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Mustang

Ein Film von Deniz Gamze Ergüven

Sommer in einem tür­ki­schen Dorf. Lale und ihre vier Schwestern wach­sen nach dem Tod der Eltern bei ihrem Onkel auf. Als sie nach der Schule beim lus­ti­gen Herumtollen mit ein paar Jungs im Meer beob­ach­tet wer­den, lösen sie einen Skandal aus. Ihr als scham­los wahr­ge­nom­me­nes Verhalten hat dra-mati­sche Folgen: Das Haus der Familie wird zum Ge-fäng­nis, Benimmunterricht ersetzt die Schule und Ehen wer­den arran­giert. Anfangs ver­su­chen die fünf sich mit klei­nen Fluchten, Gesten des Widerstands zu hel­fen. Hier mal weg­schlei­chen, da den geplan­ten gegen den gewüsch­ten Ehemann tau­schen. Doch ihre ver­schwo­re­ne Gemeischaft bröckelt.

Was Mus­tang aber wirk­lich zu einem sehens­wer­ten Film macht, ist der visu­elle Stil, den Ergü­ven zu-sam­­men mit ihren Kame­ra­män­nern Ersin Gok und David Chiz­al­let ent­wi­ckelt. Mit wei­chem Licht fil­men sie die Mäd­chen, erzäh­len die Geschichte in flir­ren­den Far­ben, die oft etwas Unwirk­li­ches, Mär­chen­haf­tes haben. Sicher nicht zufäl­lig fühlt man sich oft an die Filme von Sofia Cop­pola erin­nert, beson­ders an den auch the­ma­tisch ähn­li­chen The Vir­gin Sui­ci­des. Durch das Über­hö­hen einer im Ansatz rea­lis­ti­schen Geschichte in das Reich der Phan­ta­sie bekommt Mus­tang sei­nen beson­de­ren Reiz, erzeugt er einen mit­rei­ßen­den Sog, der auch das ver­söhn­li­che Ende kon­se­quent erschei­nen lässt.“ (programmkino.de)

Ich woll­te erzäh­len, wie es ist, ein Mädchen bzw. eine Frau in der Türkei von heu­te zu sein. In einem Land, in dem die Rolle der Frau so stark wie nie im Zentrum der öffent­li­chen Debatte steht. Es war sehr hilf­reich, dass ich nicht stän­dig in der Türkei lebe und das Land auch von außen betrach­ten kann. Jedes Mal, wenn ich dort­hin zurück­keh­re, spü­re ich eine Art Korsett, das mich ein­engt. Alles, was mit Weiblichkeit in Verbindung steht, wird oft auf Sexualität redu­ziert. Es ist, als wäre jede weib­li­che Geste sexu­ell auf­ge­la­den. Es gibt Schulen, die Jungen und Mädchen ver­bie­ten, die­sel­be Treppe zu benutzen.
(Deniz Gamze Ergüven)


Türkei/ Frankreich/ Deutschland 2015, 97 Min., türk. OmU

Regie: Deniz Gamze Ergüven
Buch: Deniz Gamze Ergüven, Alice Winocour
Kamera: David Chizallet, Ersin Gok,
Schnitt: Mathilde van de Moortel

Darsteller: Nihal Koldas, Ayberk Pekcander, Ilayda Akdogan, Tugba Sunguroglu, Elit Iscan, Doga Zeynep Doguslu, Gunes Nezihe Sensoy

MUSTANG (ein Film von Denise Gamze Ergüven) | im kult.kino Basel

Lichtes Meer

Ein Film von Stefan Butzmühlen. ab 4.2. im fsk, am 6.2. mit anschlie­ßen­dem Filmgespräch mit Stefan Butzmühlen.

