ein Film von Johannes Naber.
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„Eine wahre Geschichte. Leider!“ heißt es im Vorspann unheilschwanger. Die Wahrheit will auch
BND-Biowaffenexperte Wolf (Sebastian Blomberg) wissen, der sich 1997 im Irak auf die Suche nach Massenvernichtungswaffen macht. Die UN-Mission wird ergebnislos abgebrochen, womit auch des Agenten Affäre mit der CIA-Kollegin endet. Zwei Jahre später wird der Wissenschaftler in die Chefetage der BND-Zentrale zitiert. In einem Asylbewerberheim, so berichtet Abteilungsleiter Schatz, behaupte der Iraker Rafid Alwan, er wäre in seiner Heimat an der Produktion von Anthrax-Erregern beteiligt gewesen. Mehr noch: Er wüsste zudem von einem tödlichen Unfall mit Biowaffen. Gemeinsam mit Verbindungsoffizier Retzlaff reist Wolf sofort nach Zirndorf, um den vermeintlichen Informanten zu treffen.
Beim Verhör im schäbigen Zimmer der BND-Außenstelle gibt sich der Iraker in Plauderlaune. Für sein Wissen freilich fordert er aus Sicherheitsgründen eine eigene Wohnung sowie einen deutschen Pass. Die Erzählungen des Informanten klingen indes eher blumig als verifizierbar. Eine Blutprobe von Rafid mit Anti-Körpern könnte den Beweis für Milzbrand-Erreger bringen. Doch allein die Amerikaner verfügen über eine zuverlässige Analyse-Technologie. Für Abteilungsleiter Schatz ist das keine Option, schließlich will seine Behörde der CIA-Konkurrenz einen „Knaller“ präsentieren.
Mit einer schlichten Zeichnung kann Informant „Curveball“ die Agenten doch noch überzeugen: Sie zeigt, wie LKWs als mobile Labore eingesetzt werden, weshalb Beweise von den UN-Kontrolleuren nie gefunden werden konnten. Beim BND knallen die Korken, Kanzler Schröder dankt persönlich. Der Katzenjammer ist groß, als ein Satellitenfoto die ganze Geschichte als Fälschung entlarvt.
Nach den Terroranschlägen vom 11.September ändert sich die Lage dramatisch. Den USA kommt der angebliche Beweis sehr gelegen. Außenminister Colin Powell präsentiert vor der UN die Fälschung als Grund für einen Angriff auf den Irak – und Joschka Fischer schweigt dazu. Der mittlerweile beurlaubte Wolf ist entsetzt. „Was gibt dir das Recht, die Fakten zu verdrehen?“ will er von seiner CIA-Freundin wissen. „Wir machen die Fakten!“ bekommt er als kühle Antwort.
Wie in der süffisanten Kapitalismus-Satire „Die Zeit der Kandidaten“ zeigt Regisseur Naber in dieser Polit-Posse ein gutes Gespür für gelungene Situationskomik und exzellente Dialoge. Sein abermaliger Hauptdarsteller Sebastian Blomberg gibt den besorgten Biowaffenexperten mit spürbarem Vergnügen. Als naiver Tor gerät er unaufhaltsam unter die Räder von Machtinteressen und Intrigen. Ständig im Zugzwang, kämpft Agent Wolf wie ein Löwe gegen die Lügen. Selbst im Schlafanzug trotzt er wacker Schnee und Eis, um mit einem spektakulären Slaptsick-Einsatz per Schlitten den entführten Informanten aus seinem geheimen Versteck zu befreien.
„Die Wahrheit löst sich auf und alle finden es normal!“, zieht der geknickte Held frustriert Bilanz. Für eine smarte Satire ist diese Erkenntnis ein gefundenes Fressen. Bei allem Spaß geht der Ernst des Themas nie verloren. „Der damalige Kanzleramtschef ist heute Bundespräsident“, meldet der Nachspann nüchtern. Für Schauspiel-Star Fahri Yardim ein gelungener Einstand als Produzent. Auf den nächsten Streich von Johannes Naber kann man nach diesem Komödien-Coup allemal gespannt sein.
Dieter Oßwald | programmkino.de
Credits:
DE 2019, 108 Min.
Regie: Johannes Naber
Kamera: Sten Mende
Schnitt: Anne Jünemann
Darsteller: Sebastian Blomberg, Dar Salim, Virginia Kull, Michael Wittenborn, Thorsten Merten
Trailer:
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