Es ist nur wenig her, dass Julies undurchschaubarer, dandyhafter Geliebter Anthony sich mit einer Überdosis Heroin das Leben nahm, und der Schock sitzt noch tief. Nachdem sie lange Zeit in ihrem Filmstudium nicht sehr engagiert war, überlegt sie nun, ihre Beziehung zum Thema ihrer Abschlussarbeit zu machen. Es wird ein schmerzhafter Prozess. Der Dreh und die Zusammenarbeit mit den Kommiliton*innen laufen suboptimal. Fragen und Kritik kommen nicht nur von der Crew, Julie selbst muss sich ihrer Rolle stellen, sowohl innerhalb der Geschichte als auch als Regisseurin.
„Souvenir I“ handelt vom Auf und Ab einer toxischen Beziehung, Teil II ist aber weit mehr als die Fortsetzung. Wie fragmentierte Erinnerungstücke an die Zeit nach Anthonys Tod setzt sich der Film zusammen, Trauerarbeit und künstlerische Entwicklung gehen Hand in Hand. Julie wird sich selbst bewusster, und der Veränderungen, die sie in ihrem Leben vornehmen muss.
Wie weit das autobiografisch ist, sei dahingestellt, aber um Authentizität geht es Joanna Hogg ohnehin nicht, sondern um die künstlerische Darstellung der eigenen Sicht.
„THE SOUVENIR … ist wohl auch deshalb so großartig, weil eine Filmemacherin hier nichts mehr verarbeitet, sondern die Erinnerung an Erleben und Verarbeitung selbst in einen Film verarbeitet. Und dabei ganz beiläufig nachzeichnet, wie sie selbst zu der Filmemacherin geworden ist, die diesen Film machen konnte und wollte.
Ein Film à la Annie Ernaux: die eigene Geschichte nicht einfach gestehen, sondern zum Anlass nehmen, sich die Welt anzusehen.“ Till Kadritzke | critic.de
Credits:
GB 2021, 107 Min., engl. OmU
Regie: Joanna Hogg
Kamera: David Raedeker
Schnitt: Helle le Fevre
Mit Honor Swinton Byrne, Tilda Swinton, James Spencer Ashworth, Alice McMillan, Oli Bauer, Ariane Labed, Richard Ayoade
Trailer:
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