Archiv der Kategorie: archiv

Good News

Ein Film von Hannes Schilling. Am 2.6. mit anschlie­ßen­dem Filmgespräch.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Leos Karrierekurve bewegt sich schon län­ger steil nach unten, als der Journalist ver­sucht, sich durch eine außer­ge­wöhn­li­che Story wie­der ins Gespräch zu brin­gen. Ein Bericht über eine ver­bor­gen leben­de Rebellengruppe im süd­thai­län­di­schen Urwald soll es brin­gen. Nach eini­ger Zeit vor Ort haben sich aller­dings weder wei­ter­füh­ren­de Kontakte noch ande­res Berichtenswertes erge­ben. Seine Partnerin zuhau­se ist bereits schwer genervt, er selbst ver­misst vor allem die gemein­sa­me Tochter, und der Chef schreibt unge­dul­dig Mails. Also wird Leo krea­tiv und schmückt alles aus, was er bis­her erfah­ren hat, über­nimmt frem­de Geschichten und schickt den Artikel nach Deutschland. Die Redaktion ist begeis­tert, schrei­ben kann er wohl gut, will aber Fotos. Der Fotograf ist schnel­ler bei ihm, als Leo dage­gen pro­tes­tie­ren kann. Julian ist ein Draufgänger, der nur schnell zum Fotografieren in den Dschungel fah­ren und dann wie­der weg will. Das ist unmög­lich, und die Situation wird zuneh­mend brenz­lig für Leo.
Hätte es anders kom­men kön­nen? Gab es einen Zeitpunkt, an dem Leo hät­te auf­hö­ren kön­nen? Er hat schließ­lich nicht sei­ne beruf­li­che und fami­liä­re Existenz aufs Spiel gesetzt, son­dern auch Vertraute in Thailand ver­ra­ten und aus­ge­nutzt, sich selbst und ande­re in Gefahr gebracht. Ist es sei­ne indi­vi­du­el­le Schuld, oder die sei­nes Redakteurs, oder ein kran­kes System, das nach außen die Moral hoch­hält, innen jedoch jede mög­li­che Schweinerei zum Erreichen eines Ziels erwar­tet? Wo ver­lau­fen ethi­sche Grenzen?
„… ein sehr rele­van­tes Drama über die Grenze von Lüge und Wahrheit, vor allem aber die Grauzone dazwi­schen. Hannes Schilling gelingt ein dra­ma­tur­gisch und schau­spie­le­risch über­zeu­gen­des Werk, das zum Nachdenken anregt … Schilling filmt in Schwarz-Weiß, für eine sti­li­sier­te Distanzierung. Die Filmmusik – groß­ar­tig: Lena Radivoj – bringt dis­so­nant-sphä­ri­sche Klänge in die­se an sich rea­lis­ti­sche, tat­säch­lich aber tra­gö­di­en­haft ver­dich­te­te Geschichte.“
Harald Mühlbeyer, Kino-Zeit

Credits:

DE 2024, 75 Min., Deutsch, Englisch, Thai und Melayu mit deut­schen Untertiteln,
Regie: Hannes Schilling
Schnitt: Marie Fontanel, Paul Gröbel
Kamera: Falco Seliger

mit: Ilja Stahl, Sabree Matming, Dennis Scheuermann

Trailer:
GOOD NEWS (2024) TRAILER
nach oben

Copa 71

Ein Film von Rachel Ramsay und James Erskine.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

August 1971: Mexico City ist Austragungsort für ein rie­si­ges Fußballspektakel, bei dem Teams aus England, Argentinien, Mexiko, Frankreich, Dänemark und Italien auf­ein­an­der­tref­fen. Über 100.000 Fans ver­wan­deln das his­to­ri­sche Azteca-Stadion Spiel für Spiel in einen Ort der Begeisterung, das Fernsehen berich­tet durch­ge­hend. Die Atmosphäre erin­nert an die größ­ten Momente der inter­na­tio­na­len Fußballgeschichte. Aber die­ses Turnier ist anders als alles, was es vor­her gab, denn auf dem Platz sind aus­schließ­lich Frauen. Es han­delt sich um die Copa ’71, die ers­te inof­fi­zi­el­le Frauenfußball-WM. Von der FIFA und den natio­na­len Fußballverbänden abge­lehnt, wur­de die­ses his­to­ri­sche Ereignis aus den Annalen des Fußballs ver­drängt. Doch nun erin­nert ein Dokumentarfilm an die­ses Turnier, das über zehn Jahre vor der ers­ten offi­zi­el­len Frauenfußball-Weltmeisterschaft statt­fand, und rückt die Spielerinnen der dama­li­gen Zeit, die cha­ris­ma­ti­schen Pionierinnen ihrer Sportart, end­lich ins Rampenlicht.

Es gibt viel zu erzäh­len – von der Geschichte des Frauenfußballs, der in Europa in den 1920ern auf­kam, dann vie­ler­orts als „unweib­lich“ und angeb­lich gesund­heits­schäd­lich wie­der unter­drückt und in Deutschland und England erst 197071 wie­der offi­zi­ell zuge­las­sen wur­de; über die groß­flä­chi­ge Kampagne der Organisatoren der COPA, die ihre Teams zu Medienstars mach­ten und dafür sorg­ten, dass 110.000 Menschen das Finale im sechs­größ­ten Stadium der Welt, dem Azteka-Stadium in Mexiko City, ver­folg­ten; bis hin zu den dia­bo­li­schen Machenschaften der FIFA. Nicht nur ver­such­te die FIFA, die Veranstaltung zu ver­hin­dern, im Anschluss an das Turnier unter­sag­te sie den ihr ange­schlos­se­nen Vereinen, Frauenteams bei sich trai­nie­ren zu las­sen. Für eini­ge Spielerinnen war das Turnier in Mexiko das letz­te Mal, dass sie pro­fes­sio­nell oder über­haupt Fußball gespielt haben.“ Hendrike Bake | indiekino

Vom Anfang an war uns klar, dass wir einen Film machen woll­ten, der nicht nur die his­to­ri­sche Ungleichheit her­vor­hebt, son­dern auch die invol­vier­ten Frauen wirk­lich fei­ert und ihnen die Möglichkeit gibt, gehört und aner­kannt zu wer­den. Wir woll­ten, dass die Zuschauer:innen in die Welt von Copa ´71 ein­tau­chen. Wir woll­ten einen Raum zum Lachen, zum Weinen und zum Schreien kre­ieren. Wir woll­ten auch eine wirk­lich glo­ba­le Geschichte erzäh­len, eine, die die­se ein­zig­ar­ti­ge kol­lek­ti­ve Erfahrung spie­gelt.” Regiestatement

Im August zei­gen wir in Zusammenarbeit mit der Gallerie und deren Ausstellung „She can kick it“ zwei wei­te­re Frauenfußballfime:
Marinette – Kämpferin. Fußballerin. Legende und Das Wunder von Taipeh

Credits:

GB 2023, 91 Min., Englisch/Spanisch/Italienisch/Französisch mit deut­schen Untertiteln, Regie: Rachel Ramsay und James Erskine
Schnitt: Arturo Calvete und Mark Roberts
Kamera: Angela Neil

Trailer:
nach oben

Black Tea

Ein Film von Abderrahmane Sissako. 

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Aya, eine jun­ge ivo­ri­sche Frau, sagt an ihrem Hochzeitstag zum Erstaunen und Entsetzen aller „Nein“. Sie lässt die Elfenbeinküste hin­ter sich und beginnt ein neu­es Leben in Guangzhou, China. In die­sem pul­sie­ren­den Viertel, „Chocolate City“ genannt, zählt die afri­ka­ni­sche Diaspora offi­zi­ell 20000 Menschen, geschätzt wird aber ein viel­fa­ches. Hier trifft die afri­ka­ni­sche auf die chi­ne­si­sche Kultur, hier fin­det Aya Arbeit in einem tra­di­tio­nel­len Tee-Laden. Der chi­ne­si­sche Besitzer Cai weist sie in die Kunst der Teezeremonie ein und lang­sam ent­wi­ckelt sich eine zärt­li­che Liebe zwi­schen den bei­den, eine behut­sa­me und sinn­li­che Annäherung, gelei­tet von Interesse, Neugier und Offenheit.
Abderrahmane Sissako (Regisseur u.a. von Bamako und TimbuktuBlack Tea ist sein sechs­ter Film im fsk-Kino) wirft einen höchst fas­zi­nie­ren­den Blick auf die Verflechtung der Kulturen in unse­rer heu­ti­gen glo­ba­li­sier­ten Welt. Recherchiert haben Sissako und sei­ne Drehbuchautorin Kessen Tall in Guangzhou, gedreht aber wur­de in Taiwan.
„China und Afrika unter­hal­ten viel­fa­che Beziehungen, da liegt es doch nahe, dass Menschen sich auch pri­vat näher­kom­men. Allerdings sind die Beziehungen nicht immer kon­flikt­frei: Rassismus ist in China stark ver­brei­tet, bei den Wirtschaftsbeziehungen geht es um Weltmachtpolitik und nicht um Völkerfreundschaft.
Abderrahmane Sissako weiß das alles, aber ihm geht es um eine posi­ti­ve Utopie: Black Tea hat etwas von der Traumatmosphäre des gro­ßen Studiokinos. Die Kultur des Tees, die auf jahr­hun­der­te­al­tem Wissen und auf Plantagen in wun­der­schö­nen Landschaften beruht, ist so etwas wie eine moder­ne Religion, auf die sich ein Mann aus China und eine Frau aus der Elfenbeinküste eini­gen kön­nen. Je mehr Aya und Cai ein­an­der näher­kom­men, des­to deut­li­cher wird auch eine lan­ge Geschichte der Beziehungen zwi­schen China und Afrika erkenn­bar. Politik ist all­ge­gen­wär­tig in Black Tea, aber sie bleibt im Hintergrund. Im Vordergrund sehen wir eine fast schon zere­mo­ni­el­le, äußerst sub­til insze­nier­te Romanze mit Hindernissen, die zum Schönsten gehört, das man zuletzt im Kino sehen konn­te.“
Bert Rebhandl | Tip-Magazin

Credits:

FR/MR/LU/TW/CI 2024, 111 Min., Mandarin, Französisch, Englisch, Portugiesisch OmU
Regie: Abderrahmane Sissako
Kamera: Aymerick Pilarski
Schnitt: Nadia Ben Rachid
mit Nina Mélo, Chang Han, Wu Ke-Xi, Michael Chang

Trailer:
nach oben

Moria Six

Ein Film von Jennifer Mallmann. 

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Nachdem ein Feuer das Camp Moria im September 2020 kom­plett ver­nich­tet hat­te, wur­de es gespens­tisch still. Nicht nur vor Ort, son­dern auch im öffent­li­chen Diskurs. Weder die men­schen­rechts­wid­ri­gen Bedingungen in den wei­te­ren Lagern an den Außengrenzen Europas noch die zahl­lo­sen Pushbacks im Mittelmeer schie­nen die Allgemeinheit näher zu beschäf­ti­gen. Auch die Verhaftung der sechs Jugendlichen, die man der Brandstiftung bezich­tig­te, blieb ohne weit­hin hör­ba­res Echo – obwohl schon ein zwei­ter Blick auf die Umstände der Ermittlungen und den fol­gen­den Strafprozess das Vorgehen der grie­chi­schen Justiz als frag­wür­dig offen­bar­te. Ganz zu schwei­gen von der zugrun­de lie­gen­den Flüchtlingspolitik der Europäischen Union.
Jennifer Mallmann wagt mit ihrem Film die­sen zwei­ten Blick. Im Zentrum steht ihr Briefwechsel mit Hassan, einem der ver­ur­teil­ten Jugendlichen, der ihr aus dem Gefängnis von sei­nem Alltag, sei­nen Wünschen und Ängsten berich­tet. Ruhige, exakt kadrier­te Bilder doku­men­tie­ren „Normalität“ an den Rändern der Festung Europa. Sie zei­gen, wie stra­te­gi­sche Abschottung und die damit ein­her­ge­hen­de struk­tu­rel­le Ausgrenzung funk­tio­nie­ren. Wer wis­sen will, wie sich unse­re Staatengemeinschaft ihre Zukunft vor­stellt, muss nur die neu errich­te­ten, futu­ris­ti­schen Hochsicherheitslager betrach­ten. Dort wer­den die Ankommenden behan­delt wie Menschen, die schwe­re Verbrechen began­gen haben. 

