Ein Film von Asghar Farhadi.
Ein Familienfest im ländlichen Spanien, wer da in der turbulenten und extrem sprachintensiven ersten halben Stunde versucht herauszufinden, wer da wen heiratet, wer wen begrüßt und die Verwandtschafts- oder Freundschaftsverhältnisse begreifen will, ist verloren. Auch wenn die Sprache Spanisch und nicht Farsi ist, Farhadi bleibt sich treu. Wer erinnert sich nicht an die Sprachkaskaden zu Beginn von Nader und Simin – Eine Trennung, bei denen auch erst keiner weiß, worum es geht? Die Verhältnisse klären sich hier nach und nach, und einiges wird wieder von unten nach oben geholt. Laura, soviel ist von Beginn an klar, ist zu dieser Hochzeit extra mit beiden Kindern aus Buenos Aires eingeflogen, ihr argentinischer Mann ist zu beschäftigt, so erfahren wir. Irene, die 16-jährige Tochter, ist auf Abenteuer im Land ihrer Mutter aus, mit dem Motorrad oder dem Cousin. Doch plötzlich ist sie fort, nach vergeblicher Suche und angstvollen Stunden kommt die Lösegeldforderung. Bald scheint festzustehen: die Entführer kommen aus dem Bekannten- oder gar Familienkreis. Aber trotzdem stellt sich die Frage, wer ist in der Lage, die geforderte Summe tatsächlich aufzubringen? Die sich anschließende langsame Dekonstruktions der Verhältnisse zelebriert der Film diesmal in Form eines spannenden „whodoneit“, wobei die Auflösung nicht zu Versöhnung oder zum Zurechtrücken beitragen kann, zu viele Beschädigungen gibt es mittlerweile. Und auch hier liegt der Grund für Verwerfungen wieder im gesellschaftlichen Status und den finanziellen und Besitzverhältnissen, die sich über die menschlichen Beziehungen legen.
„Asghar Farhadi hat einen Genrefilm gemacht. Fast. …Er wendet ganz klare Storybeats und ‑entwicklungen an, wie es sie eben geben muss, wenn man einen Thriller dreht. Aber er unterwirft sich ihnen nicht. Nie ist es Selbstzweck, was er macht. Es dreht sich nicht alles um die Spannungselemente und das Lösen eines Falls. Sondern um die Figuren, die damit in Berührung kommen, was sie wissen und was nicht und was das bedeutet für ihr Zusammenleben. … der beste Eröffnungsfilm in Cannes seit Jahren.” Blickpunkt Film
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Credits:
Todos lo saben
Spanien/Frankreich/Italien 2018, 132 Min., span., engl. OmU
Regie: Asghar Farhadi
Drehbuch: Asghar Farhadi
Kamera: José Luis Alcaine
Schnitt: Hayedeh Safiyari
Darsteller: Penélope Cruz, Javier Bardem, Ricardo Darín, Barbara Lennie
- noch keine oder keine mehr
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Trailer: