Zum dritten Mal bei uns zu Gast ist ab 13.11. das Afrikamera-Festival, diesmal mit vier ausgesuchten Filmen. My Father’s Shadow[13.11. Tickets], der erste nigerianische Film, der jemals in der offiziellen Auswahl von Cannes gezeigt wurde, ist eine semi-autobiografische, impressionistische Erinnerung an eine prägende Erfahrung und eine Zeit in Lagos. Ebenfalls dort kämpft Jawu in The Legend of the Vagabond Queen of Lagos [14.11. mit Q&A Tickets] für die Rettung der Gemeinschaft in den sogenannten Waterfront-Communities. In ihrer Emanzipationsgeschichte Les Invertueuses [15.11., mit Q&A Tickets] konfrontiert Regisseurin Aicha Chloé Boro die Teenagerin Nadie vor dem Hintergrund des Vormarsches der Dschihadisten in Burkina Faso mit den Normen einer konservativen Gesellschaft. Der Krieg im Sudan erforderte eine neue Form für den Dokumentarfilm über fünf Bewohner der titelgebenden Stadt Khartoum [16.11. Tickets]. “… ein lyrisches, emotionales Porträt verschiedener Menschen aus Khartum in einem Schlüsselmoment der afrikanischen Geschichte.” Berlinale
Wer aufregende und spektakuläre Ballwechsel zwischen Weltklasse-Spielern beim Tischtennis sehen will, ist hier genau richtig. Wer mehr über merkwürdige Vorgänge im Profisport erfahren möchte, ist hier ebenfalls richtig. Und auch der Einfluss der Weltpolitik macht vor Tischtennis nicht halt. Zwei Ereignisse prägen diesen Film: die Bundesliga- und Championsleague-Wildcard für den neu gegründeten TTC Neu-Ulm und der Ausschluss russischer Spieler (und Vereine) von internationalen Turnieren. Ein Jahr lang blieb Jonas Egert unauffällig an der Seite des Teams und seiner neu verpflichteten internationalen Top-Stars, bis der Höhenflug des Vereins ein jähes Ende fand.
„Atemberaubend wie ein Profi-Match, großartig fotografiert und montiert. Mehr als ein herausragender Sportfilm – ein nervenzehrender Ping-Pong-Thriller der Spitzenklasse.“ (Ysabel Fantou, DOK.fest München)
Credits:
DE 2025, 116 Min. Regie, Buch: Jonas Egert Kamera: Felix Riedelsheimer Schnitt: Anja Pohl
Filme über Kafka und Kafka-Verfilmungen gibt es einige, Kafka-Biografien und andere Sekundärliteratur bergeweise, lustig veranschaulicht in „Franz K.“ bei einem der Ausflüge ins skurrile Heute. Agnieszka Holland und Autor Marek Epstein haben einen sehr lebendigen Ansatz für ihre Film-Version gewählt, die erscheint wie eine Kurzgeschichtensammlung. Immer wieder springt der Film durch die Zeit, zeigt Aus- und Anschnitte von dem, was so bekannt ist aus dem Leben des hochsensiblen Autors. Mit großer Experimentierfreude und vielen Ideen lässt er uns teilhaben am privaten wie beruflichen Umfeld und interpretiert Auszüge seines Werkes visuell, ohne jedoch das zu befürchtende Feuerwerk „kafkaesker“ Bildsprache zu strapazieren. Von Familie, Freundschaft, Druck und Angst, innerem und äußerem Zwang wird erzählt, oft verspielt, dabei aber auch angemessen ernsthaft, so wie bei der Thematisierung der zunehmend bedrohlichen Lage der Juden in Europa.
„Die tschechisch-deutsch-polnische Produktion fängt die Härte und Grausamkeit der damaligen Zeit ein, ist häufig jedoch auch überraschend humorvoll. Neben dem in sich gekehrten, zerrissenen, hin und wieder pedantischen Franz lernen wir dessen ausgelassene Seite kennen, etwa wenn der Schriftsteller fröhlich lachend in einer freundschaftlichen Runde aus Der Prozess vorliest. Ein schöner Gegenentwurf zur Melancholie und zur verstörenden Schwere, die häufig unser Kafka-Bild prägen.“Andreas Köhnemann | kino-zeit
Credits:
DECZ 2025, 127 Min., Deutsch, Tschechisch OmU Regie: Agnieszka Holland Drehbuch: Marek Epstein Kamera: Tomasz Naumiuk mit: Idan Weiss, Peter Kurth, Jenovéfa Boková, Ivan Trojan, Sandra Korzeniak, Katharina Stark
Deutschland steht an einem historischen Wendepunkt: Erstmals seit 1945 wird im Jahr 2025 ein migrationspolitischer Entschließungsantrag im Bundestag angenommen – mit Unterstützung der AfD, die vom Verfassungsschutz wegen rechtsextremer Bestrebungen beobachtet wird. Die Erklärung zur Begrenzung der Zuwanderung sieht unter anderem eine vollständige Schließung der deutschen Grenzen vor. Ein Paradigmenwechsel kündigt sich an: weg vom Schutz von Geflüchteten, hin zu Abschottung und Abschreckung.
