[Pres­se­zo­ne]

In „What our fathers did: A Nazi lega­cy“ kreu­zen sich die Wege der Nachfahren von Opfern und Tätern. Philippe Sands ist der Enkel einer Familie jüdi­schen Glaubens aus Lwiw (Lemberg) in der Ukraine, in Großbritannien auf­ge­wach­sen, ein bekann­ter Jurist mit Schwerpunkt auf Menschen- und Staatsrecht. Sein Buch ‚Torture Team‘ doku­men­tiert die Arbeit der Juristen, die die Grundlagen für die Legalisierung der Folterpraktiken schu­fen, die sich Bush für den ‚Krieg gegen den Terror‘ wünsch­te. Bei Recherchen zu einem ande­ren Buch lern­te Sands Niklas Frank ken­nen, den Sohn des füh­ren­den Juristen des drit­ten Reichs, glü­hen­den Hitler-Verehrers und Generalgouverneurs von Polen, Hans Frank. Niklas mach­te ihn mit Horst von Wächter bekannt, einem Freund. Wächters Vater war Gouverneur von Galizien, eben­falls Jurist und Offi der SS. Lwiw gehör­te zu sei­nem Machtbereich.

Alle drei bege­ben sich auf eine Reise in die Vergangenheit, an die­sen Ort. Die bei­den Freunde kön­nen unter­schied­li­cher nicht sein, geprägt durch ihre kon­trä­ren Familienbeziehungen domi­nie­ren bei Frank Abscheu und Hass, bei Wächter Liebe und Realitätsverleugnung gegen­über den Eltern. 

Man hört und sieht, dass er kei­ne Erkenntnisse zulas­sen möch­te, die ihn aus dem Gefängnis der Vergangenheit befrei­en würden. 

GB 2015 96 Min., engl. OmU
Regie : David Evans

Drehbuch : Philippe Sands
Kamera : Philipp Blaubach, Matt Gray, Sam Hardy
Schnitt : David Charap
Protagonisten : Philippe Sands, Niklas Frank, Horst von Wächter

Stromaufwärts

A film by Marion Hänsel.  In french with ger­man subtitles.

[Pressezone]

Homer and Joé, two taci­turn men aged around fif­ty, sail a small boat up a river in Croatia. Until recent­ly, neither knew of the other’s exis­tence, but now their father has died it turns out they are half-brot­hers. Looking for traces of the man of who shaped their lives so dif­fer­ent­ly, they encoun­ter a third tra­vel­ler, the mys­te­rious Irishman Sean, and their tour through the wild land­scape of Croatia beco­mes a real psy­cho­lo­gi­cal challenge.

»Certain peo­p­le find it diff­cult to talk about them­sel­ves for many dif­fe­rent reasons. My cha­rac­ters, Homer and Joé, half­brot­hers, are such peo­p­le. Homer, trau­ma­tis­ed by an absent father who igno­red his exis­tence, Joé by the vio­lence of this same father. e lack of words, of ver­bal com­mu­ni­ca­ti­on inte­rests me and can be found in a num­ber of my lms. e silen­ces, what is left unsaid, lea­ves room for the spectator’s inter­pre­ta­ti­on, their per­so­nal ima­gi­na­ti­on. I like that. As to the nar­ra­ti­on, I have the impres­si­on that I am dig­ging into earth that I alre­a­dy know but that I want to go deeper. If Joé and Homer are half-brot­hers, it is not by chan­ce. In some of my pre­vious Films, blood-ties, filia­ti­on, the image of the father or his absence are stron­gly pre­sent. Upstream is part of this same lineage.« Marion Hänsel

 

(En amont du fleuve)
Belgien/Niederlande/Kroatien 2016, 90 Min.
Regie: Marion Hänsel
Buch: Marion Hänsel, Hubert Mingarelli
Mit: Olivier Gourmet, Sergi López, John Lynch
Kamera: Didier Frateur
Schnitt: Michèle Hubinon
Produktion: Marion Hänsel, Digna Sinke

Trailer Stromaufwärts from Peripher Filmverleih on Vimeo.

dokfilmwoche 2017

Zum fünf­ten Mal ver­sam­melt die dok­film­wo­che zwi­schen 31. August und 6. September im fsk Kino und Sputnik aktu­el­le doku­men­ta­ri­sche Arbeiten, die die Welt und ihre Zustände zwi­schen Diesseits und Jenseits ver­mes­sen, in Formen die so unter­schied­lich sind, wie die Bilder, die sie dabei zu Tage fördern.

Mehr auf der dok­film­wo­chen-Webseite

Hier eine ers­te Übersicht:

Von der Geburtsvorbereitung über die rich­ti­gen Umgangsformen bis zur Bestattung zei­gen Jörg Adolph und Ralf Bücheler Versuche in die mehr und weni­ger all­täg­li­chen Verrichtungen des­sen ein­zu­füh­ren, was man am Ende Leben nennt. (LEBEN GEBRAUCHSANLEITUNG).

Drei Bauern und ihre Arbeit beforscht fil­misch Sigmund Steiner, und bringt dar­in auch die Figur des eige­nen abwe­sen­den Vaters zum Erscheinen. (HOLZ, ERDE, FLEISCH)

Drei Söhne zeigt David Evans und por­trä­tiert sie auf weit unter­schied­li­chen Wegen mit einer his­to­ri­schen Last umzu­ge­hen (WHAT OUR FATHERS DID)

Der Schauspieler Eric Caravaca spürt sei­ner mit drei Jahren ver­stor­be­nen gro­ßen Schwester nach und stösst dabei auf fran­zö­si­sche Kolonialgeschichte (CARRE 35).

Einen fer­nen Dialog zwi­schen ihren leib­li­chen Eltern, die sich seit 25 Jahren nicht mehr gese­hen haben insze­niert Carlotta Kittel und schreibt damit ihre eige­nen Geschichte, durch Widerstände (ER SIE ICH)

Eli Roland Sachs hat sei­nen Bruder an einen Gott namens Allah ver­lo­ren, nun sucht er ihn wie­der­zu­fin­den (BRUDER JAKOB)

In Argentinien fin­det Nora Fingscheidt eine men­no­ni­ti­sche Gemeinschaft, die ihren Wunsch eines Lebens fern­ab der Welt und in Gott gegen den unaus­weich­li­chen Wandel ver­tei­di­gen. (OHNE DIESE WELT)

Ganz im Diesseits befragt Merzak Allouache Menschen nach ihren Orientierungen auf etwas, das jen­seits die­ser Welt liegt und ent­deckt dabei eine ganz eige­ne Ökonomie. (INVESTIGATING PARADISE).

Den Weg eines jun­gen Rekruten im argen­ti­ni­schen Militär fängt Manuel Abramovich in ein­dring­li­chen Bildern ein, und erzählt von einem Coming of Age in einer tota­len Institution (SOLDADO)

Nach trot­zi­gen Resten von Leben in dem, was von der einst größ­ten Mangan Mine der Welt hält Rati Oneli aus­schau (CITY OF THE SUN)

In der Gegend um Fukushima berich­tet Thorsten Trimpop vom Verhältnis zwi­schen Bewohner*innen und einer Landschaft zwi­schen tie­fer tra­di­tio­nel­ler Verbundenheit und jüngs­ter Kontamination. (FURUSATO)

Zusammen mit Dorfbewohner*innen aus der Minderheit der Bunong erar­bei­tet Mehdi Sahebi ein Bild des Landraubs in Kambodscha und sei­ner viel­fa­chen Verheerungen. (MIRR)

In tra­di­tio­nel­len ira­ni­schen Häusern ist Hashti ein zen­tra­ler Raum der in die ande­ren Bereiche lei­tet. Daniel Kötter betrach­tet den Stadtrand von Teheran als Zone des Übergangs im Haus der isla­mi­schen Republik. (HASHTI TEHRAN)

Michael Glawogger woll­te einen Film dre­hen, der ein Bild zeich­net, das von kei­nem ande­ren Thema zusam­men­ge­lei­tet wird als der eige­nen Neugier. Nach sei­nem plötz­li­chen Tod hat Monika Willi aus dem ver­blie­ben Material ein fas­zi­nie­ren­des Kaleidoskop mon­tiert. (UNTITLED).

