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Für die Vielen

Für die Vielen

Ein Film von Constantin Wulff.

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Manchmal ist es doch erstaun­lich, was im Nachbarland so mög­lich ist: Die Arbeiterkammer Wien ist seit über 100 Jahren eine unab­hän­gi­ge, selbst­fi­nan­zier­te zen­tra­le – und wirk­sa­me – Interessenvertretung der Beschäftigten und Anlaufstelle für die vie­len, die um ihre Rechte kämp­fen. Erstaunlich ist aber auch, dass die diver­sen Regierungen ihr noch nichts anha­ben konn­ten. Die rote Faust im Foyer mar­kiert die Institution als his­to­ri­sche Errungenschaft der Arbeiterbewegung. Dass sich ihre Idee in der digi­ta­len Gegenwart nicht über­lebt hat und sogar höchst not­wen­dig ist, zeigt die Nachfrage: Es herrscht reger Betrieb.
Einer Frau soll wäh­rend der Elternteilzeit gekün­digt wer­den. Einem Mann hat seit Monaten kei­nen Lohn bekom­men, Lohnzettel gibt es kei­ne. Ein ande­rer ahnt, dass ihm sein Arbeitgeber beim nächs­ten Mitarbeitergespräch eine ein­ver­nehm­li­che Kündigung nahe­le­gen wird, nach 25 Jahren im Betrieb. Sie alle sind Hilfesuchende, die in den ers­ten Minuten von Wulffs Dokumentarfilm bei der Arbeiterkammer Beratung bekom­men, ganz selbst­ver­ständ­lich.
Besonders beein­dru­ckend ist dabei auch die Vielsprachigkeit: Beraterinnen wech­seln ansatz­los zwi­schen Deutsch und Serbisch, es gibt flie­ßen­de Gebärdensprachen-Simultanübersetzung, bei juris­ti­schen Beratungen sit­zen Übersetzer dabei und assis­tie­ren. Es ist, immer wie­der, die­se Selbstverständlichkeit, die so beru­hi­gend und zugleich ergrei­fend ist, gegen­über Paketboten, Verpackerinnen, Bauarbeitern, Facharbeiterinnen, bei Arbeitsunfällen, Lohnbetrug, der Verweigerung von Sozialleistungen.
Im Direct-Cinema-Stil gibt der Film den Menschen, deren indi­vi­du­el­le Geschichten sich hin­ter abs­trak­ten Begriffen wie Krise, Rezession und Arbeitsmarktverwerfungen ver­ber­gen, und den in die­ser Institution arbei­ten­den, ein Gesicht, und vor allem: „Nichts dar­an ist auch nur einen Moment tro­cken, denn es geht um die Essenz des Menschlichen.“ ORF

Credits:

AT 2022, 120 Min., Deutsch, Serbokroatisch, Türkisch, Ungarisch OmU,
Regie: Constantin Wulff
Kamera: Johannes Hammel, Michael Schindegger
Schnitt: Dieter Pichler

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Apples

Ein Film von Christos Nikou.

