Ein Film von Lucie Borleteau. Ab 22.9. im fsk.
Alice ist frischgebackene Schiffsmechanikerin. Ihr erster Job führt sie auf den betagten, ihr bereits gut bekannten Frachter Fidelio und auch Gaël (Melvil Poupaud – TAGEBUCH EINES VERFÜHRERS; DIE ZEIT DIE BLEIBT; LAURENCE ANYWAYS), der Kapitän, ist ihr nicht fremd. Zurück an Land bleibt allerdings ihre neue große Liebe, der norwegische Comiczeichner Felix (Anders Danielsen Lie – REPRISE; OSLO, 31. AUGUST).
In ihrem Job wird die Mechanikerin zuerst fraglos akzeptiert, muss aber im Sozialen Diplomatiegeschick aufbringen. Als sie ihre einstige Beziehung zu Gaël neu aufleben lässt, bahnen sich dann doch Schwierigkeiten an. Die theoretische Möglichkeit, verschiedene Männer leidenschaftlich zu Begehren ist die eine, die praktische Umsetzung die andere Sache. Die Einsamkeit auf See, das Auf-sich-gestellt-sein, die Entfremdung ist eine weitere Geschichte. Auch den Alltag an Bord, die teils gefährliche Arbeit, die Hierarchie sowie die prekäre geschäftliche Lage spart der Film nicht aus. Trotz teils dramatischer Momente bleibt die Dramaturgie angenehm zurückhaltend, der Film ist beobachtend und präzise, die Bilder sind klar und faszinierend.
»Von der wieder aufflammenden Leidenschaft könnte man auch reichlich platt erzählen. Doch neben, mit und in diesem Plot entfalten sich so nüchtern wie poetisch weitere Ebenen, die sich ineinander spiegeln und einander überlagern, bisweilen auch kollidieren. … Zusammengehalten werden diese Ebenen von der Präsenz Ariane Labeds [ATTENBERG; THE LOBSTER) als Alice. Ihr fein austariertes Spiel macht die äußere wie innere Odyssee ihrer Figur nachvollziehbar: zwischen unverstellter Sinnlichkeit und Vorsicht, zwischen Freiheitsdrang und der Sehnsucht nach einem »Heimathafen«. Dass ALICE UND DAS MEER dabei vieles in melancholischer Schwebe hält, zugleich aber mit solcher Genauigkeit erzählt, macht den Zauber dieses eigensinnigen Seefahrerfilms aus.«
Patrick Seyboth epd-Film
L’Odyssée d’Alice – Fidelio
F 2014, 97 Min., franz. OmU
Regie: Lucie Borleteau
Buch: Lucie Borleteau, Clara Bourreau, Mathilde Boisseleau
Kamera: Simon Beaufils
Schnitt: Guy Lecorne
mit Ariane Labed, Melvil Poupaud, Anders Danielsen Lie, Pascal Tagnati, Jean-Louis Coulloc’h u.a.