Hier der Trailer:

Dokfilmwoche 2017 – Trailer from Peripher Filmverleih on Vimeo.

Die Wunde

Ein Film von John Trengove.

Rituale sind fes­te Bestandteile im sozia­len Leben tra­di­tio­nel­ler Gesellschaften. Sie mar­kie­ren den Wechsel von einer Lebensphase in die nächs­te und fol­gen einem fes­ten Zeremoniell. Die Normalität ist außer Kraft gesetzt, die Zeit suspendiert.
Sehr beein­dru­ckend und fast doku­men­ta­risch beginnt John Trengoves Film mit solch eimen Ritual, näm­lich dem der Beschneidung jun­ger Männer, weiß bemalt und in geschürz­tem Gewand, denen böse Geister, Jugend und Zartheit aus­ge­trie­ben wer­den sol­len. Man könn­te es auch ein Schlachtfest nen­nen. Das gan­ze fin­det auf dem Land statt, nahe einem Dorf der Xhosa, die in Südafrika ansäs­sig sind. Nach dem blu­ti­gen Höhepunkt beginnt eine Zeit der Kontemplation in klei­nen Hütten im Wald, um die Wunden hei­len zu las­sen und zu ler­nen, was man als Mann wis­sen muß: Bäume fäl­len, Tiere töten, Schmerzen nie­der­rin­gen und unmas­ku­li­ne Neigungen unter­drü­cken. Durch die­se Zeit wer­den sie von Älteren beglei­tet, die sie pfle­gen und anlei­ten. Einer von ihnen ist Xolani, er lebt in Queenstown, und soll sich beson­ders um Kwanda aus Johannesburg küm­mern, den der Vater für ver­zär­telt hält, ein Städter halt. Kwanda steht dem, was er durch­zu­ste­hen hat, kri­tisch gegen­über, läßt es aber über sich erge­hen. Ist das Ritual nur ein bru­ta­les Überbleibsel aus der Vergangenheit oder schärft es tat­säch­lich das Bewusstsein für das Erwachsenwerden, dafür, die Verantwortung für das eige­ne Leben zu übernehmen?
Wie Waldgeister schlei­chen die Gruppen der jun­gen Erwachsenen mit ihren Begleitern durch die Landschaft. Während sie nicht wis­sen, wohin die Reise geht, lädt sich das Verhältnis zwi­schen Xolani und Kwanda lang­sam auf. Begehren, Provokation und Aggression wech­seln sich ab. Die bei­den sind ziem­lich unter­schied­li­che Städter: Für den Älteren bedeu­tet die Stadt öko­no­mi­sche Basis und Fluchtort, weil sei­ne Homosexualität im Dorf nichts zu suchen hat. Der jün­ge­re genießt die Freiheit , die für ihn selbst­ver­ständ­lich ist. Als Brandbeschleuniger taucht Vija auf, ein Bilderbuchmacho, der auf dem Land lebt, eine Familie gegrün­det etc.. Sein Verhältnis zu Xolani dreht sich nicht nur um Sex, aber er nutzt des­sen Sehnsucht und Sensibilität ganz selbst­ver­ständ­lich für sich aus. „Die Wunde“ spie­gelt unglaub­lich facet­ten­reich eine Gesellschaft, die von Gewalt und Herrschaftsansprüchen domi­niert wird und dabei wie eine Platte mit Sprung auf der Stelle tritt. Eben eine Männergesellschaft.

Südafrika / Deutschland / Niederlande / Frankreich 2016
Xhosa mit dt. Untertiteln, 88 Min.
Regie: John Trengove
Buch: John Trengove, Thando Mgqolozana, Malusi Bengu
Kamera: Paul Özgür 
Schnitt: Matthew Swanepoel
Mit: Nakhane Touré, Bongile Mantsai, Niza Jay Ncoyini

Die Wunde – Trailer für die offi­zi­el­le Website from Salzgeber & Co. Medien GmbH on Vimeo.