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Christos Nikou erzählt in sei­nem Regieerstling von Aris, einem eher ein­sam wir­ken­den Mann mitt­le­ren Alters, der eines Tages nicht mehr weiss, wer er ist und wo er hin­ge­hört. Am Ort, an dem man ihn betreut, macht man Tests und ord­net sei­nen Gedächtnisverlust einem Phänomen zu, das sich breit­ge­macht hat und von dem vie­le betrof­fen sind. Eine Therapie soll auch Aris hel­fen, wie­der zu sich zu kom­men, oder müss­te man sagen: Ein neu­es Sich zu fin­den? Der von Erinnerung Unbelastete kann, wenn man das posi­tiv betrach­ten will, neu anfan­gen. Es gibt sogar ein Programm, das ihm beim Aufbau eines Bewusstseins hel­fen soll; Aris bekommt bana­le Aufgaben gelie­fert, die er erfül­len und zu denen er mit einer Instantkamera jeweils ein Bild fest­hal­ten soll: Fahrradfahren, Kinobesuch, Ausgang. Über die Aufgaben bil­den sich neue Erinnerungen und, wer weiss, so etwas wie eine Identität. Aris ist nicht allein, auch das gehört zu sei­nen Lernschritten. Da taucht eine Anna auf, die das glei­che Regenerations-Programm durch­läuft. Kannten sich die bei­den vor dem Gedächnisverlust? Oder pas­sen sie zusam­men? Schaffen ein­fa­che Erfahrungen eine neue Identität? Definiert die­se sich übers Erinnern? Der Spielfilm aus Griechenland pro­vo­ziert Fragen und wirkt mit unse­rer Pandemieerfahrung noch amü­san­ter, als er es ohne­hin ist. Der Humor, der ihn prägt, ist aber ein lako­ni­scher und stil­ler. Wir sind ein­ge­la­den zu Betrachtungen einer sur­rea­len Welt, von der wir inzwi­schen wis­sen, dass sie so sur­re­al nicht ist, und vor allem: Unsere eige­ne Welt kann schlag­ar­tig recht sur­re­al wer­den.“ Walter Ruggle
„Christos Nikou hat bei Yorgos Lanthimos’ Dogtooth als Regieassistent gear­bei­tet. Dessen Vorliebe für Versuchsanordnungen, Lebensskripte und „unwahr­haf­ti­ge“ Beziehungen haben in Nikous Debut deut­li­che Spuren hin­ter­las­sen. Auch das blut­lee­re Spiel und der sur­rea­le Humor sind Attribute einer bestimm­ten Ausformung des „neu­en grie­chi­schen Kinos“. Apples ist jedoch deut­lich vager ange­legt als die Arbeiten von Lanthimos, auch men­schen­freund­li­cher, weni­ger gars­tig. Hinter Aris’ Auftreten fin­den sich Anzeichen von Melancholie und auf­rich­ti­ger Trauer – und eine Einsamkeit, die mehr als Erinnerungsverlust ahnen lässt. Dass die Geschichte in zir­ku­lä­ren Bewegungen und repe­ti­ti­ven Mustern fort­schrei­tet, ent­fal­tet ganz eige­nen Charme.“
Esther Buss

Credits:

Mila
GR 2020, 90 Min., grie­chi­sche OmU,
Regie & Kamera: Christos Nikou
Schnitt: Giorgos Zafeiris
mit: Aris Servetalis, Sofia Georgovasili, Anna Kalaitzidou, Argiris Bakirtzis

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Victim

Victim

Ein Film von Michal Blaško. 

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Basierend auf rea­len Ereignissen erzählt die­ses kraft­vol­le Debüt von Rassismus, Fake News und den Aufstieg der neu­en Rechten. Irina ist allein­er­zie­hen­de Mutter aus der Ukraine, die in einer tsche­chi­schen Kleinstadt lebt. Eines Nachts wird ihr 13-jäh­ri­ger Sohn Igor über­fal­len und schwer ver­letzt. Als er aus der Narkose erwacht, beschul­digt er die Roma-NachbarInnen. Während die Polizei ermit­telt, soli­da­ri­siert sich die gan­ze Stadt mit Mutter und Sohn und kämpft an der Seite von Irina für Gerechtigkeit. Doch als eine gro­ße Kampagne anrollt, bei der ver­schie­de­ne Akteure aus Medien, Politik und Zivilgesellschaft den Vorfall für ihre eige­nen Zwecke nut­zen wol­len, wird Irina unsi­cher…
(Filmfest HH)
Der slo­wa­ki­sche Regisseur Michal Blaško hat mit Victim einen moder­nen neo­rea­lis­ti­schen Film gedreht, der sich nüch­tern an Themen unse­rer Zeit abar­bei­tet: an Rassismus, Fake News und poli­ti­scher Instrumentalisierung von Täter-Opfer-Narrativen. Mit doku­men­ta­risch anmu­ten­den Bildern folgt die Kamera von Adam Mach der Heldin bei dem Versuch, ihr Glück zu machen. Kein Leichtes, Irinas ers­tes Einbürgerungsgesuch wur­de wegen Kleinigkeiten abge­lehnt, sie begeg­net Fremdenfeindlichkeit und ver­dient schlecht beim Reinigungsdienst. Victim ist ein kühl-kal­ku­lier­tes, klu­ges Debüt.
(EPD, Jens Balkenborg)

Credits:

Obeť
CZ/DE/SK 2022, 91 Min., Ukrainisch/Tschechisch OmU,
Regie: Michal Blaško
Kamera: Adam Mach
Schnitt: Peter Hasalík
mit: Vita Smachelyuk, Gleb Kuchuk, Igor Chmela

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Die Kairo Verschwörung

Ein Film von Tarik Saleh. 

