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Ha’Mishlahat

Delegation

Ein Film von Asaf Saban. Im Januar im fsk.

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Wie Tausende ande­re jun­ge Menschen aus Israel reist eine Gruppe quer durch Polen, um an authen­ti­schen Schauplätzen etwas über die Geschichte ihrer Vorfahren und dere­nys­te­ma­ti­sche Vernichtung durch die deut­schen NS-Besatzer zu erfah­ren. Dabei wer­den Frisch, Ido, Nitz und ihre Klassenkamerad*innen nicht nur von Zeitzeugen beglei­tet, son­dern auch von Sehnsüchten und Sorgen, wel­che alle Teenager in die­sem Alter umtrei­ben – die ers­te Liebe, die ers­te Enttäuschung, die ers­te Identitätssuche, die ers­te Fernreise ohne den kon­trol­lie­ren­den Blick der Eltern.

Das Coming-of-Age-Roadmovie zeigt einer­seits eine Reise, die pro­to­ty­pisch für jene Mischung aus hoch­emo­tio­na­ler Geschichtsstunde und Partytour ist, wie sie vie­le Jugendliche aus Israel erlebt haben, bevor sie in die Armee ein­ge­zo­gen wur­den. Gleichzeitig schil­dert der Film ein fili­gra­nes Beziehungsdreieck, das von einer Überdosis an Impressionen und Hormonen kräf­tig durch­ge­rüt­telt wird. Der Film schafft es gekonnt, die Bustour weder als blo­ßes Erinnerungskultur-Theater zu dis­kre­di­tie­ren noch sie pathe­tisch zu über­hö­hen. Vielmehr zeich­net er ein warm­her­zi­ges, glaub­wür­di­ges Panorama über das Erwachsenwerden und die Schwierigkeiten der
Erinnerungskultur im 21. Jahrhundert – auch dank der her­aus­ra­gen­den Leistungen der jun­gen Hauptdarsteller*innen, allen vor­an Neomi Harari als drauf­gän­ge­ri­sche und gleich­zei­tig ver­letz­li­che Nitzan.
[Rainer Mende]

Credits:

Ha’Mishlahat
IL/PL/DE 2023, 101 Min., Polish, English, Hebrew
OmU
Regie: Asaf Saban
Kamera: Bogumił Godfrejów
Schnitt: Michal Oppenheim
mit: Neomi Harari, Yoav Bavly, Leib Lev Levin,
Ezra Dagan, Alma Dishy u. a.

Trailer:
Delegation | Trailer [HD]
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Faruk

Faruk

Ein Film von Aslı Özge. Im Januar im fsk.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Der über 90-jäh­ri­ge Faruk wird zuse­hends zur Hauptfigur des Films, den sei­ne Tochter über den dro­hen­den Abriss sei­nes Wohnblocks in Istanbul dreht. In der Hoffnung, den Abriss des Hauses, in dem er meh­re­re Jahrzehnte sei­nes Lebens ver­bracht hat, noch abzu­wen­den, besucht Faruk regel­mä­ßig Sitzungen der Gebäudeverwaltung. Während die Tochter ihren Vater filmt, begin­nen die Grenzen zwi­schen Realität und Fiktion zu ver­schwim­men.
Gedreht an Originalschauplätzen, basie­rend auf wah­ren Begebenheiten und inspi­riert von rea­len Personen, gibt Aslı Özges neu­er Film Einblick in das Leben eines betag­ten Mannes in der leb­haf­ten Metropole Istanbul. Im Vordergrund ste­hen dabei neben den Folgen von Gentrifizierung auch die Verstrickungen inner­halb einer kom­ple­xen Vater-Tochter-Beziehung.

