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Kokon

Ein Film von Leonie Krippendorff.

 

Wir sind wie Fische im Aquarium. Wir schwim­men immer im Kreis.“ lässt Leonie Krippendorff ihre Heldin Nora ganz am Anfang sagen. Mit der Handykamera gefilm­te Bilder von Blumen,

Schmetterlingen, dem Kottbusser Tor sind da zu sehen, die in ihrem Hochkant-Format nur einen klei­nen Teil der Leinwand aus­fül­len. 14 Jahre ist Nora (Lena Urzendowsky) alt, bzw. jung, ein ver­schlos­se­nes, etwas schüch­ter­nes Mädchen, das im Kreis der Freunde ihrer etwas älte­ren Schwester Jule (Lena Klenke) eher Mitläuferin ist als wirk­lich dabei. Im Laufe des Films wird sich das ändern, wird Nora Erfahrungen sam­meln, wird das Bildformat immer brei­ter wer­den, als woll­te es Platz machen, für all die neu­en Erfahrungen und Sinneseindrücke, die nicht mehr in das klei­ne Handyformat passen.

Nora und Jule wach­sen am und um den Kottbusser Tor auf, das Zentrum von Kreuzberg, eine Gegend, die oft als gefähr­lichs­ter Ort der Hauptstadt beschrie­ben wird, an dem der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund hoch ist, an dem Heranwachsende aber auch ein beson­ders gro­ßes Maß an Freiheit haben. Gerade wenn die allein­er­zie­hen­de Mutter ihre Zeit lie­ber in einer Kneipe ver­bringt, als sich um ihre Töchter zu küm­mern, die so schon viel zu früh gezwun­gen sind, auf sich selbst aufzupassen.

Gerne son­nen sie sich auf den Dächern der Wohnblocks, fan­gen an zu rau­chen, nicht nur Zigaretten, hän­gen in Cafés ab, wo sie um die Aufmerksamkeit der Jungs buh­len oder gehen ins nahe gele­ge­ne Freibad. Dort sieht Nora auch zum ers­ten Mal Romy (Jella Haase), ein etwas älte­res Mädchen, das auch auf ihre Schule geht und schon allein äußer­lich anders ist: Wilde Haare, bun­te Klamotten, ganz offen­sicht­lich kei­nen Wert dar­auf­le­gend, von allen gemocht zu werden.

Und da auch Nora anders ist, nach­denk­li­cher, in Gläsern in ihrem Zimmer Raupen her­an­zieht, die sich ver­pup­pen und zu Faltern ver­wan­deln und auch beim Referat mit nur wenig Scheu von ihren Ängsten und Träumen berich­tet, fin­den sie und Romy zusam­men. Unbeschwerte Momente ver­brin­gen die bei­den, doch was für Romy eine inten­si­ve ers­te Erfahrung ist, ist für Romy nur ein Spiel.

Ja, die Metapher von der Raupe, die sich zum Schmetterling ver­wan­delt, ist nicht sub­til, doch das ist der ein­zi­ge Aspekt von Leonie Krippendorffs „Kokon“, der ein wenig bemüht wirkt. Abgesehen davon gelingt der Berliner Regisseurin in ihrem zwei­ten Film eine Coming-of-Age-Geschichte, die durch ihre genau beob­ach­te­ten Lebensumstände über­zeugt. Um die pro­fes­sio­nel­len, schon erfah­re­nen Hauptdarsteller hat Krippendorff ein Ensemble aus jun­gen Gesichtern geschart, die weni­ger Rollen spie­len als sie selbst zu sein. Egal ob in der Schule, wo sich auf­ge­plus­tert und ange­ge­ben wird, in der Freizeit, wo um die Gunst der Mädchen gebuhlt wird oder ein­fach auf den Straßen um das Kottbusser Tor: Wie eine Dokumentation wirkt „Kokon“ oft, ohne in einen pro­blem­be­haf­te­ten Sozialrealismus zu ver­fal­len. Was teil­wei­se wie ober­fläch­li­ches Verhalten wirkt, wie ein in den Tag hin­ein­le­ben, erscheint hier wie pure Authentizität. Das Krippendorff gera­de auch die kaum ver­hoh­le­ne Homophobie die­ser Welt nur andeu­tet und nicht mit erho­be­nem Zeigefinger anpran­gert, zeich­net ihren Blick aus. Keine mora­li­sche Lektion wird hier erteilt, son­dern das Leben jun­ger Menschen in Kreuzberg Anno 2020 gezeigt; unver­blümt, direkt und authentisch.

Michael Meyns | programmkino.de

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Credits:

DE 2020, 95 Min., dt. OmeU
Regie & Buch: Leonie Krippendorff
Schnitt: Emma Alice Gräf
Kamera: Martin Neumeyer
mit: Lena Urzendowsky, Jella Haase, Lena Elenke, Elina Vildanova, Anja Schneider, Denise Ankel


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Trailer:

Kokon Trailer Deutsch | German [HD]

Undine

Ein Film von Christian Petzold.

