Woran bemisst sich der Wert des Menschen? An seiner Arbeitsleistung? Wenn das stimmt, wäre Thierry Taugourdeau (Vincent Lindon) die letzten 20 Monate wertlos gewesen, denn so lange war der 51-jährige Fabrikarbeiter arbeitslos. Dann aber findet er einen neuen Job als Wachmann in einem Supermarkt. Die neue Arbeit stellt ihn allerdings schon bald vor ein moralisches Dilemma. Denn jeder, so brieft man ihn, sei ein potenzieller Dieb. Also auch die Kollegen, deshalb soll er auch sie bespitzeln. Es geht vor allem um Würde, denn Der Wert des Menschen ist ein Film, der sie Szene um Szene infrage stellen lässt. Fast jede Situation zeigt Vorgesetzte und Angestellte, Samariter und Bittsteller. Jedes Mal von Neuem wird ausgehandelt, wer sprechen darf und wer nicht. „Werden Sie sich bei mir melden, oder soll ich mich bei Ihnen melden?“, fragt Thierry nach einem Skype-Gespräch mit einem potenziellen Arbeitgeber. „Weder noch, wir schicken eine E‑Mail“, bekommt er als Antwort. Gespräch beendet.
La Loi du marché (Das Gesetz des Marktes, der Originaltitel) bestimmt den Rhythmus des täglichen Daseins der Menschen und ihren Gebrauchswert. Die Qualität des Films liegt darin, dass er sich selbst keine Mission gesetzt hat. Er versucht nicht, das Verhältnis von Kapital und Würde umzukehren sondern kühlt sich selbst auf das herab, was er bereits als gefrorenen Stillstand voraussetzt. Und räumt dabei trotzdem seiner Hauptfigur Handlungsfreiheit ein.
F 2015 93 Min. frz. OmU
Regie: Stéphane Brizé
Buch: Stéphane Brizé, Olivier Gorce
Kamera: Eric Dumont
Schnitt: Anne Klotz
Mit: Vincent Lindon, Karine de Mirbeck, Matthieu Schaller, Yves Ory