Horse Money

Pedro Costa ist ein gro­ßer Magier, der nicht nur die Illusionen der Realität ent­larvt, son­dern auch die Realität der Illusionen. Mit sei­nem neu­en Film, HORSE MONEY erzeugt der por­tu­gie­si­sche Filmemacher erneut eine Vereinigung abso­lu­ter Dringlichkeit und zit­tern­der Poesie. Costa schließt in vie­ler­lei Hinsicht wei­ter an sei­ne Auseinandersetzung mit den kap­ver­di­schen Immigranten in Fontainhas, einem armen Migrationsviertel mit einer immensen Drogen- und Kriminalitätsrate in Lissabon an, die er in einer vor­her­ge­hen­den Trilogie und eini­gen Kurzfilmen begon­nen hat.
Es beginnt in einer drü­cken­den Stille mit Fotografien der New Yorker East Side Slums und deren Bewohnern. Die Fotografien stam­men von dem in die USA emi­grier­ten Dänen Jacob Riis. Wie bei Costa ver­bin­den sich bei ihm pol­ti­sche Notwendigkeiten mit einer demo­kra­ti­schen Aufmerksamkeit für die Stimmen der Unterschicht. Beide Künstler wäh­len für ihr Vorgehen eine hoch­äs­the­ti­sier­te Bildsprache. Das gebann­te Luftanhalten, das einen in den ers­ten Sekunden von HORSE MONEY heim­sucht, wird über die gesam­te Laufzeit nicht auf­hö­ren. Wir fol­gen Ventura auf einer Reise durch sein Inneres. Die Vergangenheit und Gegenwart von Ventura wer­den wie zwei Folien über­ein­an­der­ge­legt und die Grenzen ver­schwim­men. Neben der von der Krankheit des rea­len Venturas inspi­rier­ten Krankheitsgeschichte der Figur in einem Krankenhaus, die in erschüt­tern­den Zitter- und Spuckanfällen eine kör­per­li­che Präsenz bekommt, die einem ein­fach nahe­ge­hen muss, beleuch­tet HORSE MONEY die Ereignisse in Portugal 1974, als Ventura einen Landsmann mit einem Messer erstach. So behaup­tet der älte­re Ventura, geklei­det wie ein jun­ger Aufreißer, dass er 19 Jahre und 3 Monate alt sei. Krankenhaus und Gefängnis ver­schmel­zen zu einem abs­trak­ten Raum und genau das­sel­be lässt sich über die poli­ti­sche Vergangenheit und Gegenwart Portugals sagen. Eine kla­re Narration wür­de sich wohl kaum rekon­stru­ie­ren las­sen, denn der Film fin­det in den Erinnerungen, Albträumen und Delirien sei­nes Protagonisten statt.
HORSE MONEY hat beim Filmfest München 2015 den inter­na­tio­na­len Hauptpreis gewon­nen. Aus der Jurybegründung:
“Die Jury ver­leiht den Cinemasters ARRI/OSRAM Award 2015 ein­stim­mig an HORSE MONEY von Pedro Costa für sei­ne muti­ge, unbe­irr­ba­re und mit­rei­ßen­de Filmkunst. Wir sind tief berührt von der Kraft der Erinnerungen, den Gesichtern und Emotionen, die die Leinwand zu spren­gen schei­nen. Bilder von tie­fer Menschlichkeit, die wei­ter in uns nach­hal­len. Der Regisseur Pedro Costa ent­fes­selt mit sei­ner Kreativität und Filmkunst eine Kraft, die das Kino drin­gend braucht.” (Aelrun Goette, Michael Werner und Christa Fuller)

OT: Cavalo Dinheiro
Portugal 2014, 103 Min.

apver­di­sches Kreol, por­tu­gie­si­sche OmU
Regie: Pedro Costa
Drehbuch: Pedro Costa
Kamera: Leonardo Simões, Pedro Costa
Schnitt: João Dias
Darsteller: Ventura, Vitalina Varela, Tito Furtado