Archiv der Kategorie: jetzt

A House of Dynamite

Ein Film von Kathryn Bigelow.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Satelliten mel­den eine Atomrakete, die sich Richtung USA bewegt. Der Countdown bis zum mög­li­chen Einschlag in Chicago tickt; fieb­ri­ge Geschäftigkeit bricht bei den für die Verteidigung ver­ant­wort­li­chen Institutionen und Personen aus. Das Prozedere ist ein­ge­übt, trotz­dem wer­den die Experten ner­vös, als der ers­te Versuch, die Rakete abzu­schie­ßen, miss­lingt. Und bald stellt sich die Frage nach einem prä­ven­ti­ven Gegenschlag. Der Film ver­folgt an der Seite meh­re­rer Protagonisten, von Soldaten auf einer Basis der National Missile Defense bis hoch zum US-Präsidenten, in zeit­li­chen Schleifen die ver­zwei­fel­ten Aktivitäten bis zum Ablaufen des Countdowns. Dabei run­det sich der atem­los span­nen­de Thriller zur ein­dring­li­chen Mahnung, wie schnell aus gegen­sei­ti­ger nuklea­rer Abschreckung ein poten­zi­ell ver­nich­ten­der Atomkonflikt wer­den könn­te und dass Aufrüstung als Mittel, Sicherheit und Frieden zu gewähr­leis­ten, ein zwei­schnei­di­ges Schwert ist. (Filmdienst)

Credits:

US 2025, 112 Min., Englisch OmU
Regie: Kathryn Bigelow
Kamera: Barry Ackroyd
Schnitt: Kirk Baxter
mit: Idris Elba, Rebecca Ferguson, Gabriel Basso, Jason Clarke, Greta Lee, Jared Harris, Tracy Letts, Anthony Ramos, Moses Ingram und Jonah Hauer-King

Trailer:
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Briefe aus der Wilcza – Listy z Wilczej

Briefe aus der Wilcza – Listy z Wilczej

Ein Film von Arjun Talwar

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Arjun Talwar kam vor vie­len Jahren nach Polen. Er arbei­tet in Warschau und hat Polnisch gelernt. Die klei­ne Straße, in der er lebt, kennt er wie sei­ne Westentasche – sie ist ein Mikrokosmos, der die pol­ni­sche Gesellschaft im 21. Jahrhundert spie­gelt. Was auch bedeu­tet: Talwar ist zwar Teil die­ses Mikrokosmos, fühlt sich aber immer noch als Fremder. Freund*innen aus­län­di­scher Herkunft tei­len sei­ne Erfahrungen – sie kön­nen in der mul­ti­kul­tu­rell gewor­de­nen Touristen-Stadt Warschau zwar arbei­ten, ein­kau­fen und ihre Freizeit ver­brin­gen, wer­den aber das Gefühl nicht los, dau­er­haft im Abseits zu ste­hen.
Talwar nimmt für sei­nen Film-Essay die Kamera in die Hand und beginnt, im raschen Wechsel zwi­schen Orten, Szenen und Jahreszeiten die­sen Mikrokosmos zu erfor­schen.
Dabei ent­deckt er Menschen, Orte und Phänomene, die er bis­her über­se­hen hat­te. Er erzählt von Freunden, die an ihrer miss­glück­ten Integration geschei­tert sind, und fin­det Menschen, die sein Schicksal tei­len. Abwechselnd beob­ach­tet er sei­ne unmit­tel­ba­re Umgebung und sich selbst. Dabei stellt er im Off-Kommentar immer wie­der die Frage: Muss ich mich ändern oder muss die pol­ni­sche Gesellschaft sich ändern, damit Zugezogene selbst­ver­ständlch Teil der Gemeinschaft wer­den kön­nen? [Rainer Mende]