[Credits] [Termine & Tickets] [Trailer]

Die Historikerin Undine (Paula Beer) arbei­tet als Stadtführerin in Berlin. Als ihr Freund sie ver­lässt, holt sie der Fluch des alten Mythos ein. Wenn ihre Liebe ver­ra­ten wird, so heißt es in den alten Märchen, muss sie den treu­lo­sen Mann töten und ins Wasser zurück­keh­ren, aus dem sie einst gekom­men ist. UNDINE ist Christian Petzolds fas­zi­nie­ren­de Neuinterpretation des Mythos der geheim­nis­vol­len Wasserfrau Undine, die nur durch die Liebe eines Menschen ein irdi­sches Leben füh­ren und eine Seele erlan­gen kann. Undine wehrt sich gegen den Fluch der zer­stör­ten Liebe. Sie begeg­net dem Industrietaucher Christoph (Franz Rogowski) und ver­liebt sich in ihn. Es ist eine neue, glück­li­che, ganz ande­re Liebe, vol­ler Neugier und Vertrauen. Atemlos ver­folgt Christoph ihre Vorträge über die auf den Sümpfen gebau­te Stadt Berlin, mühe­los beglei­tet Undine ihn bei sei­nen Tauchgängen in der ver­sun­ke­nen Welt eines Stausees. Doch Christoph spürt, dass sie vor etwas davonläuft…

Dieser Mythos hat Petzold gereizt. Allerdings strebt er weni­ger eine roman­ti­sche Aufheizung wie bei Ludwig Tieck oder Friedrich de la Motte Fouqué an, son­dern einen Perspektivwechsel, wie ihn schon Ingeborg Bachmann in ihrer Erzählung Undine geht voll­zog. Seine Undine will den Fluch bre­chen, ihr Schicksal selbst bestim­men, nicht mehr mor­den müs­sen, son­dern gehen kön­nen und neu lie­ben. Sie will nicht mehr län­ger Phantasma, also Objekt sein, son­dern end­lich Subjekt werden.“
Wenke Husmann | Zeit online

Paula Beer bekam soeben für ihre Rolle in die­sem Film als bes­te Darstellerin einen sil­ber­nen Bären auf der Berlinale 2020.

 

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Credits:

DE/FR 2019, 89 Min., dt. OmeU
Regie: Christian Petzold
Kamera: Hans Fromm
Schnitt: Bettina Böhler
mit Paula Beer, Franz Rogowski, Maryam Zaree

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Trailer:

UNDINE – der neue Film von Christian Petzold – offi­zi­el­ler Trailer

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Paris Calligrammes

Ein Film von Ulrike Ottinger.

[Credits] [Trailer]

Die zwan­zig­jäh­ri­ge Ulrike Ottinger roll­te mit ihrer knall­bunt ange­mal­ten Isetta 1962 nach Paris, um fran­zö­si­sche Freunde zu besu­chen. Die Isetta blieb auf der Strecke, aber Ottinger geriet in den Strudel der Metropole und wid­met ihr mit Paris Calligrammes ein bewe­gen­des und sub­jek­tiv mäan­dern­des Porträt. In weni­gen Jahren pas­sier­te immens viel, es gab radi­ka­le poli­ti­sche Umbrüche, gleich­zei­tig ent­fal­te­te sich eine viel­fäl­ti­ge Kunst- und Kulturszene, in der sich Ulrike Ottinger wie ein Fisch im Wasser tum­mel­te. Ihr Kalligramm beschreibt die Ankunft im legen­dä­ren Buchladen Calligrammes des deut­schen Exilanten Fritz Picard. Sie ist schon Malerin und ent­deckt die Pop Art für sich. Gleichzeitig wird der Algerienkrieg gera­de in Paris immer spür­ba­rer. Das Massaker an unbe­waff­ne­ten alge­ri­schen Demonstranten durch die Polizei mit­ten in der Innenstadt vor aller Augen ist genau­so Teil des Films wie spä­ter die bru­ta­len Auseinandersetzungen des Mai 1968, die schließ­lich im Generalstreik mün­de­ten und die fünf­te Republik fast zu Einsturz brach­ten. Es sind Geschichten, die Geschichte abbil­den, klug und per­sön­lich.

