Immer weiterlaufen, um mit dem Leben davonzukommen … Anfang 1945 werden überall dort, wo die Front in die Nähe der Konzentrationslager kommt, Gefangene Richtung Westen getrieben. Häftlinge aus den Lagern Sachsenhausen und Ravensbrück müssen bis zu 250 Kilometer marschieren. Anfang Mai werden die Überlebenden der Tortur in Raben Steinfeld bei Schwerin, in Ludwigslust, in Plau am See und noch weiter nördlich von der Roten Armee und der US-Armee befreit.
Über sieben Jahrzehnte später folgt Regisseur Martin Gressmann („Das Gelände“) den Hauptrouten der Todesmärsche durch Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, an denen heute 200 Gedenktafeln stehen. In seinem Film „Nicht verRecken“ lässt er die letzten, heute hochbetagten Zeugen zu Wort kommen. Einige von ihnen sprechen zum ersten Mal darüber. Sie erinnern sich an ein Grauen, das nicht verschwindet. Wie weit muss man zurückschauen, um zu verstehen, wie stark das Vergangene mit dem Heutigen verknüpft ist?
„Martin Gressmann erzählt und entdeckt Spuren der Grausamkeit des Reichs-Zusammenbruchs, der auf die entsetzlichen Grausamkeiten der Kriegs-Triumphe notgedrungen folgen musste. Überall Unvorstellbares, was Menschen, „Häftlinge“ ertrugen. Beginnende Rechtfertigungsversuche der Nazibonzen angesichts der unausweichlichen Niederlage und der bevorstehenden Entdeckung ihrer Taten. Tausende von Wandernden durch Brandenburg und Mecklenburg, ohnehin am Ende der Kräfte, angetrieben von SS-Horden mit Peitschen und Hunden, immer auf Nebenstraßen, möglichst ungesehen vorbei an den Dörfern. Wer zurückblieb bekam den Todesschuss. Wo sie kurz lagern durften, da hatten die vorangegangenen Kolonnen bereits das Gras, den Löwenzahn, die Wurzeln vertilgt. Völlig andersartig als die gegenwärtig stereotypen Historien-Dokus der Fernsehsender, ganz ohne Musik, leise, aufmerksam, anteilnehmend geht Gressmann die Strecken entlang, beobachtet, befragt die noch lebenden einstmaligen Häftlinge oder die heute alten Kinder, die damals die elenden Vorbeiziehenden gesehen hatten. Er horcht und blickt auf das Detail, gibt acht auf die Topographien und lässt ahnen. Hier erweckt die Sachlichkeit echtes Gefühl. So sehen Filme aus, die uneitel und geduldig Wahrheit suchen.“ Dominik Graf
Credits:
DE 2021, 110 Min.,
Regie & Buch: Martin Gressmann
Kamera: Volker Gläser, Sabine Herpich
Schnitt: Stefan Oliveira-Pita
mit: Simcha Applebaum, Guy Chataigné, Alexander Fried, Karol Gdanietz, Wladimier Wojwodschenko
Trailer:
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