Credits:

DE 2024, 82 Min., OmU,
Regie: Jennifer Mallmann
Kamera: Sina Diehl
Schnitt: Maxie Borchert

Trailer:
nach oben

Spielerinnen

Ein Film von Aysun Bademsoy.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Vor 30 Jahren begann die Filmemacherin Aysun Bademsoy eine Langzeitbeob­achtung der ers­ten tür­ki­schen Frauen-Fußballmannschaft außer­halb der Türkei. Mit Mäd­chen am Ball (1995) zeig­te sich, dass der BSC Agrispor in Berlin-Kreuzberg mehr als nur ein Sportverein für die Heranwachsenden war: inmit­ten von Tur­nieren und Freundschaften gewan­nen die Spielerinnen ein neu­es Selbstbild in einem Land und zu einer Zeit, in der Rassismen wie­der offen in die Straßen ge­tragen wur­den. Zwei Jahre danach folg­te Nach dem Spiel, und erst elf Jahre spä­ter Ich gehe jetzt rein.
Viel hat sich ver­än­dert in der Zeit, nicht nur im Leben von Türkan, Nalan, Na­zan und Arzu. Im vier­ten Teil Spielerinnen hat sich der Kreis der Protagonistinnen auf die nächs­te Generation erwei­tert. Durch die­sen Fo­kus – Jugendliche, die in Berlin gebo­ren und aufge­wachsen sind, sich aber den­noch ent­frem­det von einer Mehrheitsgesellschaft füh­len und in kon­ser­va­ti­ve Rollenbilder flüch­ten – wirft die Filmemacherin sub­til die drän­gen­den Fragen unse­rer Gegenwart auf. Welche Perspektiven bie­tet Deutschland jun­gen Menschen und wie ver­bun­den ist die zwei­te Einwanderer­generation noch mit den Erfahrungen ihrer Eltern?

Credits:

DE 2024, 86 Min., deutsch, tür­ki­sche OmU
Regie: Aysun Bademsoy

Kamera: Isabelle Casez, Ines Thomsen
Schnitt: Maja Tennstedt

Trailer:
nach oben

Zikaden

Ein Film von  Ina Weisse. Am 23.6. mit anschlie­ßen­dem Filmgespräch.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Isabell erkennt erschro­cken, dass ihre Eltern nicht mehr allei­ne zurecht­kom­men, und muss sich küm­mern. Während sie pen­delt, zwi­schen Berlin und dem bran­den­bur­gi­schen Land, wo ihr einst berühm­ter Architekten-Vater ein Haus im moder­nis­ti­schen Stil hat bau­en las­sen, sucht sie ver­zwei­felt Pflegepersonal. Die Eltern müs­sen auch noch davon über­zeugt wer­den, sich hel­fen zu las­sen. In die­ser ange­spann­ten Situation trifft Isabell im Ort immer wie­der auf die eigen­wil­li­ge Anja, eine allein­er­zie­hen­de Mutter, die mit ihren eige­nen Herausforderungen zu kämp­fen hat. Als Anja und ihre klei­ne Tochter Greta zuneh­mend in Isabells Leben tre­ten, ent­steht eine uner­war­te­te Bindung zwi­schen den bei­den Frauen. Gleichzeitig beginnt Isabell, an dem Leben zu zwei­feln, das sie bis­lang für sicher und ver­traut hielt, zumal ihre Ehe mit Philippe ers­te Risse zeigt.
Ina Weisse: „Ist zwi­schen den bei­den sehr unter­schied­li­chen Frauen, die aus ganz unter­schied­li­chen Milieus kom­men, eine Freundschaft mög­lich? Sie tref­fen in einer schwie­ri­gen Phase ihres Lebens auf­ein­an­der. Sie rin­gen um Selbstbestimmung. Sie  sind so damit beschäf­tigt, sich um  ande­re zu küm­mern, dass sie sich selbst ver­ges­sen haben. Die Annäherung, wie sie sich gegen­sei­tig beob­ach­ten, vor­ein­an­der zurück­wei­chen, ver­un­si­chert sind und dann wie­der auf­ein­an­der zuge­hen, die­se Zwischentöne sind inter­es­sant für mich.“ 
„… ein Film, der immer in Bewegung ist, obwohl Stasis herrscht, Eiszeit in den som­mer­li­chen Bildern von Kamerafrau Judith Kaufmann, der kei­nen fes­ten Boden unter die Füße bekommt im ste­ten Rhythmus, den Hansjörg Weißbrich ein­mal mehr traum­wand­le­risch sicher gefun­den hat: eine Frau, naja, am Rande des Nervenzusammenbruchs, der das Leben zu ent­glei­ten droht, die har­mo­ni­sche Fassade vor ihren Augen zer­brö­selt. Entsprechend kreist alles um das Haus der Eltern in der Provinz, das der Vater ent­wor­fen und gebaut hat, ein Haus vol­ler Geister und Erinnerungen.“ Thomas Schultze |SPOT media & film