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Die Azhar-Universität in Kairo gilt als eine der ein­fluss­reichs­ten und renom­mier­tes­ten Elitenschmiede der isla­mi­schen Welt. Hier zu stu­die­ren, ist der Traum vie­ler jun­ger mus­li­mi­scher Männer, und für Adam, Sohn eines Küstenfischers, wird die­ser Traum wahr. Kurz nach sei­ner Ankunft in die­ser weit­ge­hend geschlos­se­nen Gesellschaft, hat die Institution mit einer Erschütterung zu kämp­fen, als der Großimam, das Oberhaupt der Universität, uner­war­tet stirbt. Mögliche Nachfolger stel­len sich auf, mit unter­schied­li­chen Sichtweisen und Unterstützern. Besonders den ägyp­ti­schen Staatsorganen liegt viel dar­an, einen pas­sen­den und will­fä­hi­gen Kandidaten an die Spitze zu hie­ven. Der Inlands-Geheimdienst wird beauf­tragt, den Machtkampf für sich zu gewin­nen. Gerade aber wur­de des­sen bes­ter Informant am Campus ent­tarnt, und da kommt dem zwie­lich­ti­gen Agenten Oberst Ibrahim der uner­fah­re­ne Adam, ohne Angehörige und Freunde dort unter­wegs, gera­de recht.
Schon bei der Nil-Hilton-Affäre zeig­te Regisseur Tarik Saleh, dass ihm das Genre liegt. Thrillergemäß ver­schach­telt, aber ohne ablen­ken­de dra­ma­tur­gi­sche Volten schau­en wir jetzt in eine ganz ande­re Welt, von der nicht viel nach außen dringt, die aber auf der gan­zen Welt wirkt.
„Saleh dient das Genrekino nicht als blo­ßer Vorwand, um ein Bild der bro­deln­den poli­ti­schen Verhältnisse zu zeich­nen. Die Kairo Verschwörung ver­rät sei­ne auf­rich­ti­ge, inni­ge Begeisterung für des­sen Traditionen. Saleh nimmt kühn Maß an John le Carrés Spionageromanen. Seine Intrige ist bei­na­he eben­so raf­fi­niert kon­stru­iert: ein schä­bi­ges Figurenschach der Binnenkämpfe und Rivalitäten im Geheimdienst, das den Tod Unschuldiger als Kollateralschaden ver­bucht. Ibrahims Vorgesetzter ist ein Soziopath, in des­sen Augen eine bedroh­li­che Zuversicht glüht. Ibrahim selbst ist ein lis­ten­rei­cher Gegenspieler, der sich nicht aus der Verantwortung für sei­nen Schützling steh­len mag.“
Gerhard Midding, epd-Film

Credits:

Boy from Heaven
SE/FR/FI2022
121 Min., arab. OmU
Regie: Tarik Saleh
Kamera: Pierre Aïm
Schnitt: Theis Schmidt
mit: Tawfeek Barhom, Fares Fares, Mohammad Bakri
, Makram J. Khoury

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Das Blau des Kaftans

Ein Film von Maryam Touzani.

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Eine tra­di­tio­nel­le Schneiderei in einer der engen Gassen der Altstadt von Salé in Marokko – hier führt das Ehepaar Mina und Halim seit vie­len Jahren den Betrieb sei­nes Vaters mit Hingabe und hand­werk­li­chem Können fort. Die Auftragslage ist gut, doch das Geschäft wird schwie­ri­ger, die Kund*innen erwar­ten immer schnel­le­re Lieferung und nied­ri­gen Preis bei glei­cher Qualität. Zudem schwächt Mina eine Krankheit mehr, als sie zuge­ben will. Glücklicherweise kommt Youssef, ein neu­er Lehrling, in die Werkstatt, der mit gro­ßem Interesse und Geschick an die Arbeit geht. Schnell zieht der hüb­sche jun­ge Mann die Aufmerksamkeit Halims auf sich. Mina, die weiß, dass ihr Mann auch Männer liebt, reagiert zunächst eifer­süch­tig und gereizt. In die­ser schwie­ri­gen Situation jedoch, mit Ihrer Krankheit und ange­sichts des Verbotes von Homosexualität in Marokko, müs­sen alle drei ler­nen, für­ein­an­der da zu sein.