Seit über drei­zehn Jahren lebt Arjun Talwar in der Ulica Wilcza in Warschau. In BRIEFE AUS DER WILCZA macht er die­se Straße zu einem sozia­len und emo­tio­na­len Resonanzraum. Mit ruhi­ger Kamera und per­sön­li­chem Voice-Over führt Talwar Gespräche mit Nachbarinnen, Händlerinnen, Freundinnen, Straßenmusikerinnen. Es ent­ste­hen bei­läu­fi­ge, oft inti­me Dialoge über Kindheit, Politik, Trauer, Heimat und Identität – dar­über, was Zugehörigkeit aus­macht und was sie erschwert. Verwoben mit die­sen Straßenszenen ist Talwars eige­ne Geschichte: die Entscheidung, gemein­sam mit sei­nem bes­ten Freund Adi nach Polen zu zie­hen, sei­ne Faszination für die pol­ni­sche Kultur und die unter­schied­li­chen Wege, die ihre Leben schließ­lich nah­men. Mit fei­nem Humor und prä­zi­sem Blick ver­sam­melt der Dokumentarfilm Stimmen, Körper und Sprachen in ihrer Nähe und Unterschiedlichkeit. Am Ende bleibt eine lei­se, offe­ne Frage: „Wie vie­le Jahre muss jemand an einem Ort leben, um von dort zu sein?” Vision Kino

Credits:

PL/DE 2025, 97 Min., pol­ni­sche Originalfassung mit deut­schen und eng­li­schen Untertiteln
Regie & Kamera: Arjun Talwar
Schnitt: Bigna Tomschin, Arjun Talwar & Sabina Filipowicz

Trailer:
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The Mastermind

Ein Film von Kelly Reichardt

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Ich habe alles genau geplant“ behaup­tet JB (Josh O’Connor), als er sei­nen Kumpanen von sei­nem Plan erzählt. Er ist der Anführer, das Mastermind, doch selbst wenn man mit den Filmen von Kelly Reichardt nicht ver­traut sein soll­te, ahnt man schon nach weni­gen Minuten von „The Mastermind“, dass der Titel iro­nisch gemeint ist.

Zusammen mit sei­ner Frau Terri (Alana Haim) und den zwei Kindern lebt JB in einer Kleinstadt in Massachusetts, es ist 1970, Richard Nixon sitzt im Weißen Haus, im fer­nen Vietnam tobt seit Jahren ein Krieg, gegen den auf den Straßen zu Hause mit zuneh­men­der Vehemenz pro­tes­tiert wird. Eigentlich ist JB Schreiner, doch einen fes­ten Job hat er nicht. Sein Vater (Bill Camp), ein geach­te­ter Richter, und sei­ne Mutter (Hope Davis) unter­stüt­zen ihn, finan­zie­ren ein Leben, das dahin­plät­schert, ohne Ziel und Plan.

Der geplan­te Einbruch in einem klei­nen loka­len Museum, wo die Gemälde des selbst in sei­ner Heimat wenig bekann­ten ame­ri­ka­ni­schen Malers Arthur Dove Ziel von JBs Plan sind, soll alles ändern, aber was genau? Erstaunlicherweise gelingt der Plan, zumin­dest lan­den die vier Gemälde am Ende in JBs Familien-Kombi.

Kurz dar­auf sind sei­ne Komplizen schon in Polizeigewahrsam und JB auf der Flucht. Seine Frau und die Kinder lädt er bei den Schwiegereltern ab und fährt los, mit dem Ziel Kanada, wohin es in den frü­hen 70ern vor allem Kriegsdienstverweigerer zog, wo aber auch ein Dieb Unterschlupf fin­den könnte.

Schon des öfte­ren hat Kelly Reichardt Genrefilme gedreht, die den Regeln ihres Genres folg­ten, sie aber gleich­zei­tig unter­lie­fen und damit die ihnen zu Grunde lie­gen­de Ideologie hin­ter­frag­ten. „Meek’s Cutoff“ war ein Anti-Western, „Night Moves“ ein Anti-Thriller, nun also ein Anti-Heist-Film. Das alle drei Genre tra­di­tio­nell star­ke, sou­ve­rä­ne Männer-Figuren in den Mittelpunkt stel­len, die auf Grund ihrer Cleverness und Maskulinität ihre Ziele errei­chen, macht die Genre-Dekonstruktionen bei Kelly Reichardt zu Reflexionen über die Krise der Männlichkeit.