Credits:

DE/FR 2024, 100 Min.,
Regie:  Ina Weisse 

Kamera: Judith Kaufmann
Schnitt: Hansjörg Weißbrich
mit Nina Hoss, Saskia Rosendahl, Vincent Macaigne, Thorsten Merten

Trailer:
ZIKADEN | Trailer deutsch
nach oben
Im Prinzip Familie

Im Prinzip Familie

Ein Film von Daniel Abma. Ab 5.6. im fsk. Am 9.6. mit anschlie­ßen­dem Filmgespräch.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Der neue Film von Daniel Abma (Autobahn 2019, Nach Wriezen 2012) ist zeit­wei­se Mal ein rich­ti­ger „Tearjerker“, aber auch alle, die weit weg vom Wasser gebaut haben, dürf­ten sich gerührt füh­len.
In einem Haus am Ufer eines idyl­li­schen Sees arbei­ten drei Erzieher:innen im Schichtdienst in einer Wohngruppe mit fünf vor­pu­ber­tä­ren Jungen. Die Kinder nen­nen sie Herr Wagner, Frau Wagner und Herr Gerecke. Kochen, waschen, ein­kau­fen, die Kinder zum Schulbus und zu und Freizeitaktivitäten zu brin­gen, gehört eben­so zu ihrem Alltag, wie zuhö­ren, trös­ten, auf dem Sofa kuscheln, Filmabende und Gute-Nacht-Geschichten vor­le­sen. Die Betreuer:innen wol­len kei­ne Ersatzeltern sein, und den­noch zei­gen, wie sich ein fami­liä­res Miteinander anfüh­len kann.
Alle Kinder, die hier leben, ver­eint vor allem eines: der Wunsch eines Tages nach Hause zurück­zu­keh­ren. Dafür set­zen sich die Erzieher:innen uner­müd­lich ein: sie spre­chen mit Vormund, Eltern und Jugendamt, doku­men­tie­ren, orga­ni­sie­ren, set­zen gemein­sam Ziele und tref­fen Verabredungen – und wer­den häu­fig ent­täuscht, weil die­se nicht ein­ge­hal­ten wer­den. Das erin­nert an einen Kampf gegen Windmühlen, an den Grenzen eines über­for­der­ten Systems.
„Im Prinzip Familie gelingt damit, was nur den bes­ten Dokumentarfilmen gelingt: allein durch inten­si­ves Hinschauen Vorurteile abzu­bau­en und neue Perspektiven zu eröff­nen. Er zeigt (zwischen)menschliche Höhen und Tiefen, die schö­nen und die schwie­ri­gen Momenten zwi­schen Sozialarbeiter*innen und Kindern, Konflikte und Versöhnung, schickt sein Publikum auf eine emo­tio­na­le Achterbahnfahrt aus Freude, Wut, Verständnis und Mitgefühl. Und ver­mit­telt dabei ein­drück­lich und auf­dring­lich, wie kom­plex Menschen und ihre Probleme sind.“ Christian Neffe | kino-zeit

Credits:

DE 2024, 91 Min., dt. OmeU
Regie: Daniel Abma

Kamera: Johannes Praus
Schnitt: Jana Dugnus 

Trailer:
nach oben

Das Fest geht weiter!

Ein Film von Robert Guédiguian. 

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]