1962 kam ich als jun­ge Künstlerin nach Paris, um dort zu leben und zu arbei­ten. Die Zeit bis 1969, als ich die Stadt wie­der ver­ließ, wur­de nicht nur für mich zu einer der prä­gends­ten Phasen, son­dern war auch zeit­ge­schicht­lich eine Epoche der geis­ti­gen, poli­ti­schen und gesell­schaft­li­chen Umbrüche. Der Film Paris Calligrammes ver­eint mei­ne per­sön­li­chen Erinnerungen an die 1960er Jahre mit einem Porträt der Stadt und einem Soziogramm der Zeit. Der Ariadnefaden durch den Film ist ein Gang durch Paris mit vie­len Stationen, an denen jeweils ein Thema in nicht chro­no­lo­gi­scher Form auf­ge­grif­fen wird. In der Tradition der Flanerie suche ich Brennpunkte der Stadt auf, die für mich per­sön­lich wie auch für die 1960er Jahre bedeut­sam waren, da sich dort ent­schei­den­de poli­ti­sche Ereignisse abspiel­ten, wich­ti­ge kul­tu­rel­le und künst­le­ri­sche Begegnungen statt­fan­den oder sich neue sozia­le Formen des Lebens ent­fal­te­ten. Paris war zu die­ser Zeit aber nicht nur „mel­ting pot“ der Intellektuellen und Künstler aus aller Welt, son­dern durch­lief die schwie­ri­ge poli­ti­sche Phase der Dekolonisierung. Der Algerienkrieg über­schat­te­te wie spä­ter der Vietnamkrieg die Aufbruchphase nach dem Zweiten Weltkrieg und brach­te die Menschen aus den Kolonien und die poli­ti­schen Konflikte in die Hauptstadt. Meine Freundschaften, die sich in die­sen Zeiten ent­wi­ckeln, waren daher so inter­na­tio­nal und bunt, wie span­nungs­reich und inten­siv.“ (Ulrike Ottinger)

Berlinale 2020: Berlinale Special 

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Credits:

DE/FR 2019, 129 Min.,  dt. OV (Sprecherin U. Ottinger), dt. Teil-UT 
Buch, Regie & Kamera: Ulrike Ottinger
Schnitt: Anette Fleming

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Trailer:

PARIS CALLIGRAMMES – Offizieller Trailer

 

La Vérité

Ein Film von Hirokazu Kore-eda.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Herrlich anzu­se­hen, wie Catherine Deneuve die Diva Fabienne mit an Bösartigkeit gren­zen­der Ignoranz gibt. Juliette Binoche nutzt als die in den USA als Drehbuchautorin ansäs­si­ge Tochter Lumir ihre sprach­li­chen Fähigkeiten, und Ethan Hawke glänzt als zweit­klas­si­ger Serienschauspieler an ihrer Seite. Es ist schon erstaun­lich, wie gut funk­tio­nie­rend Cannes-Gewinner Hirokazu KORE-EDA (hier­zu­lan­de vor allem durch sei­ne Filme „Nobody Knows“, „Like Father, Like Son“ und zuletzt „Shoplifters“ bekannt gewor­den. fsk Besucher erin­nern sich viel­leicht auch noch an „Maboroshi” und „After Life”) in sei­nem ers­ten außer­halb Japans gedreh­tem Film sei­nen Witz und sei­ne Menschlichkeit nach Frankreich trans­por­tiert. Im Eröffnungsfilm der Filmfestspiele von Venedig 2019 steht Fabienne, ein fran­zö­si­scher Weltstar, im Mittelpunkt. Ihr Motto „Lieber schlech­te Mutter und dafür gute Schauspielerin“, kann ihre Tochter Lumir ihr bis heu­te nicht ganz ver­ges­sen. Die lebt mit ihrem Mann Hank, einem hal­b­er­folg­rei­chen Darsteller, und Töchterchen Charlotte in New York. Aus Anlass der Veröffentlichung von Mamas Memoiren kom­men sie zum ers­ten Mal gemein­sam zu ihr nach Paris. Mit Rotstift und Post-Its bewaff­net stürzt sich Lumir auf das Buch, um die wirk­li­che Wahrheit in La Verité, so heißt die Biographie, her­zu­stel­len, alle dar­in ver­mu­te­ten Lügen und Übertreibungen zu kenn­zeich­nen und die Mutter damit zu kon­fron­tie­ren. Die reagiert genervt und Unverständnis vor­täu­schend, denn für sie ste­hen ande­re Dinge im Vordergrund: die Enkeltochter und vor allem ihr aktu­el­ler Film. Die Kündigung ihres lang­jäh­ri­gen und treu­en Sekretärs beschäf­tigt sie da schon weni­ger. Hank, des Französischen nicht mäch­tig, kann dem gan­zen Treiben nur mal mehr, mal weni­ger amü­siert folgen.

… ein Film von Hirokazu Kore-eda, mit den Themen, die ihn immer wie­der beschäf­ti­gen: Generationskonflikte, unvoll­stän­di­ge oder durch Traumata gefähr­de­te Familien, Zusammenleben, Älterwerden und Sterben. In La Verité kommt noch die eige­ne Vergangenheit dazu und wie man auf sie zurück­blickt, es geht um Geheimnisse und Lügen. Ein Schatten in der Vergangenheit führt hier dazu, dass sich Mutter und Tochter mit­ein­an­der aus­ein­an­der­set­zen müs­sen. Dazu passt es natür­lich, dass Fabienne gera­de in einem Film mit­spielt, bei dem es auch um eine pro­ble­ma­ti­sche Mutter-Tochter-Beziehung geht. Mit erzäh­le­ri­scher Einfachheit und bewun­derns­wer­ter Lebensklugheit treibt der Regisseur sei­ne Erzählung eben­so unter­halt­sam wie komisch vor­an. Und Catherine Deneuve ist eine Wucht.“
Michael Ranze | programmkino.de

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Credits:

FR/JP 2019, 106 Min., franz. OmU
Regie: Hirokazu Kore-eda
Kamera: Éric Gautier
Schnitt: Julien Lacheray
mit: Catherine Deneuve, Juliette Binoche, Ethan Hawke, Clémentine Grenier, Ludivine Sagnier

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Trailer:

La Vérité – Trailer OmU

Das letzte Geschenk

Ein Film von Pablo Solarz.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Eigenwillige Senioren erobern längst recht erfolg­reich die Leinwand, von „Ein Mann namens Ove“ über „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und ver­schwand“ bis „Toni Erdmann“. In der süd­ame­ri­ka­ni­schen Variation gibt der Schneider Abraham Bursztein (Miguel Ángel Solá) nun den betag­ten Helden mit lädier­tem Bein und leid­vol­ler Kindheit. Als sei­ne Töchter ihn ins Altenheim abschie­ben wol­len, fasst der 88-Jährige einen küh­nen Plan. Heimlich will er von Buenos Aires nach Polen rei­sen, um sei­nem Jugendfreund Piotrek des­sen Anzug zurück­zu­brin­gen, so wie er es ihm einst ver­spro­chen hat. Über 70 Jahre ist das her, seit­dem hat­ten die bei­den kei­nen Kontakt mehr. Davon lässt Abraham sich nicht beir­ren, stur will er die­ses titel­ge­ben­de, letz­te Geschenk in Lodz abliefern.

Weil kurz­fris­tig kei­ne pas­sen­den Flüge ver­füg­bar sind, bucht der Schneider ein Ticket nach Madrid und will die Reise mit dem Zug fort­set­zen. Mit einem ver­blüf­fen­den Trick (den man sich für sei­ne nächs­ten Flug mer­ken soll­te!) ver­schafft sich der Reisende eine gan­ze Sitzreihe im Flieger. Abraham hat nicht nur Platz für sein schmer­zen­des Bein, er macht zudem die Bekanntschaft mit einem jun­gen Musiker, der ihm bald noch nütz­lich wer­den soll. Nette Mitmenschen wer­den dem eigen­sin­ni­gen Alten auf sei­ner Odyssee durch Europa immer wie­der zur Seite ste­hen. Wie im Märchen tau­chen die­se guten Geister auf: Jene kratz­bürs­ti­ge Hotelbesitzerin Maria in Madrid, die dem bestoh­le­nen Gast als­bald ihr gol­de­nes Herz zeigt. Die gesel­li­ge Anthropologin Ingrid, die sein unver­söhn­li­ches Feindbild von Deutschen gehö­rig ins Schwanken bringt. Schließlich eine her­zens­gu­te Krankenschwester Gosia, die den geschwäch­ten Helden per­sön­lich bis ans Ziel bringt.

Je wei­ter die Reise geht, des­to mehr wird die tra­gi­sche Geschichte des Schneiders beleuch­tet. In Rückblenden erin­nert sich Abraham an die Gräuel der Nazi-Diktatur, die er als jüdi­sches Kind erlit­ten hat. Bis heu­te will er das Wort „Polen“ nicht aus­spre­chen, son­dern schreibt es stets auf einen Zettel. Mit Schrecken stellt der Holocaust-Überlebende am Pariser Bahnhof fest, dass sein Zug durch Deutschland fährt, ein Land, wel­ches er nie wie­der betre­ten woll­te. Und dann erweist sich just jene deut­sche Ingrid als ret­ten­der Engel in der Fremde.

So leid­voll die­se Biografie des Senioren sich abzeich­net, gelingt dem Drama sou­ve­rän die Balance zwi­schen Tragik und Heiterkeit. Von der poli­ti­schen Dimension abge­se­hen, bewegt sich die per­sön­li­che Ebene auf dem klas­si­schen grum­py old man-Terrain mit dem har­te Schale-guter Kern-Prinzip. Als chro­ni­scher Rechthaber tut sich der Dickkopf nicht sel­ten schwer damit, eige­ne Fehler zuzu­ge­ben. Aus sol­cher Sturheit erge­ben sich frei­lich regel­mä­ßig komi­sche Moment, schließ­lich kann die Nervensäge durch­aus char­mant sein.

Mit Miguel Ángel Solá ist der Hauptdarsteller exzel­lent besetzt. Mit gro­ßem Empathie-Potenzial fin­det er für den anrüh­ren­den Helden stets den rich­ti­gen Ton und die not­wen­di­ge Leichtigkeit: Von den Erzählungen sei­ner trau­ma­ti­schen Kindheitserlebnisse über rigo­ro­se Lektionen in Höflichkeit für Mitreisende bis zum galan­ten Flirt als Gentleman. Den weib­li­chen Part über­nimmt dabei Spaniens Schauspiel-Star Ángela Molina, die einst bei „Dieses obsku­re Objekt der Begierde“ von Luis Buñuel ihr Debüt gab. Das rühr­te auch die Zuschauer bei den Festivals von Atlanta, Miami und Philadelphia, die dem Film den Publikumspreis verliehen.

