Mediterranea

Ayiva hat sein Zuhause in Burkina Faso zurück­ge­las­sen und macht sich gemein­sam mit sei­nem Freund Abas auf nach Europa, um sei­ne Tochter finan­zi­ell ver­sor­gen zu kön­nen. Nach der gefähr­li­chen Überfahrt mit einem Schmugglerboot sto­ßen die bei­den in Italien auf ein feind­se­li­ges Klima, dass die Eingewöhnung an ihr neu­es Leben schwie­rig macht. Es passt so gar nicht zu den gla­mou­rö­sen Bildern, die sie von ande­ren Auswanderern auf Facebook gese­hen haben. Stattdessen fin­den sie sich auf einer Orangenplantage wie­der, auf der sie in skla­ven­ähn­li­chen Bedingungen für einen Hungerlohn arbei­ten und in einer her­un­ter­ge­kom­me­nen Bruchbude in einem Slum für Einwanderer leben müssen.
Ayiva gewöhnt sich mit der Zeit an das neue Leben und freun­det sich mit einem der Plantagenbesitzer an, der ihn zu sei­ner Familie ein­lädt und ihm bes­se­re Arbeitschancen ver­spricht. Abas hin­ge­gen kann die Trostlosigkeit sei­ner Situation nicht ver­ar­bei­ten und resigniert.
Das Verhältnis zwi­schen den Bürgern Rosarnos und den Immigranten ist ange­spannt. Als töd­li­che Schüsse auf zwei Migranten fal­len, kommt es zu gewalt­tä­ti­gen Unruhen in der Stadt.

Der Protagonist in MEDITERRANEA stammt aus Burkina Faso, weil ich nicht eine Geschichte erzäh­len woll­te, in der Menschen vor unmit­tel­ba­rer Gefahr geflo­hen sind. Migration pas­siert ja nicht nur, weil Menschen vor etwas flie­hen müs­sen, son­dern auch aus dem Glauben her­aus, dass es anders­wo ein bes­se­res, neu­es Leben war­tet. Käme mein Protagonist aus Syrien, wäre es offen­sicht­lich, war­um er sein Zuhause hin­ter sich gelas­sen hat.
Ich woll­te eine Brücke ins frü­he 20. Jahrhundert bau­en, als vie­le Italiener Sizilien und Calabria in Massen ver­lie­ßen und in die USA aus­ge­wan­dert sind, weil der Ort Immigranten ein bes­se­res, „moder­ne­res“ Leben ver­sprach, mit dem sie ihre Familien ver­sor­gen konn­ten. Natürlich gibt es da gewal­ti­ge Unterschiede zu den Immigranten, die heu­te nach Italien kom­men, nicht nur zuletzt, weil ers­te­re Art der Zuwanderung weit­aus gere­gel­ter und kon­trol­lier­ter ablief. Aber die meis­ten Migrationswellen haben gemein­sa­me Charakteristiken – zum einem gibt es den öko­no­mi­schen „push and pull“-Effekt.
Süditalien war damals ein ver­arm­ter Bauernstaat und New York und Chicago bereits Weltstädte. Aber es gab auch wich­ti­ge sub­jek­ti­ve Faktoren: eupho­ri­sche Briefe, die von Immigranten nach Hause geschickt wur­den, Artikel, die in Zeitungen erschie­nen, und die den Traum von einem bes­se­ren Leben zele­brier­ten. Die Medienlandschaft ist heu­te eine ande­re, und trotz­dem pas­siert in sozia­len Netzwerken, ins­be­son­de­re über Facebook, etwas sehr ähnliches.
Wir hören immer von den kon­ser­va­ti­ven Immigranten, die ihre Religion und Kultur mit­brin­gen und wei­ter­le­ben – aber es gibt genau­so vie­le, die sel­bi­gen ent­flie­hen wol­len. Eine der größ­ten Verlockungen an Europa für jun­ge Immigranten ist die Möglichkeit, ein ande­res Leben zu leben. Ayiva will bei­des: sei­ne Familie zuhau­se unter­stüt­zen, aber sich auch mal zurück­leh­nen und das Leben genie­ßen kön­nen.“ Jonas Carpignano

Frankreich, Italien, USA 2015
eng­lisch, fran­zö­sisch, ita­lie­ni­sche OmU
Regie: Jonas Carpignano
Kamera: Wyatt Garfield
Schnitt: Nico Leunen

mit: Koudous Seihon, Alassane Sy, Adam Gnegne, Mary Elizabeth Innocent, Pio Amato