Perfekt besetzt wirkt dabei in die­sem Fall Josh O’Connor, der schon als etwas ver­husch­ter jun­ger Prince Charles in „The Crown“ Männlichkeit eher vor­gab, als wirk­lich ver­kör­per­te und auch in Spielfilmen wie „La Chimera“ oder zuletzt „Challengers“ Männer-Figuren spiel­te, die an den Erwartungen an ihr Geschlecht zu schei­tern drohten.

Betont pas­siv spielt O’Connor in „The Mastermind“, wirkt weni­ger in Kontrolle, als Getrieben von den Ereignissen, die er selbst, ohne die Konsequenzen wirk­lich zu durch­schau­en, in Bewegung gesetzt hat. Immer deu­tet Reichardt dabei den his­to­ri­schen Kontex an, zeigt TV-Berichte aus Vietnam, lässt JB an Demonstrationen gegen den Krieg vor­bei­fah­ren. In wel­chem Zusammenhang das per­sön­li­che Schicksal JBs und die gesell­schaft­li­che Realität der USA um 1970 ste­hen lässt Reichardt offen, sie bie­tet Interpretationsmöglichkeiten an, hält sich selbst aber zurück. Man kann „The Mastermind“ daher auch ein­fach nur als Tragikomödie über einen Mann lesen, der sich selbst über­schätzt oder als Genrefilm, der die Konventionen sei­ner Form dekon­stru­iert. Vor allem aber ist es ein wei­te­rer, sehr spe­zi­el­ler Kelly Reichardt-Film, inzwi­schen fast selbst ein eige­nes Genre.

 Michael Meyns

Credits:

US 2025, 110 Min., engl. OmU
Regie & Schnitt: Kelly Reichardt
Kamera: Christopher Blauvelt
mit: Josh O’Connor, Alana Haim, Hope Davis, John Magaro, Gaby Hoffmann, Bill Camp

Trailer:
THE MASTERMIND | Offizieller Trailer | Ab 16. Oktober im Kino
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Holding Liat

Holding Liat

Ein Film von Brandon Kramer

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Ein Film, wahr­haft ins Offene gedreht, Zusammenhängen fol­gend, obwohl sich – als er begon­nen wur­de – das Geschehen nicht vor­her­se­hen lässt. Liat wird am 7. Oktober 2023 von Mitgliedern der Hamas gewalt­sam aus ihrem Kibbuz ent­führt, kurz danach dreht Brandon Kramer mit ihrer Familie. Er ist dabei, sehr nah, wenn die Eltern Yehuda und Chaya ver­su­chen, mit ihrer Angst umzu­ge­hen – oder im Austausch mit Behörden Einfluss zu neh­men auf das Schicksal ihrer erwach­se­nen Tochter und das ihres Gatten. Als US-Bürger fliegt Yehuda in die USA, beglei­tet von Liats Sohn, den nicht nur die öffent­li­che Aufmerksamkeit belas­tet, und Liats Schwester, die ver­su­chen wird, Yehudas Temperament und Wut abzu­fan­gen. Denn Polarisierung gibt es auch in die­ser Familie: Der Vater sieht trotz sei­nes Schmerzes Israels Rolle im Nahost-Konflikt kri­tisch, ist Pazifist und lässt sich auch im geo­po­li­ti­schen Epizentrum von Diplomatie und Trauma nicht vom Weg der Aussöhnung abbrin­gen. Beharrlich schwimmt er gegen den Strom, legt sich mit sich selbst und allen an und schimpft auf die israe­li­sche Regierung. Ein offe­ner Film zur Stunde. Einsichten kom­men nicht von der Politik, son­dern von Liats Familie.

