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Club Zero

Ein Film von Jessica Hausner.

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Miss Novak beginnt an einer inter­na­tio­na­len Privatschule zu unter­rich­ten, wo sie mit ihrem Unterricht über bewuss­te Ernährung die Essgewohnheiten der Schüler grund­le­gend verändert. Ohne den Verdacht der ande­ren Lehrer und der Eltern zu wecken, gera­ten eini­ge der Schüler in ihren Bann, bis sie schließ­lich selbst Teil des geheim­nis­vol­len Club Zero wer­den.
„Die jun­gen Menschen von heu­te fürch­ten um ihre Zukunft. Sie kämp­fen um sie. Sie wol­len han­deln, Verantwortung über­neh­men, Macht über ihr Leben haben, etwas bewir­ken. Sie wol­len einen Sinn fin­den. Sie wol­len den Planeten ret­ten
und damit auch ihre Zukunft. Sie wer­den poli­tisch, man­che schlie­ßen sich radi­ka­len Gruppen an. Sie wol­len nicht war­ten, bis es zu spät ist. Ich ver­ste­he das, und ich habe gro­ßes Mitgefühl für die­se Generation. (…)
Es gibt bei mir kei­ne mora­li­sche Verurteilung, kei­ne Erlösung. Und ich den­ke, das Thema Ernährung berührt einen Nerv. Essen ist extrem intim, wie Nacktsein oder Sex. Es ist auch tabui­siert. (…)
Essen ist etwas sehr Persönliches, aber gleich­zei­tig auch etwas sehr Soziales. Stellen Sie sich vor, Sie tref­fen sich mit Freunden zum Abendessen und sind die ein­zi­ge Person an die­sem Abend, die nicht isst. Das kann dazu füh­ren, dass die ande­ren sich ange­grif­fen füh­len. Und war­um? Weil Sie einen gehei­men Code bre­chen, eine gesell­schaft­li­che Regel igno­rie­ren und damit die ande­ren in Frage stel­len. Wir alle glau­ben an etwas, nie­mand ist frei von Aberglauben. Jeder von uns gehört zu einer Gruppe, die bestimm­te Grundsätze oder Codes hat. Wir müs­sen die Subjektivität unse­rer Überzeugungen ver­ste­hen, um zu begrei­fen, wie sehr Miss Novak und die Kinder von ihren Glaubenssätzen über­zeugt sind. Ihre »Lebensmittelreligion« ist ein Beispiel für einen radi­ka­len Glauben. (…)
Es gibt eine gewis­se Art von Absurdität, die unse­rer Existenz inne­wohnt. Aus einem distan­zier­te­ren Blickwinkel betrach­tet, erschei­nen vie­le Dinge, an die wir glau­ben und die wir tun, lächer­lich, absurd oder ver­geb­lich. In mei­nen Filmen ver­su­che ich immer, eine distan­zier­te Perspektive zu fin­den, um dies zu reflek­tie­ren. Ganz im Sinne von Bertold Brechts Verfremdungseffekt. Club Zero wird aus einer Perspektive erzählt, die das Alltägliche ver­frem­det: bis hin zur Absurdität. Daraus ergibt sich auch der schwar­ze Humor des Films.” Jessica Hausner

Credits:

AT, UK, DE, FR, DK 2023, 110 Min., eng­li­sche OmU
Regie: Jessica Hausner
Kamera: Martin Gschlacht
Schnitt: Karina Ressler
mit: Mia Wasikowska, Sidse Babette Knudsen, Elsa Zylberstein, Lukas Turtur, Mathieu Demy, Amir El-Masry, Ksenia Devriendt, Luke Barker

