Ein Film von Jan Krüger.
Thies arbeitet für eine Immobilienverwaltung und weiß deshalb, wer auf dem angespannten Berliner Markt eine Chance auf eine Wohnung hat und wer nicht. Die Geschwister Bruno und Sonja, die er bei einer Wohnungsbesichtigung kennenlernt, haben ohne festes Einkommen und einem ungeklärten Aufenthaltsstatus kaum welche. Thies besorgt den beiden Geschwistern eine kostenlose Unterkunft unter der Hand, beginnt eine Affäre mit Bruno und verstrickt sich immer tiefer in das Schicksal zweier Menschen, die aus ihrer Heimat geflohen sind.
„Eine Inspiration beim Erfinden der Geschichte war meine Erinnerung an das Grimmsche Märchen ‚Brüderchen und Schwesterchen‘: nach der Verwandlung von Brüderchen in ein Reh sorgt Schwesterchen für beide, darf dafür des Nachts ihren Kopf weich betten. Als schließlich der Königssohn auftaucht erklärt sie, ihm nur unter einer Bedingung aufs Schloss zu folgen: „Aber das Rehchen muss auch mit, das verlass ich nicht.“ – Eine Entschlossenheit, die mich schon als Kind beeindruckt hat.
Die Geschlechterrollen sind heute offener, als Palast tut es auch eine 3‑Zimmer-Wohnung. Dennoch ist der zentrale Konflikt in DIE GESCHWISTER eben dieser: eine solidarische Schicksalsgemeinschaft wird von einer romantischen Beziehung auf die Probe gestellt.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Flüchtlingsbewegungen scheint dieser ‚private‘ Zugriff vielleicht als privilegierte Perspektive. Und tatsächlich müssen Sonja und Bruno nicht im Freien campieren, von Not und (polizeilicher) Verfolgung taucht höchstens eine Ahnung auf. So jedoch bleibt, wie ich hoffe, Platz für etwas anderes: für eine Begegnung auf Augenhöhe, die Fragen von Ökonomie und Status nicht ausblendet, und doch wagt, nach etwas universellerem – einer Utopie von gemeinsamer Nähe – als Gegenteil von Einsamkeit? – zu suchen.“ Jan Krüger
D 2016, 90 Min.
Regie, Buch: Jan Krüger
Mit: Vladimir Burlakov, Julius Nitschkoff, Irina Potapenko u.a.
Kamera: Jenny Lou Ziegel
Schnitt: Natali Barrey