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Und dass man ohne Täuschung zu leben mag,

Achtung Berlin 2024

Das Filmfestival Achtung Berlin!, bei dem wir mitt­ler­wei­le zum fünf­ten Mal Spielort sind, prä­sen­tiert zwar Produktionen aus Berlin und Brandenburg, ist aber nicht an den Ort gebunden.

Nach allen Filmvorstellungen folgt ein Q&A mit dem Filmteam.
Das Programm im fsk:

Sonntag, 14.4.

16:00 Alleine Tanzen, Biene Pilavci, Dokfilm, 98 Min. (Jubiläumsretrospektive)
[Tickets]

Alleine Tanzen

Liebes Tagebuch, mir schmerzt mein Herz. Ich will, dass es auf­hört zu schla­gen.“ Tagebucheinträge und VHS-Aufnahmen, einst stum­me Zeugen der Gewalt, ergrei­fen heu­te das Wort und tra­gen zu einem Familienkaleidoskop bei, in dem die Sehnsucht nach einer ganz nor­ma­len Familie schmerz­haft deut­lich wird, als wir zu einer Hochzeit in Griechenland flie­gen. Die sehr muti­ge, per­sön­li­che und auf­wüh­len­de Auseinandersetzung mit der eige­nen Familie gewann den Preis “Bester Dokumentarfilm”.

Regie, Buch Biene Pilavci Konzeptberatung Valeska Kölbl Kamera Armin Dierolf Schnitt Biene Pilavci Ton Manja Ebert, Magnus Pflüger Produzent:in Max Milhahn, Heike Kunze Produktion Film- und Medienproduktion GmbH, DFFB

18:30 Landshaft, Daniel Kötter, Dokfilm, 97 Min. (Berlin Spezial)
[Tickets]

Landshaft

Der Konflikt zwi­schen Armenien und Aserbaidschan um die Kontrolle über Karabach köchelt lei­se wei­ter. Vom Sewansee bis zur Goldmine von Sotk, die seit dem Blitzkrieg von 2020 von Aserbaidschan besetzt ist, ent­wirft der Film die Psychogeographie einer geo­po­li­tisch auf­ge­la­de­nen Landschaft sowie ihrer Einwohner:innen zwi­schen Extraktivismus, Krieg und Vertreibung. In Form einer Reise im Osten Armeniens folgt der Film mensch­li­chen und nicht-mensch­li­chen Akteuren auf ihrem Weg und gibt den­je­ni­gen eine Stimme, die mit Sorge beob­ach­ten, wie sich die Mächtigen hin­ter Krieg und Goldabbau auf ihre Kosten zerfleischen.

Regie, Buch, Kamera, Schnitt Daniel Kötter Ton Armen Papyan, Hayk Galstyan Musik Sarer Kaghechem, Gusam Sheram Grafikdesign Edik Boghosian Producer Nune Hovhannisyan in Zusammenarbeit mit Sona Karapoghosyan, Nune Hovhannisyan, Eviya Hovhannisyan, Armen Papyan Koproduzentin Jana Cisar Produzent Daniel Kötter

20:45 La Empresa, André Siegers, Dokfilm, 94 Min. (Wettbewerb D.)
[Tickets]

La Empresa


Ein deut­sches Filmteam begibt sich in das mexi­ka­ni­sche Dorf El Alberto. Die soge­nann­te Caminata Nocturna hat den klei­nen Ort berühmt gemacht. Eine Touristenattraktion, die auf den Erfahrungen der Dorfbewohner:innen beruht und den ille­ga­len Grenzübertritt in die Vereinigten Staaten nach­stellt. Was als loka­le Performance begann, ist inzwi­schen zu einer der Haupteinnahmequellen des Dorfes gewor­den. Während um das Filmteam her­um der Ort unbe­irrt sei­nen Geschäften nach­geht, Rechte am eige­nen Bild ver­tei­digt, im ein­träg­li­chen Tauschhandel Grenzpatrouillen, Gefahren und Reenactments lie­fert, ent­wi­ckelt sich der Aufenthalt des Filmteams zu einer unge­woll­ten Erkundung der Möglichkeiten und Grenzen fil­mi­scher Repräsentation.

Uraufführung 52. International Film Festival Rotterdam

Regie, Buch André Siegers Co-Autor Philipp Diettrich mit Ernesto Oliva, Miguel Barrera, Antonio Barrera, Yvonne Bernal, Eugenio Garcia Cruz, Francisca Garcia Cruz, Leticia Garcia Flores Kamera Philipp Diettrich Schnitt Simon Quack (BFS), André Siegers Ton Bernhard Hetzenauer Produzent:in Karsten Krause, Frank Scheuffele, Julia Cöllen Produktion Fünferfilm Koproduktion UVO Gruppe, Mischief Films

Montag, 15.4.

18:30 Exile never ends, Bahar Bektaş Dokfilm, 99 Min. (Wettbewerb D., Berlin-Premiere)
[Tickets]

Exile never ends

Bahars Bruder Taner sitzt in Deutschland im Gefängnis und steht kurz vor der Abschiebung in die Türkei. Bahar nutzt die Zeit des Wartens und rich­tet die Kamera auf ihre Familienangehörigen: Politische Verfolgung der ale­vi­tisch-kur­di­schen Familie in der Türkei, die Flucht nach Europa 1989, ras­sis­ti­sche Übergriffe, Depressionen und Überforderung der Eltern – all das traf die Kinder, die damit unter­schied­lich umge­hen. Die Ungewissheit über Taners Schicksal in der Türkei ist nur ein Teil der Lebenserfahrung als Familie im Exil. Die Verzerrung von Vergangenheit und Gegenwart sowie unter­schied­li­cher Geografien kon­fron­tiert die Zuschauenden mit dem Verlust von Orientierung in Zeit und Raum.

Uraufführung 45. Filmfestival Max Ophüls Preis

Regie, Buch Bahar Bektaş Co-Autor Arash Asadi, Tobias Carlsberg Kamera Meret Madörin, Antonia Kilian Schnitt Arash Asadi Ton Lara Milena Brose Musik Ahmet Aslan Producerin Bettina Morlock Redaktion Sara Günter (ZDF) Produzentin Antonia Kilian Produktion Pink Shadow Films Koproduktion ZDF – Das klei­ne Fernsehspiel

20:45 Und dass man ohne Täuschung zu leben ver­mag, Katharin Lüdin, Spielfilm, 109 Min. (Wettbewerb S., Berlin-Premiere)
[Tickets]

Und dass man ohne Täuschung zu leben mag,

Sommerliche Hitze in einer Vorstadt. Fünf Menschen tas­ten sich vor­sich­tig durch ihre kon­flikt­rei­chen Beziehungen: Schauspielerin Merit probt zusam­men mit ihrem Ex-Mann David an einem Theaterstück. Die Beziehung zwi­schen Merit und ihrer Lebensgefährtin Eva bewegt sich der­weil in einem Zustand zwi­schen schwe­len­der Krise und Leerlauf. Lion muss Rose zie­hen las­sen, David ver­sucht sich zu lösen. Sie spre­chen, aber ihre Worte tref­fen sich nicht. Sie spie­len Theater, auf der Bühne und pro­ben ihr Leben. Ängste vor der Zukunft und Spuren von Gewalt durch­set­zen ihre Gegenwart. Wie mit­ein­an­der sein, wenn Bedingungslosigkeit zu brö­ckeln beginnt? Auf ana­lo­gem 16-mm-Filmmaterial gedreht, erzählt der Film von den Wendungen und Windungen mensch­li­chen Miteinanders.

Uraufführung 76. Locarno Film Festival
Regie, Buch Katharina Lüdin Schauspiel Anna Bolk, Jenny Schily, Godehard Giese, Lorenz Hochhuth, Pauline Frierson, Wolfgang Michael, Unica-Rosa Blaue-Poppy Kamera Katharina Schelling Schnitt Katharina Lüdin Ton Stefan Bück Szenenbild Winnie Christiansen, Anne Storandt Kostümbild Jana Charlotte Tost Casting Ulrike Müller Koproduzent:in Katharina Lüdin, Ivan Madeo, Stefan Eichenberger, Urs Frey Produzent:in Jana Kreissl, Tobias Gaede Produktion Was bleibt Film Koproduktion Katharina Lüdin Filmproduktion, Contrast Film Zürich

Dienstag, 16.4.

18:30 Hausnummer Null, Lilith Kugler, 90 Min. (Wettbewerb D., Berlin-Premiere
[Tickets]

Hausnummer Null

Umsorgt von der Nachbarschaft lebt Chris gemein­sam mit sei­nem Kumpel Alex an einer Berliner S‑Bahn Station. Heroinabhängigkeit bestimmt Alltag und Freundschaft. Auch wenn bei­de immer wie­der von einem „nor­ma­len“ bür­ger­li­chen Leben träu­men, schaf­fen sie es nicht, sich aus dem Teufelskreis zu befrei­en. Erst als Chris in der Notaufnahme nur knapp über­lebt, fasst er einen Entschluss: Er beginnt einen Entzug mit anschlie­ßen­dem Drogensubstitutionsprogramm. Mit einem Einzelzimmer im betreu­ten Wohnheim in Aussicht, schöpft er neue Hoffnung. Nach sechs Jahren auf der Straße steht er den­noch vor nie da gewe­se­nen Herausforderungen. Er will zurück in die Gesellschaft.

Uraufführung 45. Filmfestival Max Ophüls Preis

Regie, Buch Lilith Kugler mit Chris, Alex Kamera Stephan M. Vogt Schnitt David Mardones Ton Tobias Adam Musik Valeriia Khazan Producer Jonatan Geller-Hartung Redaktion Sara Günter (ZDF) Produzent:in Bettina Morlock, Rouven Rech, Teresa Renn Produktion Now Films, Torero Film Koproduktion ZDF – Das klei­ne Fernsehspiel

20:45 Good News, Hannes Schilling, Spielfilm, 75 Min. (Wettbewerb S., Berlin-Premiere)[Tickets]

Good News

Leo, Journalist aus Überzeugung, lässt sein Leben in Deutschland hin­ter sich, um im Süden Thailands über eine gehei­me Rebellengruppe zu berich­ten. Zwischen den Recherchen ver­bringt er dort Zeit mit Mawar, der wie­der­um von einer bes­se­ren Zukunft in Deutschland träumt. Leo hilft Marwar bei den Vorbereitungen. Doch bald stellt er fest, dass ihn die Zeit, die er in Marwars Familie ver­bringt, zu schmerz­lich an sein eige­nes Leben in Berlin erin­nert. Um schnel­ler zurück­rei­sen zu kön­nen, ver­fasst Leo den ver­spro­che­nen Artikel, ohne jedoch in Kontakt mit den Rebellen gewe­sen zu sein. Nach und nach kata­pul­tiert er sich – zwi­schen Familie, Beruf und Freundschaft – in eine mora­li­sche Abwärtsspirale.

Uraufführung 45. Filmfestival Max Ophüls Preis

Regie Hannes Schilling Buch Ghiath Al Mhitawi, Hannes Schilling Schauspiel Ilja Stahl, Sabree Matming, Dennis Scheuermann Kamera Falco Seliger Schnitt Marie Fontanel, Paul Gröbel Ton Alexander Wolf Szenenbild Pisuthpak Sukwisit Musik Lena Radivoj Produzent Jost Hering Produktion Jost Hering Filme

Mittwoch, 17.4.

18:30 For the time being, Nele Dehnenkamp, D 2023, Dokfilm, 90 Min.(Wettbewerb D., Berlin-Premiere)
[Tickets]

For the time being

Jermaine ver­büßt eine 22-jäh­ri­ge Haftstrafe im berüch­tig­ten Sing Sing-Gefängnis in der Nähe von New York. Er behaup­tet, zu Unrecht wegen Mordes ver­ur­teilt wor­den zu sein. Michelle, die ihren Jugendfreund im ste­ri­len Besuchsraum eines Hochsicherheitsgefängnisses gehei­ra­tet hat, hofft, mit ihm in Freiheit leben zu kön­nen. Unermüdlich kämpft sie dafür, sei­ne Unschuld zu bewei­sen, wäh­rend sie sich gleich­zei­tig als allein­er­zie­hen­de Mutter um ihre jugend­li­chen Kinder küm­mert. In einer zer­mür­ben­den Routine aus Telefonaten, Briefeschreiben und Besuchen in der Haftanstalt, träumt sie von einem idyl­li­schen Familienleben außer­halb der Gefängnismauern.

Uraufführung 66. DOK Leipzig

Regie, Buch Nele Dehnenkamp mit Michelle Bastien-Archer, Jermaine Archer, Paul Scott, Kaylea Scott Kamera, Schnitt Nele Dehnenkamp Ton Nele Dehnenkamp, Stefan Zierock Musik Martin Kohlstedt Produzentin Nele Dehnenkamp, Christine Duttlinger Produktion Filmakademie Baden-Württemberg Verleih Across Nations

20:45 Ellbogen Aslı Özarslan, Spielfilm (Berlin Spotlights)
[Tickets]

Ellbogen

Ellbogen erzählt die Geschichte einer jun­gen Frau, die aus der Gesellschaft ver­drängt wird und die Weichen ihres Lebens neu stel­len muss. Man will mit ihr durch die Nacht ren­nen, man will wis­sen, wie es mit ihr und mit uns allen weitergeht.

DE/TK/FR 2024, 86 Min., Deutsch Türkisch OmU, Regie: Aslı Özarslan, Kamera: Andac Karabeyoglu-Thomas, Schnitt: David J. Achilles, Ana Branea, mit Melia Kara, Doğa Gürer, Jale Arıkan, Haydar Şahin, Orhan Kiliç

Auf trockenen Gräsern

Ein Film von Nuri Bilge Ceylan.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Durch die ver­schnei­te Landschaft stapft der Kunstlehrer Samet zu dem Dorf, in dem er nach Ende der Ferien wie­der unter­rich­ten muss. Es ist eine ein­sa­me Gegend irgend­wo in Anatolien, die unter der Winterdecke ruht. Was in den ers­ten Bildern noch Frieden aus­strahlt, wird im Lauf des Films zuneh­mend beklem­mend wir­ken, wie auch Samets Beziehungen zu den ande­ren Menschen an der Schule und im Dorf dop­pel­bö­dig und kom­pli­ziert wer­den. Und natür­lich weiß jeder, dass er vor­hat, sich nach Istanbul ver­set­zen zu las­sen, sobald die Pflichtzeit am Ende der Welt zu Beginn sei­ner Lehrtätigkeit erfüllt ist. Samet hält sich für einen guten und tole­ran­ten Pädagogen, aber als ihm unan­ge­mes­se­nes Verhalten gegen­über zwei Schülerinnen vor­ge­wor­fen wird und der Druck steigt, kommt lang­sam ein ande­rer Charakter zum Vorschein. Komplex, in sich ver­strickt und ein­ge­schlos­sen, ande­re nur unscharf wahr­neh­mend. Eine Person, deren Verfassung typisch ist für Ceylans männ­li­che Hauptfiguren und die in ihrer Unansehnlichkeit den Ausgangspunkt für ein dich­tes Netz von Berührungspunkten und Beziehungen zwi­schen allen Personen bil­det. Wie bereits in sei­nen vor­an­ge­gan­ge­nen Werken ent­wirft Nuri Bilge Ceylan auch in Auf tro­cke­nen Gräsern anhand von indi­vi­du­el­len Lebensgeschichten und ihren Verzahnungen ein Panorama der tür­ki­schen Gesellschaft in ihren unter­schied­li­chen Facetten. Daneben exis­tiert die archa­isch wir­ken­de Landschaft und spielt eine wei­te­re Hauptrolle.

Auf tro­cke­nen Gräsern lief 2023 im Wettbewerb von Cannes und Merve Dizdar gewann den Preis als bes­te Darstellerin.

In der Türkei ste­hen sich stän­dig Dualismen gegen­über, wie Gut gegen Böse und Individualismus gegen Kollektivismus. Mein Kunstlehrer glaubt, dass er dem Ende sei­nes Pflichtdienstes in einem abge­le­ge­nen Bezirk in Ostanatolien nahe ist. Er trös­tet sich seit Jahren mit der Hoffnung auf eine Versetzung nach Istanbul. Darin liegt ein span­nen­der Unterschied zwi­schen der Rolle des Gastgebers und des Gastes. Interessiert hat uns auch die men­ta­le Auswirkung von Gefühlen der Entfremdung, der Entfernung von städ­ti­schem Leben und einem Dasein am Rande. Mit wel­chen Problemen sehen sich die Bewohner die­ser länd­li­chen Region kon­fron­tiert – wie prägt sie die Dynamik der geo­gra­fi­schen, eth­ni­schen oder sozia­len Strukturen, in denen sie leben? Auch wenn die Möglichkeit Liebe zu fin­den gege­ben ist, wer­den ver­küm­mern­de Seelen unauf­hör­lich tie­fer in die Isolation getrie­ben durch Vorurteile, das Errichten von Mauern, ver­gan­ge­ne poli­ti­sche Traumata und den unstill­ba­ren Drang, jene, die einem nahe­ste­hen, für eige­ne Fehler büßen zu las­sen. In Regionen, wo Verzweiflung in jedem Gesicht, Erschöpfung in jedem Schritt und Bitterkeit in der Stimme spür­bar ist, wer­den die Spuren des „Schicksals“ beson­ders deut­lich.” Nuri Bilge Ceylan

Credits:

TK/FR 2023, 197 Min., türk. OmU
Regie: Nuri Bilge Ceylan
Kamera: Cevahİr Şahİn, Kürşat Üresİn
Schnitt: Oğuz Atabaş, Nuri Bilge Ceylan
Kamera: Cevahİr Şahİn, Nuri Bilge Ceylan
mit: Deniz Celiloğlu, Merve Dizdar, Musab Ekici

Trailer:
Auf tro­cke­nen Gräsern, Trailer OmdU
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Zwischen uns der Fluss

Zwischen uns der Fluss

Ein Film von Michael Klier.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Alice (Lena Urzendowsky) wur­de nach einer Umweltaktion des zivi­len Ungehorsams beschul­digt und zum Sozialdienst ver­ur­teilt. Sie soll sich um Cam (Kotti Yun) küm­mern, die nach einem ras­sis­ti­schen Überfall trau­ma­ti­siert ist. Als Cam sich gegen eine Verlängerung des Klinikaufenthalts ent­schei­det, nimmt Alice die ver­schlos­se­ne Frau mit zu sich ins gut­bür­ger­li­che Villenviertel in Dresden. Dort löst sich etwas in Cam; in die­ser idyl­lisch geschütz­ten Umgebung kann sie erwa­chen. Alice küm­mert sich und ist zuneh­mend fas­zi­niert. Die uner­war­te­te Zuneigung ist spür­bar. Doch das Verhältnis wan­delt sich und Cam hält Alice’s Fürsorge einen kri­ti­schen Spiegel vor – und wird ihren eige­nen Weg gehen. 

Zwei sehr unter­schied­li­che jun­ge Frauen, die sich gegen­sei­tig for­dern, sich schließ­lich ein­an­der öff­nen und auf unge­wöhn­li­che Art inein­an­der wie­der­erken­nen. In kla­ren, medi­ta­ti­ven und lyri­schen Bildern, die mehr und mehr zu einem Flow wer­den, ent­steht ein inten­si­ves, irr­lich­tern­des Generationenporträt und eine hin­ter­grün­di­ge Hommage an die Elbe von Dresden.

Credits:

DE 2023, 94 Min.,
Regie: Michael Klier
Kamera: Jenny Lou Ziegel, Markus Koop
Schnitt: Gaya von Schwarze
mit: Kotti Yun, Lena Urzendowsky, Laura Tonke, Jeremias Meyer, Vu Dinh

Trailer:
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Opus

Opus – Ryuichi Sakamoto

Ein Film von Neo Sora.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Ein musi­ka­li­scher Dokumentarfilm über Sakamotos letz­tes Konzert, bei dem nur er und sein Klavier zu hören waren. Ein stil­ler, nach­denk­li­cher und berüh­ren­der Film über das Leben und die Erfüllung durch die Musik. 

Credits:

JP 2023, 103 Min.,
Regie: Neo Sora
Kamera: Bill Kirstein
Schnitt: Takuya Kawakami

Trailer:
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La Chimera

Ein Film von Alice Rohrwacher.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Eine ganz eige­ne, magi­sche Erzählung über einen Jäger ver­lo­re­ner Artefakte. Angesiedelt in den traum­haf­ten Landschaften von Riparbella in der Toskana in den 1980er Jahren, erzählt „La Chimera“ die Geschichte von Arthur (Josh O’Connor), einem ehe­ma­li­gen bri­ti­schen Archäologen, der mitt­ler­wei­le ein düs­te­res Gangsterleben führt. Als wir ihn zum ers­ten Mal im Film sehen, ist Arthur gera­de aus dem Gefängnis ent­las­sen wor­den. Zuvor hat er die altern­de Aristokratin Flora (Isabella Rossellini) getrof­fen und sich in deren Tochter Beniamina (Yile Vianello) ver­liebt. Als Beniamina stirbt, schließt sich Arthur einem klei­nen Netzwerk von kurio­sen Grabräubern an, die sich mit viel krea­ti­ver Kraft dem Diebstahl von etrus­ki­schen Schätzen wid­men. Während die meis­ten aufs gro­ße Geld hof­fen, ist Arthur nur dar­an inter­es­siert, sich mit sei­ner ver­stor­be­nen Traumfrau wie­der zu vereinen.

Wie schon Rohrwachers frü­he­re Werke, so ist auch „La Chimera“ ein ele­gan­tes Amalgam des ita­lie­ni­schen Kinos. Echos der Werke der größ­ten Meister durch­zie­hen ihren Film; von Pasolinis Außenseiterromantik, über die Folklore der Werke der Gebrüder Taviani bis hin zu den erns­ten Glaubensbekenntnissen eines Ermanno Olmi. Und die Gang der etrus­ki­schen Grabräuber könn­te ohne wei­te­res aus Fellinis „Amarcord“ oder „Roma“ gecas­tet sein. Dennoch folgt die ita­lie­ni­sche Regisseurin nicht nur den Spuren gro­ßer Vorbilder, son­dern formt sehr intel­li­gent ihren eige­nen, unver­wech­sel­ba­ren Stil, der zwi­schen der Rauheit des Neorealismus und einer traum­haf­ten Verspieltheit chan­giert und flie­ßend zwi­schen ver­schie­de­nen Konventionen wech­selt. Es ist ein Kino der gro­ßen Gefühle und sinn­li­chen Freude, das den Abenteuer-Plot in einen fil­mi­schen Karneval über­führt und den Alice Rohrwachers genia­le Kamerafrau Hélène Louvart in einen wil­den Mix aus 35mm, 16mm und Super8-Aufnahmen ein­fängt. Kurzum: Eine Feier von Zelluloid-Träumen. Dafür gewann der Film im Wettbewerb der Filmfestspiele von Cannes den FIPRESCI-Preis als bes­ter Film.

Around the world in 14 films

Credits:

IT, FR, CH 2023, 134 Min., ital./engl. OmU
Regie: Alice Rohrwacher
Kamera: Hélène Louvart
Schnitt: Nelly Quettier
mit: Josh O’Connor, Carol Duarte, Isabella Rossellini, Alba Rohrwacher 

Trailer:
LA CHIMERA (Official Trailer, OV/d)
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Evil does not exist

Ein Film von Ryusuke Hamaguchi.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Takumi (Hitoshi Omika) und sei­ne Tochter Hana (Ryo Nishikawa) leben in einem klei­nen Dorf namens Mizubiki, das nicht weit von der japa­ni­schen Hauptstadt Tokio ent­fernt liegt. Ihr Leben ist ein­fach und eng mit der Natur ver­bun­den. Sie genie­ßen die Kargheit und Abgeschiedenheit ihres Alltags. Doch die­se Idylle scheint bald ein Ende zu neh­men. Ein Unternehmen aus Tokio plant, eine Luxus-Campinganlage in der Nähe zu errich­ten. Das ent­schleu­nig­te Leben der Dorfbewohner hät­te damit ein Ende. Die Fronten sind ver­här­tet. In einem Versuch, die Situation zu ent­schär­fen, schickt das Unternehmen zwei Agenturmitarbeiter nach Mizubiki. Doch anstatt einer Lösung nahe­zu­kom­men, führt dies zu wei­te­ren Spannungen –mit tief­grei­fen­den Folgen für alle Beteiligten.
Umwelt gegen Ökonomie. Um die­se Auseinandersetzung geht es in Hamaguchis Werk, das auf dem letzt­jäh­ri­gen Filmfest von Venedig acht Minuten lang Standing Ovations erhielt. „Evil Does Not Exist“ ist eine fein­füh­lig erzähl­te, öko­lo­gi­sche Reise zu dem, was die Menschen in Mizubiki im Innersten antreibt und was sie erfüllt: sie exis­tie­ren selbst­be­stimmt und unab­hän­gig. Sie leben von dem, was der Wald ihnen gibt und was auf natür­li­che Weise vor­han­den ist.
Als Zuschauer beob­ach­tet man Takumi beim Wasserholen (aus dem nahe­ge­le­ge­nen Fluss), Holz hacken, bei den aus­gie­bi­gen Wanderungen und auf Hirschjagd. Oft ist sei­ne inter­es­sier­te Tochter Hana mit dabei, der Takumi viel über die Wälder, Tiere und Bäume lehrt. Gerade jene Szenen im Wald haben etwas zutiefst Meditatives und zäh­len zu den stim­mungs­volls­ten des Films. Verantwortlich dafür sind neben den unge­wöhn­li­chen Blickwinkeln und Kameraperspektiven noch zwei ande­re Aspekte. Zum einen die authen­ti­sche Soundkulisse und Klanglandschaft, vom Fließen des Baches über die kna­cken­den Äste bis hin zum Vogelgezwitscher.
Zum ande­ren die wun­der­schö­ne, anrüh­ren­de Filmmusik, kom­po­niert von der japa­ni­schen Künstlerin Eiko Ishibashi. Ihre Klänge unter­strei­chen vie­le Szenen, nicht nur jene im Wald. Und meist hat man das Gefühl, dass ihre Musik maß­geb­lich und stell­ver­tre­tend für die Stimmung des gesam­ten Films ist. Zu jener Naturverbundenheit und dem bereits ange­spro­che­nen Realismus kommt aber etwas hin­zu, das den Frieden stört. Den Frieden und das ruhi­ge Leben der Dorfbewohner. Das Eintreffen der bei­den Firmenvertreter in Mizubiki eben­so wie die „Glamping“-Pläne ihres Arbeitgebers, sym­bo­li­sie­ren das Eindringen des Menschen in die Natur. Stehen die Dörfler exem­pla­risch für ein natur­be­wuss­tes Dasein und die Liebe zur Umwelt, so geben die Firmenvertreter dem Kapitalismus und Gewinnstreben ein Gesicht.
Doch „Evil Does Not Exist“ gewährt jeder Seite letzt­lich eine fai­re Chance, um für ihre Position ein­zu­ste­hen und Argumente dar­zu­le­gen. Ryusuke Hamaguchi ergreift kei­ne Partei, auch wenn sein Standpunkt sub­til und unter­schwel­lig oft durch­scheint. Und egal ob Dorfbewohner oder Städter: Hamaguchi ent­lockt sei­nen Schauspielern durch den redu­zier­ten Einsatz von Dialogen durch­weg und unab­läs­sig gelun­ge­ne, wahr­haf­ti­ge Leistungen.

Björn Schneider | programmkino.de

Credits:

Aku wa Sonzai Shinai (悪は存在しない)
JP 2023, 106 Min., japan. OmU
Regie: Ryusuke Hamaguchi
Kamera: Yoshio Kitagawa
Schnitt: Ryūsuke Hamaguchi & Azusa Yamazaki
mit: Hitoshi Omika, Ryo Nishikawa, Ryūji Kosaka,
Ayaka Shibutani

Trailer:
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Helke Sander: Aufräumen

Ein Film von Claudia Richarz.
Am 11.3. mit anschlie­ßen­dem Filmgespräch mit Claudia Richarz und Helke Sander. Moderation: Tobias Büchner.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Es beginnt beim Bestatter: Helke Sander sucht sich einen Sarg aus, kein Zeichen von Fatalismus oder Morbidität, son­dern von Selbstbestimmung bis zum Ende. Eigentlich wür­de sie ger­ne ein­fach in einem Tuch begra­ben wer­den, so wie es bei Muslimen Tradition ist, doch für eine Deutsche auf einem deut­schen Friedhof gel­ten stren­ge Regeln.

Dass sie auch hier die Regeln hin­ter­fragt passt zu einer Frau, die in einem Moment sagt: „Wer nach­denkt, radi­ka­li­siert sich auch.“ Nachgedacht hat Helke Sander viel, beson­ders in den 60er Jahren, als die Studentenrevolten ihren Anfang nah­men, Revolten, die aber bei aller Radikalität oft von einem imma­nen­ten Sexismus geprägt waren. Das Patriarchat ließ sich bei den Eltern ger­ne ankla­gen, bei sich selbst waren die Muster nicht so schnell weg­zu­be­kom­men. Und so kam es 1968 zu Helke Sanders legen­dä­rer Rede vor dem SDS, dem Sozialistischen Deutschen Studentenbund. Sie for­der­te die Männer im Saal auf, sich nicht nur für die Befreiung der unter­drück­ten Völker in Vietnam oder anders­wo ein­zu­set­zen, nicht nur auf das gro­ße Ganze zu schau­en, son­dern auch das klei­ne, das wenig Spektakuläre im Auge zu behal­ten: Die Realität der Frauen in Deutschland, in Frankfurt und Berlin.

Dort stu­dier­te Sander im legen­dä­ren ers­ten Jahrgang der Filmhochschule DFFB, in dem unter ande­rem Wolfgang Petersen, Harun Farocki, Hartmut Bitomsky und auch der spä­te­re RAF-Terrorist Holger Meins stu­dier­ten. Erste Filme dreh­te Sander noch in den 70er Jahre, ihren bekann­tes­ten 1978. In „Die all­sei­tig redu­zier­te Persönlichkeit – Redupers“ spielt sie sel­ber die Hauptrolle einer allein­er­zie­hen­den Frau, die in West-Berlin als Fotografin arbei­tet und ver­sucht, Kind, Beruf, Privatleben und poli­ti­sches Bewusstsein unter einen Hut zu bringen.

Nicht nur durch ihr eige­nes Mitwirken vor der Kamera wird deut­lich, wie auto­bio­gra­phisch die­ser Film war: Anfang der 60er Jahre zog Sander nach Finnland, bekam ein Kind und kehr­te spä­ter als allein­er­zie­hen­de Mutter nach Berlin zurück. In der Rückschau bli­cken sie und Zeitgenossinnen durch­aus selbst­kri­tisch auf die­se Zeit zurück, geben zu, dass die Kinder nicht immer die Aufmerksamkeit beka­men, die sie viel­leicht hät­ten bekom­men sollen.

Das Private und das Politische unter einen Hut zu brin­gen, das war damals schon schwie­rig, das ist es auch heu­te noch, doch die Fortschritte, die seit den 60er Jahre in der Gesellschaft, aber auch in der Filmbranche zu beob­ach­ten sind, zei­gen, dass der Einsatz von Helke Sander und ande­ren nicht umsonst war. Heute gibt es die Initiative ProQuote, heu­te gibt es Kinderbetruung am Filmset und manch ande­re Errungenschaft. Wie Claudia Richarz in ihrem Dokumentarfilm „Helke Sander: Aufräumen“ über­zeu­gend zeigt: Nicht zuletzt dank Helke Sander.

Michael Meyns | programmkino.de

Credits:

GB 2023, 101 Min.
Regie: Claudia Richarz
Kamera: Claudia Richarz, Martin Gressmann, Volker Sattel
Schnitt: Martin Kayser-Landwehr, Magdolna Rokob

Trailer:
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Squaring the Circle - The Story of Hipgnosis

Squaring the Circle: The Story of Hipgnosis

Ein Film von Anton Corbijn.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Es begann mit einem Knall: Als die bri­ti­sche Polizei 1964 eine ille­ga­le Party in der Underground-Szene von Cambridge gewalt­sam been­det, sind die bei­den Kunststudenten Aubrey „Po“ Powell und Storm Thorgerson die Einzigen, die nicht die Flucht ergrei­fen und den Beamten die Stirn bie­ten. Fortan ist das Duo unzer­trenn­lich. Gemeinsam grün­den sie das Grafik-Label „Hipgnosis“ und desi­gnen die ers­ten Cover für die noch unbe­kann­ten Rocker von Pink Floyd. Mit avant­gar­dis­ti­schem Stil und dem kom­pro­miss­lo­sen Primat der Kunst vor dem Kommerz wer­den Po und Storm zu Lieblingen der Bands – und zum Schrecken der Musikstudios und ‑pro­du­zen­ten. Der Erfolg aber gibt ihnen Recht. Pink Floyd wer­den Weltstars, ihre Cover erlan­gen Kultstatus.

Credits:

GB 2022, 101 Min., engl. OmU,
Regie: Anton Corbijn
Kamera: Stuart Luck, Martijn van Broekhuizen
Schnitt: Andrew Hulme
mit: Paul McCartney, Aubrey Powell, Jimmy Page, Noel Gallagher, Robert Plant, Roger Waters, u.a.

Trailer:
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Goodbye Julia

Goodbye Julia

Ein Film von Mohamed Kordofani.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Zwei Frauen, die sich nor­ma­ler­wei­se nie begeg­net wären: Die Geschichte einer unge­wöhn­li­chen und her­aus­for­dern­den Freundschaft spielt vor dem Hintergrund der sich anbah­nen­den Abstimmung über die Ablösung des Südsudan vom Norden im Jahr 2011, ist aber auch heu­te noch höchst aktu­ell und scheint lei­der zeit­los zu sein.
Mona, bis zu ihrer Heirat mit dem Tischler Akram gefei­er­te nord-suda­ne­si­sche Sängerin und gut situ­iert, macht sich mit­schul­dig am Tod von Julias Mann. Julia lebt mit ihrem Sohn Daniel, wie die meis­ten Südsudanes:innen im Norden des Landes, in äußerst pre­kä­ren Verhältnissen. Um ihr Gewissen zu beru­hi­gen, nimmt die gläu­bi­ge Muslimin Mona die Katholikin Julia spon­tan als Hausangestellte bei sich auf. Nun weiß weder Julia, dass ihr Mann nicht mehr lebt, noch weiß Akram, der eigent­li­che Täter, wer Julia wirk­lich ist. Die bei­den Frauen freun­den sich an und unter­stüt­zen sich gegen­sei­tig, aber wie lan­ge kann Mona die­se Gebäude aus Lügen und Geheimnissen auf­recht erhal­ten?
Schön ein­ge­fan­gen, in lan­gen Einstellungen und vie­len Nahaufnahmen, ist die stim­mi­ge Chemie zwi­schen den Darstellerinnen, und bei­de ver­lei­hen ihren Charakteren die nöti­ge Tiefe. Dabei sind sie zwar Öffentlichkeit gewohnt, aber Laien beim Film: Eiman Yousif (Mona) ist real auch suda­ne­si­sche Sängerin, und Siran Riak (Julia) stand als Miss Südsudan bereits im Rampenlicht.
„Ehe-Zwist als Prolog zur Teilung der Nation: Bewunderungswürdig ele­gant zeigt Re­gisseur Mohamed Kordofani, wie Rassismus die Zwei-Klassen-Gesellschaft des Su­dans prägt – das führ­te 2011 zur Spaltung. Der wohl ers­te suda­ne­si­sche Spielfilm in deut­schen Kinos ist ein klei­nes Meisterwerk.“ Anne-Katrin Müller | kunst+film

Credits:

SD/SE/DE/SA/FR/EG 2023, 120 Min., arab. OmU,
Regie: Mohamed Kordofani
Kamera: Pierre de Villiers
mit: Eiman Yousif, Siran Riak, Nazar Gomaa, Ger Duany 

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Wir waren Kumpel

Wir waren Kumpel

Ein Film von Christian Johannes Koch & Jonas Matauschek.

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Hast du eine am Sträußchen?“ hät­ten die Eltern gesagt, wäre Martina mit dem Wunsch, Friseuse zu wer­den, „um die Ecke gekom­men“. Martina ist eine von fünf Bergleuten, die der Film vor und nach der Schließung der ost­west­fä­li­schen Steinkohle-Zeche beglei­tet. Bis 2015 hieß sie Mark, seit ihrer Transition ist sie die ers­te und ein­zi­ge Frau, die unter Tage ein­fährt.
Er ver­brin­ge mehr Zeit mit sei­nem Kumpel Wolfgang („Locke“) als mit sei­ner Frau, rech­net Marco („Langer“) vor. Damit und mit der Arbeit ist bald Schluss, und vor­aus­schau­end macht er neben­her den Busführerschein. Locke wie­der­um ver­misst nach der Stilllegung die gemein­sa­me Zeit schmerz­lich, trotz der oft hef­ti­gen Anblafferei zwi­schen ihnen, oder viel­leicht gera­de des­halb.
Auch Thomas fällt die Umstellung nicht leicht, zumal er die Wohnung mit der alles kon­trol­lie­ren­den Mutter jetzt den gan­zen Tag teilt. Der Tamile Kirishanthan („Kiri“) floh vor über 20 Jahren aus Sri Lanka. Die Hütte und die Kumpel sind seit­dem neben sei­ner Familie ein zwei­tes Zuhause. Auch er muss sich nun umori­en­tie­ren.
Das Ende des Steinkohlebergbaus in Deutschland bedeu­te­te auch das Ende eines der unge­sün­des­ten und här­tes­ten Berufe, wie man sehen kann. Ein Arbeitsplatz in bis zu 1600m Tiefe, enge Stollen, Hitze, Kohlenstaub, Schichtbetrieb – trotz­dem rol­len die Tränen beim Abschied nicht aus Freude. Der Strukturwandel trägt neben Perspektivlosigkeit auch Einsamkeit in sich, denn die har­te Arbeit und das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun, schwei­ßen zusam­men. Der Film zeigt das in tra­gisch-humor­voll-berüh­ren­der Weise, und fin­det für den„Rückbau“ und was „danach“ pas­siert. beein­dru­cken­de Bilder.
Während Locke sich, ange­regt durch sei­ne Kinder und der FFF-Bewegung, Gedanken zum Klimaschutz macht („ein Bergmann, der Kohle geför­dert hat für Kohlekraftwerke will die Welt ret­ten – das wär doch mal was“), fährt Lange einen Schulbus, Kiri unter­rich­tet Tamilisch und Thomas kämpft mit sei­ner Mutter um die Hoheit am Herd. Nur Martina blieb dem Bergbau treu: sie arbei­tet jetzt im Salzbergwerk.

Credits:

DE 2023, 104 Min.,
Regie: Christian Johannes Koch & Jonas Matauschek
Kamera: Sebastian Klatt
Schnitt: Natali Barrey, Annette Brütsch, Jonas Matauschek

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