Trailer:
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Slow

Ein Film von Marija Kavtaradze.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Elena ist (wie ihre Interpretin Greta Grineviciute) mit Leib und Seele Tänzerin und Choreografin. Bei einem Tanzworkshop für gehör­lo­se Jugendliche lernt sie den Gebärdendolmetscher Dovydas ken­nen. Die bei­den mögen sich sofort, ver­brin­gen eini­ge Zeit mit­ein­an­der und kom­men sich näher, bis er sei­ne Grenzen auf­zeigt. Dovydas ist ase­xu­ell. Er hat zwar ein Bedürfnis nach kör­per­li­cher Nähe, aber kei­nes nach Sex – eine Herausforderung für Elena, wie für die fri­sche roman­ti­sche Beziehung über­haupt. Unspektakulär und warm­her­zig erzählt Regisseurin Marija Kavtaradze von einer unge­wöhn­li­chen sinn­li­chen Liebe, die ihre Sprache und ihren Weg ent­lang bei­der Wünsche fin­den will, und den ganz nor­ma­len Fallstricken unter­wegs.
„Doch dass, bloß weil zwei, die sich lie­ben, sich etwas vor­neh­men, es noch lan­ge nicht nach Plan ver­lau­fen muss, weiß Marija Kavtaradze in ihrer gra­zil geschrie­be­nen Geschichte eben­so zu illus­trie­ren. Die litaui­sche Filmemacherin benö­tigt in ihrem zwei­ten lan­gen Spielfilm als Regisseurin … kei­ne Einfälle rie­si­ger Tragödien, um alles durch­drin­gen­de Emotionen auf die Leinwand zu zau­bern, insze­na­to­ri­sche Ruhe und Vertrauen in die Dialoge sowie die, die sie spre­chen, genü­gen ihr dazu.“
Jakob Dibold | Ray Filmmagazin
„… es ist erfri­schend, einen Film zu sehen, der „ein­fach nur“ erfolg­reich eine rea­li­täts­ge­treue Beziehung dar­stellt, ohne in die­se gezwun­gen wir­ken­de erzäh­le­ri­sche Wendungen ein­zu­bau­en.“ Maximilian Schröter | film-rezensionen.de

Credits:

LT/ES/SE 2023, 108 Min., litaui­sche OmU
Regie: Marija Kavtaradze
Kamera: Laurynas Bareiša
Schnitt: Silvija Vilkaitė
mit: Greta Grinevičiūtė, Kęstutis Cicėnas

Trailer:
SLOW Trailer Deutsch | German [HD]
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Die Unschuld

Ein Film von Hirokazu Kore-eda.

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Empathie ist der Begriff, der mir zu den Filmen des Regisseurs Hirokazu Kore-eda sofort ein­fällt, natür­lich auch dies­mal wie­der. Seit sei­nem vier­ten Spielfilm „Nobody Knows“ (nach den frü­hen, nicht weni­ger gran­dio­sen „Maboroshi“, „After Life“ und „Distance“), nimmt er häu­fig die Belange von Kindern ernst, aber auch die Erwachsenen, deren Umgang mit ihnen oder auch der nicht-Umgang, das Ignorieren, sind Thema, und immer ganz grund­sätz­lich jede Kommunikation und das Zusammenleben.
So stellt sich im ers­ten der drei Kapitel von „Die Unschuld“ sehr schnell die Frage, ob Herr Hori, der net­te jun­ge Lehrer von Minato und Yori, nicht doch ein eher win­di­ger Typ ist, zumal er auch noch hand­greif­lich wird. Oder mobbt Minato den klei­nen Yori, und Lehrer Hori greift nur ein, und ist Minatos allein erzie­hen­de Mutter ihrer Aufgabe über­haupt gewach­sen? Welche Rolle spielt die Schulleitung? Aus drei auf­ein­an­der fol­gen­den Blickwinkeln eröff­net der Film, der nach dem Kinderreim „Wer ist das Monster?“ im Original „Kaibutsu – Monster“ heißt, immer wei­ter­füh­ren­de Erklärungen für und Einblicke in Geschehnisse, die zunächst allen Beteiligten, auch uns Zusehenden, als sehr ein­fach zu deu­ten galten.