Credits:

DE/TR/FR 2024, 97 Min., tür­ki­sche OmU
Regie: Aslı Özge
Kamera: Emre Erkmen
Schnitt: Andreas Samland, Aslı Özge
mit: Faruk Özge, Derya Erkenci, Gönül Gezer, Nurdan Çakmak, Semih Arslanoğlu, Fikret Özge

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No Bears

Ein Film von Jafar Panahi. Im Januar im fsk.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Jafar Panahi dreht dies­mal einen Film über ein Liebespaar, das mit gefälsch­ten Pässen nach Frankreich flüch­ten will – in der Türkei. Doch wie schafft das der ira­ni­sche Regisseur, der ein Arbeitsverbot hat und das Land nicht ver­las­sen darf? Panahi hat sich in eine Provinz nahe der ira­nisch-tür­ki­schen Grenze zurück­ge­zo­gen und gibt sei­nem Regieassistenten über eine höchst insta­bi­le Internetverbindung Anweisungen. Nachts tref­fen sie sich heim­lich zur Übergabe der Festplatte mit dem neus­ten Drehmaterial. Aber Panahis Filme sind stets mehr­di­men­sio­nal. Wie schon zuvor ver­webt er auch hier geschickt Fiktion und Wirklichkeit, denn auch das länd­li­che Dorf ist Schauplatz einer fik­ti­ven Geschichte – über einen Regisseur, der den staat­li­chen Repressionen zum Trotz ver­sucht, sei­ne Arbeit als Filmemacher fort­zu­set­zen. Obwohl er sich unauf­fäl­lig ver­hält, um nicht iden­ti­fi­ziert und den Behörden gemel­det zu wer­den, gerät er wegen eines ver­meint­lich geschos­se­nen Fotos in Schwierigkeiten. Er soll ein Liebespaar abge­lich­tet haben, aber der jun­ge Mann war nicht der Verlobte, dem das Mädchen ver­spro­chen ist. Schon bald steht das gan­ze Dorf Kopf.

Auch in «No Bears» sind Panahis auto­bio­gra­fi­sche Erfahrungen und die Entstehungsbedingungen sei­nes Werks ein zen­tra­les Motiv. Er hat damit einen ein­drucks­vol­len, wenn auch für ihn gefähr­li­chen Weg gefun­den, für die Freiheit des Kunstschaffens im Iran zu kämp­fen. Darüber hin­aus ist «No Bears» eine viel­schich­ti­ge Parabel über den beklem­men­den Stillstand einer Gesellschaft und die pani­sche Ablehnung von Veränderung: in der Stadt unter dem Druck der Autoritäten, im Dorf in der Befangenheit des Aberglaubens. Wie macht man Kunst, um die Gesellschaft zum Wandel zu bewe­gen, wenn die­se es nicht will? Zu die­ser Frage kehrt «No Bears» immer wie­der zurück und ver­zwei­felt dabei lei­se an der Welt. Der Film gewann an den Filmfestspielen von Venedig den Spezialpreis der Jury, Jafar Panahi selbst wur­de im Juli erneut inhaf­tiert und vor Kurzem auf Kaution wie­der freigelassen.

Credits:

Khers nist 
IR 2022, 107 Min., far­si OmU
Regie: Jafar Panahi
Kamera: Amin Jafari
Schnitt: Amir Etminan
mit: Naser Hashemi, Jafar Panahi, Vahid Mobasheri
, Mina Kavani

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Souleymans Geschichte

Souleymans Geschichte

Ein Film von Boris Lojkine. Ab 19.2. im fsk.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Schon von Berufs wegen kommt Souleyman (Abou Sangare) kaum zur Ruhe: Als Fahrradkurier rast er durch die Straßen von Paris, hetzt von Restaurants zu Empfängern, uner­bitt­lich über­wacht von der App sei­nes Auftragsgebers. Jede Minute zählt, Zeit ist Geld, all­zu viel bleibt am Ende der Woche ohne­hin nicht übrig, denn Souleyman ist ein sans-papier, ein Migrant ohne Papiere, der des­we­gen kei­ner regu­lä­ren Arbeit nach­ge­hen kann.

So mie­tet er qua­si das lega­le Konto eines Kameruners, der schon län­ger in Frankreich ist, der legal vor Ort ist und des­we­gen auch schon mal über „die­se Afrikaner“ motzt, die immer wie­der ihren Ruf als unzu­ver­läs­sig zu bestä­ti­gen schei­nen. Nur die Hälfte sei­nes Verdienstes kann Souleyman behal­ten, zumin­dest ist das die Abmachung, aber dass dar­aus nichts wird, ahnt man schnell.