Dieter Oßwald | programmkino.de

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Credits:

El últi­mo traje
AR/ES 2017, 93 Min., span. OmU

Regie und Buch: Pablo Solarz
Kamera: Juan Carlos Gómez
Schnitt: Antonio Frutos
mit: Miguel Ángel Solá, Ángela Molina, Julia Beerhold, Natalia Verbeke, Olga Boladz, Martín Piroyansky, Jan Mayzel

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Trailer:

Trailer „Das letz­te Geschenk”

 

 

Jenseits des Sichtbaren – Hilma af Klint

Ein Film von Halina Dyrschka.

[Credits]  [Tickets & Termine] [Trailer]

Wer sich für Kunst inter­es­siert, kennt den Namen Hilma af Klint wahr­schein­lich schon län­ger, aber tat­säch­lich ist sie aus ver­schie­de­nen Gründen auf dem Weltmarkt für Kunst kaum ver­tre­ten. – Die inter­es­san­ten Gründe dafür kom­men im Film über ihr Leben und Wirken eben­falls zur Sprache. Sie sind untrenn­bar ver­bun­den mit den Mechanismen des Kunstmarkts, der – so wie bei­na­he alles ande­re – eben­falls wirt­schaft­li­chen Gesetzen unter­wor­fen ist, die sich immer stär­ker auf den Preis und damit auch auf den ideel­len Wert eines Kunstwerks auswirken.

Hilma af Klint, die 1862 in Schweden gebo­ren wur­de, pass­te und passt weder auf die gro­ßen Umschlagplätze für Bilder noch in die übli­chen Klischees der Kunstszene. Zum einen haben es Frauen in der Bildenden Kunst tra­di­tio­nell beson­ders schwer, aber zum ande­ren hat Hilma af Klint schon zu ihren Lebzeiten dafür gesorgt, dass ihre abs­trak­ten Werke dem Kunsthandel ent­zo­gen blie­ben. Diese Bilder, man­che groß­flä­chig, oft seri­ell, was in spä­te­ren Jahrzehnten zum Standard wur­de, sind etwas ganz Besonderes. Sie stel­len das Oeuvre einer Frau dar, die als Kind ihrer Zeit – um die Wende zum 20. Jahrhundert her­um – für sich selbst ent­schei­det, sich von der Welt, die sie sieht, zu ent­fer­nen und den künst­le­ri­schen Weg zu einer ande­ren, ver­geis­tig­ten Welt zu fin­den. „Die Welt ist nicht so, wie sie aus­sieht. Also muss ich sie (neu) erfin­den“, schreibt sie. Geprägt vom Fortschritt der Wissenschaft und von den bahn­bre­chen­den Entwicklungen zum Ende des 19. Jahrhunderts wen­det sich die an der schwe­di­schen Kunstakademie aus­ge­bil­de­te Malerin der abs­trak­ten Kunst zu, und zwar meh­re­re Jahre vor den bekann­te­ren, männ­li­chen Wegbereitern der Moderne, wie Kandinsky oder Mondrian. Als Zeichnerin und Malerin hat sie bereits beschei­de­ne Erfolge erzielt, doch der per­fek­te Naturalismus, den sie in ihren Bildern und Illustrationen, in ihren Porträts und Bewegungsstudien abbil­det, genügt ihr nicht mehr. Für eine Welt jen­seits des Sichtbaren, was neben spi­ri­tu­el­len Bereichen auch die Wissenschaft der Atome und Moleküle, der Strahlen und Wellen ein­schließt, macht sie sich auf die Suche nach ande­ren Ausdrucksformen. In kla­ren geo­me­tri­schen Mustern, häu­fig mit kräf­ti­gen, leuch­ten­den Farben und schein­bar spie­le­risch ergänzt durch viel­sei­ti­ge Formen und Symbole, spie­gelt sich ihre neue Weltsicht. Die zahl­rei­chen Aquarelle und Gemälde, die sie hin­ter­lässt, wer­den eben­so wie ihre Aufzeichnungen in Dutzenden von Notizbüchern zu Dokumenten einer star­ken Persönlichkeit und einer genia­len Künstlerin. Ihre krea­ti­ve Vision, das ahnt sie schon früh, passt nicht in das Weltbild ihrer Zeit. So ver­birgt sie die Bilder, ver­bie­tet den Verkauf nach ihrem Tode, sie stellt extrem sel­ten aus, hat aller­dings Kontakte zu ande­ren Künstlerinnen und Künstlern sowie zu Schriftstellern und Philosophen, mit denen sie sich meist brief­lich aus­tauscht. Ansonsten lebt sie allein und in engem Kontakt zur Natur. Mit 82 Jahren stirbt sie an den Folgen eines Unfalls.

