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Dahomey

Dahomey

Ein Film von Mati Diop.

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November 2021: 26 Kunstschätze des Königreichs Dahomey ver­las­sen Paris und keh­ren in ihr Herkunftsland, das heu­ti­ge Benin, zurück. Zusammen mit Tausenden ande­ren Gegenständen wur­den sie 1892 von fran­zö­si­schen Kolonialtruppen geraubt. Doch wie sol­len die zurück­keh­ren­den Objekte emp­fan­gen wer­den, in einem Land, das sich wäh­rend ihrer Abwesenheit stark ver­än­dert hat? Unter den Studierenden der Universität von Abomey-Calavi in Benin ent­flammt eine poli­ti­sche Debatte.

Berlinale 2024: Goldener Bär

Credits:


FR/SN/BJ 2024, 67 Min., Französisch, Fon, Englisch OmU
Regie: Mati Diop

Kamera: Josephine Drouin Viallard
Schnitt: Gabriel Gonzalez

Trailer:
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Rohbau

Ein Film von Tuna Kaptan. Ab 26.9. im fsk. Der Regisseur und der Kameramann stel­len ihren aus­ge­zeich­ne­ten Film (57. Hofer Filmtage 2023 – Förderpreis Neues Deutsches Kino; 21. Neisse Filmfestival – Publikumspreis) bei uns per­sön­lich vor, am 1.10.24

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Ist es das schlech­te Gewissen, hilf­lo­se Panik, Einsicht oder Angst vor den Konsequenzen, was den Architekten Lutz dazu bringt, die 14-jäh­ri­ge Irsa zurück nach Albanien zu brin­gen? Nach der Pleite sei­nes eige­nen Büros bekam von einem Kollegen gna­den­hal­ber einen Job als Bauleiter bei einem Projekt für Luxuswohnungen. Auch alle erfor­der­li­chen Maßnahmen jen­seits der Grauzone, die zur Einhaltung von Terminen und Ausgaben nötig sind, fal­len in sei­nen Aufgaben- und Verantwortungsbereich, so auch, wie hier, Unfälle.
Ein ille­gal beschäf­tig­ter Bauarbeiter aus Albanien ver­un­glückt töd­lich und muss unauf­fäl­lig besei­tigt wer­den. Überraschend jedoch ver­schafft sich am nächs­ten Tag Irsa, die jun­ge Tochter des Mannes, des­sen Leiche Lutz gera­de im Fluss ver­senkt hat, Zugang zur Baustelle. Während er gera­de mit einem Investoren-Paar ver­han­delt und Aussicht auf einen beruf­li­chen Neustart im gro­ßen Stil wit­tert, lässt sie nicht locker bei der Suche nach dem Vater. In die Enge gedrängt, macht er sich mit dem Mädchen auf Richtung Süden.
Angenehm zurück­hal­tend, ohne spek­ta­ku­lä­re Szenen erzählt erzählt der Film von unge­heu­er­li­cher, aber all­täg­li­cher Realität:
„Die Baubranche mit ihren vie­len ille­gal beschäf­tig­ten unsicht­ba­ren ArbeiterInnen bil­det die Kulisse für Lutz und Irsa. Der tra­gi­sche Unfall in der Hafencity Hamburg im November 2023 mit fünf Toten ver­deut­licht die Vulnerabilität ille­gal beschäf­tig­ter MigrantInnen, ins­be­son­de­re derer aus Herkunftsländern, die weder EU- noch Schengen-Mitglied sind. Irsas Suche nach ihrem Vater und ihrem Grundbedürfnis nach einem Dach über dem Kopf ste­hen im kras­sen Kontrast zu Lutz‘ Streben nach beruf­li­chem Erfolg. Die erzwun­ge­ne Verbindung zwi­schen ihnen wirft Fragen nach Schuld und dem System der Ausbeutung auf…“
Tuna Kaptan

Credits:

DE 2023, 86 Min., Deutsch, Englisch, Albanisch mit dt. UT
Regie: Tuna Kaptan
Kamera: Ben Bernhard
Schnitt: Beatrice Babin
mit: Angjela Prenci, Peter Schneider

