Am frühen Morgen wurde ich von einem lauten Knall geweckt und konnte nicht wieder einschlafen.
In Bogota, in den Bergen, im Tunnel, am Fluss: ein Knall.
Die Britin Jessica besucht ihre Schwester Karen in Kolumbien, die wegen einer merkwürdigen Atemwegserkrankung im Krankenhaus liegt. Den immer wiederkehrenden Knall, „wie ein Rumpeln aus den Erdinneren“ nimmt offensichtlich nur sie wahr, und so sucht sie eine Erklärung. Sie lernt eine Archäologin kennen, die Knochen, die beim Bau eines Tunnels entdeckt wurden, studiert. Ein befreundeter Tontechniker versucht, das Geräusch digital nachzubauen, und sie begegnet auf dem Land an einem Fluss einem Einsiedler, der eine ältere Version des Tontechnikers sein könnte. Er wolle die Anzahl seiner Eindrücke reduzieren, weil er nie etwas vergessen könne, erzählt er, deshalb habe er sich für die Einsamkeit entschieden. Langsam kommt auch für uns der Punkt, wo wir uns von der Geschichte im Film zurückziehen können, denn der nimmt seinen eigenen Weg.
„Weerasekathul ist ein Künstler, der von uns verlangt, dass wir unsere Gedanken auf die ungelösten und unausgesprochenen Geheimnisse der Existenz richten: dass wir geboren werden, leben, sterben und das alles, ohne jemals zu wissen, warum, oder oft sogar, ohne es wissen zu wollen. Aber er nähert sich diesen Phänomenen mit der gleichen Gelassenheit, mit der er auch Fragen der Landwirtschaft oder der Technik behandeln würde.
In einer ruhig-realistischen, nicht-mystischen Filmsprache kann dieser Regisseur einen wirklich davon überzeugen, dass die Lebenden und die Toten, die Vergangenheit und die Gegenwart, das Irdische und das Andere Seite an Seite existieren. Memoria ist ein schöner und geheimnisvoller Film, „Slow Cinema“, das den Herzschlag verlangsamt.“
Peter Bradshaw | The Guardian
Credits:
CO, TH, GB, MX, FR, CN, TW 2021, 136 Min., spanisch, englische OmU
Regie : Apichatpong Weerasethakul
Kamera: Sayombhu Mukdeeprom
Schnitt: Lee Chatametikool
mit: Tilda Swinton, Elkin Díaz, Jeanne Balibar, Juan Pablo Urrego, Daniel Giménez Cacho, Agnes Brekke
Trailer:
nach oben