Dabei braucht Souleyman jeden Euro, man­chen schickt er nach Hause, zu sei­ner Mutter, die teu­re Medikamente braucht, von denen er nicht weiß, ob sie sie bekommt. In Paris wie­der­um steht bald ein ent­schei­den­der Moment an, der über Souleymans Schicksal ent­schei­den könn­te: Ein Termin beim Amt für Migration, wo der Mann aus Guinea eine wil­de Geschichte auf­ti­schen will: Ein Mitglied der UFDG, der Union des forces démo­cra­ti­ques de Guinée behaup­tet Souleyman zu sein, eine der poli­ti­schen Fraktionen sei­ner Heimat, er behaup­tet, poli­tisch ver­folgt zu sein und bit­tet daher um Asyl. Reine Phantasie ist die­se Story, Souleyman lernt sie wie in der Schule aus­wen­dig, bekommt von einem Mittelsmann die pas­sen­den Papiere, einen Mitgliedsausweis der Partei und ande­res besorgt – natür­lich für Geld.

Während zu Hause in Guinea eine Frau auf ihn war­tet, lebt Souleyman in Paris in einer Unterkunft für Asylsuchende, irgend­wo am Rand der Stadt, weit weg vom Zentrum der Metropole, deren Dienstleistungsgewerbe ohne Migranten wie Souleyman nicht mehr funk­tio­nie­ren wür­de, in der sich bes­ser­ste­hen­de Franzosen aber eben so sehr über eine Veränderung des Stadtbildes bekla­gen dürf­ten, wie Friedrich Merz und Co.

In einem frü­he­ren Film hat­te der fran­zö­si­sche Autor und Regisseur Boris Lojkine den lan­gen Weg von Westafrika nach Europa beschrie­ben, in „Souleymans Geschichte“ geht es nun um das Schicksal, das vie­le Migranten im Herzen Frankreichs erle­ben. Hauptdarsteller Abou Sangare stammt selbst aus Guinea, einer ehe­ma­li­gen fran­zö­si­schen Kolonie in Westafrika, spielt hier sei­ne ers­te Rolle in einem Film, in die auch eige­ne Erlebnisse ein­ge­flos­sen sind.

In jeder Szene ist Souleyman zu sehen, ganz nah bleibt die Kamera an ihm dran, folgt ihm, wenn er durch die Straßen fährt, Autos aus­weicht, mög­lichst schnell sei­ne Lieferungen erle­di­gen will. Kontakt mit Kunden, mit wei­ßen Franzosen, gibt es kaum, auch in den Restaurants wer­den Lieferanten wie Souleyman meist nicht ger­ne gese­hen, müs­sen oft drau­ßen war­ten, trotz der Kälte. Und immer droht die Gefahr, eine schlech­te Bewertung zu bekom­men, eine zer­knit­ter­te Tüte kann aus­rei­chen, wür­de den Jobverlust bedeu­ten, die Probleme verschärfen.

Unterstützung erhält Souleyman von kaum jeman­den, in der Unterkunft hat er einen Freund, für ein paar Momente tauscht man sich aus, herrscht so etwas wie Normalität, doch früh am nächs­ten Morgen geht die Hetze wie­der los. Unerbittlich schil­dert Lojkine die­ses Leben, das exem­pla­risch für das vie­ler Migranten steht, die irgend­wie im Westen blei­ben wol­len, dem Staat nicht auf der Tasche lie­gen, von den Strukturen der Gig-Economy jedoch nur all­zu ger­ne aus­ge­nutzt werden.