Vom elter­li­chen Bauernhof in Vorpommern weg, hin­aus in die Welt: Marek beginnt ein Praktikum auf einem Containerschiff, des­sen Ziel Martinique ist. Auf dem Schiff darf er aller­dings nur Kaffee kochen und schrub­ben. Er ver­liebt sich hef­tig in den Matrosen Jean, der jedoch kein Interesse an einer fes­ten Bindung hat, son­dern nach Abenteuern sucht und in jedem Hafen jeman­den zu haben scheint. Auf der Fahrt über den Atlantik erlebt Marek Himmel und Hölle und am Ende hat er zwar nicht viel über die Schifffahrt gelernt, aber eini­ges über sich selbst. Mareks Reisegeschichte wird dabei von ihm selbst kom­men­tiert und von tol­len Seemannsliedern begleitet.

LICHTES MEER ist für mich ein Reisefilm. Indem wir Marek beglei­ten, aus sei­ner vor­pom­mern­schen Heimat zu den fran­zö­si­schen Antillen, beob­ach­ten wir einen jun­gen Mann bei der Entdeckung sei­ner selbst. Dies geschieht weni­ger in einem akti­ven Sinn, viel­mehr pas­siert das Marek, wäh­rend er mit ganz ande­ren Geschichten beschäf­tigt ist. Auf jeden Fall ist er am Ende die­ses Films ein etwas Anderer, und das fas­zi­niert mich. Nicht, dass ich dar­an glau­be, dass man sich als Mensch groß ändert, aber ich glau­be fest dar­an, dass man in sich selbst Seiten fin­den kann, von denen man lan­ge nichts wuss­te. Die Kenntnis dar­um macht einen selbst­be­wuss­ter, und das ist Marek auf die­ser Reise sicher­lich gewor­den: ein Stückchen selbstbewusster.“
(Stefan Butzmühlen)

D 2015 , 79 Min., deutsch/französisch/ eng­li­sche OmU 

Regie:  Stefan Butzmühlen 

Kamera: Jonas Schmager 

Schnitt: Cristina Diz 

Mit: Martin Sznur,  Jules Sagot u.a.

 

Lichtes Meer – Offizieller Trailer from Salzgeber & Co. Medien GmbH on Vimeo.

Alles andere zeigt die Zeit

Ein Film von Andreas Voigt,  am 31.1. 15:30 & 7.2 16:00 im fsk Kino.
Am 31.1. mit anschlie­ßen­dem Filmgespräch.

Der Dokumentarfilmer Andreas Voigt kehrt 18 Jahre nach den Filmen sei­ner „Leipzig-Reihe“ (1986−1997), in denen er Leipziger Bürger durch die Zeiten des poli­ti­schen und gesell­schaft­li­chen Umbruchs beglei­te­te, noch ein­mal in die Stadt zurück. Er trifft drei sei­ner eins­ti­gen Porträtierten erneut, fragt, was aus ihnen wur­de und was sich seit­dem in Leipzig getan hat. Es tre­ten auf: Isabel, eine ehe­ma­li­ge Punkerin, jetzt als Steuerprüferin kaum wie­der­zu­er­ken­nen. Sven, immer wie­der arbeits­los, ver­hei­ra­tet, geschie­den, mal poli­tisch rechts, mal links und wie­der zurück und schließ­lich Renate und ihr tra­gi­sches Leben, in dem Täter- und Opferrolle häu­fig nicht mehr zu unter­schei­den sind.  „Man spürt bereits die Gabe die­ses Regisseurs, Menschen lebens­welt­lich zu begrei­fen. Er erfühlt, wie Land und Leute ein­an­der durch­drin­gen. Selten fragt er drän­gend, nie­mals mani­pu­la­tiv. Man kann und möch­te ihm ant­wor­ten, denn man wird ja nach sich selbst gefragt. Und er lässt gel­ten, was man ihm erzählt.“ (Die Zeit, Christoph Dieckmann)  Nach dem Sehen von Alles ande­re zeigt die Zeit ent­steht eine gro­ße Lust alle sechs Filme aus sei­ner „Leipzig-Reihe“ zu sehen und zu zei­gen, was wir uns vor­ge­nom­men haben, noch die­ses Jahr in die Tat umzusetzen.