Trailer:
ROHBAU | Trailer | Kinostart: 26. September 2024
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Der Spatz im Kamin

Der Spatz im Kamin

Ein Film von Ramon Zürcher.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Nach Das merk­wür­di­ge Kätzchen geht es im Ramon Zürchers drit­ten Teil der „Tier-Trilogie“ erneut um das Konstrukt von Familie, genau­er, um deren fol­gen­rei­che Zumutungen. Am Vorabend einer Geburtstagsfeier im Anwesen der ver­stor­be­nen Eltern, in das Karen mit Mann und Kindern ein­ge­zo­gen ist, tru­deln mit ihre Schwester Jule samt Anhang bereits die ers­ten Gäste ein. In den fol­gen­den ers­ten Zweidritteln des Films zele­briert er trotz aller gro­ßer-Freude-Bekundungen und mehr oder weni­ger herz­li­cher Umarmungen die Zerlegung der Beziehungen sowie die Beschädigungen der Einzelnen aufs Böseste – ein Glanzstück ana­ly­ti­scher Gemeinheit. Temporäre Solidarisierungen und all‘ die toll zube­rei­te­ten Gerichte, Kinderspiele, die Tiermenagerie und roman­ti­sche Abendidylle mit Lichterkette und Glühwürmchen und Swimmingpool im Garten kaschie­ren da wenig, zumal auch das Haus die Vergangenheit in sich trägt. Die Insel im See hat sowie­so schon vor den Kormoranen kapi­tu­liert.
Je län­ger der Abend dau­ert, des­to sur­rea­ler wird es, und mit etwas Fantasie, viel Schlaf, Träumen und dem ein oder ande­ren rei­ni­gen­den Feuer scheint es, als könn­ten sich am nächs­ten Tag eini­ge Knoten auf­lö­sen.
„… prä­zi­se insze­niert und gespielt, mit Witz und Ironie erzählt. …“ programmkino.de
„Der Spatz im Kamin ist so ele­gant und raf­fi­niert wie sei­ne bei­den Vorgängerfilme und bis­wei­len auch ähn­lich ver­gnüg­lich. Zugleich aber gelingt es Ramon Zürcher mit sei­nen her­vor­ra­gen­den Darstellerinnen und Darstellern ein neu­es Gleichgewicht des Charmes und des Schreckens zu schaf­fen, das unter die Haut geht.“ Sennhausers Filmblog

Der Spatz im Kamin
Credits:

CH 2024, 117 Min., deut­sche Originalfassung mit eng­li­schen Untertiteln
Regie & Schnitt: Ramon Zürcher
Kamera: Alex Hasskerl
Produzent: Silvan Zürcher
mit: Maren Eggert, Britta Hammelstein, Luise Heyer, Andreas Döhler, Milian Zerzawy, Lea Zoe Voss, Ilja Bultmann, Paula Schindler, Luana Greco

Trailer:
DER SPATZ IM KAMIN Trailer Deutsch | German [HD]
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Element of Crime in Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin

Ein Film von Charly Hübner.