Berlinale Dokumentarfilmpreis 2025. Die Jury begrün­de­te die Entscheidung fol­gen­der­ma­ßen: „Manchmal kann ein Film etwas bewir­ken, wozu nichts sonst in der Lage zu sein scheint. Eine Familie beschließt, im schlimms­ten Moment ihres Lebens einem Filmteam die Tür zu öff­nen. Die Regisseure begeg­nen die­ser Geste nicht nur mit Umsicht und Respekt vor dem Schmerz die­ser bestimm­ten Familie, son­dern auch vor dem kol­lek­ti­ven Schmerz. Es ent­steht ein Raum, in dem die Komplexität von Gewalt und Gerechtigkeit und die Widersprüche der Geschichte nicht zum Schweigen gebracht, son­dern the­ma­ti­siert wer­den. HOLDING LIAT zeigt nicht den Weg der Rache, son­dern den der Menschlichkeit, bei dem wir auf­ge­for­dert sind, über unse­ren Tellerrand zu schau­en und uns um unse­re Nachbarn zu küm­mern, anstatt sie zu töten.“

Credits:

US 2025, 97 Min., Englisch, Hebräisch OmU
Regie: Brandon Kramer
Kamera: Yoni Brook, Omer Manor
Schnitt: Jeff Gilbert

Trailer:
Holding Liat Official Trailer

Im Kino mit deut­schen Untertiteln.

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In die Sonne schauen

Ein Film von Mascha Schilinski. 

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

In die Sonne schau­en, der ers­te deut­sche Film im Wettbewerb von Cannes seit Toni Erdmann, sorg­te dort direkt zu Beginn für Furore, und erhielt am Ende den Preis der Jury (ex aequo mit Sirāt). Der eigen­wil­li­ge und kom­ple­xe Film umspannt 100 Jahre, sei­ne unchro­no­lo­gi­sche und ver­schach­tel­te Erzählweise ver­deut­licht die Verbindung der Schicksale und macht sie gera­de­zu erfahr­bar.
Ein Vierseithof in der Altmark, einer alten Kulturlandschaft im Norden Sachsen-Anhalts, bil­det den Mittelpunkt des Geschehens, wobei Haus, Scheune, Garten, Felder und vor allem der nahe Fluss die Erzählung wech­sel­wei­se bestim­men. In vier Zeitrahmen, Kaiserreich, Ende des 2. Weltkriegs, 1980er Jahre DDR und Gegenwart, fol­gen wir den Protagonistinnen, Mädchen wie Alma, Teenager wie Angelika und Erika, jun­gen Frauen wie Lenka. Das Haus ver­än­dert sich, jede Epoche hat ihren eige­nen Stil, doch der Vergangenheit ist nicht zu ent­kom­men. Religiöse, sozia­le und poli­ti­sche Zwänge, ver­steck­te Begierden und patri­ar­cha­li­sche Herrschaft schaf­fen gene­ra­tio­nen­über­grei­fen­de Traumata, die geis­ter­gleich die Zeit über­dau­ern – so, wie es der inter­na­tio­na­le Titel Sound of Falling aus­drückt: Das Fallen ist stets lei­se, die Erschütterung wiegt umso schwe­rer.
„Die Handlung die­ses über­aus asso­zia­ti­ven Bilder- und Tonreigens, die­ses Kaleidoskops von Perspektiven und Konstellationen auch nur annä­hernd sinn­voll zu beschrei­ben, ist nahe­zu ein Ding der Unmöglichkeit und wür­de die­sem eben­so viel­schich­tig-kom­ple­xen wie medi­ta­ti­ven Werk auch nicht gerecht. Überhaupt hat man nach dem Verlassen des Kinos den drän­gen­den Wunsch, die­sen Film ein zwei­tes, ein drit­tes und am bes­ten noch ein vier­tes Mal zu sehen. Man wür­de zwei­fel­los dabei immer wie­der neue Details, neue Verbindungen erken­nen, auf­re­gen­de Entdeckungen machen. Das Bild, das man sich von dem Film gemacht hat, wür­de sich ver­än­dern. Klar blie­be aber sicher­lich: In die Sonne schau­en ist ein Meisterwerk, ein Solitär des Kinos, ein Monstrum von einem Film, das sich wie gesagt bestän­dig ver­än­dert, bis ins Unermessliche wächst.“ kino-zeit.de

