Augenblicke: Gesichter einer Reise

Ein Film von Agnes Varda und JR.

Mit Filmen wie „Cleo – Mittwoch zwi­schen 5 und 7“ präg­te die 1928 gebo­re­ne Agnès Varda das moder­ne Kino als inno­va­ti­ve Filmemacherin mit. Der über ein hal­bes Jahrhundert jün­ge­re Fotograf und Streetart-Künstler Juste Ridicule ali­as JR tat sich in den letz­ten Jahren her­vor, als er bei­spiels­wei­se Fotos von Menschen aus den Banlieues an abriss­rei­fe Häuser pla­ka­tier­te oder mit dem Graffitikünstler Blu am stadt­be­kann­ten Graffiti an der Berliner Cuvry-Brache arbei­te­te. Wenn sich Varda und Ridicule zusam­men­tun, tref­fen also zwei Generationen auf­ein­an­der, die einen künst­le­ri­schen Blick auf die Welt teilen.

In einem umge­bau­ten Kamera-Van, der über eine Fotokabine ver­fügt und über­gro­ße Poster dru­cken kann, fah­ren Varda und JR durch Frankreich. Auf einem Bauernhof in der Provence oder am Strand der Normandie, wo ein deut­scher Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg in die Brandung gekippt ist, foto­gra­fie­ren die Künstlerin und der Künstler ansäs­si­ge Menschen wie eine Kellnerin oder Ziegenbauern. Die Porträts befes­ti­gen sie an aus­ge­wähl­ten Fassaden, an Zügen oder auch mal an den Containern im Hafen von Le Havre, wo sie Porträts der Ehefrauen der Arbeiter anbrin­gen. Auf Motivsuche erge­ben sich immer wie­der Zufälle und Fügungen, die das per Crowdfunding finan­zier­te Kunstprojekt beeinflussen.

Es geht um Landschaften und Gesichter und natür­lich um Agnès Varda und JR selbst. Der essay­is­ti­sche Film nimmt sich Zeit für fein­sin­ni­ge Beobachtungen und Anekdoten. Wie in „Agnès‘ Strände“ aus dem Jahr 2008 erin­nert sich Varda an ihre Vergangenheit und lässt sich sogar zum Arzt beglei­ten, wo sie den neus­ten Stand ihrer unheil­ba­ren Augenkrankheit erfährt. In einer Szene besu­chen Varda und JR das Grab des Fotografen Henri Cartier-Bresson und sei­ner Frau Martine Francke, in einer ande­ren erwei­sen sie der berühm­ten Louvre-Szene aus Jean-Luc Godards „Außenseiterbande“ eine Referenz. Gegenwärtiges trifft auf Vergangenes, Heiterkeit auf Melancholie. Das Gefühl, das die­ser poe­ti­sche Film ver­mit­telt, liegt irgend­wo dazwischen.
Christian Horn | programmkino.de

Credits:
OT: Visages villages
Frankreich 2017, 89 Min., frz. OmU
Regie & Buch: JR, Agnès Varda
Kamera: Claire Duguet (Bonnieux, Reillanne, Usine), Nicolas Guicheteau (Paris, Usine, le Nord), Valentin Vignet (BnF, côte Normande), Romain Le Bonniec (Vexin, Le Havre, Pirou), Raphael Minnesota (Musée du Louvre), Roberto De Angelis (Cuisine, Suisse), Julia Fabr
Schnitt: Agnès Varda, Maxime Pozzi-Garcia
Musik: Matthieu Chedid aka ‑M-
Mitwirkende: JR, Agnès Varda, Jean-Paul Beaujon, Amaury Bossy, Yves Boulen, Jeannine Carpentier, Marie Douvet, Jean-Luc Godard

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