D 2015, 90 Min.
Regie: Andreas Voigt,
Kamera: Sebastian Richter, Schnitt: Kathrin Dietzel

Interview mit Andreas Voigt bei der Dokfilmwoche Leipzig:

Interview Andreas Voigt

Family Business

Ein Film von Christiane Büchner. Ab 28.1. im fsk Kino. 

Eine 24-Stunden-Betreuungskraft aus Polen über­nimmt, was die berufs­tä­ti­gen Töchter nicht leis­ten kön­nen: sie küm­mert sich um Anne, die 88-jäh­ri­ge Mutter. Auf der Schwelle zur Demenz darf man sie nicht allein las­sen, und die­se Regelung scheint die bes­te zu sein. Joswita braucht drin­gend Geld für Familie und Haus. Sie macht eine Ausbildung zur Pflegerin und bekommt schnell eine Stelle in Bochum. Sie soll Anne betreu­en. Im 2‑mo­nats-Rhythmus pen­delt sie ab nun zwi­schen Zuhause und Arbeitsstätte. Aber rund­um-Pflege ist eine sehr per­sön­li­che Sache, mit wenig Privatsphäre für bei­de Seiten.

Noch hat Anne ihren eige­nen Kopf und will die Kontrolle nicht auf­ge­ben, und Joswita mag sich nicht in ihre Arbeit hin­ein­re­den las­sen. Zudem ver­liert die alte Dame zuneh­mend den Bezug zur Realität, Joswita wie­der­um ver­misst ihre Familie.Der Film taucht in den Alltag bei­der Familien ein und zeigt, wie die Wirtschaft nach und nach in das Familienleben Einzug erhält. Zeit und Lohn wer­den aus­ge­tauscht. Doch wie sieht die mensch­li­che Bilanz in die­sem Geschäft aus?

Ob Sprachbarrieren, kul­tu­rel­le Andersartigkeiten oder Meinungsverschiedenheiten ob der Haushaltsführung – der Zuschauer ist direkt mit ein­ge­bun­den und erlebt so direkt vie­le hei­te­re, anstren­gen­de, schwie­ri­ge aber auch berüh­ren­de Momente. Dies ver­dankt der Film einer gro­ßen und stets spür­ba­ren Vertrautheit zwi­schen der Regisseurin und den Menschen, die sie beglei­tet. Trotz der gro­ßen Nähe beob­ach­tet Büchner nur und mischt sich nicht ein. Das Thema hät­te aktu­el­ler nicht gewählt sein kön­nen. Es gibt unzäh­li­ge älte­re Menschen in Deutschland, die auf Pflege ange­wie­sen sind, sie sich aber nicht leis­ten kön­nen. Eine aus­ge­bil­de­te Haushaltshilfe aus Polen ist oft der ein­zi­ge Ausweg für die Familien. Auch die­sen Aspekt bringt der Film unauf­dring­lich näher, ohne direkt mit dem Finger auf das Problem zu zei­gen. FAMILY BUSINESS ist ein groß­ar­ti­ger Dokumentarfilm über ein wich­ti­ges und aktu­el­les Thema unse­rer Zeit. Unaufdringlich, und doch zutiefst berüh­rend.“ FBW

D / PL 2015  89 Min., deutsch, pol­ni­sche OmU 

Regie: Christiane Büchner 

Buch: Christiane Büchner. 
Kamera: Justyna Feicht, Thomas Plenert, Ton: Claas Berger, Schnitt: Henk Drees, Stefan Oliveira-Pita