Kein Land für Niemand – Abschottung eines Einwanderungslandes begibt sich auf die Suche nach den Ursachen dieser politischen Zäsur und nimmt die Zuschauer*innen mit auf eine aufrüttelnde Reise. Die Dokumentation beginnt an den europäischen Außengrenzen, wo eine andauernde humanitäre Katastrophe auf staatliche Ignoranz trifft, aber auch auf ziviles Engagement. Sie begleitet einen Rettungseinsatz auf dem Mittelmeer, dokumentiert die katastrophale Lage aus der Luft und erzählt die Geschichten von Überlebenden, die trotz Gewalt und tödlicher Risiken den Weg nach Deutschland gefunden haben.
Während Deutschland dazu beiträgt, eine europäische Festung zu errichten, gerät die politische Landschaft ins Wanken. Von emotionalisierten Medienberichten bis zu hilflos nach rechts rudernden Politiker*innen zeichnet sich eine gesellschaftliche Erzählung ab, die sich gegen Migrant*innen und Schutzsuchende richtet. Ist Migration überhaupt das große Problem, zu dem es gemacht wird? Oder offenbart die Abschottungspolitik tiefere gesellschaftliche Ängste?
In eindringlichen Geschichten zeigt der Film eine zunehmend beängstigende Realität aus Sicht von Geflüchteten und analysiert die Dynamiken hinter dem historischen Rechtsruck. Im Dialog mit Aktivist*innen, Wissenschaftler*innen und Publizist*innen fordert Kein Land für Niemand – Abschottung eines Einwanderungslandes dazu auf, den brutalen Status quo und die scheinbar unaufhaltsame Radikalisierung der Migrations- und Asyldebatte in Frage zu stellen.
Credits:
DE 2025, 111 Min., OmU Regie: Max Ahrens & Maik Lüdemann Kamera: Nils Kohstall, Maik Lüdemann Schnitt: Lino Thaesler
Trailer:
Kein Land für Niemand – Abschottung eines Einwanderungslandes (Trailer)
Satelliten melden eine Atomrakete, die sich Richtung USA bewegt. Der Countdown bis zum möglichen Einschlag in Chicago tickt; fiebrige Geschäftigkeit bricht bei den für die Verteidigung verantwortlichen Institutionen und Personen aus. Das Prozedere ist eingeübt, trotzdem werden die Experten nervös, als der erste Versuch, die Rakete abzuschießen, misslingt. Und bald stellt sich die Frage nach einem präventiven Gegenschlag. Der Film verfolgt an der Seite mehrerer Protagonisten, von Soldaten auf einer Basis der National Missile Defense bis hoch zum US-Präsidenten, in zeitlichen Schleifen die verzweifelten Aktivitäten bis zum Ablaufen des Countdowns. Dabei rundet sich der atemlos spannende Thriller zur eindringlichen Mahnung, wie schnell aus gegenseitiger nuklearer Abschreckung ein potenziell vernichtender Atomkonflikt werden könnte und dass Aufrüstung als Mittel, Sicherheit und Frieden zu gewährleisten, ein zweischneidiges Schwert ist. (Filmdienst)
Credits:
US 2025, 112 Min., Englisch OmU Regie: Kathryn Bigelow Kamera: Barry Ackroyd Schnitt: Kirk Baxter mit: Idris Elba, Rebecca Ferguson, Gabriel Basso, Jason Clarke, Greta Lee, Jared Harris, Tracy Letts, Anthony Ramos, Moses Ingram und Jonah Hauer-King
„Sie haben einen Koran verbrannt!“ Am Drehort eines fiktionalen Films über den rassistisch motivierten Brandanschlag in Solingen 1993, bei dem fünf Frauen starben, gibt es Unruhe. In den brennenden Kulissen wurde eine brennende Ausgabe eines Korans gefunden, was mehrere Komparsen heftig aufbringt. Regisseur Yigit erklärt seine Entscheidung nonchalant mit „Kunstfreiheit“ weist Regieassistentin Elif an, die Wogen zu glätten, und außerdem das gedrehte Material sicher seine Wohnung zu bringen. Die junge Frau ist sehr bemüht, immer alles allen recht zu machen, häuft allerdings, nachdem die wichtigen Filmdosen plötzlich verschwunden sind, aus Angst Lüge auf Lüge. Die Situation eskaliert„ und ein Netz aus Misstrauen und Paranoia schließt sich um alle Beteiligten. Mit seinem Debut Oray (2019) zeigte Mehmet Akif Büyükatalay mit einer eigenen Handschrift, wie man die