Wer Lieferando oder Flink benutzt, wer sei­ne Pakete von Amazon bekommt, mag nach die­sem Film beim nächs­ten Mal viel­leicht ein biss­chen genau­er hin­schau­en, wer denn da das Essen oder Anderes lie­fert. Meist sind das auch in Deutschland Menschen mit Migrationshintergrund, denn ande­re haben auf die­se Jobs meist kei­ne Lust. Ihr Schicksal stellt „Souleymans Geschichte“ in den Mittelpunkt, ihnen ver­leiht Boris Lojkines ein­dring­li­cher Film eine Stimme. Michael Meyns | programmkino.de

Credits:

L’Histoire de Souleymane
FR 2024, 93 Min., Französisch, Pular, Maninka OmU
Regie: Boris Lojkine
Kamera: Tristan Galand
Schnitt: Xavier Sirven
mit: Abou Sangare, Nina Meurisse, Alpha Oumar Sow, Emmanuel Yovanie, Younoussa Diallo, Ghislain Mahan, Mamadou Barry, Yaya Diallo, Keita Diallo

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Winter in Sokcho

Ein Film von Koya Kamura. Ab 5.2. im fsk. 

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Eine sen­si­ble und sinn­li­che Verfilmung des Romans von Elisa Shua Dusapin, in der Roschdy Zem die Rolle eines ein­sa­men Comiczeichners spielt, der in einem ver­schnei­ten süd­ko­rea­ni­schen Badeort gestran­det ist.
In Sokcho, einer klei­nen Stadt am Meer in Südkorea, führt die 23-jäh­ri­ge Soo-Ha ein rou­ti­nier­tes Leben zwi­schen den Besuchen bei ihrer Mutter, einer Fischhändlerin, und der Beziehung zu ihrem Freund Jun-oh. Die Ankunft des Franzosen Yan Kerrand in der Pension, in der sie arbei­tet, weckt Fragen über ihre eige­ne Identität. Während der Winter die Stadt betäubt, beob­ach­ten sie sich gegen­sei­tig, prü­fen sich und knüp­fen eine zer­brech­li­che Verbindung.

Credits:

FR 2024, 105 Min., Französisch, Koreanisch, Englisch OmU
Regie: Koya Kamura
Kamera: Élodie Tahtane
Schnitt: Antoine Flandre
mit: Bella Kim & Roschdy Zem

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Father Mother Sister Brother

Ein Film von Jim Jarmusch. Ab 26.2. im fsk. Preview am 1.1.

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Father Mother Sister Brother ist ein behut­sam als Triptychon kom­po­nier­ter Spielfilm. Die drei Geschichten krei­sen um die Beziehungen erwach­se­ner Kinder zu ihren teils distan­zier­ten Eltern und unter­ein­an­der. Jedes der drei Kapitel spielt in der Gegenwart, jedes in einem ande­ren Land: FATHER ist im Nordosten der USA ange­sie­delt, MOTHER in Dublin und SISTER BROTHER in Paris. Es ist eine Reihe von Charakterstudien, ruhig, beob­ach­tend und ohne Wertung – und zugleich eine Komödie, durch­zo­gen von fei­nen Fäden der Melancholie.

Father Mother Sister Brother wur­de bei den Filmfestspielen von Venedig mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet.

Mit „Father Mother Sister Brother“ folgt Jarmusch nun einem noch weit schlich­te­ren Konzept – und fast scheint es so, als habe sich der Autorenfilmer zwi­schen­zeit­lich Inspiration von einem ande­ren Regisseur geholt: dem hier­zu­lan­de noch immer über­se­he­nen Hong-Sang soo („Right Now, Wrong Then“), der nur des­halb so unglaub­lich pro­duk­tiv sein kann, weil er für sei­ne Filme kaum mehr braucht als sein Stamm-Ensemble, Tisch und Stühle sowie einen Vorrat an Reiswein. Die meis­ter­li­che Observierung sozia­ler Awkwardness, vor allem aber die von Wiederholungen bestimm­te epi­so­dische Struktur von „Father Mother Sister Brother“ erin­nern unwei­ger­lich an das unver­wech­sel­ba­re Dialogkino des Südkoreaners.” Filmstarts

Credits:

US,FR,IT,DE,IR 2025, 101 Min., Englisch OmU
Regie: Jim Jarmuch
Kamera: Frederick Elmes, Yorick Le Saux
Schnitt: Affonso Gonçalves
mit: Tom Waits, Adam Driver, Mayim Bialik, Charlotte Rampling, Cate Blanchett, Vicky Krieps, Sarah Greene, Indya Moore, Luka Sabbat, Françoise Lebrun

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Schwesterherz

Ein Film von Sarah Miro Fischer. 