Halina Dyrschka gelingt es in ihrem Film schein­bar mühe­los und in höchst span­nen­der Form, das Leben und das Schaffen der Künstlerin schlüs­sig zu ver­bin­den. Dafür greift sie unter ande­rem auf kur­ze, stum­me Spielszenen zurück, die zei­gen, wie Hilma af Klint ihre groß­for­ma­ti­gen Gemälde erschafft: bar­fuss und mit geschürz­tem lan­gen Rock zieht sie mit einem lan­gen Zeichenstock Konturen auf dem Papier. Wunderschöne Landschaftsaufnahmen, Großaufnahmen der unbe­rühr­ten Natur Schwedens sowie immer wie­der flie­ßen­des Wasser in sei­nen Linien und Strömungen zei­gen die Ursprünge des Denkens und Arbeitens die­ser Frau, die eine unbän­di­ge Leidenschaft und Liebe für das Leben gehabt haben muss. Eine Sprecherin zitiert dazu Hilma af Klints Worte: „In mir strömt eine so gro­ße Kraft, dass ich vor­wärts muss“, sagt sie. In die­sem Leben ist kein Platz für eine Ehe oder eine Familie. Auch Mitglieder ihrer Familie kom­men zu Wort, erzäh­len vom Leben einer in jeder Beziehung außer­ge­wöhn­li­chen Frau, nicht nur als Künstlerin. Sie mischt ihre Farben selbst: das strah­len­de Orange, die vie­len Blautöne und immer wie­der Rosa. Das Phänomen die­ser Farbgebung wird im Film eben­so kun­dig und inter­es­sant von Kunstfachleuten erör­tert wie die Interpretation der Bilder. Die Essenz ihres Schaffens könn­te in der Neugier lie­gen, mit der Hilma af Klint die Entgrenzung der Wirklichkeit fest­ge­hal­ten hat. Sie such­te und fand in ihrer Arbeit nicht nur sich selbst, son­dern auch die Stille – im Denken und im Empfinden. So ist der Film über ihr Leben und Werk ein zwar lei­ses, aber sehr ein­dring­li­ches Dokument, das, ähn­lich wie Hilma af Klint irgend­wie zwi­schen den Zeiten zu schwe­ben scheint: eine medi­ta­ti­ve, spi­ri­tis­ti­sche Reise in eine ande­re Welt.

Gaby Sikorski | programmkino.de

 

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Credits:

DE 2019, 93 Min., schwe­disch, eng­lisch, deut­sche OmU
Regie: Halina Dyrschka
Kamera: Alicja Pahl, Luana Knipfer
Schnitt: Antje Lass, Mario Orias

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Trailer:

 

 

La Gomera

Ein Film von Corneliu Porumboiu.

[Credits] [Termine] [Trailer]

Der Polizist Cristi (Vlad Ivanov) lässt sich mit der Mafia ein und fliegt auf. Nun fol­gen ihm ver­deck­te Ermittler auf Schritt und Tritt und hören sei­ne Wohnung ab. Daher gibt sich die schö­ne Gilda (Catrinel Marlon) als sei­ne Geliebte aus und drängt ihn zu einer Reise nach La Gomera. Cristi soll die gehei­me Pfeifsprache der Inselbewohner ler­nen, damit er trotz Überwachung mit der Gaunerbande kom­mu­ni­zie­ren kann. Pfeifend ver­su­chen sie den Matratzenfabrikanten Zsolt (Sabin Tambrea) aus dem Gefängnis zu befrei­en, denn der ist der ein­zi­ge, der weiß, wo die 30 Millionen des letz­ten Coups ver­steckt sind. Doch alle Beteiligten spie­len ein dop­pel­tes Spiel und bald gera­ten die Ereignisse außer Kontrolle.

Der preis­ge­krön­te Regisseur Corneliu Porumboiu (12:08 EAST OF BUCHAREST) gilt als einer der Wegbereiter des neu­en rumä­ni­schen Kinos. Mit LA GOMERA lie­fert er einen höchst unter­halt­sa­men Neo-Noir-Polizeithriller, gespickt mit iro­ni­schen Filmzitaten und uner­war­tet komi­schen Elementen. Entstanden in Koproduktion mit Komplizen Film (TONI ERDMANN) sorg­te der Film bereits im dies­jäh­ri­gen Wettbewerb von Cannes für Aufruhr.

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Credits:

RO, FR, DE, ES 2019, 97 Min., eng­lisch, rumä­nisch, spa­ni­sche OmU
Buch & Regie:  Corneliu Porumboiu
Kamera: Tudor Mircea
Schnitt Roxana Szel
mit: Vlad Ivanov, Catrinel Marlon, Rodica Lazar

Termine:

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Tommaso und der Tanz der Geister

Ein Film von Abel Ferrara.

[Credits] [Termine] [Trailer]

Tommaso (Willem Dafoe) ist ame­ri­ka­ni­scher Regisseur, der seit län­ge­rem in Rom lebt. Zusammen mit sei­ner deut­lich jün­ge­ren Frau Nikki (Cristina Chiriac) und der gemein­sa­men klei­nen Tochter Deedee (Anna Ferrara) lebt er in einem geräu­mi­gen Apartment in der ewi­gen Stadt und ver­sucht, Projekte voranzubringen.

Ein auf­wän­di­ger Film, der in den Eiswüsten Sibiriens gedreht wer­den soll, macht ihm zu schaf­fen, die Geldgeber stel­len sich quer, doch dies ist nicht Tomasso ein­zi­ges Problem. Das geord­ne­te Leben mit Frau und Kind, die täg­li­chen, sich stets wie­der­ho­len­den Besorgungen lang­wei­len ihn zuneh­mend, die Routine des Familienlebens, das er nie anstreb­te, das ihm jedoch dabei gehol­fen hat, sei­ne Heroinsucht zu überwinden.