Zwischen den Geheimnissen und Vorurteilen, die sich nach und nach offen­ba­ren, zeigt Kore-eda aber auch für eini­ge der Erwachsenen – oft sel­ber Opfer der Umstände – Verständnis. Der Schrecken, der zwi­schen all dem steckt – Kore-eda ist bei aller Zartheit kein Märchenonkel, son­dern Realist – wird fil­misch sub­li­miert und von Ryūchi Sakamotos Pianotupfern abge­mil­dert. Es war die letz­te Arbeit des im ver­gan­ge­nen Jahr ver­stor­be­nen Musikers.“
Christian Meyer-Pröpstl | choices

Credits:

Kaibutsu (Monster)
Japan 2023, 127 Min., japan. OmU
Regie & Schnitt: Hirokazu Kore-eda
Kamera: Kondo Ryuto
mit: Eita Nagayama, Sakura Ando, Soya Kurokawa, Yuko Tanaka, Hinata Hiragi, Mugino Saori

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Julie – eine Frau gibt nicht auf

Ein Film von Eric Gravel. 

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Julie gibt alles, um die Erziehung ihrer zwei Kinder in einer länd­li­chen Vorstadt mit dem Job in einem Pariser Luxushotel gut unter einen Hut zu brin­gen, und der Exmann ist ihr kei­ne gro­ße Hilfe. Aber sie ist eine Kämpferin, und sie hat ein Ziel. Nur, dass aus­ge­rech­net an dem Tag, an dem sie ein Jobinterview für die erträum­te Stelle in ihrem erlern­ten Beruf bekommt, ein Streik der öffent­li­chen Verkehrsmittel beginnt und alles lahm­legt. Julies sorg­fäl­tig orga­ni­sier­ter, fra­gi­ler Zeitplan droht zusam­men­zu­bre­chen.
Unter gewal­ti­gem Druck orga­ni­siert, rennt, impro­vi­siert sie, stets auf Kante und auch rück­sichts­los, denn sie hat viel zu ver­lie­ren. Dabei darf sie sich von all der Hektik und dem Stress nichts anmer­ken las­sen, nicht bei den Kindern, nicht im Hotel, und schon gar nicht beim Vorstellungsgespräch.
Für die­se Tour-de-Force wur­de Laure Calamy in Venedig aus­ge­zeich­net, eben­so wie Eric Gravel für die Regie. Der hyp­no­ti­sche Score von Irène Drésel bekam den fran­zö­si­schen Filmpreis César, so auch die her­aus­for­dern­de Schnittarbeit (Mathilde van de Moortel).

Kommen Sie wegen des sozia­len Realismus, blei­ben Sie wegen der thril­ler­ar­ti­gen Spannung, denn Julies Tage wer­den zu einer auf­re­gen­den Analyse der ver­hee­ren­den Auswirkungen des Kapitalismus. Lauf, Julie, lauf!“
Edinburgh Filmfestival

Arbeit, Kinder, rück­stän­di­ge Hypotheken, ein beschis­se­ner Ex. Der Film ist so authen­tisch und nach­voll­zieh­bar – so genau beob­ach­tet, dass ich, um ehr­lich zu sein, annahm, er sei von einer Frau gemacht wor­den.“
Cath Clarke | The Guardian

Credits:

À plein temps
FR 2022, 88 Min., franz. OmU
Regie: Eric Gravel
Kamera: Victor Seguin
Schnitt: Mathilde Van de Moortel
mit: Laure Calamy, Anne Suarez, Geneviève Mnich, Nolan Arizmendi, Sasha Lemaitre Cremaschi, Cyril Gueï

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Kraft der Utopie – Leben mit Le Corbusier in Chandigarh

Ein Film von Karin Bucher und Thomas Karrer.

