Ein Film von Rainer Komers. Am 5.10. mit anschließendem Filmgespräch.
Die Leinwand ist schwarz, das Geräusch einer schweren Tür, die zufällt, ein Schlüssel dreht sich im Schloss.
Der Film Barstow, California nimmt uns mit in die Welt des Lyrikers Stanley »Spoon« Jackson, der aus seiner Autobiographie »By Heart« vorliest, ohne selbst jemals im Bild zu sein. Geschrieben hat er sie im Gefängnis, in dem er seit 1978 wegen Mordes inhaftiert ist.
»Meine Haut fühlt sich warm und lebendig an, diesen September in San Quentin. Als wäre ich eine Eidechse, die sich auf einem großen Stein sonnt.«
Zur Off-Stimme von Spoon Jackson blicken wir auf die Landschaftsbilder der sonnendurchtränkten kalifornischen Mojave-Wüste und der Kleinstadt Barstow, die an der Interstate 15 auf halber Strecke zwischen Los Angeles und Las Vegas liegt. In den Minen rund um Barstow wird bis heute Gold abgebaut.
Spoon Jackson ist einer von 15 Brüdern, zwei von ihnen führen uns an diesen verödeten Ort ihrer Kindheit. Sie erzählen von der Familiengeschichte, von Armut, Rassismus, aber auch vom Zusammenhalt zwischen den Nachbarn am Fluss. Wir hören von den plötzlichen Fluten des Mojave River und vom rhythmischen Rattern der Güterzüge, die sie nachts in den Schlaf sangen. Noch immer rangieren sie dort, oder sie passieren ohne Halt das gottverlassene Barstow. Und immer liegt dieser Sound kreischender Eisenbahnräder in der Luft, der das Gefühl der Einsamkeit bis hinter die Gitterstäbe des Solana Gefängnisses zu tragen scheint.
Ohne einen einzigen Satz über Politik zu verlieren, ist diese poetisch-biographische Ortserkundung hochpolitisch.
DE/US 2018, 76 Min., engl. OmU
Regie & Kamera: Rainer Komers
Editor: Gregor Bartsch
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