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Rose und ihr älte­rer Bruder Sam haben eine enge Bindung. Als Sam der Vergewaltigung beschul­digt wird, soll Rose im Rahmen der Ermittlungen gegen ihn aus­sa­gen. Das stellt sowohl die Beziehung der bei­den als auch Roses mora­li­sche Integrität auf die Probe.
Regisseurin Sarah Miro Fischer erkun­det in Schwesterherz eine inni­ge Geschwisterbeziehung. Sie unter­sucht, inwie­fern die Nähe zu einer Person den Blick auf die Realität ver­stel­len kann und wel­che Ereignisse die Kraft haben, auch die engs­ten Bindungen zu zer­stö­ren. In ihrer Arbeit mit den Schauspieler*innen legt sie beson­de­ren Wert auf kör­per­li­chen Ausdruck, um Geschichten auch jen­seits des gespro­che­nen Worts erzäh­len zu können.

Credits:

DE/ES 2025, 96 Min., Deutsch, Englisch OmU
Regie: Sarah Miro Fischer
Kamera: Selma von Polheim Gravesen
Schnitt: Elena Weihe
mit: Marie Bloching, Anton Weil, Proschat Madani, Laura Balzer, Jane Chirwa

Trailer:
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White Snail

Ein Film von Elsa Kremser und Levin Peter. Ab 29.1. im fsk. Am 31.1. mit anschlie­ßen­dem Filmgespräch.

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Masha, ein bela­rus­si­sches Model, träumt von einer Karriere in China. Misha arbei­tet in einer Minsker Leichhalle und erweckt die Toten in sei­nen Ölgemälden zum Leben. Die bei­den Außenseiter füh­len sich auf unge­wöhn­li­che Weise von­ein­an­der ange­zo­gen und strei­fen gemein­sam durch die war­men Sommernächte. Misha eröff­net Masha eine unbe­kann­te Welt, die ihr Gefühl von Schönheit und Sterblichkeit auf die Probe stellt. WHITE SNAIL ist die fra­gi­le Liebesgeschichte zwei­er Außenseiter, die erken­nen, dass sie nicht allei­ne auf der Welt sind.

Credits:

DE/AT 2025, 115 Min., Russian, Belarusian, English, Mandarin OmU
Regie: Elsa Kremser, Levin Peter
Kamera: Mikhail Khursevich
Schnitt: Stephan Bechinger
mit: Marya Imbro, Mikhail Senkov

Trailer:
WHITE SNAIL – Offizieller Trailer
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Silent Friend

Ein Film von Ildikó Enyedi. Ab 15.1. im fsk.

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Ein alter Ginkgobaum im bota­ni­schen Garten in Marburg steht im Mittelpunkt die­ses poe­tisch ange­hauch­ten fil­mi­schen Essays. Der Baum ist stil­ler Zeuge drei­er Lebensgeschichten zu unter­schied­li­chen Zeiten. Im Jahr 1908 ver­sucht die ers­te Studentin der Uni Marburg, Grete (Luna Wedler), mit ihrer Kamera ver­bor­ge­ne Naturmuster zu ent­de­cken. 1972 erfährt der Student Hannes (Enzo Brumm) durch die stil­le Begegnung mit einer Geranie eine inne­re Wandlung. Und 2020 reist ein Neurowissenschaftler (Tony Leung Chiu-wai) aus Hongkong an, um ein unge­wöhn­li­ches Experiment an und mit dem Ginkgobaum vor­zu­neh­men. Sein Ziel: Tiefere Einblicke in die mensch­li­che Seele zu erlangen.