Preis der Jury – Cannes 2025

Credits:

DE 2024, 149 Min.,
Regie: Mascha Schilinski
Kamera: Fabian Gamper

Schnitt: Evelyn Rack
Darsteller*innen: Luise Heyer, Lena Urzendowsky, Claudia Geisler-Bading, Lea Drinda, Hanna Heckt

Trailer:
Kinotrailer „In die Sonne schau­en” – Kinostart 28. August 2025
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Kontinental ’25

Ein Film von Radu Jude.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Als die Protagonistin mit einem Bekannten, den sie von frü­her kennt, in der Bar eines Kinos sitzt, prangt links ein Plakat von Kuhle Wampe (1932) und rechts eines von Europa ’51 (1952). Dazwischen ver­schluckt sich der Bekannte am Rotwein, viel­leicht weil er unab­läs­sig Zen-Weisheiten zum Besten gibt. Brecht wird nicht nur ein­mal erwähnt und Rossellinis Film spie­gelt sich nicht nur im Titel von Kontinental ‘25, son­dern lie­fert mit dem Neorealismus auch den fil­mi­schen Modus, in des­sen Tradition der Regisseur Radu Jude sei­nen Film sieht. Jude arbei­tet sich in sei­nen sar­kas­ti­schen Tragikomödien durch Geschichte und Gesellschaft Rumäniens. Aferim! behan­del­te das Schicksal der ver­sklav­ten Roma im 19ten Jahrhundert, Mir ist es egal, wenn wir als Barbaren in die Geschichte ein­ge­hen die Beteiligung am Holocaust. Bad luck ban­ging or loo­ny porn kam als Gesellschaftssatire daher und gewann den Goldenen Bären. Damals in der Maskenzeit. Selbstverständlich tru­gen auch im Film alle Masken (über den Masken). So ver­blüf­fend ein­fach und genau ins schwär­zes­te Schwarz tref­fen nur rumä­ni­sche Filme und des­halb lohnt sich der Gang durch den Saurierwald von Cluj, der zweit­größ­ten, auf­stre­ben­den Metropole Rumäniens: Transsilvaniens finest. Denn so beginnt Kontinental ‘25, ein Flaschensammler flucht sich suchend durchs Vergnügungsgelände, ver­liert sei­nen Unterschlupf und ver­zwei­felt kur­zer­hand am Schicksal. Die zustän­di­ge Gerichtsvollzieherin fühlt sich schul­dig und fängt ihre Suche nach Sinnhaftig- keit in den zer­klüf­te­ten Gebilden der Stadt aus Prachtbauten der Zeit der Doppelmonarchie, Plattenbauten der Sowjetzeit und Glas/Alu Klötze kapi­ta­lis­ti­scher Prägung an. Silbernen Bär 2025 für das bes­te Drehbuch.

First life takes time, then time takes life. Now the next move‚s up to me“ David Berman 

Das Thema ist ernst, sicher, doch das hält ihn (Radu Jude) nicht davon ab sei­nen bösen Witz ein­zu­streu­en, iro­ni­sche Brechungen, Absicherungen und Provokationen zu eta­blie­ren. Man muss mitt­ler­wei­le nicht mehr erwäh­nen, wie gut das gelingt, wie ziel­si­cher Jude zwi­schen gal­li­gem Humor und welt­li­chen Problemen char­giert, Klassenfragen, Banalitäten, phi­lo­so­phi­sche Diskurse und absur­de Profatäten zusam­men­bringt. Das funk­tio­niert auch hier wie­der ganz groß­ar­tig, es ist ein him­mel­schrei­end komi­scher Film gewor­den, immer kurz vorm Zynismus, die­sen aber nur her­vor-blit­zen las­send, ohne ihm je wirk­lich zu ver­fal­len.“
Benedikt Guntentaler, Artechock