Cemetery of Splendour

Ein Film von Apichatpong Weerasethakul. Ab 14. Januar im fsk Kino

In einem zur Klinik umge­wan­del­ten Schulgebäude wer­den schlaf­kran­ke Soldaten behan­delt. Während die Ärzte mit Hilfe neu­es­ter Technik das Leid der Soldaten zu lin­dern ver­su­chen, inter­es­sie­ren sich die bei­den Pflegerinnen Jen und Keng für eine ganz ande­re Sichtweise auf die Krankheit, deren Ursachen und mög­li­cher Heilung. Keng kann die Gedanken und Erinnerungen der schla­fen­den Soldaten lesen und teilt sie den Angehörigen mit. Jen ver­sucht die Skizzen im Notizbuch eines Soldaten zu deu­ten, zu dem sie sich hin­ge­zo­gen fühlt. Möglich wäre auch ein Zusammenhang zwi­schen der Geschichte des Ortes und dem aktu­el­len Leiden der Soldaten – wenn man Sinneserfahrung, Gedanken und Träume als gleich­wer­ti­ge Weisen der Erkenntnis ansieht.

(…)„Dies ist mein per­sön­lichs­ter Film“, sagt Apichatpong Weerasethakul, der selbst an die Wiederkehr der Toten glaubt. „Ich spü­re ihre Anwesenheit tat­säch­lich“, bekennt er im Gespräch, „aber nur zu Hause, nicht wenn ich in Frankreich bin“. Man muss ihm kei­nes­wegs in eso­te­ri­sche Gefilde fol­gen, um dem Zauber die­ses behut­sa­men Filmgedichts zu erlie­gen. Als Kind eines Arztes ver­brach­te er einen Großteil sei­ner Jugend in einem Krankenhaus, was die hei­me­li­ge Atmosphäre die­ses Hospitals der Geister erklä­ren mag.

Höhepunkte sind eine rät­sel­haf­te Montageszene, in der er den heil­sa­men Farben bis in ein Multiplexkino folgt, wo man einen bil­li­gen Fantasy-Blockbuster mit ganz ande­ren Geistern spielt. Oder eine Exkursion in den Wald, der das Krankenhaus umgibt und in dem die Frauen einen unsicht­ba­ren Palast ent­de­cken…“ Daniel Kothenschulte, FR

Thailand, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Malaysia 2015,
122 Min.,  thai­länd. OmU 
Regie: Apichatpong Weerasethakul 
Kamera: Diego Garcia 
Schnitt: Lee Chatametikoo 
Mit: Jenjira Pongpas Widner, Banlop Lomnoi, Jarinpattra Rueangram u.a.

Im Schatten der Frauen

Ein Film von Philippe Garrel. Ab 28.1. im fsk.

Pierre und Manon sind mit­tel­los. Sie dre­hen Dokumentarfilme ohne Geld und kom­men mit ver­schie­de­nen Brotjobs gera­de so über die Runden. Eines Tages begeg­net Pierre der jun­gen Praktikantin Elisabeth, die zu sei­ner Geliebten wird. Manon zu ver­las­sen, kommt für ihn aber nicht infra­ge, er möch­te bei­de. Doch als Elisabeth ent­deckt, dass Manon einen Geliebten hat, teilt sie das Pierre mit, was die­sen zum rasen bringt.

Lebenslügen und Selbstbetrug wer­den in „Im Schatten der Frauen” ver­han­delt, gespie­gelt durch das Sujet von Pierres aktu­el­lem Projekt, einem Film über einen Widerstandskämpfer aus dem Zweiten Weltkrieg, von dem sich her­aus­stellt, dass er im Krieg kei­nes­wegs so mutig war wie er vor­gibt. In einer prä­gnan­ten Szene hän­gen Pierre und Manon da an den Lippen des Widerstandskämpfers, lau­schen sei­nen (erfun­de­nen) Heldengeschichten und igno­rie­ren geflis­sent­lich die Frau des Ehemanns, die ihnen lie­be­voll selbst geba­cke­ne Plätzchen anbie­tet. Wie so oft ste­hen die Frauen im Schatten der Männer, so wie auch Manon ganz für ihren Mann lebt, nicht selbst Erfüllung in einem Beruf sucht, son­dern ihn bei sei­ner Arbeit unter­stützt.   Natürlich sind auch die Frauen bei Garrel schön, aber mehr als in vie­len ande­ren Filmen sind sie hier nicht nur Objekte. Die Bilder, die beson­ders schön sind, zumal Garrel in wun­der­ba­rem, grob­kör­ni­gen schwarz-weiß und in Scope dreh­te, objek­ti­vie­ren zwar wie eh und je, doch dem setzt Garrel eine aus­gie­bi­ge Kommentarspur ent­ge­gen, die den emo­tio­na­len Reigen mit iro­ni­schen Bemerkungen kom­men­tiert. Sie ermög­licht es, das Treiben prak­tisch von Außen zu betrach­tet, erzeugt eine Distanz zu der ste­reo­ty­pen Dreiecks-Beziehung und dekon­stru­iert sie. So ist „Im Schatten der Frauen” am Ende bei­des: Ein ganz typi­scher fran­zö­si­scher Liebesfilm, der gleich­zei­tig sei­ne eige­nen Strukturen hin­ter­fragt.”  Michael Meyns