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Charly Hübner hat einen Film über ELEMENT OF CRIME gedreht.
Dieser Film erzählt die Geschichte und Gegenwart von ELEMENT OF CRIME, es geht um Musik, Freundschaft, eine Haltung zur Welt und über das Geheimnis, wie man über 30 Jahre zusam­men Musik macht. Er folgt der Band auf einer klei­nen Tour durch Berlin, die eigens zu die­sem Zweck orga­ni­siert wur­de und die vom klei­nen Privatclub über SO36, Lido, Admiralspalast zu größ­ten Konzert im OpenAir der Zitadelle Spandau führ­te, immer mit aus­ge­such­tem Support.
Es ist ein Heimatfilm, dabei auch etwas nost­al­gisch. Es gibt viel 80er/90er und SO 36, nicht mehr exis­tie­ren­de Punkte in Schöneberg, Cafe Swing, Risiko, Kob und berich­tet aus der Zeit, als es nicht cool war, eine Band aus Berlin zu sein, son­dern nur noch Klischee. Wie man die NDW über­leb­te, wie die unter­schied­li­chen Richtungen und Schwerpunkte der ein­zel­nen Bandmitglieder zusam­men­ka­men. Was wich­tig war, ein biss­chen Eingemachtes, wie Musik gemacht und wie gelebt wur­de, und wie sowas heut­zu­ta­ge nur noch als Phrase exis­tiert.
Für alle, die dabei waren, hät­ten dabei sein, oder ein­fach nur mal schau­en und hören wol­len. Bemerkenswerterweise wer­den die Tracks fast durch­weg – eine Seltenheit in Filmen mit Thema Musik – aus­ge­spielt!
„Ein Film über uns und dann auch noch auf Tournee, das hat etwas von Tierfilm und wir dann die Tiere, da muss man auf einen guten Regisseur hof­fen und das ist Charly Hübner. Wir wuss­ten, er liebt die Band, wir ver­trau­ten ihm und wir hat­ten Recht damit. Der Film ist toll, ganz anders, als erwar­tet, und das sind immer die bes­ten Filme.“
Sven Regener

Credits:


DE 2024, 93 Min.,
Regie: Charly Hübner

Kamera: Casey Campbell
Schnitt: Christoph Brunner
mit: Sven Regener, Jakob Ilja, Richard Pappik und Maike Rosa Vogel, Florian
Horwarth, Isolation Berlin, Von wegen Lisbeth, Steiner & Madlaina, Ansa
Sauermann

Trailer:
ELEMENT OF CRIME in ‚Wenn es dun­kel und kalt wird in Berlin‘ | TRAILER – Jetzt für zuhause
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Sleeping Dogs – Manche Lügen sterben nie

Ein Film von Adam Cooper.

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Russell Crowe könn­te es sich mal so rich­tig gemüt­lich machen, statt­des­sen wer­den ihm immer wie­der Rollen anver­traut, die psy­chisch wie phy­sisch extrem for­dern, z.B. als Exorzist des Vatikans. Oder in Sleeping dogs, als ehe­ma­li­ger Cop der Mordkommission, der unter Alzheimer lei­det und nach einer anstren­gen­der Behandlung in sei­nen eige­nen vier Wänden auf­wacht und zurück in die Wirklichkeit fin­den muss. Dabei hilft ein Anruf, es geht um einen alten Fall, der damals über­führ­te Täter sitzt in der Todeszelle, aber nicht mehr lan­ge. Roy Freeman (Crowe) wird gebe­ten, sich an das Verbrechen zu erin­nern, denn viel­leicht wird ein Unschuldiger hin­ge­rich­tet. Freeman ver­sucht zu begrei­fen, wer er war und was es mit dem Fall auf sich hat­te. Die Fetzen der Erinnerung fügen sich lang­sam zu einem Bild zusam­men. Es ist das opu­len­te Gemälde eines Blutbades. Einmal in Bewegung gesetzt, hört das Rad nicht mehr auf, sich zu dre­hen. J. Remis, der alte Partner aus der der Mordkommission taucht auf, die Wissenschaftlerin L. Baines kann­te das Opfer Dr. Wieder nicht nur aus Arbeitszusammenhängen sehr gut, ihr Liebhaber H. Greenwood war dar­über mehr als irri­tiert. Kurz, die Szenerie belebt sich rasant. Während Freeman ursprüng­lich vor­hat­te, sein Gedächtnis zu trai­nie­ren, ist er in Wirklichkeit längst dabei, akri­bisch Teile eines Puzzles zusam­men­zu­fü­gen, in einem Film Noir mit unge­wis­sem Ausgang, an des­sen Ende er aber die Fähigkeit, sich wie­der erin­nern zu kön­nen, ver­flu­chen wird.

Credits:


DE 2023, 90 Min., engl. OV
Regie: Adam Cooper

Kamera: Ben Nott
Schnitt: Matt Villa
mit: Russell Crowe, Karen Gillan, Marton Csokas, Tommy Flanagan, Thomas M. Wright

Trailer:
SLEEPING DOGS | Official Trailer (Russell Crowe) | Paramount Movies
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My Stolen Planet

Ein Film von Farahnaz Sharifi. 