Credits:

RO 2025, 109 Min., Rumänisch, Ungarisch, Deutsch OmU
Regie: Radu Jude
Schnitt: Cătălin Cristuțiu
Kamera: Marius Panduru
mit: Eszter Tompa, Gabriel Spahiu, Adonis Tanța, Oana Mardare, Șerban Pavlu, Annamária Biluska, Ilinca Manolache

Trailer:
KONTINENTAL ’25 by Radu Jude | Trailer | Berlinale 2025

Im Kino mit deut­schen Untertiteln.

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Die Möllner Briefe

Ein Film von Martina Priessner. Am 25.9. mit anschlie­ßen­dem Filmgespräch mit Martina Priessner.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

1992 ver­üb­ten Nazis Brandanschläge auf zwei Wohnhäuser im schles­wig-hol­stei­ni­schen Mölln, drei Menschen kamen ums Leben. Die Stadtverwaltung erhielt hun­der­te Briefe, die an die Angehörigen der Opfer gerich­tet waren, aber man­gels einer genau­en Adresse dort lan­de­ten, Beileids- und Solidaritätsbekundungen an die Überlebenden, Zeichnungen, Gedichte, klei­ne Trostgeschenke. Einige wur­den beant­wor­tet, alle geöff­net und anschlie­ßend archi­viert – kein ein­zi­ger wur­de wei­ter­ge­lei­tet, bis sie 27 Jahre spä­ter sie zufäl­lig ent­deckt wur­den. Der Film nimmt die Briefe zum Anlass, die Unfähigkeit der Behörden, mit solch‘ einer mons­trö­sen Tat umzu­ge­hen, ein­mal mehr auf­zu­zei­gen. Im Mittelpunkt steht vor allem aber der Kampf der Überlebenden mit den Folgen der Tat, auch heu­te noch. Der damals 7‑jährige Ibrahim ist aktiv dabei, die Erinnerung an den Anschlag wach zu hal­ten und über Rassismus in Deutschland zu infor­mie­ren. Mit ihm besucht der Film drei Verfasserinnen, die Martina Priessner aus­fin­dig gemacht hat. Hätten die Briefe, wären sie damals ange­kom­men, über­haupt gehol­fen? Die Antwort ist ja, sie hät­ten zumin­dest das Gefühl, voll­kom­men allein zu sein mit der eige­nen Trauer, mil­dern können.

Struktureller Rassismus hat nach der eigent­li­chen Tat bei den Überlebenden zu wei­te­ren Verletzungen geführt. Regisseurin Martina Priessner gibt den Zuschauer*innen einen Einblick in ein hoch kom­ple­xes Geflecht aus Trauer, Angst, Wut und Liebe, in dem die Kinder der Familie Arslan auf­wuch­sen. Sie zeigt auch, wie das neu gegrün­de­te Dokumentationszentrum und Museum über die Migration in Deutschland in Köln sich der Briefe annimmt. Sorgsam, respekt­voll und in enger Absprache mit den Betroffenen küm­mern sich des­sen Mitarbeitende um die Zeitzeugnisse, die tief in die deut­sche Seele bli­cken las­sen. Mit einem ganz ähn­li­chen Ethos befasst sich Die Möllner Briefe mit den Folgen der rechts­extre­men Gewalttat.“ Eva Szulkowski | indiekino 

Credits:

DE 2025, 96 Min., deutsch, tür­ki­sche Originalfassung mit deut­schen und tür­ki­schen Untertiteln
Regie: Martina Priessner 
Schnitt: Maja Tennstedt
Kamera: Ayşe Alacakaptan, Julia Geiß

Trailer:
DIE MÖLLNER BRIEFE – Offizieller Trailer
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