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Kurz nach der Teilung Indiens und der Befreiung aus der Kolonialherrschaft Englands soll am Fusse des Himalayas aus dem Nichts eine neue Hauptstadt für den Punjab gebaut wer­den. Die alte Hauptstadt Lahore war Pakistan zuge­teilt wor­den. Die Planstadt Chandigarh steht für die neue Demokratie, den Fortschritt und den Glauben an die Zukunft. Engagiert wur­den Architekten aus dem Westen. Zuerst Albert Mayer, dann der schwei­ze­risch-fran­zö­si­sche Architekt Le Corbusier. Absichten, Visionen und Utopien kamen zusam­men. Für Le Corbusier bot Chandigarh die ein­ma­li­ge Gelegenheit, sein Lebenswerk zu voll­enden und sei­ne städ­te­bau­li­chen Ideen umzu­set­zen. Seine Vision war die einer moder­nen, huma­nen und gerech­ten Stadt, nach dem «Mass des Menschen» erbaut, die ein kul­tu­rel­les Leben und ein har­mo­ni­sches Zusammenspiel von Mensch und Natur ermöglichte. 

Zum 70-jäh­ri­gen Bestehen der Planstadt von Le Corbusier fra­gen wir nach, ob in Chandigarh die­se Vision Realität gewor­den ist. Der Film beglei­tet Menschen auf ihren Wegen durch die Stadt und sucht Orte und Schauplätze auf, an denen sich das schil­lern­de Zusammenspiel von altem Traum und neu­em Leben, von Utopie und Alltag, von Zerfall und lei­ser Poesie zei­gen. Ein Zeitzeuge erin­nert sich an die Gründerzeit. Die Direktorin des Le Corbusier Centers, ein Künstler, ein Schauspieler und ein Architekt erzäh­len vom Wagnis, sich hier nie­der­zu­las­sen und reflek­tie­ren ihr Leben in und mit Chandigarh. Auf Streifzügen tref­fen wir Bewohner:innen, die unse­ren Blick auf die Stadt erwei­tern und tau­chen in das all­täg­li­che Leben ein, wel­ches sich die bau­li­chen Strukturen zu eigen gemacht hat. 

Credits:

CH 2023, 84 Min., engl., deut­sche OmU
Regie & Kamera: Karin Bucher, Thomas Karrer
Schnitt: Fabian Kaiser, Thomas Karrer, Mirjam Krakenberger

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Die Unsichtbaren

Ein Film von Matthias Freier. 

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Matthias Freier hat bis­her vor allem Werbespots und Musikvideos gedreht, unter ande­rem für Jochen Distelmeyer, Die Fantastischen Vier und Samy Deluxe. Sein True-Crime-Dokumentarfilm DIE UNSICHTBAREN han­delt von einem der spek­ta­ku­lärs­ten Kriminalfälle der neun­zi­ger Jahre, ist aber vor allem eine Hommage an Freiers Stiefmutter, die Kriminalkommissarin Marianne Atzeroth-Freier, die gegen den Widerstand ihres Dienststellenleiters und die Ignoranz der älte­ren männ­li­chen Kollegen in der Hamburger Mordkommission den Fall um eine Entführung und zwei ver­schwun­de­ne Frauen auf­klär­te. „Janne“, wie die Kommissarin genannt wur­de, hat­te als Streifenpolizistin ange­fan­gen, dann bei der „Sitte“ die Opfer von sexua­li­sier­ter Gewalt betreut. Während die männ­li­chen Kollegen den Aussagen eines Entführungsopfers nicht ver­trau­ten („Ich sag dir gleich, wir glau­ben der kein Wort.“),
nahm Atzeroth-Freier die Aussagen des Opfers als Erste ernst und kam schnell dem Täter, einem Hamburger Pelzhändler, auf die Spur. Bald stell­te sich her­aus, dass zwei wei­te­re Frauen ver­schwun­den und mit dem Entführer bekannt waren.
Die grau­sa­men Details des Falls füll­ten bis Mitte der 90er Jahre die Spalten nicht nur der Boulevardpresse. Freiers Film ver­mei­det jede spe­ku­la­ti­ve Ausbeutung der Geschichte, und kon­zen­triert sich auf die Ermittlungen, auf die Nachlässigkeiten, den – hier töd­li­chen – män­ner­bünd­le­ri­schen Sexismus auf dem Polizeirevier und Jannes per­sön­li­ches Verhältnis zu den Angehörigen der Opfer. Dokumente und Interviews sind sorg­fäl­tig aus­ge­wählt und sen­si­bel geführt, die Spielszenen mit ruhi­gem Understatement insze­niert. Im True-Crime-Genre ist das alles ande­re als selbst­ver-
ständ­lich. DIE UNSICHTBAREN ist ein exzel­len­ter, sehr span­nen­der und immer noch rele­van­ter Film über die Durchsetzungskraft einer inte­gren Polizistin.
Tom Dorow | indiekino

