A film by Eric Caravaca. In French with German subtitles.
Der Schauspieler Eric Caravaca (Philipp Garrels Lover for a Day) spürt dem Schicksal seiner ihm unbekannten, früh verstorbenen Schwester nach. Dabei trifft er auf seltsame Ungereimtheiten. In den Erzählungen seiner Familie kommt sie nicht oder nur wenig vor, selbst alle Bilder von ihr wurden vernichtet und Erinnerungen scheinen wie ausgelöscht. Im Mittelpunkt steht die Mutter, die nur widerwillig ihre Version der Ereignisse zum Tod seiner Schwester preisgibt. Schnell wird klar, dass sich Erinnerung und Realität nicht decken. Bei seinen beharrlichen Nachforschungen entdeckt und öffnet er verborgene Türen, Gespenster der Vergangenheit, die auch ihn in seinem bisherigen Leben unbewusst begleiteten. Nicht nur an dieser Stelle stellt der Film ein wunderbares Lehrstück über die Tradierung von Schuld und Scham dar.
Bei der Suche nach den wahren Vorkommnissen wird, ausgehend von der Familiengeschichte und ihren komplexen Lebensumständen jener Zeit, zugleich die französische Kolonialgeschichte des 20. Jahrhunderts beleuchtet. Dabei kristallisiert sich eine Spiegelung innerhalb der familiären Geschehnisse und der politischen Zustände heraus. Weder seine Mutter, die Sicherheit und Schutz in der für Außenstehende kaum zu glaubenden Verweigerung findet, ihre Vergangenheit zu betrachten, noch scheint Frankreich in der Lage zu sein, sich der Schuld seiner kolonialen Zeit zu stellen. – Im Grunde erzählt Eric Caravaca eine Geschichte über die extreme Verdrängung von Vergangenheit, die dem Protagonisten einzig durch das Durchstoßen eine minimale Chance eröffnet, sich und seine Biographie anzunehmen. Wenn es zum Schluss Anzeichen gibt, dass die Mutter, scheinbar angeregt durch die Mitwirkung im Film, ihre Vergangenheit annimmt, ist auch das nur ein fragiles Ereignis, denn sie, so der Filmemacher nach der Vorführung auf dem Filmfestival in München, verweigere standhaft, sich den Film anzuschauen.
(Michael Schmitz | indiekino.de)
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DE/FR 2017, 67 Min. frz. OmU,
Regie: Eric Caravaca
Kamera: Jerzy Palacz
Schnitt: Simon Jacquet
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Im Kino mit deutschen Untertiteln