Die Wunde

Ein Film von John Trengove.

Rituale sind fes­te Bestandteile im sozia­len Leben tra­di­tio­nel­ler Gesellschaften. Sie mar­kie­ren den Wechsel von einer Lebensphase in die nächs­te und fol­gen einem fes­ten Zeremoniell. Die Normalität ist außer Kraft gesetzt, die Zeit suspendiert.
Sehr beein­dru­ckend und fast doku­men­ta­risch beginnt John Trengoves Film mit solch eimen Ritual, näm­lich dem der Beschneidung jun­ger Männer, weiß bemalt und in geschürz­tem Gewand, denen böse Geister, Jugend und Zartheit aus­ge­trie­ben wer­den sol­len. Man könn­te es auch ein Schlachtfest nen­nen. Das gan­ze fin­det auf dem Land statt, nahe einem Dorf der Xhosa, die in Südafrika ansäs­sig sind. Nach dem blu­ti­gen Höhepunkt beginnt eine Zeit der Kontemplation in klei­nen Hütten im Wald, um die Wunden hei­len zu las­sen und zu ler­nen, was man als Mann wis­sen muß: Bäume fäl­len, Tiere töten, Schmerzen nie­der­rin­gen und unmas­ku­li­ne Neigungen unter­drü­cken. Durch die­se Zeit wer­den sie von Älteren beglei­tet, die sie pfle­gen und anlei­ten. Einer von ihnen ist Xolani, er lebt in Queenstown, und soll sich beson­ders um Kwanda aus Johannesburg küm­mern, den der Vater für ver­zär­telt hält, ein Städter halt. Kwanda steht dem, was er durch­zu­ste­hen hat, kri­tisch gegen­über, läßt es aber über sich erge­hen. Ist das Ritual nur ein bru­ta­les Überbleibsel aus der Vergangenheit oder schärft es tat­säch­lich das Bewusstsein für das Erwachsenwerden, dafür, die Verantwortung für das eige­ne Leben zu übernehmen?
Wie Waldgeister schlei­chen die Gruppen der jun­gen Erwachsenen mit ihren Begleitern durch die Landschaft. Während sie nicht wis­sen, wohin die Reise geht, lädt sich das Verhältnis zwi­schen Xolani und Kwanda lang­sam auf. Begehren, Provokation und Aggression wech­seln sich ab. Die bei­den sind ziem­lich unter­schied­li­che Städter: Für den Älteren bedeu­tet die Stadt öko­no­mi­sche Basis und Fluchtort, weil sei­ne Homosexualität im Dorf nichts zu suchen hat. Der jün­ge­re genießt die Freiheit , die für ihn selbst­ver­ständ­lich ist. Als Brandbeschleuniger taucht Vija auf, ein Bilderbuchmacho, der auf dem Land lebt, eine Familie gegrün­det etc.. Sein Verhältnis zu Xolani dreht sich nicht nur um Sex, aber er nutzt des­sen Sehnsucht und Sensibilität ganz selbst­ver­ständ­lich für sich aus. „Die Wunde“ spie­gelt unglaub­lich facet­ten­reich eine Gesellschaft, die von Gewalt und Herrschaftsansprüchen domi­niert wird und dabei wie eine Platte mit Sprung auf der Stelle tritt. Eben eine Männergesellschaft.

Südafrika / Deutschland / Niederlande / Frankreich 2016
Xhosa mit dt. Untertiteln, 88 Min.
Regie: John Trengove
Buch: John Trengove, Thando Mgqolozana, Malusi Bengu
Kamera: Paul Özgür 
Schnitt: Matthew Swanepoel
Mit: Nakhane Touré, Bongile Mantsai, Niza Jay Ncoyini

Die Wunde – Trailer für die offi­zi­el­le Website from Salzgeber & Co. Medien GmbH on Vimeo.