türkisch-muslimische Welt eines jungen Mannes in Deutschland unaufgeregt aufregend darstellen kann. HYSTERIA geht gekonnt noch einen Schritt weiter. Als Film-im-Film arbeitet er mit doppeltem Boden, als Verschwörungsthriller mit undurchsichtigen Beziehungen und unvorhersehbaren Wendungen. Mit Verhandlungen über Kunst- und Meiniungsfreiheit oder Verantwortung seziert er dabei Rassismus, postkolonialie Arroganz und gesellschaftliche Machtstrukturen ebenso wie ihre mediale Aufbereitung und Verwertung. Einen Gruß an Ayse Polat („Im toten Winkel“) gibt es passend im Abspann. Die Jury von Europa Cinemas lobte den Film „für seine straff konstruierte Erzählung und seine provokanten Themen … Aber über den Unterhaltungswert des Films hinaus sind wir der Meinung, dass sein brisantes Thema wirklich den Dialog fördern und zu einem besseren Verständnis der Spannungen in unserer heutigen Gesellschaft beitragen kann.“
Credits:
DE 2025, 104 Min., Deutsch, Englisch, Türkisch, Kurdisch, Arabisch OmU Regie: Mehmet Akif Büyükatalay Kamera: Christian Kochmann Schnitt: Denys Darahan, Andreas Menn mit Devrim Lingnau, Mehdi Meskar, Serkan Kaya, Nicolette Krebitz, Aziz Çapkurt, Nazmi Kırık
Audiodeskriptionen, Untertitel und Hörverstärkung mit der Greta App
Arjun Talwar kam vor vielen Jahren nach Polen. Er arbeitet in Warschau und hat Polnisch gelernt. Die kleine Straße, in der er lebt, kennt er wie seine Westentasche – sie ist ein Mikrokosmos, der die polnische Gesellschaft im 21. Jahrhundert spiegelt. Was auch bedeutet: Talwar ist zwar Teil dieses Mikrokosmos, fühlt sich aber immer noch als Fremder. Freund*innen ausländischer Herkunft teilen seine Erfahrungen – sie können in der multikulturell gewordenen Touristen-Stadt Warschau zwar arbeiten, einkaufen und ihre Freizeit verbringen, werden aber das Gefühl nicht los, dauerhaft im Abseits zu stehen. Talwar nimmt für seinen Film-Essay die Kamera in die Hand und beginnt, im raschen Wechsel zwischen Orten, Szenen und Jahreszeiten diesen Mikrokosmos zu erforschen. Dabei entdeckt er Menschen, Orte und Phänomene, die er bisher übersehen hatte. Er erzählt von Freunden, die an ihrer missglückten Integration gescheitert sind, und findet Menschen, die sein Schicksal teilen. Abwechselnd beobachtet er seine unmittelbare Umgebung und sich selbst. Dabei stellt er im Off-Kommentar immer wieder die Frage: Muss ich mich ändern oder muss die polnische Gesellschaft sich ändern, damit Zugezogene selbstverständlch Teil der Gemeinschaft werden können? [Rainer Mende]
„Seit über dreizehn Jahren lebt Arjun Talwar in der Ulica Wilcza in Warschau. In BRIEFEAUSDERWILCZA macht er diese Straße zu einem sozialen und emotionalen Resonanzraum. Mit ruhiger Kamera und persönlichem Voice-Over führt Talwar Gespräche mit Nachbarinnen, Händlerinnen, Freundinnen, Straßenmusikerinnen. Es entstehen beiläufige, oft intime Dialoge über Kindheit, Politik, Trauer, Heimat und Identität – darüber, was Zugehörigkeit ausmacht und was sie erschwert. Verwoben mit diesen Straßenszenen ist Talwars eigene Geschichte: die Entscheidung, gemeinsam mit seinem besten Freund Adi nach Polen zu ziehen, seine Faszination für die polnische Kultur und die unterschiedlichen Wege, die ihre Leben schließlich nahmen. Mit feinem Humor und präzisem Blick versammelt der Dokumentarfilm Stimmen, Körper und Sprachen in ihrer Nähe und Unterschiedlichkeit. Am Ende bleibt eine leise, offene Frage: „Wie viele Jahre muss jemand an einem Ort leben, um von dort zu sein?” Vision Kino
„Ich habe alles genau geplant“ behauptet JB (Josh O’Connor), als er seinen Kumpanen von seinem Plan erzählt. Er ist der Anführer, das Mastermind, doch selbst wenn man mit den Filmen von Kelly Reichardt nicht vertraut sein sollte, ahnt man schon nach wenigen Minuten von „The Mastermind“, dass der Titel ironisch gemeint ist.