Nach einem Ausflug ins afri­ka­ni­sche Mali kehrt der fran­zö­si­sche Regisseur Robert Guédiguian für Das Fest geht wei­ter in sei­ne Heimat Marseille zurück, der Stadt in der er einen Großteil sei­ner Filme insze­niert hat, deren Menschen und Macken er kennt und por­trä­tiert wie kein Zweiter. Fast doku­men­ta­risch mutet sein Blick daher an, sozia­lis­tisch und huma­nis­tisch, wenn­gleich auch zuneh­mend skeptisch.Am 5. November 2018 stürz­ten in Marseille zwei Gebäude ein, acht Menschen kamen unter den Trümmern ums Leben. Schauplatz war das Viertel Noailles, unweit des Hafens gele­gen, dort wo das tra­di­tio­nel­le Marseille noch deut­li­cher zu spü­ren ist, als in den schi­cke­ren, moder­ne­ren Vierteln. …
Mit Bildern der ein­ge­stürz­ten Häuser beginnt Das Fest geht wei­ter und ver­or­tet sich dadurch kon­kret in Raum und Zeit, auch wenn sich im Folgenden die Geschichte um fik­ti­ve Figuren ent­wi­ckelt. Die wer­den aller­dings von Schauspielern ver­kör­pert, die schon oft in den Filmen von Robert Guédiguian zu sehen waren, die dadurch fast eben­so wie Einwohner von Marseille wir­ken, wie der Autor und Regisseur selbst zu einer Art Chronist sei­ner Heimatstadt gewor­den ist.
Hauptfigur ist Rosa, Witwe, Mutter von zwei schon erwach­se­nen Söhnen. Als Krankenschwester arbei­tet sie, bald will sie in den Ruhestand gehen, was für eine umtrie­bi­ge, sozi­al enga­gier­te Person wie sie es ist, kaum denk­bar erscheint. Nicht nur im Krankenhaus, auch im Privaten küm­mert sich Rosa eher um ande­re Menschen als um sich selbst … . Aus die­sem Grund kan­di­diert die umtrie­bi­ge Rosa auch bei den bald anste­hen­den Kommunalwahlen, ange­sichts ihrer Beliebtheit im Viertel steht ihrem Einzug in den Stadtrad nichts ent­ge­gen. Doch dann lernt Rosa Alice Vater Henri ken­nen, der gera­de sein klei­nes Buchgeschäft auf­ge­ge­ben hat und sich nun end­gül­tig aus­schließ­lich den schö­nen Dingen des Lebens wid­men möch­te. Zum ers­ten Mal seit sehr lan­ger Zeit spürt Rosa das Bedürfnis, sich mehr um sich selbst zu küm­mern.
Auf dem Papier könn­te man Das Fest geht wei­ter für eine leich­te, harm­lo­se roman­ti­sche Komödie hal­ten, in der ein älte­res Paar ein spä­tes Glück erlebt. Doch auch wenn Robert Guédiguian nicht mit Bildern glei­ßen­der Sonnenuntergänge spart, in denen Marseille traum­haft schön wirkt, hat sein Film auch eine ande­re Ebene. Als aus­ge­wie­se­ner Sozialist hat der inzwi­schen 71jährige Regisseur immer wie­der die Notwendigkeit und Bedeutung von per­sön­li­chem Engagement the­ma­ti­siert, vom gesell­schaft­li­chen Miteinander, von Bürgerinitiativen und leb­haf­ten, laut­star­ken Protesten.“ Michael Meyns

Credits:

Et la fête con­ti­nue ! 
FR/IT 2023, 106 Min., frz. OmU
Regie: Robert Guédiguian
Kamera: Pierre Milon
Schnitt: Bernard Sasia
mit: Ariane Ascaride, Jean-Pierre Darroussin, Gérard Meylan, Lola Naymark, Grégoire Leprince-Ringuet, Robinson Stévenin.

Trailer:
nach oben

Einfach Machen! She-Punks von 1977 bis heute

Ein Film von Reto Caduff.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Östro 430, Mania D, Malaria!, Kleenex, LiLiput – wer die­se Namen kennt, weiß, wovon ich schrei­be: Rein weib­li­che Punk – oder Experimental/Wave-Bands. kra­chi­ge Musik, schril­les, schlam­pig-bun­tes oder extrem sti­li­sier­tes Outfit, über 40 Jahre zurück. „Jeder durf­te, kaum einer konn­te“ galt auf ein­mal nicht nur für die Jungs, son­dern auch für die Mädels.
Einfach machen! She-Punks von 1977 bis heu­te por­trä­tiert Künstlerinnen, die 40 Jahre spä­ter immer noch oder wie­der zusam­men auf der Bühne ste­hen. Als Pionierinnen des deutsch­spra­chi­gen She-Punk tei­len Gudrun Gut, Beate Bartel, Bettina Köster, Sara Schär, Klaudia Schifferle, Martina Weith und Bettina Flörchinger ihre Erfahrungen und Geschichten. Trotz des unter­schied­li­chen Sounds der Bands und ohne es damals zu wis­sen, waren sie Teil einer weib­li­chen Revolution in der Musikindustrie, die nach­fol­gen­de Künstlerinnen nach­hal­tig geprägt hat. Ein Film über Punk als Lebensgefühl aus weib­li­cher Perspektive, Feminismus mit Gitarrenriff und das unver­gleich­li­che Lebensgefühl der spä­ten 70er und frü­hen 80er Jahre.