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Die Filmemacherin Farahnaz Sharifi por­trä­tiert in My sto­len pla­net ihr Leben, geprägt durch die Machtübernahme der Mullahs im Iran 1979. In ihrem Geburtsjahr fand die Revolution statt und die Monarchie wur­de weg­ge­fegt. Genauso wie die Hoffnungen der demo­kra­ti­schen Kräfte, die nach den Hinrichtungswellen gegen die Mittäter des Schah-Regimes in den Focus des neu­en Regimes gerie­ten und genau­so eli­mi­niert wur­den. Der Wechsel von einer Diktatur in die nächs­te wur­de extrem schnell voll­zo­gen, Farahnaz wuchs in einer schi­zo­phre­nen Welt auf, zu hau­se wur­de getanzt, gesun­gen, gelebt, sich auf Augenhöhe begeg­net. Draußen vor der Tür war all das ver­bo­ten, drau­ßen tanz­te nur die Doppelmoral. Die Jin-Jiyan-Azadî-Bewegung scheint Jahrzehnte spä­ter alles ver­än­dern zu kön­nen, setzt Mut und Hoffnung frei.
My sto­len Planet ist ein opu­len­tes, scharf­sin­ni­ges Werk vol­ler Bilder, denn die Regisseurin wuchs mit Kameras auf, mach­te hem­mungs­los Gebrauch davon und ent­führt in die gehei­me, pri­va­te Welt ihrer Familie. Außerdem hat sie Trödelläden durch­siebt und Amateurfilme mit­ge­nom­men, die eben­falls von die­ser Welt hin­ter ver­schlos­se­nen Türen han­deln. Mit den Protesten öff­nen sich die­se Türen, die Ereignisse über­schla­gen sich. Für mich der beein­dru­ckends­te Film der letz­ten Berlinale.

Schon als Kind erlebt Farahnaz Sharifi den Alltag im Iran getrennt in ein pri­va­tes und ein öffent­li­ches Leben, die so weit von­ein­an­der ent­fernt lie­gen, wie zwei unter­schied­li­che Planeten. Auf ihrem Heimatplaneten im Kreis von Familie und Freund*innen kann sie tan­zen, sin­gen, lachen und wei­test­ge­hend frei von den zahl­rei­chen Einschränkungen und Repressionen des Regimes leben.
Sie ent­wi­ckelt eine Faszination für pri­va­te Aufnahmen, die eine Realität des Irans abbil­den, wel­che die Machthaber gewalt­sam zu unter­drü­cken ver­su­chen. Super 8 Videos von Geburtstagsfeiern und Familienurlauben wer­den zum Beleg für Verstöße gegen das Verbot von Tanzen, Trinken, weib­li­chen Stimmen, unver­schlei­er­ten Frauen. Sie bewah­ren die Erinnerung dar­an, dass es eine Alternative zur bestehen­den isla­mis­ti­schen Ordnung gibt. Sharaifi sam­melt die Aufnahmen von Unbekannten, um sie vor dem erzwun­ge­nen kol­lek­ti­ven Vergessen zu bewah­ren.“
(Lea Gronenberg, Filmlöwin) 

Credits:

Sayyareye doz­di­de sho­deye man
DE/IR 2024, 82 Min., far­si OmU
Regie, Kamera, Schnitt: Farahnaz Sharifi 

Trailer:
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Memory

Ein Film von Michel Franco.

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Sylvia arbei­tet als Pflegerin, ist allein­er­zie­hen­de Mutter einer wun­der­ba­ren Tochter, hat die Alkoholsucht hin­ter sich gelas­sen und ein gutes Verhältnis zu ihrer Schwester und Menschen um sich her­um, die sie schät­zen und mögen. Doch tief in sich trägt Sylvia ein tie­fes Trauma. Als sie von einem Klassentreffen nach Hause geht, wird sie von einem frem­den Mann ver­folgt. Dieser Mann heißt Saul und lei­det unter dem Anfangsstadium der Demenz. Und auch wenn das ers­te Zusammentreffen der Beiden unter kei­nem guten Stern steht, nähern sich Sylvia und Saul lang­sam an. Denn sie spü­ren, dass sie eine gro­ße Verletzlichkeit ver­bin­det.
Dem Film gelingt es, die Annäherung die­ser bei­den „ver­lo­re­nen Seelen“ und die Liebesbeziehung in einer unglaub­lich anrüh­ren­den Zartheit zu inszenieren.“

Aus der Jury Begründung der Filmbewertugsstelle – FBW:
„Dabei ist MEMORY von ganz eige­ner, auch visu­el­ler Eleganz. Francos Film wirkt wie aus einem Guss. Tatsächlich zeich­net Franco für Regie, Buch und auch Schnitt ver­ant­wort­lich. Und auch die Kamera folgt dem Konzept des Films. Bis auf weni­ge intro­du­zie­ren­de Großaufnahmen zu Beginn, beschränkt sich Francos Leib-und Magen-Kameramann Yves Cape maxi­mal auf Halbtotalen, die das Publikum Sylvia und Saul nie­mals zu nahe kom­men lässt. MEMORY nimmt sich Zeit und Raum für die Gefühle sei­ner Protagonisten, traut sich, psy­chi­sche Erkrankungen ernst zu neh­men, ver­liert sich aber nicht in Rührseligkeit. Dramaturgisch geschickt ist MEMORY von Anfang an unter­schwel­lig so span­nend ange­legt, dass die Jury kei­ne Sekunde hät­te ver­säu­men wol­len. In der Tat hat die Jury sel­ten ein an sich sper­ri­ges Thema mit so viel Eleganz, bild­li­cher Ästhetik und Dramaturgie so über­zeu­gend für die Leinwand insze­niert gesehen.“

Memory
Credits:


US, MX 2023, 103 Min., engl. OmU
Regie: Michel Franco
Kamera: Yves Cape
Schnitt: Oscar Figueroa Jara, Michel Franco
mit: Jessica Chastain, Peter Sarsgaard, Merritt Wever, Brooke Timber, Josh Charles

Trailer:
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Favoriten

Ein Film von Ruth Beckermann.
(Am Montag, 23.9. gibt es nach der Vorstellung ein Life-Zoom-Gespräch mit der Lehrerin Ilkay Idiskut. Filmbeginn ist um 17:45 Uhr.)

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Über drei Jahre beglei­tet die Filmemacherin Ruth Beckermann eine Klasse im Alter von sie­ben bis zehn Jahren und ihre enga­gier­te Lehrerin in einer gro­ßen Schule im Wiener Bezirk Favoriten. Der Film nimmt uns mit in den Unterricht und lässt uns die täg­li­chen Abenteuer, Kämpfe, Niederlagen und Erfolge der Kinder ganz nah mit­er­le­ben. Der Stadtteil Favoriten war einst ein Arbeiterbezirk, heu­te spricht ein Großteil der Kinder an den dor­ti­gen Grundschulen nicht Deutsch als Erstsprache. Mit gro­ßer Sensibilität beglei­tet der Film die Kinder, wäh­rend ihre Lehrerin ihnen dabei hilft, einen Platz in einer Welt zu fin­den, in der sie sich oft nicht zuge­hö­rig füh­len. Indem wir die „Favoriten“ ken­nen ler­nen, erle­ben wir mit ihnen eine beweg­te Zeit, die ihre Zukunft ent­schei­dend prä­gen wird.

Ruth Beckermanns neu­er Film ist eine Langzeitbeobachtung, die den Blick auf die struk­tu­rel­len Probleme im Schulsystem lenkt und die Perspektive der Kinder ernst nimmt. Ein erstaun­lich hei­te­res Porträt einer unge­wöhn­li­chen Gemeinschaft, das Fragen stellt, auf die vie­le von uns eine Antwort suchen. Ein Film über das Lehren und das Lernen und dar­über, wie die Zukunft unse­rer Gesellschaft auch im Klassenzimmer aus­ge­han­delt wird.