Dem Film, der viel von Blicken und Gesten, und weni­ger von Dialogen lebt, ist die Sanftheit der Stoffe gleich­sam ein­ge­näht, eben­so wie die Kamera kunst­vol­le Handwerksarbeit leis­tet. Nach ihrem hoch­ge­lob­ten Debut Adam erzählt die marok­ka­ni­sche Regisseurin Touzani erneut vom Wunsch nach Verbindung, Freiheit und Schutz, und auch dies­mal stellt sie wie­der die beeng­ten Wohn- und Arbeitsverhältnisse der Protagonisten in ein Spannungsverhältnis mit einer über­ge­ord­ne­ten Idee von Weite und Größe.

»Homosexualität ist in Marokko nicht nur ein Tabu, son­dern eine Straftat, die nach Artikel 489 des Strafgesetzbuchs mit 6 Monaten bis zu 3 Jahren Gefängnis bestraft wird. Dieses Gesetz ist eine Schande, und ich glau­be, dass wir uns für sei­ne Abschaffung ein­set­zen müs­sen, in Marokko eben­so wie in ande­ren Ländern. „Der blaue Kaftan“ ist ein Film über die Freiheit, so zu sein, wie man ist, zu lie­ben, wen man lie­ben will, egal ob Mann oder Frau. Vor allem aber ist es ein Film über die Liebe, denn die Liebe umfasst all das.« (Maryam Touzani)

Credits:

Le Bleu du Caftan
FR/MR/BE/DK 2022
124 Min., arab. OmU
Regie: Maryam Touzani
Kamera: Adil Ayoub
Schnitt: Nicolas Rumpl
mit: Lubna Aznabal, Saleh Bakri, Ayoub Missioui

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Liebe Angst

Liebe Angst

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Eine sich über drei Generationen erstre­cken­de Familientragödie, der man sich nicht ent­zie­hen kann; ein Dokumentarfilm, dem man ein Denkmal bau­en möch­te. (Sedat Aslan, Filmfest München)

Lore war sechs Jahre alt, als ihre Mutter Marianne Seligsohn nach Auschwitz depor­tiert wur­de. Lore Kübler ist eine „DP” – eine Displaced Person, bis zum heu­ti­gen Tag. Von mor­gens bis abends schreibt sie Artikel aus dem Weser-Kurier auf Karteikarten, archi­viert sie in Kisten, Körben und Kartons.

Kim ist die Tochter von Lore. Kim hat ihre Musik, ihre Hunde, ihren Glauben. Kim Seligsohn kämpft gegen die Angst, um ein Stück Normalität, um den Boden unter den Füßen.

Ein Leben lang hat ihre Mutter nicht gespro­chen: nicht über Marianne, Kims Großmutter, nicht über das Versteck, in dem Lore als Kind über­lebt hat, nicht über Tom, Kims Bruder, der sich das Leben genom­men hat. Aber Kim will reden: über die Kindheit mit Lore, über Tom, über die beschä­dig­ten Leben beider.

LIEBE ANGST beglei­tet aus gro­ßer Nähe den Prozess der Annäherung zwi­schen Mutter und Tochter, ihre Wut, ihre Kraft, und eine Liebe, die immer da war, aber nicht gelebt wer­den konnte.

Credits:

DE 2022, 81 Min.
Regie: Sandra Prechtel
Kamera: Susanne Schüle
Schnitt: Andreas Zitzmann

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Music

Ein Film von Angela Schanelec.

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Der Mythos des Ödipus ist der vir­tu­el­le Kern die­ser Meisterstudie des ellip­ti­schen Erzählens, in der jedes auch noch so klei­ne Detail zum Zeichen wird oder auch nicht. Ein Film, der uns von den Bergen und Stränden Griechenlands bis an die Seen um Berlin führt, von irgend­wann in den 1980er-Jahren bis ins Heute. Dazwischen ein rekon­stru­ier­ba­res Datum: 2006. (Es geht um Fußball und zwei ent­schei­den­de Minuten für Italien.)
In einem nächt­li­chen Sturm wird ein neu­ge­bo­re­ner Junge gebor­gen. Sanitäter Elias bringt ihn zu sei­ner Frau, die bei­den nen­nen ihn Jon und zie­hen ihn auf. Als jun­ger Mann wird Jon über­fal­len und macht sich des Totschlags schul­dig. Das Opfer … Die Gefängnisbeamtin Iro und er wer­den ein Paar. Der Kassettenrekorder spielt Barock, Playlist: Monteverdi, Bach, Pergolesi und ande­re. Die Ästhetik der Musik wird zum Programm. Sie spie­gelt das Geschehen luzi­de enig­ma­tisch, kon­kret abs­trakt, lust­voll aske­tisch. Im barock-post­mo­der­nen Kino der Angela Schanelec gel­ten die Formeln der Affekten- und Figurenlehre. Eine intel­lek­tu­ell-sinn­li­che Herausforderung, die süch­tig macht. Blind sehend.

