Ein Film von Stéphane Brizé.
Die vierte Zusammenarbeit von Stéphane Brize und Vincent Lindon ist ein atemloses, mitreißendes Werk voller Empathie, das einen ohne viel Federlesen in den Strudel des Arbeitskampfes der Belegschaft einer Fabrik in der französischen Provinz katapultiert. Lindon, der seit Jahrzehnten in immer neuen Varianten seiner Figur und oft einfach guten Filmen den Working Class Hero und Ableger davon verkörpert, spielt den Gewerkschaftsführer Laurent Amédéo. Niemand kann den inneren Druck, den die äußerlichen Missverhältnisse verursachen besser darstellen, die geballte Faust zutiefst in der Hosentasche vergraben. Ich behaupte, er ist auf seine Weise das männliche Pendant zu Isabelle Hupert. Setzte Brize Vincent Lindon in „Der Wert des Menschen“ eher als distanzierten Beobachter ein, der als Sicherheitsmann im Supermarkt die eigenen Kollegen bespitzeln soll, so steht er in STREIK an vorderster Front, denn der Originaltitel lautet EN GUERRE. David gegen Goliath, aber ohne Steinschleuder. Die Mischpoke aus Politik und Wirtschaft stützt sich auf die Arroganz der Macht. Die Belagerten, die ihre Arbeitsplätze retten wollen und in der Öffentlichkeit als Belagerer dargestellt werden, wehren sich mit der Kraft der Verzweiflung.
DAS GESETZ DES MARKTES hieß wörtlich übersetzt der vorherige Film von Stéphane Brizé , der in Deutschland unter dem Titel DER WERT DES MENSCHEN in die Kinos kam. Und das wäre eigentlich auch ein überaus zutreffender Titel für sein neues Werk EN GUERRE, das im Wettbewerb des Filmfestivals von Cannes 2018 zu sehen war: Abermals spielt Vincent Lindon einen einfachen Mann aus der Arbeiterschicht, der angesichts der Auswirkungen eines aggressiven Kapitalismus mit den Folgen der Globalisierung kämpfen muss.Trotz weitreichender finanzieller Zugeständnisse und einer vor zwei Jahren unterzeichneten Vereinbarung, die den Schutz der Arbeitsplätze garantieren sollen, haben die Bosse anders entschieden: Das Werk des Autozulieferers Perrin in einer strukturschwachen Gegend Frankreichs soll schließen – so wurde es beim deutschen Mutterkonzern beschlossen. Damit ist die Zukunft von 1100 Arbeiter*innen gefährdet, denn andere Jobs gibt es in dieser Region kaum. Die Reaktionen lassen nicht lange auf sich warten: Unter Führung des Gewerkschafters Laurent Amédéo (Vincent Lindon) formiert sich der Widerstand. Die Arbeiter gehen auf die Barrikaden und fordern sowohl die französische wie deutsche Geschäftsleitung zu Gesprächen auf. Und dank ihrer Hartnäckigkeit gelingt es ihnen immer wieder, kleine Teilsiege zu erringen – trotz enttäuschender Signale aus der Justiz und einem Engagement der Politik, das sich allenfalls auf symbolische Handlungen beschränkt. Doch eine einzelne siegreich verlaufene Schlacht bedeutet keinesfalls einen gewonnenen Krieg, zumal sich auch die Arbeiterschaft keinesfalls einig ist. So geraten die Arbeiter, aber auch Laurent, immer mehr unter Druck, während die Manager sich immer wieder der Verantwortung entziehen und auf die abstrakten Gesetze des Marktes verweisen, denen man unterworfen sei.
(Joachim Kurz, Kinozeit)
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En guerre, FR 2018, 113 Min., frz. OmU
Regie: Stéphane Brizé
Buch: Olivier Gorce, Stéphane Brizé
Kamera: Eric Dumont
Schnitt: Anne Klotz
mit: Vincent Lindon, Mélanie Rover, Jacques Borderie, David Rey, Olivier Lemaire, Isabelle Rufin, Bruno Bourthol
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Termine:
- noch keine oder keine mehr