Welchen Weg will ich beruflich einschlagen? Was soll ich studieren? Wann ist die Phase des Ausprobierens abgeschlossen? Und wie sieht es mit Partnerschaft und Familienplanung aus? Fragen über Fragen beschäftigen in Der schlimmste Mensch der Welt die fast 30-jährige Protagonistin Julie (Renate Reinsve), die, wie uns ein Schnelldurchlauf zu Beginn vor Augen führt, gleich mehrere Arbeitsfelder erforscht. Medizin, Psychologie und Fotografie versetzen sie kurzzeitig in Begeisterung. Wirklich festlegen kann sich die junge Frau jedoch nicht, jobbt daher zunächst weiter in einer Buchhandlung und ist genervt, wenn sie in jedem zweiten Gespräch nach ihren Ambitionen gefragt wird. Die Auswahlmöglichkeiten mögen so groß wie nie zuvor sein. Gerade das hemmt allerdings auch die Entscheidungsfreudigkeit. Zudem spürt sie ständig Druck von außen.
Thema sind diese Dinge nicht zuletzt in ihrer Beziehung mit dem rund 15 Jahre älteren Comicautor Aksel (Anders Danielsen Lie), der im Gegensatz zu ihr mit seinen provokanten Arbeiten einen erfolgreichen Karriereweg beschreitet. Er selbst fühlt sich in einer Lebensphase angekommen, in der es langsam Zeit wird für eine eigene Familie. Julie hingegen glaubt, dafür noch nicht bereit zu sein, möchte vorher andere Erfahrungen sammeln und zweifelt deshalb zunehmend an ihrer Partnerschaft.“ Christopher Diekhaus | programmkino.de
„All dies geschieht so souverän und klug, so selbstbewusst und voller Respekt für Julie und all die Menschen, dass es eine helle Freude ist, sich auf diesen Film und dieses chaotische Leben einzulassen — was auch, aber nicht ausschließlich an Renate Reinsve liegt, die in der Rolle der Julie eine der vielleicht besten Entdeckungen der letzten Zeit ist. Sie hält die Balance zwischen Schönheit und Verunsicherung, zwischen Tragik und Komik, Alltagsbanalität und ontologischer Sinnsuche in einem schwankenden Gleichgewicht, wie man ihn auf diese Weise und darüber hinaus als Generationsbeschreibung nur selten im Kino gesehen hat.“
Joachim Kurz | Kino-zeit
Credits:
VERDENS VERSTE MENNESKE
NO 2021, 128 Min., norw. OmU
Regie: Joachim Trier
Kamera: Kasper Tuxen
Schnitt: Olivier Bugge Coutté
Mit: Renate Reinsve, Anders Danielsen Lie, Herbert Nordrum
Trailer:
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