Archiv der Kategorie: bald

Stiller

Ein Film von Stefan Haupt. Ab 30.10. im fsk

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Wer in der Schulzeit „Homo Faber“ von Max Frisch lesen musste/durfte, hat­te viel­leicht Lust bekom­men mehr von ihm zu lesen. Mir jeden­falls ging es so und auch jetzt noch neh­me ich mir regel­mä­ßig vor, „Stiller“ oder wahl­wei­se „Mein Name sei Gantenbein“ noch ein­mal zu lesen. Aber auch ohne das Buch zu ken­nen, oder gera­de des­halb, sei der Film sehr span­nend, konn­te ich ver­neh­men.
Bei einer Zugreise durch die Schweiz wird der US-Amerikaner James Larkin White an der Grenze fest­ge­nom­men. Der Vorwurf: Er sei der vor sie­ben Jahren ver­schwun­de­ne Bildhauer Anatol Stiller, der wegen sei­ner Verwicklung in eine dubio­se poli­ti­sche Affäre gesucht wird. White bestrei­tet sei­ne Schuld und beharrt dar­auf, nicht Stiller zu sein. Um ihn zu über­füh­ren, bit­tet die Staatsanwaltschaft Stillers Frau Julika um Hilfe. Aber auch sie ver­mag ihn nicht ein­deu­tig zu iden­ti­fi­zie­ren, in Erinnerungen wird aber mehr und mehr die Beziehung des Ehepaars offen­ge­legt. Der Staatsanwalt hat eben­falls eine über­ra­schen­de Verbindung zu dem Verschwundenen.  
Dass sich die Plakate von  STILLER und FRANZ K., der eine Woche vor­her star­tet,  ähneln, ist kaum ein Zufall, geht es doch bei bei­den Titelhelden auch um das Abhandenkommen von sich und der Welt. „Stiller” han­delt an der Oberfläche von Selbst-und Fremdwahrnehmung, also um Identität, doch dar­un­ter liegt auch eine Auseinandersetzung mit der Nachkriegszeit und der Anfangsphase des kal­ten Krieges und wie alles zusam­men­hän­gen könn­te. Wer will, kann also durch­aus Parallelen zur heu­ti­gen Zeit erken­nen.

„Stefan Haupt hat die Geschichte um Stiller und White erst­mals für das Kino insze­niert und kon­zen­triert sich dabei nur auf den ers­ten Teil des Buches. Wer den Roman kennt und Bedenken hat(te): Das funk­tio­niert tat­säch­lich erstaun­lich gut. Was im Roman über das Schreiben, das Erzählen, die Worte ver­mit­telt ist – Stiller soll im Gefängnis sei­ne Erinnerungen und Gedanken nie­der­schrei­ben, um die Ermittlungen in einem Mordfall vor­an­zu­trei­ben – pas­siert auf der Leinwand über die audio­vi­su­el­le Inszenierung und eben viel weni­ger über die Sprache“ Verena Schmöller | kino-zeit

Credits:

CH DE 2025, 99 Min., Deutsch
Regie: Stefan Haupt
Kamera: Michael Hammon
Schnitt: Franziska Koeppel
mit: Paula Beer, Albrecht Schuch, Marie Leuenberger, Sven Schelker, Max Simonischek

Trailer:
STILLER | Trailer | Ab 30. Oktober im Kino!
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Sorda – Der Klang der Welt

Ein Film von Eva Libertad. Ab 30.10. im fsk

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Sorda ist das spa­ni­sche Wort für taub. Ein ganz nor­ma­les Paar, Ángela und Héctor, wünscht sich nach län­ge­rer Partnerschaft ein ganz nor­ma­les Kind. Ángela ist fast gehör­los und was an sich schon eine unge­mei­ne Herausforderung für ein Paar wer­den kann, bringt die bei­den an die Grenzen, die zwi­schen bei­der Welten ver­lau­fen. Genauso, wie sich Héctor auf einer Party sei­ner Frau und ihrem gehör­lo­sen Freundeskreis als Randfigur wahr­nimmt, wird Ángela noch bewuss­ter, wie iso­liert sich ein Leben mit ihrem Handicap anfüh­len kann. Und zu wel­cher Gesellschaft wird das erwar­te­te Kind gehö­ren, das viel­leicht auch gehör­los sein wird? Die Intimität und Feinsinnigkeit des Films sind sicher auch der Tatsache geschul­det, dass die gehör­lo­se Hauptdarstellerin Miriam Garlo und die Regisseurin Eva Libertad Schwestern sind.

