Son of Saul

Ein Film von László Nemes. Ab 10.3. im fsk.

Auf Sauls Gesicht zeich­net sich kei­ne Regung mehr ab. Um nicht dem Wahnsinn zu ver­fal­len, hat er zwi­schen sich und den Gräueln, die sich um ihn her­um abspie­len, eine unsicht­ba­re Wand errich­tet. Der Blick ist leer, der Geist zwingt sich, nur das Unmittelbare wahr­zu­neh­men: Den stump­fen Alltag der Hölle, in der der Körper eine bes­tia­li­sche Arbeit ver­rich­ten muß. Die Kamera kon­zen­triert sich auf die­ses Gesicht, das auch dann aus­drucks­los bleibt, wenn Saul Scharen von Gefangenen durch die dunk­len Gänge des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau treibt, ihre Kleidung zusam­men­räumt, sie in die Gaskammern führt und spä­ter das Blut von den Kacheln schrubbt. Der Gegenpol die­ser Maske ist der Körper, der von den Befehlen der Aufseher gehetzt wird. Die Tonspur gibt eine ohren­be­täu­ben­de Kakophonie aus Angstschreien derer, die umge­bracht wer­den und dem Gebrüll ihrer Mörder wie­der, dazu das Geräusch des Feuers, der fal­len­den Körper, der Verrichtungen derer, die die Spuren weg­wi­schen. Saul Ausländer ent­deckt unter den Toten einen Jungen, den er für sei­nen Sohn hält. Er beginnt sich zu wider­set­zen, indem er alles ver­sucht, um ihn begra­ben zu las­sen. Die Bilder von Son of Saul ver­su­chen nicht, den phy­si­schen Ort des Vernichtungslagers zu zei­gen, son­dern des­sen Reflektion auf dem Gesicht des Gefangenen die­ses Ortes. Wenige Einstellungen zei­gen etwas ande­res, sie die­nen immer der grund­sätz­li­chen Orientierung.  Ähnlich wie Rosetta und Just the wind hetzt die Kamera hin­ter einem Fliehenden her, der weiß, das es kei­nen Fluchtort gibt.

Ungarn 2015, 107 Min., div. OmU, 
Regie: László Nemes
Buch: László Nemes, Clara Royer
Kamera: Mátyás Erdély
Schnitt: Matthieu Taponier