Oeconomia

Ein Film von Carmen Losmann.

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In sei­nem Essay „Die Fabrik des ver­schul­de­ten Menschen“ aus dem Jahr 2011 schreibt der Philosoph Maurizio Lazzarato: „Die Schulden stel­len kein Hemmnis für das Wachstum dar; im Gegenteil, sie sind der öko­no­mi­sche und sub­jek­ti­ve Motor zeit­ge­nös­si­scher Ökonomie. Die Fabrikation der Schulden, also die Konstruktion und Entwicklung des Machtverhältnisses Gläubiger-Schuldner, bil­det das stra­te­gi­sche Zentrum neo­li­be­ra­ler Politik.“ Mit Oeconomia unter­nimmt Carmen Losmann eine Reise in die­ses stra­te­gi­sche Zentrum. Das ist ohne Frage ein ehr­gei­zi­ges Unterfangen, denn vie­le Vertreter*innen des Banken- und Finanzsektors reden lie­ber nicht vor einer Kamera, und denen, die sich dar­auf ein­las­sen, feh­len mehr als ein­mal die Worte. So trans­pa­rent die Architektur von Banken und Geldinstituten sich gibt, so schnell ver­schlie­ßen sich die Türen für die recher­chie­ren­de Regisseurin. Sie macht aus der Not eine Tugend, indem sie unter ande­rem Telefonprotokolle und com­pu­ter­ge­nerier­te Bilder ein­setzt, damit das Abstrakte und schwer Verständliche anschau­li­cher wird.

Oft sehen wir nur eine elek­tro­ni­sche Zugangsschranke oder hören ein nach­ge­spro­che­nes Telefonat, da im letz­ten Moment die Drehgenehmigung ent­zo­gen wur­de – auch heu­te noch liegt die Aufklärung gefähr­lich nah an der Kritik. Dabei bemüht sich die Regisseurin, ihre Fragen offen und wert­frei zu stel­len. Ihre Aufklärung zielt nicht auf die mora­li­schen Verwerfungen des Kapitalismus, son­dern auf die logi­schen Zirkelschlüssel, die sei­ner Struktur zugrun­de lie­gen. Diese Zirkelschlüsse schei­nen den Interviewpartnern – Akteure im Finanzwesen und aus­nahms­los wei­ße Männer – erst durch Losmanns betont nai­ve Fragen auf­zu­fal­len. Die Versuche, ihre Überrumpelung in char­man­te Souveränität zu ver­wan­deln, sind nicht nur amü­sant, son­dern auch tröst­lich. Denn über­rum­pelt fühlt man sich wäh­rend die­ser 89 Minuten auch, wenn die Regisseurin Folgerungen aus ihren Interviews als ein­fa­che Blasen und Pfeile auf einer Mindmap zusam­men­fasst, die zwar sim­pel aus­sieht, aber die gan­ze zer­stö­re­ri­sche Absurdität einer end­los wach­sen­den Wirtschaft offen­bart. Trotz die­ser Dichte und wegen sei­ner Klarheit ist OECONOMIA einer der bes­ten Dokumentarfilme über den Kapitalismus.“ indie­ki­no | Yorick Berta

Filmgespräch mit Carmen Losmann, Samirah Kenawi, Lino Zeddies, Dirk Lütter
über Oeconomia

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Credits:

DE 2020, 89 Min., dt. engl. OmU
Regie, Buch: Carmen Losmann
Kamera: Dirk Lütter
Montage: Henk Drees, Carmen Losmann

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Trailer:

Kinotrailer „Oeconomia” – Kinostart: 15. Oktober 2020

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