Fast täg­lich nimmt Tommaso den­noch an Sitzungen teil, spricht über sei­ne Dämonen und hört die Geschichten ande­rer Suchtkranker. Eigentlich hat­te er geglaubt, sei­ne Sucht unter Kontrolle zu haben, doch immer häu­fi­ger scheint er sich und sei­ne Wahrnehmung der Realität nicht mehr unter Kontrolle zu haben.

Man muss nicht unbe­dingt wis­sen, dass Abel Ferrara seit Jahren selbst in Rom lebt, dass er mit sei­ner Hauptdarstellerin Cristina Chriac ver­hei­ra­tet ist oder dass die Wohnung, in der Tomasso mit sei­ner Familie lebt, tat­säch­lich Ferraras Wohnung ist. Unzweifelhaft ist Abel Ferraras ers­ter Spielfilm seit 2014 also auto­bio­gra­phisch, spielt Ferraras guter Freund Willem Dafoe hier also eine Variante des Regisseurs, doch wenn das alles wäre, wäre „Tomasso“ nur halb so interessant.

Manche Szenen muten zwar wie eine all­zu selbst­ver­lieb­te Nabelschau an; dass Tommaso im Zuge der Geschichte immer wie­der schö­nen, nack­ten, meist sehr wil­li­gen Frauen begeg­net, lässt den Film des inzwi­schen 68jährigen Ferraras arg alt­mo­disch wir­ken. Fast immer gelingt es Ferrara und Dafoe jedoch, ein ein­dring­li­ches Porträt eines Künstlers zu ent­wi­ckeln, der glaub­te, sei­nen Dämonen ent­kom­men zu sein und doch immer wie­der aufs Neue von ihnen ein­ge­holt wird.

Gefilmt von Werner Herzogs Stammkameramann Peter Zeitlinger, der viel Erfahrung mit schnel­lem Arbeiten hat, mit dem Einfangen von glei­cher­ma­ßen authen­ti­schen, wie sti­li­sier­ten Bildern, bewegt sich „Tommaso“ auf einem frucht­ba­ren Grat zwi­schen Fakt und Fiktion. Wenn Tomassos Dafoe etwa bei den Sitzungen der Suchtkranken die Geschichten ande­rer Menschen hört, dann sind das nicht etwa fik­ti­ve Geschichten, son­dern tat­säch­li­che Erlebnisse. Wenn Tomasso jun­gen Schauspieler bei einem Workshop Ratschläge gibt, dann hört man das, was auch Dafoe stets über sei­nen schau­spie­le­ri­schen Ansatz sagt. Und wenn Ferrara sei­nen Tomasso am Ende des Films mit­ten in Rom ans Kreuz hängt, muss man ange­sichts der Präsenz von Dafoe unwei­ger­lich an des­sen berühm­tes­ten Film „Die letz­te Versuchung Christi“ denken.

Aus all die­sen Versatzstücken, Zitaten und Referenzen, dem per­sön­li­chen Wissen um den krea­ti­ven Prozess, die Extreme, die er braucht, die Routine, die ihn lähmt, den all­täg­li­chen Beobachtungen und zufäl­li­gen Begegnungen, die in die fil­mi­sche Geschichte ein­ge­fügt wur­den, for­men Ferrara und Dafoe das ein­dring­li­che Porträt eines Künstlers, der mit vie­lem kämpft, vor allem jedoch sich selbst.

Michael Meyns | programmkino.de

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Credits:

US/IT/GB 2019, 119 Min., engl. OmU
Regie & Buch: Abel Ferrara
Kamera: Peter Zeitlinger
Schnitt: Fabio Nunziata 
mit: Willem Dafoe, Cristina Chiriac, Anna Ferrara, Kim Rossi Stewart

Termine:

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Varda par Agnès

Ein Film von Agnès Varda.

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Es ist ein Glück, den letz­ten Film von Agnès Varda im Kino sehen zu dür­fen! Sie sitzt dar­in im Theater, vor ihrem Publikum und hält Rückschau auf ein wahr­haft beweg­tes Leben und erzählt dar­über anhand ihrer Filme. Daraus ent­steht ein Fluß aus Geschichten und Bildern, der Lust macht, ihre Filme wie­der zu sehen oder zum ers­ten Mal zu sehen, es ist eine Begegnung mit einem Menschen, der neu­gie­rig war, ent­de­ckungs­freu­dig und ande­ren gegen­über auf­ge­schlos­sen. Die Kunst, die dabei ent­stand, vibriert und schwingt vor Lebendigkeit und Lebensfreude, es sind Essayfilme, Dokumentarfilme, Spielfilme, Installationen, Fotografien… Und vom ers­ten Spielfilm La poin­te cour (1954) bis zum vor­letz­ten, Augenblicke, Gesichter einer Reise (2017) wur­den die Menschen an den Drehorten ein­be­zo­gen, spiel­ten mit. Agnès Varda war Mitbegründerin der Nouvelle Vague, hat­te also gro­ßen Anteil dar­an, das all­täg­li­che Leben in den Mittelpunkt von Filmen zu stel­len, Fiktion und Wirklichkeit zu ver­schmel­zen und damit den Hauptgrund zu schaf­fen, ins Kino zu gehen, Filme sehen zu wol­len. Sie starb mit 91 Jahren am 29. März letz­ten Jahres.