Credits:

DE 2023, 97 Min.
Regie: Matthias Freier
Kamera: Kay Madsen
Schnitt: Marielle Pohlmann

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Einzeltäter (Teil 1–3)

Dokumentarfilmreihe von Julian Vogel | 87min | 67min | 85min | DE 2023
Mit anschlie­ßen­dem Filmgespräch nach dem 3. Teil.

Tickets: [Teil1: München] [Teil 2: Halle] [Teil3: Hanau]
(Die Filme müs­sen ein­zeln gebucht wer­den. Wer alle 3 Filme schau­en will, kann jeweils den Tarif „Alle 3 Teile schau­en” im letz­ten Bestellschritt wählen)

Kamera: Luise Schröder, Julian Vogel
Ton: Oscar Stiebitz, Julian Vogel
Schnitt: Gregor Bartsch, Sebastian Winkels

München 2016, Halle 2019 und Hanau 2020. Drei rechts­extre­me Anschläge von soge­nann­ten „Einsamen Wölfen“: Vermeintliche Einzeltäter, die sich schein­bar ohne in klas­si­sche extre­mis­ti­sche Strukturen ein­ge­bun­den zu sein, im Internet radi­ka­li­sie­ren und im öffent­li­chen Raum plötz­lich zuschlu­gen. Es sind Geschichten, die mitt­ler­wei­le die Schlagzeilen domi­nie­ren: Der rech­te Terror gilt zur Zeit laut Verfassungsschutz als größ­te Bedrohung der Demokratie in Deutschland. Und das, obwohl sol­che Täter noch bis vor Kurzem oft als psy­chisch kran­ke, „ver­wirr­te“ Einzeltäter ein­ge­stuft wur­den und ihnen so ihr Rassismus abge­spro­chen wur­de. Diese Zeiten sind vor­bei: Frank Walter Steinmeier sprach nach dem Anschlag in Hanau von einem „Angriff auf uns alle“. Doch wer sind „wir alle“?

Die Trilogie „Einzeltäter (Teil 1–3)“ nimmt unab­hän­gig von­ein­an­der die Perspektive der Menschen ein, deren Angehörige tat­säch­lich das Ziel der Angriffe waren und deren Leben nie mehr sein wird wie zuvor.

EINZELTÄTER TEIL 1: MÜNCHEN

Arbnor hat sei­ne Schwester 2016 beim Anschlag am Olympia Einkaufszentrum ver­lo­ren, Hasan und Sibel ihren Sohn. Lange muss­ten die Angehörigen dar­um kämp­fen, dass der Staat den ras­sis­ti­schen Hintergrund der Tat aner­kennt. Erst nach den Anschlägen von Halle und Hanau hat­ten sie Erfolg.


EINZELTÄTER TEIL 2: HALLE

KurzsynopsisKarsten hat sei­nen ein­zi­gen Sohn Kevin beim Anschlag von Halle ver­lo­ren. Während die Öffentlichkeit zuschaut, wie dem rechts­extre­men Täter der Prozess gemacht wird, kämpft er um einen Umgang mit sei­ner Trauer. Halt fin­det er in der Fanszene des Halleschen FC.


EINZELTÄTER TEIL 3: HANAU

Der ras­sis­ti­sche Anschlag vom 19. Februar 2020 hat Hanau-Kesselstadt ver­än­dert. Hier leben Menschen ver­schie­de­ner Herkunft, hier star­ben sechs der neun Opfer. Nach dem Anschlag hält man hier zusam­men, ver­sucht mit den Folgen der Tat umzu­ge­hen, und kämpft um Aufklärung. Und hier leben der Vater des Täters und Hinterbliebene der Opfer in unmit­tel­ba­rer Nachbarschaft.