Was heißt es, als gehör­lo­se Frau in einer hören­den Mehrheitsgesellschaft Mutter zu sein? Diese Frage stellt sich Protagonistin Ángela in Eva Libertads Sorda, als sie und ihr hören­der Partner Hector gemein­sam ein Kind erwar­ten. Inspiriert von Gesprächen mit ihrer gehör­lo­sen Schwester Garlo, die auch die Hauptrolle über­nimmt, unter­sucht Libertad die Vereinbarkeit der hören­den und gehör­lo­sen Welt, teils anhand von Bevormundung und Ausgrenzung, die Ángela erfährt, ins­be­son­de­re aber durch ein nuan­cier­tes und emo­tio­na­les Porträt einer lie­be­vol­len Paar- und Familiendynamik, die zwi­schen den Welten balan­ciert.” (Charlie Hain, Filmlöwin) 

SORDA erhielt den Panorama Publikumspreis für den bes­ten Spielfilm der Berlinale 2025.

Credits:

ES 2025, 99 Min., Spanisch, Spanische Gebärdensprache mit deut­schen Untertiteln
Regie, Buch: Eva Libertad
Kamera: Gina Ferrer García
Schnitt: Marta Velasco
mit: Miriam Garlo, Álvaro Cervantes, Elena Irureta, Joaquín Notario

Trailer:
Trailer SORDA, von Eva Libertad (OV/de), ab 6. November im Kino
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Ping Pong Paradise

Ein Film von Jonas Egert. Ab 25.10. im fsk

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Wer auf­re­gen­de und spek­ta­ku­lä­re Ballwechsel zwi­schen Weltklasse-Spielern beim Tischtennis sehen will, ist hier genau rich­tig. Wer mehr über merk­wür­di­ge Vorgänge im Profisport erfah­ren möch­te, ist hier eben­falls rich­tig. Und auch der Einfluss der Weltpolitik macht vor Tischtennis nicht halt. Zwei Ereignisse prä­gen die­sen Film: die Bundesliga- und Championsleague-Wildcard für den neu gegrün­de­ten TTC Neu-Ulm und der Ausschluss rus­si­scher Spieler (und Vereine) von inter­na­tio­na­len Turnieren. Ein Jahr lang blieb Jonas Egert unauf­fäl­lig an der Seite des Teams und sei­ner neu ver­pflich­te­ten inter­na­tio­na­len Top-Stars, bis der Höhenflug des Vereins ein jähes Ende fand. 

Atemberaubend wie ein Profi-Match, groß­ar­tig foto­gra­fiert und mon­tiert. Mehr als ein her­aus­ra­gen­der Sportfilm – ein ner­ven­zeh­ren­der Ping-Pong-Thriller der Spitzenklasse.“ (Ysabel Fantou, DOK.fest München)

Credits:

DE 2025, 116 Min.
Regie, Buch: Jonas Egert
Kamera: Felix Riedelsheimer
Schnitt: Anja Pohl

Trailer:
Trailer PING PONG PARADISE – ab 22.10.25 im Kino
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Franz K.