Berlinale 2023 – Wettbewerb

Die Audioaufzeichnung des Filmgesprächs mit Angela Schanelec kann man hier hören.

Credits:

Deutschland / Frankreich / Serbien 2023, 108 Min., Griechisch,  Englisch OmU
Regie, Buch & Schnitt: Angela Schanelec
Kamera: Ivan Marković
mit Aliocha Schneider, Agathe Bonitzer, Marisha Triantafyllidou, Argyris Xafis, Frida Tarana

Trailer:
MUSIC – ein Film von Angela Schanelec (offi­zi­el­ler Trailer)
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Roter Himmel

Roter Himmel

Ein Film von Christian Petzold. .

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Wer kennt ihn nicht, den Satz „Ich weiß da eine Abkürzung…“? Auch für die bei­den Freunde aus Berlin ist das nicht der glück­lichs­te Auftakt für ihre Arbeitstage an der Ostsee. Leon, der Schriftsteller, muss das Manuskript für sein neu­es Buch über­ar­bei­ten, Felix plant eine Fotomappe zur UdK-Bewerbung. Als sie im Ferienhaus ankom­men, hat dort schon ganz unvor­her­ge­se­hen eine jun­ge Frau namens Nadia, ent­fernt bekannt mit Felix Mutter, der Hauseigentümerin, gut hör­bar schö­ne Tage. Leon nervt es, Felix freut sich auf die zusätz­li­che Gesellschaft. Tatsächlich sind die Namen auch Programm: Felix, dem „Glücklichen“, scheint alles leicht zu neh­men, für Leon, den „Löwen“, ist das Leben ein Kampf, auch gegen sich selbst, und Eindringling Nadia wird ver­su­chen, ihm als die „Hoffnung“ Mut zu machen und aus der Reserve zu locken.
Leon hat es aber auch nicht leicht. Er fühlt sich nicht wohl in sei­ner Haut, kommt den­noch nicht dort her­aus, und ist sich des­sen bewusst. Bei allen Unternehmungen der ver­gnüg­ten Mitbewohner, denen sich dann der ört­li­che Rettungsschwimmer Devid (der „Geliebte“) ange­schlos­sen hat, schiebt er Arbeit vor, nur um sich anschlie­ßend allein ordent­lich zu lang­wei­len. Manchmal stellt er Fettnäpfchen auf, nur um dort hin­ein­zu­tre­ten. Die immer näher kom­men­den Waldbrände machen ihm weni­ger Angst als der bevor­ste­hen­de Besuch sei­nes Verlegers, der dann schließ­lich den Höhepunkt sei­ner selbst­emp­fun­de­nen Niederlage mar­kiert, bevor Tragödie und Erkenntnis ihren Lauf neh­men.
„… han­delt vom Nicht-schla­fen-Können und Lieben wol­len, vom Schreiben und Gelesen wer­den, vom In-der-Welt-Sein und mög­li­cher­wei­se doch An-ihr-vor­bei-Leben. Ein Film im Schwebezustand zwi­schen Symbolik und Realistik, komisch und zutiefst tra­gisch.“ Berlinale Silbener Bär – Großer Preis der Jury für „Große Eleganz und Präzision, vol­ler Überraschungen“ und vie­les mehr.

Credits:

DE 2023, 103 Min., deut­sche OmeU
Regie: Christian Petzold
Kamera: Hans Fromm
Schnitt: Bettina Böhler
mit Thomas Schubert, Paula Beer, Langston Uibel, Enno Trebs, Matthias Brandt

Trailer:
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Berlinale goes kiez

Berlinale goes Kiez

Dieses Jahr wird bei uns mal wie­der ein roter Teppich vor der Tür lie­gen, denn wir haben die „Berlinale goes Kiez“ Sektion bei uns zu Gast. Wann? Am 22.2. Es gibt drei Filme die jeweils im bei­den Sälen par­al­lel gezeigt wer­den. Tickets bekommt man bei der Berlinale und ein paar Karten dür­fen wir auch im Kino ver­kau­fen (ab 19.2.). Wir sind gespannt, aber nicht ver­ges­sen: Das Kino gibt es auch ohne Berlinale.
Hier die Filme, die für uns aus­ge­wählt wurden:

Forum:
W Ukrainie – In Ukraine
Zerbombte Straßen, zer­stör­te rus­si­sche Panzer, Abendessen im U‑Bahn-Bunker: Bild für Bild tau­chen Tomasz Wolski und Piotr Pawlus unter die Oberfläche repro­du­zier­ba­rer Kriegsbilder – hin­ein in die Realität, in der das Land seit dem 24. Februar 2022 lebt.
Piotr Pawlus, Tomasz Wolski ∙
Polen, Deutschland ∙ Dokumentarische Form ∙ 85‚ ∙ Ukrainisch, Russisch
22.02. 15:30 fsk Kino (mehr)

Panorama:
Silver Haze
Franky ist Krankenschwester und kommt aus einer rau­en Gegend in Ostlondon. Als sie sich Hals über Kopf in ihre Patientin Florence ver­liebt, ver­än­dert das ihr Leben tief­grei­fend. Ein Film über Vergangenheitsbewältigung, sozia­le Herkunft und die Suche nach Zugehörigkeit. Sacha Polak ∙ Niederlande, Vereinigtes Königreich ∙ 103‚ ∙ Englisch 22.02. 18:00 fsk Kino (mehr)


Berlinale Classics:
Mapantsula
Ein klei­ner Ganove, der sich in Soweto durch­zu­schla­gen ver­sucht, gerät in den Sog der Anti-Apartheid-Bewegung. Ein län­ge­rer Gefängnisaufenthalt und der Druck der Polizei, Bürgerrechtler zu denun­zie­ren, mün­den in einen poli­ti­schen Bewußtwerdungsprozeß. An Originalschauplätzen gedreht, rückt der doku­men­ta­ri­sche Spielfilm auf span­nend-unter­halt­sa­me Weise die Rassendiskriminierung in ihrer all­täg­li­chen und all­ge­gen­wär­ti­gen Form in den Blickpunkt; ein Plädoyer gegen die Amerikanisierung des Landes und für bes­se­re Lebensbedingungen der Schwarzen.
Oliver Schmitz ∙ Südafrika, Australien, Vereinigtes Königreich ∙ 1988 ∙ 104‚ ∙
Englisch, Zulu, Afrikaans 22.02. 21:00 fsk Kino (mehr)

Alle wollen geliebt werden

Ein Film von Katharina Woll.

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Am 11.3. mit anschlie­ßen­dem Filmgespräch mit Regisseurin Katharina Woll, Produzent Markus Kaatsch & Darstellerin Anne Ratte-Polle

Bei Katharina Woll hat ihre Protagonistin Ina einen Beruf, eini­ge Patient*innen, einen Freund, einen Ex-Mann, eine Teenager-Tochter und oben­drauf eine Mutter mit Geburtstagsfeier. Alle ver­fol­gen eige­ne Ziele, brau­chen Hilfe, erwar­ten Entscheidungen, Zuwendung und Entlastung. Ina, die Psychotherapeutin, ist für alle da: „Geht schon!“ oder„Ich schaff das!“ sind stän­di­ge Begleiter. Die Mutter stört rück­sichts­los eine Therapiesitzung, der Freund will mit ihr wegen eines Jobs nach Finnland, die Tochter droht damit, zum Vater zu zie­hen, und ihre Ärztin hat kei­ne Zeit für eine Erklärung des neu­en Untersuchungsbefundes. Während für Ina alle ande­ren wich­tig sind, steht sie in ALLE WOLLEN GELIEBT WERDEN im Mittelpunkt, phä­no­me­nal dar­ge­stellt von Anne Ratte-Polle. Eine Komödie, die nie die fei­ne Linie und Leichtigkeit ver­liert – nur ein­mal, da wird es rich­tig schön laut…

Die Männer soll­ten in dem Film immer schon nur Nebenrollen spie­len und auf kei­nen Fall den gro­ßen Platz auf der Leinwand ein­neh­men. Männliche Erzählperspektiven ver­kör­pert von männ­li­chen Schauspielern, haben wir ja zur Genüge. Mir war es wich­tig Frauen in den Mittelpunkt zu stel­len. Die Zukunft ist weib­lich.“ Katharina Woll

Credits:

DE 2022, 80 Min., deut­sche OmeU
Regie: Katharina Woll
Kamera: Matan Radin
Schnitt: Kai Minierski
mit: Anne Ratte-Polle, Lea Drinda, Ulrike Willenbacher, Urs Jucker, Hassan Akkouch

Trailer:
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