In dem Film ver­schrän­ken sich struk­tu­rel­le und indi­vi­du­el­le Perspektiven. Denn zum einen wirft „Favoriten“ einen Blick auf ein von Mangel und Ungleichheit bestimm­tes Bildungssystem, in dem bei aller Einfühlsamkeit und Hingabe der Lehrerin, die von Deutsch, Mathe über den Schwimmunterricht bis hin zum Klassenausflug alles zu ver­ant­wor­ten hat, am Ende nur die Leistung zählt. Zum ande­ren sieht man jun­gen Individuen dabei zu, wie sie Welt, Sprache und sozia­les Miteinander begrei­fen, wie sie an Aufgaben wach­sen und dar­an schei­tern, wie sie ver­zwei­feln und neu­en Mut fas­sen.
Dieser über­aus leben­di­ge Raum, den zu betrach­ten schön ist, anrüh­rend, trau­rig und manch­mal auch lus­tig, steht in „Favoriten“ im Zentrum, auch wenn das Systemische immer mit­wirkt. Je näher die Schüler:innen dem Moment kom­men, an dem sich ihre wei­te­re Schulbildung ent­schei­det – Mittelschule oder, was für die wenigs­ten von ihnen in Betracht kommt, der Übertritt ins Gymnasium – arbei­tet sich das in den Vordergrund.“ Esther Buss | Filmdienst

Credits:

AT 2024, 118 Min., in deutsch mit eng­li­schen Untertiteln
Regie: Ruth Beckermann

Kamera: Johannes Hammel
Schnitt: Dieter Pichler

Trailer:
Favoriten (offi­zi­el­ler Trailer) – Ein Film von Ruth Beckermann
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Korntal

Die Kinder aus Korntal

Ein Film von Julia Charakter. Ab 26.9. im fsk. Am 27.9. mit anschlie­ßen­dem Filmgespräch.

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Richtig fas­sungs­los war ich, als gegen Ende des Filmes der bis 2022 akti­ve Geistliche Vorsteher der Brüdergemeinde gera­de­zu dreist Erkenntnisse aus der Soziologie umdreht und die Traumata und psy­chi­schen Schwierigkeiten der ehe­ma­li­gen Heimkinder qua­si deren „nie­de­rer“ Geburt zuschreibt. Ebenso erschre­ckend ist die Beschwerde eines gläu­bi­gen Ehepaars, wahr­schein­lich stell­ver­tre­tend für dor­ti­ge Bürger, dass ihre Spenden an die Brüdergemeinde jetzt als Schmerzensgeld für die Opfer ver­wen­det wer­den.
Internate, Klöster, Waisenhäuser, Sportvereine … die Liste lie­ße sich lan­ge fort­set­zen. Immer wie­der kom­men über­all neue Fälle von Missbrauch von Schutzbefohlenen ans Licht. 2014 geriet die Evangelische Brüdergemeinde in Korntal, einem beschau­li­chen Ort in der Nähe von Stuttgart, in den Fokus. Ein ehe­ma­li­ger Zögling hat­te sich auf­raf­fen kön­nen, mit sei­ner Geschichte an die Öffentlichkeit zu gehen, anstatt sich umzu­brin­gen, wie eini­ge sei­ner frü­he­ren Leidensgenossen. Daraufhin mel­de­ten sich über 170 wei­te­re Betroffene, die in dem Heim bis weit in die 2000er Jahre hin­ein eben­falls sys­te­ma­ti­scher psy­chi­scher, kör­per­li­cher und/oder sexua­li­sier­ter Gewalt aus­ge­setzt waren, aus­ge­übt von Angehörigen der pie­tis­ti­schen Bruderschaft, Hausangestellten oder soge­nann­ten Pateneltern im Ort. Die Kinder waren Waisen oder kamen aus „schwie­ri­gen Verhältnissen“, es gab kei­ner­lei Kontrolle, sie waren ihren Peinigern aus­ge­lie­fert. Schwer trau­ma­ti­siert und nicht sel­ten gebro­chen gehen sie als Erwachsene durchs Leben. Sechs von ihnen berich­ten vom Erlebten, dazu kom­men Mitglieder der „Aufklärungskommission“, rang­ho­he Gemeindemitglieder und Ortsansässige zu Wort.