Zusammen mit seiner Frau Terri (Alana Haim) und den zwei Kindern lebt JB in einer Kleinstadt in Massachusetts, es ist 1970, Richard Nixon sitzt im Weißen Haus, im fernen Vietnam tobt seit Jahren ein Krieg, gegen den auf den Straßen zu Hause mit zunehmender Vehemenz protestiert wird. Eigentlich ist JB Schreiner, doch einen festen Job hat er nicht. Sein Vater (Bill Camp), ein geachteter Richter, und seine Mutter (Hope Davis) unterstützen ihn, finanzieren ein Leben, das dahinplätschert, ohne Ziel und Plan.
Der geplante Einbruch in einem kleinen lokalen Museum, wo die Gemälde des selbst in seiner Heimat wenig bekannten amerikanischen Malers Arthur Dove Ziel von JBs Plan sind, soll alles ändern, aber was genau? Erstaunlicherweise gelingt der Plan, zumindest landen die vier Gemälde am Ende in JBs Familien-Kombi.
Kurz darauf sind seine Komplizen schon in Polizeigewahrsam und JB auf der Flucht. Seine Frau und die Kinder lädt er bei den Schwiegereltern ab und fährt los, mit dem Ziel Kanada, wohin es in den frühen 70ern vor allem Kriegsdienstverweigerer zog, wo aber auch ein Dieb Unterschlupf finden könnte.
Schon des öfteren hat Kelly Reichardt Genrefilme gedreht, die den Regeln ihres Genres folgten, sie aber gleichzeitig unterliefen und damit die ihnen zu Grunde liegende Ideologie hinterfragten. „Meek’s Cutoff“ war ein Anti-Western, „Night Moves“ ein Anti-Thriller, nun also ein Anti-Heist-Film. Das alle drei Genre traditionell starke, souveräne Männer-Figuren in den Mittelpunkt stellen, die auf Grund ihrer Cleverness und Maskulinität ihre Ziele erreichen, macht die Genre-Dekonstruktionen bei Kelly Reichardt zu Reflexionen über die Krise der Männlichkeit.
Perfekt besetzt wirkt dabei in diesem Fall Josh O’Connor, der schon als etwas verhuschter junger Prince Charles in „The Crown“ Männlichkeit eher vorgab, als wirklich verkörperte und auch in Spielfilmen wie „La Chimera“ oder zuletzt „Challengers“ Männer-Figuren spielte, die an den Erwartungen an ihr Geschlecht zu scheitern drohten.
Betont passiv spielt O’Connor in „The Mastermind“, wirkt weniger in Kontrolle, als Getrieben von den Ereignissen, die er selbst, ohne die Konsequenzen wirklich zu durchschauen, in Bewegung gesetzt hat. Immer deutet Reichardt dabei den historischen Kontex an, zeigt TV-Berichte aus Vietnam, lässt JB an Demonstrationen gegen den Krieg vorbeifahren. In welchem Zusammenhang das persönliche Schicksal JBs und die gesellschaftliche Realität der USA um 1970 stehen lässt Reichardt offen, sie bietet Interpretationsmöglichkeiten an, hält sich selbst aber zurück. Man kann „The Mastermind“ daher auch einfach nur als Tragikomödie über einen Mann lesen, der sich selbst überschätzt oder als Genrefilm, der die Konventionen seiner Form dekonstruiert. Vor allem aber ist es ein weiterer, sehr spezieller Kelly Reichardt-Film, inzwischen fast selbst ein eigenes Genre.