In „Silent Friend“ ist es kein mensch­li­cher Charakter, der die ein­zel­nen Elemente mit­ein­an­der ver­bin­det. Es sind die Pflanzen und vor allem der majes­tä­tisch anmu­ten­de, fast 25 Meter hohe Ginkgobaum, der als Bindeglied der drei Episoden fun­giert. Allein die­ser Umstand macht „Silent Friend“ schon rein inhalt­lich unge­wöhn­lich. Der Baum ist stum­mer Zeuge der Zeit, die unauf­hör­lich vor­bei­rinnt und der Leben, die sich vor ihm abspielen.

Überhaupt nimmt Ildikó Enyedi das „Silent“ im Filmtitel mehr als wört­lich. Der ers­te abend­fül­len­de Film der unga­ri­schen Regisseurin und Drehbuchautorin seit vier Jahren ist geprägt von Ruhe, Entschleunigung und einer andäch­ti­gen Aura. Sie erzählt lang­sam und beson­nen. Ergänzend kom­men, pas­send dazu, lan­ge Einstellungen und Kamerafahrten sowie außer­ge­wöhn­li­che Blickwinkel und Perspektiven hin­zu. Wenn Enyedi zwi­schen den Ästen hin­durch­filmt, regel­recht in die Blätter hin­ein­zoomt und ver­schie­de­ner Pflanzen mal aus der Ferne, mal in Close-Ups zeigt, dann kom­men wir der Natur (optisch) auf beson­de­re Weise nah.

Die Kameraarbeit von Gergely Pálos und der gesam­te visu­el­le Stil zäh­len ohne­hin zu den gro­ßen Stärken. Das Besondere: Jede Episode ist in einem ande­ren Filmmaterial (16mm, 35mm, digi­tal) gehal­ten und die Optiken der jewei­li­gen Zeitebenen vari­ie­ren stark. So unter­schei­den sich die Episoden nicht nur inhalt­lich und the­ma­tisch, son­dern eben­so in ihrer Wirkung und sorg­fäl­tig durch­kom­po­nier­ten Ästhetik.

Einige Gemeinsamkeiten zwi­schen den Figuren der lose mit­ein­an­der ver­knüpf­ten Einzelgeschichten gibt es aller­dings durch­aus. Sie alle, von Grete über den Studenten bis hin zum Neurowissenschaftler, stel­len sich fol­gen­de Fragen: Was neh­men Pflanzen wahr? Und wie kann man mit ihnen in Kontakt tre­ten bzw. kom­mu­ni­zie­ren? Die Kernfrage, die Enyedi antreibt, geht noch­mals wei­ter und tie­fer. Sie erforscht in „Silent Friend“ zuvor­derst die Aspekte der (mensch­li­chen) Verbundenheit mit der Natur und wie sich die Wechselwirkungen zwi­schen den Lebewesen genau mani­fes­tie­ren. Die Pflanze als beein­dru­cken­des, sen­si­ti­ves Geschöpf, das dem Menschen Kraft und Halt geben kann – nach der Betrachtung von „Silent Friend“ hallt vor allem die­se Botschaft lan­ge nach.

Ebenso blei­ben die über­zeu­gen­den dar­stel­le­ri­schen Leistungen im Gedächtnis. Allen vor­an Luna Wedler im his­to­ri­schen Erzählstrang und Tony Leung Chiu-wai fas­zi­nie­ren mit fein­füh­li­gen, nuan­cier­ten Performances. Mit wür­de­vol­ler Zurückhaltung agie­ren sie in ihren Rollen und las­sen den Pflanzen Raum für Entfaltung und, im wahrs­ten Sinne, Wachstum.
Björn Schneider | programmkino.de

Credits:

DE/HU/FR 2025, 147 Min., deutsch, eng­li­sche OmU
Regie: Ildikó Enyedi
Kamera: Gergely Pálos
Schnitt: Károly Szala
mit: Tony Leung Chiu-wai, Luna Wedler, Enzo Brumm, Sylvester Groth, Martin Wuttke, Johannes Hegemann, Rainer Bock, Marlene Burow, Léa Seydoux

Trailer:
SILENT FRIEND I HD-Trailer I Ab 22.01.2026 im Kino
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Ein einfacher Unfall

Ein Film von Jafar Panahi. 