Regiekommentar

Seit Ende 2018 beschäf­ti­ge ich mich mit Menschen, die bei rechts­ra­di­ka­len Anschlägen ver­meint­li­cher “Einzeltäter” Angehörige ver­lo­ren haben. Ich kam damals in Kontakt mit Hinterbliebenen des ras­sis­ti­schen Anschlags vom Olympia Einkaufszentrum in München„ der bis zum Anschlag von Halle von Staat und Ermittlungsbehörden als unpo­li­ti­scher Amoklauf ein­ge­ord­net wor­den war. Ich ver­such­te einen Film zu rea­li­sie­ren, der den Angehörigen von München eine Stimme gibt. Deren ver­zwei­fel­ter Kampf um Anerkennung änder­te sich mit dem anti­se­mi­ti­schen und ras­sis­ti­schen Anschlag von Halle 2019. In Folge des Anschlags wur­de der Rechtsextremismus durch den Verfassungsschutz als aktu­ell größ­te Bedrohung der Sicherheitslage in Deutschland ein­ge­stuft. Nach dem Anschlag von Hanau 2020 schließ­lich fand der Kampf von Betroffenen von rech­ter Gewalt end­gül­tig Eingang in die brei­te Öffentlichkeit und ich ent­schloss mich, mei­nen Film auf die­se drei Taten auszuweiten.

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Leider ist der Eintrag nur auf English verfügbar.

Documentary series by Julian Vogel | 87min | 67min | 85min | DE 2023

Camera: Luise Schröder, Julian Vogel
Sound: Oscar Stiebitz, Julian Vogel
Editor: Gregor Bartsch, Sebastian Winkels

Munich 2016, Halle 2019 and Hanau 2020: three right-wing extre­mist attacks by so-cal­led „lone wol­ves: Alleged lone per­pe­tra­tors who, see­mingly wit­hout being part of clas­sic extre­mist struc­tures, radi­cal­i­zed them­sel­ves on the Internet and sud­den­ly struck in public spaces. These are sto­ries that now domi­na­te the head­lines: Right-wing ter­ror is curr­ent­ly con­side­red the grea­test thre­at to demo­cra­cy in Germany, accor­ding to the Office for the Protection of the Constitution. And this despi­te the fact that until recent­ly such per­pe­tra­tors were often clas­si­fied as men­tal­ly ill, „con­fu­sed” lone per­pe­tra­tors and thus denied their racism. These times are over: After the attack in Hanau, Frank Walter Steinmeier spo­ke of an „attack on all of us”. But who are „all of us”?

The tri­lo­gy „EINZELTÄTER (Parts 1–3)” inde­pendent­ly takes the per­spec­ti­ve of the peo­p­le who­se rela­ti­ves were actual­ly the tar­get of the attacks and who­se lives will never be the same again.

EINZELTÄTER Part 1: MÜNCHEN

Arbnor lost his sis­ter in the 2016 attack at the Olympia shop­ping cen­ter, Hasan and Sibel lost their son. For a long time, the rela­ti­ves had to fight for the sta­te to reco­gni­ze the racist back­ground of the crime. Only after the attacks in Halle and Hanau did they succeed.

EINZELTÄTER Part 2: HALLE

EKarsten lost his only son Kevin in the Halle attack. While the public wat­ches the tri­al of the right-wing extre­mist per­pe­tra­tor, he strug­gles to deal with his grief. He finds sup­port in the Halle FC fan scene.

EINZELTÄTER Part 3: HANAU

The racist attack of February 19, 2020 has chan­ged Hanau-Kesselstadt. People of dif­fe­rent ori­g­ins live here, and six of the nine vic­tims died here. After the attack, peo­p­le here stick tog­e­ther, try to deal with the con­se­quen­ces of the act, and fight for cla­ri­fi­ca­ti­on. And this is whe­re the father of the per­pe­tra­tor and the sur­vi­ving rela­ti­ves of the vic­tims live in the imme­dia­te vicinity.