Michael Meyns
Credits:
US 2025, 110 Min., engl. OmU Regie & Schnitt: Kelly Reichardt Kamera: Christopher Blauvelt mit: Josh O’Connor, Alana Haim, Hope Davis, John Magaro, Gaby Hoffmann, Bill Camp
Trailer:
THEMASTERMIND | Offizieller Trailer | Ab 16. Oktober im Kino
Regisseur Emanuel Pârvu, dessen Film der erste von zwei rumänischen in diesem Heft ist, steht eher in der Tradition der „Neuen Rumänischen Welle“ als sein eigenwilliger Kollege Radu Jude, dessen Kontinental ‘25zwei Wochen später folgt. Offenbar lernte er als Schauspieler von Cristian Mungiu, Bogdan George Apetri oder Călin Peter Netzer. Belohnt wurde seine dritte Regiearbeit mit der „Queer-Palm“ im Wettbewerb in Cannes 2024. Der 17-jährige Adi lebt mit seinen Eltern in einem kleinen Dorf im Donaudelta. Eines Nachts kommt er schwer verletzt nach Hause. Er wurde von den Söhnen des einflussreichen Unternehmers Zenţov brutal zusammengeschlagen, nachdem sie gesehen hatten, dass er einen Jungen küsste. Seine Eltern fürchten nun, dass der Vorfall Adis Homosexualität bekannt macht, sperren ihn erstmal ein und lassen den Priester eine Art Exorzismus vornehmen. Auch Zenţov, bei dem die Familie hoch verschuldet ist, möchte kein Aufsehen. Zur Untersuchung des Vorfalls taucht schließlich eine Frau vom Jugendamt im Dorf auf und stellt Fragen, während der örtliche Polizeichef mit immer neuen Vorschlägen versucht, die ganze Angelegenheit unter den Teppich zu kehren. „Pârvu zeigt den Verlauf der Ereignisse ohne Effekthascherei. Die Machtverhältnisse und vor allem der Machtmissbrauch vermitteln sich subtil durch die Komposition der Figuren im Raum. Ohne alles aussprechen zu müssen, macht der Film deutlich, wie Staatsgewalt und Kirche in die Privatsphäre eingreifen und wie Grenzen permanent überschritten werden.“ Andreas Köhnemann | kino-zeit
Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt.“ Dieser Paragraph wird für Karla zum Schutzschild, nachdem sie mehrmals erfolglos bei der Polizei vorgesprochen hat. Diesmal lässt sie sich nicht fortschicken, sie kennt ihr Recht: „Ich bin Karla Ebel. Ich bin zwölf Jahre alt und ich möchte Anzeige erstatten.“ Sie hat es geschafft, zu einem Richter vorzudringen. Der ist zunächst skeptisch. Es ist 1962, und den Fall einer 12-jährigen zu verhandeln, die ihren Vater des wiederholten sexuellen Missbrauchs anzeigt, ist so aussichtslos wie karriereschädlich, denn die Welt ist noch in Ordnung, und in guten Familien passiert „sowas“ nicht. Aber Karla bleibt beharrlich. „Konsequent bleibt der Film ganz nah bei seiner Protagonistin, ihren Gefühlen, ihrem Gesicht. Es ist das Gesicht von Elise Krieps in ihrer ersten Rolle – eine Entdeckung, ein Glücksfall! Mit großer Präsenz verkörpert sie die stille Kraft der traumatisierten Karla zwischen hilflosem Schweigen und ihrem unbändigen Wunsch nach Gerechtigkeit und einem Leben ohne Übergriffe. … Kann man einen Film über sexuellen Missbrauch machen, ohne die Tat in Worten zu schildern oder in Bildern zu zeigen? Regisseurin Christina Tournatzés gelingt es, in ihrem Spielfilmdebüt jegliche Form von Voyeurismus zu vermeiden. Zarte Andeutungen, visualisierte Erinnerungsfetzen, blitzschnelle Flashbacks, doch nie wird die junge Protagonistin als Opfer gezeigt. Nie verliert sie ihre Würde. Schon das allein macht Karla so besonders.“ Sabine Schultz | kino-zeit
Credits:
DE 2025, 104 Min., deutsche Originalfassung mit englischen Untertiteln Regie: Christina Tournatzés Kamera: Florian Emmerich Schnitt: Isabel Meier mit: Elise Krieps, Rainer Bock, Imogen Kogge, Torben Liebrecht, Katharina Schüttler
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