Mit sieb­zehn Jahren inter­es­sier­te ich mich mehr für Kunst und Malen als für alles ande­re. Ich habe Fotos gemacht, ging ins Kino, habe aber nie eine Filmhochschule besucht. Mein ers­tes Drehbuch habe ich als Gedicht geschrie­ben, in eine Schublade gelegt und nie dar­über nach­ge­dacht, bis ein Freund sag­te: „Versuchen wir’s mit wenig Geld.” Ich wur­de Filmemacherin, ohne den Beruf gewählt zu haben. Das Leben tob­te um mich her­um, und ich habe Filme dar­über gemacht. … Ich muss­te ums Geld kämp­fen. Junge Filmemacher haben die glei­chen Schwierigkeiten, das ist kei­ne Frage des Geschlechts. Mir ging es nie dar­um, mich als Frau aus­zu­drü­cken, son­dern als Filmemacherin. Ich woll­te ein radi­kal neu­es Kino machen, das ist mir gelun­gen. Mein aller­ers­ter Film hat kein Geld ein­ge­spielt, er wur­de nur durch Kinos bekannt, durch Kritiken und Filmliebhaber. Er wur­de wich­tig, obwohl er kaum Zuschauer hat­te. Filmemachen ist immer ein Kampf ums Geld.

(Agnes Varda im Interview mit Herlinde Koelbl im Zeit Magazin)

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Credits:

FR 2018, 119 Min., frz. OmU
Regie : Agnès Varda
Kamera: François Décréau, Claire Duguet, Julia Fabry
Schnitt: Agnès Varda, Nicolas Longinotti
Darsteller : Agnès Varda, Sandrine Bonnaire, Nurith Aviv
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Termine:

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Trailer:

 

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Spuren

Ein Film von Aysun Bademsoy.
Zum 10. jäh­ri­gen Jahrestag der Selbstenttarnung des NSU zei­gen »Ihr seid kei­ne Sicherheit« und das Aktionsbündnis Antirassismus den Dokumentarfilm »Spuren« und laden zum anschlie­ßen­den Gespräch mit der Regisseurin Aysun Bademsoy. 

[Credits] [Tickets] [Trailer]

Zwischen September 2000 und April 2007 wur­den acht Männer mit tür­ki­schen Wurzeln, ein grie­chisch­stäm­mi­ger Mann sowie eine deut­sche Polizistin ermor­det. Die Ermittlungen wur­den zunächst aus­schließ­lich im Umfeld der nicht-deut­schen Opfer mit Verdacht auf Drogenhandel und orga­ni­sier­te Kriminalität geführt. Die Familien der Ermordeten wur­den so ein wei­te­res Mal zu Opfern, dies­mal von vor­ur­teils­vol­ler Stigmatisierung. Nach einem geschei­ter­ten Bankraub führ­te die Spur schließ­lich zu der rechts­extre­men Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU). Nach dem Suizid der bei­den Haupttäter begann 2013 der Prozess gegen die ein­zi­ge Überle-ben­de des NSU-Trios, Beate Zschäpe, sowie vier mut­maß­li­che Helfer und Unterstützer und ende­te 2018. Die zu mil­den Strafen für die Mitangeklagten und die zahl­rei­chen unge­klär­ten Fragen lie­ßen die Angehörigen der Opfer ent­täuscht und des­il­lu­sio­niert zurück. Ihr Glaube an den Rechtsstaat ist grund­le­gend erschüttert.

Spuren – das sind nicht nur die Hinweise, die Verbrecher am Tatort hin­ter­las­sen, son­dern auch die Verletzungen und Narben, die ihre Taten bei den Angehörigen der Opfer, in den migran­ti­schen Gemeinschaften und in der gesam­ten deut­schen Gesellschaft ver­ur­sa­chen. In ihrem Dokumentarfilm begibt sich die tür­kisch­stäm­mi­ge Regisseurin Aysun Bademsoy auf die Suche nach die­sen Spuren und stellt sich dabei die Frage, wel­cher Prozess die­se Verletzungen über­haupt hei­len könn­te. SPUREN ist ein viel­schich­ti­ger Dokumentarfilm, der das Scheitern von Ermittlern und Justiz beleuch­tet – und den Angehörigen der Opfer end­lich eine Stimme gibt.

 

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Credits:

DE 2019, 81 Min., in deutsch und tür­kisch mit deut­schen Untertiteln 
Regie & Buch: Aysun Bademsoy
Kamera: Ute Freund, Isabelle Casez
Schnitt: Maja Tennstedt

Termine:

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Trailer:

Spuren – Die Opfer des NSU Trailer Deutsch | German [HD]