Since 2018, I have been in cont­act with sur­vi­vors of the racist attack in Munich in 2016, which was initi­al­ly clas­si­fied by the inves­ti­ga­ting aut­ho­ri­ties as a non-poli­ti­cal ram­pa­ge. This chan­ged with the attack in Halle in 2019, in the wake of which the Munich act was clas­si­fied as right-wing vio­lence and right-wing extre­mism as the grea­test thre­at to the secu­ri­ty situa­ti­on. After the attack of Hanau 2020, which brought the pro­blem of right-wing „lone per­pe­tra­tors” ulti­m­ate­ly into public con­scious­ness, I deci­ded to make a docu­men­ta­ry film that accom­pa­nies the mour­ning work of the bere­a­ved and their rela­ti­onship to the social dimen­si­on of the­se three acts. The result was a tri­lo­gy. The fami­lies in Munich and Hanau are united by the fact that their mour­ning work is inter­wo­ven with the fight against racism. In Halle, the situa­ti­on is dif­fe­rent: Kevin’s father Karsten has to deal with the death of his child becau­se someone wan­ted to strike a mino­ri­ty to which he hims­elf does not belong. For me, his grief was no less tou­ch­ing than the grief of the other peo­p­le affec­ted. It was imortant to me to also dedi­ca­te mys­elf to his story

Blagas Lessons

Eine Frage der Würde – Blaga’s Lessons

Ein Film von Stephan Komandarev.

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Es ist ein­fach, sich über Maschen und Opfer von Telefonbetrügern lus­tig zu machen, aber wirk­lich gefeit gegen die auch plum­pes­ten Methoden ist wohl nie­mand. Die ehe­ma­li­ge Lehrerin Blaga ist eigent­lich auch nicht naiv, lässt sich aber von einem recht absur­den Telefontrick über­rum­peln. Sie ver­liert das gan­ze Geld, das für die Grabstätte ihres kürz­lich ver­stor­be­nen Mannes vor­ge­se­hen war. Willig, ande­re zu war­nen, erzählt die Betrogene bei einer Nachbarschafts-Veranstaltung der ört­li­chen Polizei von ihrer Erfahrung, ern­tet aber groß­flä­chig nur Spott und Hohn. Selbst ihr im Ausland leben­der Sohn macht nur Vorhaltungen. Es fällt ihm nicht ein, die Mutter zu unter­stüt­zen. Blaga, schwer gede­mü­tigt und immer noch auf der Suche nach Geld für das Grab, weiß von der Polizei, wie die Betrüger Helfer aqui­rie­ren. Sie fin­det eine ent­spre­chen­de Announce und bewirbt sich.
„Beim wich­ti­gen Festival im tsche­chi­schen Karlovy Vary wur­de Eine Frage der Würde – Blaga’s Lessons mit drei Preisen aus­ge­zeich­net, völ­lig zurecht. Denn dem Bulgaren gelingt hier ein har­scher, mal sozi­al­rea­lis­ti­scher, mal wie eine Farce wir­ken­der Film über eine 70jährige Frau, die im mora­li­schen Niemandsland des post­so­zia­lis­ti­schen Bulgariens um ihre Würde kämpft – und sie ver­liert. …
Filme wie Eine Frage der Würde kamen in den letz­ten 20 Jahren oft aus Rumänien, Regisseure wie Cristi Puiu, Cristian Mungiu oder Corneliu Porumboiu hiel­ten der gesell­schaft­li­chen Entwicklung ihres Landes eines unge­schön­ten Spiegel vor, sezier­ten die Abgründe des Kapitalismus und die Spätfolgen des Sozialismus. Ganz ähn­li­ches macht nun auch der 57jährige bul­ga­ri­sche Regisseur Stephan Komandarev, der zu Beginn sei­ner Karriere Dokumentarfilme dreh­te, seit eini­gen Jahren nun mit zuneh­men­dem Erfolg Spielfilme, die aber einem doku­men­ta­ri­schen Blick ver­haf­tet sind.“ Michael Meyns | programmkino.de – „die­se inten­si­ven, klei­nen Filme sind es, für die das Kino gemacht wur­de.“ Sebastian Seidler | kino-zeit

