Ein Film von Ulrich Köhler und Henner Winckler.
In Ulrich Köhlers letztem Film In my room war die westfälische Provinz Schauplatz für die Endzeit, ein Mann und eine Frau waren womöglich die letzten überlebenden Menschen und sie verstanden sich nicht besonders gut. Im gemeinsamen Werk Das freiwillige Jahr mit Henner Winkler (Klassenfahrt, Lucy) taucht der ähnliche Drehort wieder auf. Diese nüchterne Kulisse verunmöglicht, sich zu verstecken, kein Geflimmer der Stadt übertüncht Leerlauf oder Konfliktkonstellationen ohne Lösungspotential. Natürlich ermöglicht das Unterwegssein auf den schmalen Straßen eine kurze Auszeit, aber die endliche Weite lässt keine Sekunde an Road Movies denken. Bleiben oder gehen und wenn, für wie lange. Für seine Tochter Jette hat der Landarzt Urs fürs freiwillige Jahr einen Platz in Costa Rica organisiert oder ihr übergestülpt, sie wirkt jedenfalls etwas überfordert. Urs hat viel um die Ohren, alleinerziehend, im Clinch mit seiner Affäre und Mitarbeiterin Nicole und öfters damit beschäftigt, seinem introvertiertem Bruder Falk unter die Arme zu greifen, der sich nur durch körperliche Flucht entziehen kann. Urs meint es gut, aber seine fehlgeleitete Energie macht ihn zur Nervensäge. Das hilft Jette aber andererseits dabei, den Boden unter den Füßen besser zu spüren und zu verstehen, was sie sich für ihr Leben erst mal vorstellen kann. Das Wechselspiel der Beiden ist nuancenreich und spannend, treibt den Film an, ohne das ganze aus den Augen zu verlieren. Gleichzeitig hat Das freiwillige Jahr einen großartigen Humor, mal fein und hintersinnig, mal physisch mit einer guten Portion Slapstick. 1–2 mal möchte man auch unter den Sitz kriechen und Augen und Ohren schließen. Wie schön.
DE 2019, 86 Min.,
Regie und Drehbuch: Ulrich Köhler und Henner Winckler
Kamera: Patrick Orth
Schnitt: Laura Lauzemis
mit: Maj-Britt Klenke, Sebastian Rudolph, Thomas Schubert, Katrin Röver, Daniel Nocke, Stefan Stern, Margarita Breitkreiz,
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