Je län­ger Die Kinder aus Korntal läuft, des­to deut­li­cher wird, dass das Einstehen für die schwe­re Schuld, die die Brüdergemeinde auf sich gela­den hat, und eine ech­te Aufarbeitung der Taten noch lan­ge nicht pas­siert sind. Vielmehr schwingt unter­schwel­lig immer das Gefühl mit: Jetzt muss es auch mal gut sein mit die­ser lei­di­gen alten Geschichte.“ Elisa Reznicek | Haus des Dokumentarfilms

Korntal
Credits:


DE 2023, 90 Min., Deutsch mit eng­li­schen Untertiteln
Regie: Julia Charakter

Kamera: Jonas Eckert
Schnitt: Jonas Eckert, Julia Charakter

Trailer:
DIE KINDER AUS KORNTAL Trailer Deutsch | German [HD]
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Die Schule der Frauen

Ein Film von Marie-Lou Sellem. 

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Aktuell ist sie noch in Thomas Arslans Verbrannte Erde zu sehen, dem­nächst hat sie einen furio­sen Auftritt in Fabian Stumms Tragikomödie Sad Jokes. Es könn­te also der Eindruck ent­ste­hen, das Thema ihres eige­nen Regiewerkes trä­fe auf sie gar nicht zu. Aber doch, und auch bei den Kolleginnen, mit denen sie vor 36 Jahren zusam­men an der Folkwangschule stu­dier­te. Marie-Lou Sellem hat sie vor der Kamera ver­sam­melt, um zu beleuch­ten, was vie­len von uns viel­leicht auch schon auf­ge­fal­len sein dürf­te: das lang­sa­me Verschwinden von Schauspielerinnen im Film und auf der Bühne mit zuneh­men­den Alter. Nicht nur das, son­dern auch die Hürden, die ihnen beim Lernen in den Weg gestellt wur­den, sind Thema. Auch keh­ren sie in ihre Schule zurück und befra­gen heu­ti­ge Absolventinnen nach ihren Erfahrungen.
„Wenn du jung bist und eine Frau und ein femi­nis­ti­sches Thema hast, dann kriegst du jetzt im Moment einen Job, weil du dem ande­ren das Gefühl gibst, er ist ja kein „alter wei­ßer Mann“, wenn er dich beschäf­tigt. Das Gleiche ist auch viel­leicht mit Frauen in mei­nem Alter, uns wird zuge­hört wie es nie vor­her der Fall war. Es ist jetzt die Frage, was wir dar­aus machen, wir Frauen.“ Marie-Lou Sellem in kino­ki­no
“… wir ren­nen im Kreis und wol­len ein Bild erfül­len, das wir zu bedie­nen haben, damit wir über­haupt noch da sind – und das Alter wird uns sowie­so irgend­wann aus der Kurve knal­len. Das ist Sisyphusarbeit, und die Frage ist: wol­len wir nicht end­lich mal auf­hö­ren damit? Es ist ja viel inter­es­san­ter, auch in die­ser drit­ten Altersrunde, die Themen, die wir haben, zu for­mu­lie­ren und zu reprä­sen­tie­ren. Wir kön­nen ja nicht alle aus­se­hen wie 40, wie hin­ge­bo­ge­ne 40, das erzählt ja auch gar nichts mehr. Das ist eigent­lich die gro­ße Frage: was wol­len wir erzäh­len?“ Marie-Lou Sellem beim Panel FF München

Credits:


DE 2024, 108 Min.,
Regie: Marie-Lou Sellem

Kamera: Jens Harant
Schnitt: Sonja Baeger
mit: Karoline Eichhorn, Cornelia Felden, Jacqueline Kornmüller, Katharina
Linder Kerstin Weiss, Linette Arndt, Lena-Sophie Baer, Sarah
Flechtker, Paula Julie Pitsch, Anna-Tabea Stockbrügger, Salome Zehnder
Sophie Wolf, Asimina Sideris, Hannah Weiss

Trailer:
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