OT: L’ombre des femmes
F 2015 73 Min., frz. OmU
Regie:  Philippe Garrel
Kamera Renato Berta
Schnitt: Jean-Louis Aubert
Darsteller:  Clotilde Courau, Stanislas Merhar,  Lena Paugam,  Vimala Pons,  Antoinette Moya,  Jean Pommier,  Therese Quentin, Mounir Margoum 

Trailer: Der Schatten von Frauen (L’ombre des femmes, Philippe Garrel F‑2015) HD OmdU

Anomalisa

Ein Film von Charlie Kaufman & Duke Johnson. Ab 21.1. im fsk Kino.

Die Geschichte eines Motivationstrainers, der an der Kälte und Einsamkeit des Lebens bei­na­he zugrun­de geht und der, trotz Begegnungen mit zahl­rei­chen Frauen, immer tie­fer in sei­ner pri­va­ten Hölle ver­sinkt, hat nichts mit Disney-Nettigkeiten zu tun, son­dern setzt Stop-Motion wie ein distan­zie­ren­des Element ein, das der Entfremdung eine zwin­gen­de und gleich­zei­tig beklem­men­de Form ver­leiht. «Was macht das Wesen des Menschlichen aus?», heißt es ein­mal. «Ist es der Schmerz?»

Von Charlie Kaufman, dem Drehbuchautor von BEING JOHN MALKOVICH, ETERNAL SUNSHINE OF THE SPOTLESS MIND und Regisseur von SYNECDOCHE, NEW YORK kann man min­des­tens einen Film erwar­ten, der anders ist. ANOMALISA ist sehr anders: Ein Stop-Motion-Animationsfilm für Erwachsene, den Kaufman über die Crowdfunding-Plattform Kickstarter finan­ziert hat.
Hauptdarsteller des Films sind extrem rea­lis­ti­sche, etwa drei­ßig Zentimeter gro­ße Puppen, die irr­wit­zig detail­rei­chen Sets sind hand­ge­baut. Die Gesichter der Puppen bestehen aus zwei Teilen, wodurch ein schwar­zer Strich über den Augen sicht­bar bleibt, als wäre der Blick der Figuren durch­ge­stri­chen. In die­sem Film, in dem es um die ent­zau­ber­te Wahrnehmung einer Welt geht, die nur aus Fassaden besteht, wirkt das eben­so plau­si­bel wie fas­zi­nie­rend. (…) Die Puppen, deren Gesichter durch aus­tausch­ba­re Gesichtsteile ani­miert wer­den, sind so aus­drucks­stark, dass die US-Ratingagentur den Film ab 17 frei­ge­ge­ben hat, schließ­lich wird in Kaufmans Film auf die Toilette gegan­gen, mas­tur­biert und Michael und Lisa haben außer­dem eben­so lei­den­schaft­li­chen wie unbe­hol­fe­nen, sehr pri­va­ten Sex, bei dem man ihre Puppennatur bei­na­he ver­gisst und sich ein wenig schämt, einem so inti­men Moment bei­zu­woh­nen.“ (Tom Dorow)

ANOMALISA gewann den Großen Preis der Jury auf dem Filmfestival in Venedig.