Ein Film von Agnieszka Holland. Ab 23.10. im fsk

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Filme über Kafka und Kafka-Verfilmungen gibt es eini­ge, Kafka-Biografien und ande­re Sekundärliteratur ber­ge­wei­se, lus­tig ver­an­schau­licht in „Franz K.“ bei einem der Ausflüge ins skur­ri­le Heute. Agnieszka Holland und Autor Marek Epstein haben einen sehr leben­di­gen Ansatz für ihre Film-Version gewählt, die erscheint wie eine Kurzgeschichtensammlung. Immer wie­der springt der Film durch die Zeit, zeigt Aus- und Anschnitte von dem, was so bekannt ist aus dem Leben des hoch­sen­si­blen Autors. Mit gro­ßer Experimentierfreude und vie­len Ideen lässt er uns teil­ha­ben am pri­va­ten wie beruf­li­chen Umfeld und inter­pre­tiert Auszüge sei­nes Werkes visu­ell, ohne jedoch das zu befürch­ten­de Feuerwerk „kaf­ka­es­ker“ Bildsprache zu stra­pa­zie­ren. Von Familie, Freundschaft, Druck und Angst, inne­rem und äuße­rem Zwang wird erzählt, oft ver­spielt, dabei aber auch ange­mes­sen ernst­haft, so wie bei der Thematisierung der zuneh­mend bedroh­li­chen Lage der Juden in Europa.

Die tsche­chisch-deutsch-pol­ni­sche Produktion fängt die Härte und Grausamkeit der dama­li­gen Zeit ein, ist häu­fig jedoch auch über­ra­schend humor­voll. Neben dem in sich gekehr­ten, zer­ris­se­nen, hin und wie­der pedan­ti­schen Franz ler­nen wir des­sen aus­ge­las­se­ne Seite ken­nen, etwa wenn der Schriftsteller fröh­lich lachend in einer freund­schaft­li­chen Runde aus Der Prozess vor­liest. Ein schö­ner Gegenentwurf zur Melancholie und zur ver­stö­ren­den Schwere, die häu­fig unser Kafka-Bild prägen.“Andreas Köhnemann | kino-zeit

Credits:

DE CZ 2025, 127 Min., Deutsch, Tschechisch OmU
Regie: Agnieszka Holland
Drehbuch: Marek Epstein
Kamera: Tomasz Naumiuk
mit: Idan Weiss, Peter Kurth, Jenovéfa Boková, Ivan Trojan, Sandra Korzeniak, Katharina Stark

Trailer:
FRANZ K. | Trailer | ab 23. Oktober 2025 im Kino
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Die my love

Ein Film von Lynne Ramsay. Ab 13.11. im fsk

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Ein abge­le­ge­nes, mehr als bau­fäl­li­ges Haus irgend­wo im Herzen Amerikas soll das neue zu Hause wer­den: Grace (Jennifer Lawrence) und Jackson (Robert Pattinson) sind frei­le­ben­de, frei den­ken­de Künstlernaturen, sie schreibt, er macht Musik, die der Großstadt und ihren Versuchungen ent­kom­men wol­len. Die Zivilisation wirkt sehr fern, allein Jacksons altern­de Mutter Pam (Sissy Spacek) lebt nicht all­zu weit weg.

Anfangs wirkt die selbst­ge­wähl­te Einsamkeit auch mehr als sti­mu­lie­rend auf das Paar, der Alkohol fließt in Strömen, der Sex ist wild und bald wird ein Kind gebo­ren. Und damit begin­nen die Probleme, lang­sam, aber unauf­halt­bar. Immer irri­tier­ter wirkt Grace, immer weni­ger bereit, sich in die von der Gesellschaft vor­ge­ge­be­ne Rolle der sor­gen­den Mutter zu fügen, wäh­rend Jackson immer häu­fi­ger der Arbeit (aber auch der Affären) wegen ver­schwun­den ist und die Einsamkeit Grace zusätz­lich belastet.

Acht Jahre ist es her, dass die schot­ti­sche Regisseurin Lynne Ramsay zuletzt einen Film dre­hen konn­te, den düs­te­ren Thriller „You Were Never Really Here“, in dem Joaquin Phoenix so gut war wie sel­ten und sich ganz der Vision Ramsays hin­gab. Ähnliches lässt sich nun über Jennifer Lawrence sagen, um die es in den letz­ten Jahren ein wenig ruhi­ger wur­de, die sich nun aber mit einer ful­mi­nan­ten Darstellung zurück­mel­det, die eben­so exzes­siv wirkt, wie der Film.