Credits:

BG/DE 2023, 119 Min., bul­ga­ri­sche OmU
Regie: Stephan Komandarev
Kamera: Vesselin Hristov
Schnitt: Nina Altaparmakova
mit Eli Skorcheva, Ivan Barnev, Gerasim Georgiev, Stefan Denolyubov, Rozalia Abgarian, Ivaylo Hristov

Trailer:
Eine Frage der Würde (Blaga’s Lessons )| offi­zi­el­ler Trailer mit dt. Untertitel
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Reality

Ein Film von Tina Satter.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Reality Winner war 25, als sie, über­zeugt davon, im Namen der Demokratie zu han­deln, gehei­me Informationen über die Einflussnahme Russlands auf den US-Wahlkampf 2016 öffent­lich mach­te. Die Gerichte sahen das anders und ver­ur­teil­ten sie 2018 zu 63 Monaten Haft.
Größter Wunsch der in Farsi, Dari und Pashto aus­ge­bil­de­ten Linguistin der US-Airforce war es, als Übersetzerin in Afghanistan ein­ge­setzt zu wer­den. Mit der Stelle bei einem Informationsdienstleister der NSA woll­te sie dem einen Schritt näher kom­men. Dort stieß sie auf die bri­san­ten Papiere. Tina Satters Film folgt als re-Enactment den trans­skri­bier­ten Tonaufzeichnungen von Hausdurchsuchung und Festnahme der jun­gen Frau, auch unter Kennzeichnung der öffent­lich nicht zugäng­li­chen geschwärz­ten Stellen. Das absur­de Spiel mit dem Machtgefälle zeich­net sich durch ein Gemenge aus unge­schickt-jovia­lem Smalltalk, patrio­tisch-auto­ri­tä­rem Auftreten, Unbeholfenheit und per­fi­den Drohungen auf FBI-Seite aus, wäh­rend Reality ver­zwei­felt ver­sucht, dem mit vor­ge­täusch­ter Ahnungslosigkeit, Notlügen und Höflichkeit zu ent­kom­men. Auf der Bildebene fin­den wir, abge­se­hen von einer Automatikwaffe in Pink sowie Büchern in ara­bi­scher Schrift, Accessoires eines nor­ma­len, allein leben­den All-American-Girls vor, die ihre Hunde und Yoga liebt.

Und so sehr auf „Reality“ auch die Bezeichnung Kammerspiel zutrifft, so fas­zi­nie­rend sind doch gera­de die film­spe­zi­fi­schen Mittel. Die Kamera von Paul Yee … erfasst durch Nah- und Großaufnahmen jede kleins­te Irritation und Verunsicherung in den Gesichtern der Beteiligten. In ande­ren Einstellungen wird wie­der­um die Taktik des FBI sicht­bar: Reality ist stets von Männern, die sie beob­ach­ten oder aus­fra­gen, umge­ben, wäh­rend ihr Haus durch­sucht wird. … Was Reality zusätz­lich zu einem fil­mi­schen Ereignis macht, sind die prä­zi­sen Schauspielleistungen. Sydney Sweeney (Euphoria) hat die Titelrolle offen­sicht­lich mit jeder Faser ihres Körpers ver­in­ner­licht. Sie lie­fert eine kom­ple­xe, authen­ti­sche Darbietung, sou­ve­rän flan­kiert von Josh Hamilton und Marchánt Davis in den Parts der gegen­sätz­li­chen Agenten …“
Andreas Köhnemann | kino-zeit.de

Credits:

US 2023, 85 Min., eng­li­sche OmU
Regie: Tina Satter
Kamera: Paul Yee
Schnitt: Jennifer Vecchiarello, Ron Dulin
mit Sydney Sweeney, Josh Hamilton, Marchánt Davis

Trailer:
REALITY (offi­zi­el­ler OmU Trailer) – mit Sydney Sweeney in einem Film von Tina Satter
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