Die Erfahrungen, die die Protagonistinnen hier schil­dern, sind auf visu­el­ler Ebene unter ande­rem mit Fotos und mit his­to­ri­schen Aufnahmen illus­triert. Hinzu kom­men Ausschnitte aus alten TV-Sendungen wie Formel Eins. Diese unter­strei­chen zum einen die bemer­kens­wer­te Originalität der Bands. (…) Zum ande­ren wird zum Beispiel bei einem Auftritt der Östro-430-Sängerin und Saxofonistin Martina Weith in der Michael Braun Talkshow im WDR der Sexismus der Zeit spür­bar, wenn der Moderator non­cha­lant mit Begriffen wie „Weiberband“ um sich wirft.“
Andreas Köhnemann | Kino-Zeit

Credits:

DE/CH 2024, 89 Min., deut­sche OmeU
Regie: Reto Caduff

Kamera: Roman Schauerte, Stephan Huwyler
Schnitt: Beatrice Babin, Ginés Olivares 

Trailer:
nach oben

Barbara Morgenstern und die Liebe zur Sache

Ein Film von Sabine Herpich.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Barbara Morgenstern, Pionierin des lyri­schen Elektro-Pop, arbei­tet an einem neu­en Album. In ihrer Wohnung ent­ste­hen ers­te Texte und Harmonien. Bei den Proben mit ihrer Band feilt sie an Arrangements. Es fol­gen die Aufnahmen in den legen­dä­ren Berliner Hansa-Studios, Pressefotos, die Gestaltung des Plattencovers, ein ers­tes Musikvideo, die Tourplanung. Im Hintergrund gibt es Fragen: Wie expe­ri­men­tell darf das Album wer­den, wie poli­tisch soll es sein, in wel­chem Format kann es live prä­sen­tiert wer­den? Am Ende steht Morgenstern auf der Bühne, um das ers­te Mal für ihre Fans die neu­en Lieder zu spie­len, die Lieder von „In ande­rem Licht“.

Mit zuge­wand­tem, ruhi­gem Blick beglei­tet die Regisseurin Sabine Herpich (Kunst kommt aus dem Schnabel wie er gewach­sen ist) in ihrem Film Morgensterns künst­le­ri­schen Arbeitsprozess von den ers­ten intui­ti­ven Ideen bis zur Live-Performance. Die Entstehung des Albums gelingt, weil die ein­zel­nen Stimmen auf­ein­an­der hören. Wie neben­bei ent­wi­ckelt sich so das inti­me Porträt einer Künstlerin, für die Musik Rückzugsort, Trost und Freundschaft ist – und das Mittel der Wahl, um über die eige­ne Position in der Welt nach­zu­den­ken. Ein Film über die Liebe zur Sache.

Barbara Morgenstern und die Liebe zur Sache ist kein Fly-on-the-Wall-Film, der aus Immersionsdrang her­aus die Anwesenheit der Kamera und des Tonaufnahmegeräts zu ver­schlei­ern ver­sucht, auch kei­ne blo­ße „teil­neh­men­de Beobachtung“, die semi­di­stan­ziert Bilder und Töne regis­triert, um sie spä­ter in neu­er Ordnung zu mon­tie­ren. Vielmehr sehen wir einen anteil­neh­men­den, die Protagonistin an der Erzählweise teil­ha­ben las­sen­den Dokumentarfilm. Der Weg hin zum „Endprodukt“ hat bei Morgenstern – von deren Musik man übri­gens kein Fan sein muss, um ihr ger­ne zu fol­gen – etwas Spielerisches. Ein mit der Kamera spie­len­der Spaß, der zwi­schen den Zeilen zum Ernst, zum ret­ten­den Anker in Zeiten von Einsamkeit und Unruhe wird.“ Tilman Schumacher | critic.de

Credits:

DE 2024, 109 Min., dt. OmeU
Regie, Kamera & Schnitt: Sabine Herpich
Ton: Sabine Herpich, Tobias Büchner
Produktion: Tobias Büchner

Trailer:
nach oben