Helle Nächte

Ein Film von Thomas Arslan.

Die häu­fig gera­de­zu hys­te­ri­schen nega­ti­ven Reaktionen auf Filme, die der Berliner Schule zuge­schrie­ben wer­den, haben in der Regel nichts ande­res im Sinn, als von den eige­nen künst­le­ri­schen Konventionen und lang­wei­li­gen Ambitionen abzu­len­ken und die­se so durch die Hintertür zu bestä­ti­gen und zu zemen­tie­ren. Schade eigent­lich, weil sol­che Übersprungsichtweisen einen offe­nen und ein­fühl­sa­men Blick auf die Filme verhindern.
Michael ist nach Norwegen gekom­men, weil sein Vater dort gelebt hat. Die bei­den Männer hat­ten sich zwar nichts zu sagen, aber wenigs­tens zur Beerdigung möch­te der Sohn anrei­sen. Eine gute Gelegenheit, um sei­nen Sohn Luis mit­zu­neh­men – der wie­der­um zu sei­nem Großvater ein inni­ge­res Verhältnis hat­te als zu sei­nem Vater Michael. So beginnt ein Roadmovie, das sich weni­ger nach vor­ne als sich viel­mehr im Kreis bewegt und eigent­lich immer lang­sa­mer wird und der Stillstand droht.
Natürlich spie­gelt sich in der Bewegung und in der Landschaft die Beziehung von Vater und Sohn, und das könn­te alles sehr platt wir­ken, wür­de es auf ein ver­söhn­li­ches Ziel hin­aus­lau­fen. Doch Thomas Arslan insze­niert sei­ne Erzählung aus einer beob­ach­ten­den Haltung her­aus und dekli­niert auf­kom­men­de Konflikte und die Charaktere nicht durch, sodass deren Unsicherheit und Hilflosigkeit nicht behaup­tet wir­ken und letzt­lich dem Zuschauer viel Raum gewährt wird, den er jetzt nur noch nut­zen muss.

Georg Friedrich und Tristan Gölbel sind ein aus­ge­zeich­ne­tes Team, weil sie rela­tiv frei von schau­spie­le­ri­schen Manierismen sind. Statt einer etwas ange­be­ri­schen Souveränität im Spiel haben sie sich eine Brüchigkeit bewahrt, die einem für kur­ze Momente das Herz zer­rei­ßen kann.“
„Einmal fährt die Kamera minu­ten­lang eine Straße ent­lang, die durch eine immer stär­ker vom Nebel ein­ge­deck­te, end­lo­se Bergkulisse führt. Arslan lässt uns die Leere und Abgeschiedenheit am eige­nen Leib spü­ren. Es fühlt sich nicht so viel anders an als die Enge eines bür­ger­li­chen Wohnzimmers. Wenn über­all nur ein gro­ßes Nichts ist, wer­den die Figuren auto­ma­tisch auf sich selbst zurück­ge­wor­fen.“ (Michael Kienzl, critic.de)

Deutschland / Norwegen 2017, 86 Min.

Regie, Buch: Thomas Arslan
Kamera: Reinhold Vorschneider
Schnitt: Reinaldo Pinto Almeida

mit:
Georg Friedrich (Michael)
Tristan Göbel (Luis)
Marie Leuenberger (Leyla)
Hanna Karlberg (Cecilia)