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USA 2015, 90 Min., engl. OmU
Regie: Charlie Kaufman, Duke Johnson
Drehbuch: Charlie Kaufman
Kamera: Joe Passarelli
Schnitt: Garret Elkins
Musik: Carter Burwell

Stimme Lisa: Jennifer Jason Leigh
Stimme Michael: David Thewlis
Stimme alle ande­ren: Tom Noonan

die „Dreharbeiten”:

 

Familie Haben

ab 7.1. im fsk Kino.

Nach jahr­zehn­te­lan­gem Schweigen trifft der Regisseur, Jonas Rothlaender, sei­nen Großvater Günther, der im Laufe sei­nes Lebens meh­re­re Millionen in ris­kan­ten Börsenspekulationen ver­un­treut hat. Günther lebt 90-jäh­rig, schwer krank und völ­lig ver­armt in einem Altersheim. Als Bettina, Jonas Mutter und Günthers Tochter, ihn nach sehr lan­ger Zeit besucht, in der Hoffnung, sich end­lich mit ihrem Vater zu ver­söh­nen, scheint kei­ne Annäherung mehr mög­lich zu sein.
Der Filmemacher ver­folgt die Spuren von schein­bar nicht zu lösen­den Konflikten inner­halb sei­ner Familie und stellt sich immer wie­der die Frage nach der Möglichkeit von Tradierung die­ser Zerwürfnisse und ihrer schmerz­haf­ten Folgen. Ein per­sön­li­cher Film, der in der furcht­ba­ren mikro­kos­mi­schen Familienkonstruktion das Universelle sucht.

Deutschland 2015, 130 Min., deutsch
Regie, Kamera: Jonas Rothlaender, Schnitt: Dietmar Kraus

 

Louder than bombs

Ein Film von Joachim Trier. Ab 7.1. im fsk

Isabell Reed, renom­mier­te Kriegsfotografin, ist, obwohl schon 3 Jahre tot, Dreh- und Angelpunkt des Films. Die Fotos, die sie unter Einsatz ihres Lebens mach­te (ihre Narben trägt sie wir Trophäen), waren ihr Leben. Zu Hause fühl­te sie sich oft über­flüs­sig, hat­ten sich doch Mann Gene und ihre Söhne Jonah und Conrad zwangs­läu­fig ohne sie ein­ge­rich­tet. Jetzt, wo sie ganz weg ist, lei­den alle an immensen Schwierigkeiten in der Kommunikation und dem uner­füll­ten Verlangen nach Ehrlichkeit und Nähe. Auch die Zersplitterung der linea­ren Erzählung durch inein­an­der ver­lau­fen­de Rückblicke und Traumsequenzenen auf der for­ma­len Ebene unter­strei­chen die Dysfunktion die­ser Restfamilie.

Die Handlung wie­der­zu­ge­ben wäre müßig, zuviel pas­siert für jeden Einzelnen, tra­gi­sche, komi­sche, inti­me, ver­zwei­fel­te Momente, die den Film zusam­men­hal­ten, so wie das Leben sie zusam­men­bringt. Zur Geschichte nur soviel: Jonah ist gera­de selbst Vater gewor­den, als er ins Elternhaus zurück­kommt, um zusam­men mit Gene für eine gro­ße Ausstellung den Nachlass der Mutter zu ord­nen. Vor allem aber soll er den Zugang zu sei­nem jün­ge­ren Bruder Conrad fin­den, den der Vater längst ver­lo­ren hat. Joachim Trier hat ein Netz von Wünschen, Zweifeln und inne­ren Sperren gespon­nen, aus dem sich sowohl Gene als auch sei­ne Jonah und Conrad befrei­en müs­sen. Wunderbar gespielt, super-ele­gant umge­setzt und bei aller Ruhe sehr sehr spannend.

»In den 35 Jahren seit „Ordinary People“ [Robert Redfords Regiedebut] wur­den im ame­ri­ka­ni­schen Kino wie­der und wie­der Geschichten davon erzählt, wie der Tod eine Familie zer­stö­ren kann, ohne dass es jemand zuge­ben will. „Louder than Bombs“ ist eine sol­che Geschichte, … ‚aber der Film schafft es, genau das Gegenteil von allen ande­ren Filmen des Genres zu sein. Gedreht von Regisseur Joachim Trier, der klar zu talen­tiert ist, um dar­aus eine kon­su­mier­ba­re Schnulze zu machen, ist in „Bombs“ das Hirn der Zuschauer gefragt, und er mei­det die gro­ße Katharsis zu Gunsten fei­ner psy­cho­lo­gi­scher Nuancen … « Variety

Dän./Norw./USA 2015 109 Min. engl. OmU
Regie: Joachim Trier
B.: Joachim Trier, Eskil Vogt
Kamera: Jakob Ihre
Schnitt: Oliver Bugge Coutté
Musik: Ola Fløttum

mit Isabelle Huppert, Gabriel Byrne, Jesse Eisenberg, Devin Druid, David Strathairn, Amy Ryan

Louder Than Bombs – Trailer 1 – Englisch – UT Deutsch

Die Melodie des Meeres

Ein Film von Tomm Moore, ab 24.12. im fsk.

Als klei­nes Weihnachts-Experiment und zei­gen wir im Abendprogramm einen Animationsfilm, der aber nicht nur Kinder anspre­chen soll­te, in der eng­li­schen Originalfassung mit deut­schen UT.
Die 6‑jährige Saoirse fin­det die magi­sche Muschel ihrer ver­stor­be­nen Mutter und lauscht ihrer Musik. Ein Märchen beginnt, denn Saoirse ist in Wirklichkeit ein Selkie, ein Seehundmädchen, das an Land lebt. Eine alte iri­sche Sage erzählt von zwei Welten – dem Meer und dem Land –, zwi­schen denen sich Saoirse ent­schei­den muss.
Die Familie, von der Tomm Moore in sei­nem (nach The Secret of Kells) zwei­ten Animationsfilm erzählt, ist nach dem Tod der Mutter in eine schwe­re Krise gera­ten. Der Vater, ein Leuchtturmwärter, tut alles für sei­ne Kinder – doch Sohn Ben ver­ach­tet die klei­ne Schwester, die er für den Tod sei­ner Mutter ver­ant­wort­lich macht. Zudem hat Saoirse in ihrem Leben noch kein ein­zi­ges Wort gespro­chen. Für die Großmutter ist klar, dass die bei­den weg müs­sen von der klei­nen Insel, und nimmt sie mit in die Stadt. Für Ben ist das ein schwe­rer Schlag. Noch schlim­mer trifft es aller­dings Saoirse, denn sie braucht das Meer.

»Moores Film ist ein tief berüh­ren­des, durch und durch iri­sches Gegenstück zu Miyazakis „Ponyo – Das gro­ße Abenteuer am Meer“ – also ein Kinderfilm, der nicht nur jun­ge Kinogänger begeis­tert, son­dern auch älte­re Semester sofort ver­zau­bert. In „Die Melodie des Meeres“, der 2015 eine hoch­ver­dien­te Oscarnominierung als Bester Animationsfilm erhielt, zele­briert Moore den Reichtum der kel­ti­schen Mythen und trägt auf best­mög­li­che Weise dazu bei, dass die­se nicht in Vergessenheit gera­ten.« Ulf Lepelmeier | filmstarts.de

Kritik in der Süddeutschen

Song of the Sea 
Irland, Frankreich 2014, 93 Min., engl. OmU 
Regie: Tomm Moore 
Musik : Nolwenn Leroy, Bruno Coulais und Kíla 
mit den Stimmen von David Rawle, Brendan Gleeson, Fionnula Flanagan, Pat Shortt

Song of the Sea Teaser

im Kino mit deut­schen Untertiteln