Den baut Ramsay wie immer nicht line­ar, son­dern impres­sio­nis­tisch auf, sie erzählt strin­gent, son­dern ellip­tisch, springt zwi­schen Szenen, die in der Zukunft lie­gen und der Gegenwart hin und her, deu­tet in spo­ra­di­schen Rückblenden die Anfänge der Beziehung zwi­schen Grace und Jackson an, vor allem aber zum Leben ihrer Schwiegermutter Pam und des­sen inzwi­schen ver­stor­be­nen Mann Harry (Nick Nolte).

Im ers­ten Jahr dre­hen wir alle ein biss­chen durch“ sagt Pam ein­mal zu ihrer Schwiegertochter, wobei nicht ganz klar ist, ob sie vom ers­ten Jahr der Ehe oder vom ers­ten Jahr nach der Geburt eines Kindes spricht – oder Beidem. Die Geschichte wie­der­holt sich jeden­falls, die Muster einer Beziehung ändern sich nur schwer. Während Pam offen­bar Probleme mit Harry hat­te, aber den­noch bis zu des­sen Tod mit ihm zusam­men­blieb (und noch Monate spä­ter sei­ne Hemden bügelt), kann sich Grace nur schwer dazu durch­rin­gen, den Konventionen zu ent­spre­chen, sich in ihre Rolle als Mutter und Hausfrau zu fügen.

Hätte ein Mann die­sen Film gedreht, wür­de man ihm wohl vor­hal­ten, sich am zuneh­mend labi­len Zustand einer lang­sam in eine Psychose abdrif­ten­den Frau zu laben und ihr Leid aus­zu­stel­len. Als Blick einer Frau auf eine ande­re Frau wirkt „Die My Love“ jedoch bei allem Exzess wie ein sen­si­bler, zuneh­mend tra­gi­scher Blick auf eine Frau am Rande des Nervenzusammenbruchs, die sich mit allem was sie hat, den von Männern gemach­ten Konventionen wider­setzt. Dass es am Ende Lynne Ramsay selbst ist, die eine wun­der­bar sanf­te Version des legen­dä­ren Joy Divison Songs „Love will tear us apart“ singt, bringt die Intentionen die­ses oft anstren­gen­den, aber eben­so mit­rei­ßen­den Films schließ­lich auf den Punkt.

 Michael Meyns | programmkino.de

Credits:

CA 2024, 118 Min., Englisch OmU
Regie: Lynne Ramsay
Kamera: Seamus McGarvey
Schnitt: Toni Froschhammer
mit : Jennifer Lawrence, Robert Pattinson, Lakeith Stanfield
, Sissy Spacek

Trailer:
DIE MY LOVE | Offizieller Teaser-Trailer | Ab 13. November im Kino
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Hysteria

Hysteria

Ein Film von Mehmet Akif Büyükatalay. Ab 6.11. im fsk

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Als am Set eines Films ein ver­brann­ter Koran gefun­den wird, lau­fen die Dreharbeiten aus dem Ruder. Die Praktikantin Elif wird in ein gefähr­li­ches Spiel aus Geheimnissen, Anschuldigungen und Lügen hin­ein­ge­zo­gen. Mehmet Akif Büyükatalays dop­pel­bö­di­ger, pro­vo­kan­ter Verschwörungsthriller spielt mit dem Film-im-Film-Motiv und steckt vol­ler uner­war­te­ter Wendungen. Eine prä­zi­se Reflexion über die Macht der Bilder und die Dynamik von Wahrnehmung, Projektion und gesell­schaft­li­cher Hysterie.

Credits:

DE 2025, 104 Min., Deutsch, Englisch, Türkisch, Kurdisch, Arabisch OmU
Regie: Mehmet Akif Büyükatalay
Kamera: Christian Kochmann
Schnitt: Denys Darahan, Andreas Menn
mit Devrim Lingnau, Mehdi Meskar, Serkan Kaya, Nicolette Krebitz, Aziz Çapkurt, Nazmi Kırık

Trailer:
Hysteria by Mehmet Akif Büyükatalay (2025)
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