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Ein ein­fa­cher Unfall, Gewinner der Goldenen Palme von Cannes, ist eine furcht­lo­se Leistung des Filmemachers Jafar Panahi – zugleich hoch­po­li­tisch und zutiefst mensch­lich. Mit uner­bitt­li­cher Klarheit stellt der Film mora­li­sche Fragen nach Wahrheit und Ungewissheit, Rache und Gnade.
Als der Automechaniker Vahid zufäl­lig auf den Mann trifft, der ihn mut­maß­lich im Gefängnis gefol­tert hat, ent­führt er ihn, um Vergeltung zu üben. Doch der ein­zi­ge Hinweis auf Eghbals Identität ist das unver­kenn­ba­re Quietschen sei­ner Beinprothese. Auf der Suche nach Gewissheit wen­det sich Vahid an einen zer­streu­ten Kreis ande­rer, inzwi­schen frei­ge­las­se­ner Opfer. Doch je tie­fer sie in ihre Vergangenheit ein­tau­chen und je mehr ihre unter­schied­li­chen Weltanschauungen auf­ein­an­der­pral­len, des­to grö­ßer wer­den die Zweifel: Ist er es wirk­lich? Und was hie­ße Vergeltung überhaupt?

Die Figuren des Films sind zwar fik­tiv, doch die Geschichten, die sie erzäh­len, basie­ren auf rea­len Ereignissen, die von ech­ten Gefangenen erlebt wur­den. Echt ist auch die Vielfalt die­ser Figuren und ihrer Reaktionen. Einige wer­den sehr gewalt­tä­tig und von Rachegelüsten getrie­ben. Andere wie­der­um ver­su­chen, einen Schritt zurück­zu­tre­ten und über lang­fris­ti­ge Strategien nach­zu­den­ken. Einige waren stark poli­ti­siert – oder wur­den es. Andere waren es über­haupt nicht und wur­den fast zufäl­lig ver­haf­tet. Letzteres trifft auf Vahid, die Hauptfigur, zu: Er war ein Arbeiter, der ein­fach nur sei­nen Lohn ein­for­der­te. Das Regime macht kei­nen Unterschied zwi­schen die­sen Menschen. Jede der ande­ren Figuren reprä­sen­tiert eine der vie­len, mehr oder weni­ger fest orga­ni­sier­ten Oppositionsgruppen. Diese Gruppen gera­ten oft anein­an­der, sogar
hin­ter Gittern. Sie alle sind sich einig, dass sie das Regime ableh­nen, aber dar­über hin­aus gehen die Meinungen aus­ein­an­der. Seit dem Tod von Mahsa Amini und dem Aufkommen von „Frau, Leben, Freiheit” hat sich die Ablehnung des Regimes weit ver­brei­tet. Oft wis­sen die Menschen jedoch nicht, womit sie es erset­zen sol­len. Das sieht man heu­te deut­lich: Zum Beispiel zei­gen sich vie­le Frauen nun ohne Hidschab in der Öffentlichkeit. Eine sol­che Form des mas­si­ven zivi­len Ungehorsams war vor weni­gen Jahren noch undenk­bar. Die Szenen im Film, die mit unver­schlei­er­ten Schauspielerinnen auf der Straße gedreht wur­den, spie­geln jedoch die heu­ti­ge Realität wider. Es sind die ira­ni­schen Frauen, die die­sen Wandel her­bei­ge­führt haben.„
Jafar Panahi

Credits:

Yek tasa­def sadeh یک تصادف ساده,
IR/FR/LU 2025, 102 Min., far­si OmU
Regie: Jafar Panahi
Kamera: Amin Jafari
Schnitt: Amir Etminan
mit: Vahid Mobasseri, Maryam Afshari, Ebrahim Azizi, Hadis Pakbaten

Trailer:
EIN EINFACHER UNFALL Trailer OmU German | Deutsch
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