Ein Film von Ken Loach.
Nach einem Herzinfarkt darf der 59-jährige Schreiner Daniel Blake nicht mehr arbeiten. Er beantragt die ihm zustehenden staatlichen Leistungen und versinkt dabei langsam im Treibsand der Bürokratie und ihrer kafkaesken Strukturen. Anstatt professioneller Betreuung durch die dafür zuständigen Behörden findet er sich in der Rolle des Don Quijotes wieder. Dabei lernt er eine alleinerziehenden Mutter kennen, die in der gleichen Lage steckt (keine Liebesgeschichte). „I, Daniel Blake“ ist durch und durch ein Ken Loach Film, das Mitgefühl für seine Protagonisten spiegelt sich in jeder Einstellung. Er dokumentiert ihren Kampf um menschliche Würde und Grundrechte in einem Staat, der für die Gewinnmaximierung Weniger optimiert wurde und den Interessen der Mehrheit mit Ruhigstellungsstrategien begegnet. Wer dabei nach unten durchrutscht, darf sich als Paria betrachten. Loach macht Filme darüber, wie einfach es sein kann, dort zu landen. Darüber, das es statistisch wahrscheinlicher ist, einen Herzinfarkt zu bekommen und den Arbeitsplatz zu verlieren als Aufsteiger der Woche oder Lottokönig zu werden. Als Bedürftiger gerät man aber an ein Sozialsystem, das dem Namen nicht mehr gerecht wird. Und Ken Loach bleibt mit seinen gerade mal 80 Jahren ein bewundernswerter Regisseur, der die Hauptrolle dem eher unbekannten Stand-up Comedian Dave Johns anvertraute. Seine Darstellung der Titelfigur berührt ungemein und hat gleichzeitig einen Witz, der seine Widerborstigkeit unterstreicht, sich nicht unterkriegen zu lassen.
„Mein langjähriger Ko-Autor Paul Laverty und ich hatten viel über die Stolpersteine der Sozialhilfe gehört. Also tourten wir durch England und trafen uns mit Leuten in Jobcentern und Ausspeisungsstellen. Ihre Geschichten haben uns schockiert. Unzählige sind unwürdigen Mechanismen ausgesetzt, aber kaum einer spricht darüber. …Die Jobcenter-Angestellten müssen ein gewisses Sanktionspensum erfüllen. Wenn sie das nicht schaffen, werden sie auf eine „Optimierungsliste“ gesetzt und stehen unter Druck, ihre Straffrequenz zu erhöhen. Es ist eine Zermürbungsstrategie. Wenn das Amt einen Sozialhilfeanwärter als arbeitstauglich einstuft, dieser aber mit einem ärztlichen Attest Einspruch erhebt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass er sich durchsetzen kann, relativ hoch. Also versucht man, es gar nicht so weit kommen zu lassen.“ Ken Loach
OT: I, Daniel Blake
Frankreich/Großbritannien 2016, 100 Min., engl. OmU
Regie: Ken Loach
Drehbuch: Paul Laverty
Kamera: Robbie Ryan
Schnitt: Jonathan Morris
Darsteller: Hayley Squires, Colin Coombs, Micky McGregor, Dave Johns, Briana Shann