Ein Film von Vahid Jalilvand,
Dr. Nariman muss auf der Straße ausweichen und touchiert ein Motorrad, auf dem Moosa mit seiner Familie unterwegs ist. Der Arzt versucht, das alles ohne Polizei zu klären, bietet dem Mann Geld an und will die Familie auch ins Krankenhaus bringen. Doch letzteres lehnt Moosa ab. Nariman arbeitet in der Gerichtsmedizin und erfährt am nächsten Tag, dass ein Junge eingeliefert wurde: Moosas achtjähriger Sohn. Er ist in der Nacht verstorben. Die Todesursache scheint eine Fleischvergiftung gewesen zu sein. Aber das beruhigt Nariman nicht. Es könnte auch der Unfall gewesen sein, der die direkte Todesursache darstellt.
„Eine moralische Entscheidung“ ist ein beeindruckender Film, weil er eigentlich eine sehr unscheinbare Geschichte erzählt. Eine, in die man sich hineinversetzen kann, denn im Kern geht es vor allem darum, dass jede Entscheidung zu Konsequenzen führt – und die sich immer dramatischer ausweiten können. Es gibt einige Momente in diesem Film, in denen sich Menschen anders hätten verhalten können. Damit einher geht immer die Frage, ob der Ausgang besser gewesen wäre, wenn eine andere Entscheidung getroffen worden wäre. Hätte das Kind überlebt, wenn der Arzt darauf bestanden hätte, ins Krankenhaus zu fahren? Hätte der Vater es früher ins Krankenhaus bringen müssen, als er es getan hat? Hätte der Arzt mit dem Vater nach dem Tod des Kindes reden sollen? Hätte das verhindert, dass er die Schuld bei dem Mann suchte, der ihm das vergammelte Fleisch verkauft hat, durch das sich der Junge die Vergiftung zugezogen hat? Eine konkrete Antwort gibt es auf all diese Fragen nicht. Sie sind immer reine Spekulation, aber sie quälen die Hauptfigur.
Denn Dr. Nariman ist ein penibler, sehr korrekter Mann. Jemand, der den Dingen auf den Grund geht. Der einfach nicht lockerlassen kann. Denn eigentlich wäre er aus dieser Angelegenheit fein herausgekommen, aber er selbst ist es, der die Untersuchung erneut beginnen lässt. Weil der Zweifel darüber, ob er es war, der am Tod des Jungen schuldig ist, für ihn letzten Endes qualvoller ist als jede konkrete Erkenntnis, die kommen könnte, inklusive der Konsequenzen, die sich daraus ergeben.
Peter Osteried | programmkino.de
- Beste Regie und bester Hauptdarsteller – Venedig 2018
Bedoone tarikh, bedoone emza
IR 2017, 100 Min., Farsi OmU
Regie: Vahid Jalilvand
Kamera: Peyman Shadmanfar
Schnitt: Vahid Jalilvand, Sepehr Vakili
mit: Navid Mohammadzadeh, Amir Agha’ee, Hediyeh Tehrani, Zakiyeh Behbahani
- noch keine oder keine mehr
Im Kino in Farsi mit deutschen Untertitlen.