Ein Film von Julia Charakter.
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Richtig fassungslos war ich, als gegen Ende des Filmes der bis 2022 aktive Geistliche Vorsteher der Brüdergemeinde geradezu dreist Erkenntnisse aus der Soziologie umdreht und die Traumata und psychischen Schwierigkeiten der ehemaligen Heimkinder quasi deren „niederer“ Geburt zuschreibt. Ebenso erschreckend ist die Beschwerde eines gläubigen Ehepaars, wahrscheinlich stellvertretend für dortige Bürger, dass ihre Spenden an die Brüdergemeinde jetzt als Schmerzensgeld für die Opfer verwendet werden.
Internate, Klöster, Waisenhäuser, Sportvereine … die Liste ließe sich lange fortsetzen. Immer wieder kommen überall neue Fälle von Missbrauch von Schutzbefohlenen ans Licht. 2014 geriet die Evangelische Brüdergemeinde in Korntal, einem beschaulichen Ort in der Nähe von Stuttgart, in den Fokus. Ein ehemaliger Zögling hatte sich aufraffen können, mit seiner Geschichte an die Öffentlichkeit zu gehen, anstatt sich umzubringen, wie einige seiner früheren Leidensgenossen. Daraufhin meldeten sich über 170 weitere Betroffene, die in dem Heim bis weit in die 2000er Jahre hinein ebenfalls systematischer psychischer, körperlicher und/oder sexualisierter Gewalt ausgesetzt waren, ausgeübt von Angehörigen der pietistischen Bruderschaft, Hausangestellten oder sogenannten Pateneltern im Ort. Die Kinder waren Waisen oder kamen aus „schwierigen Verhältnissen“, es gab keinerlei Kontrolle, sie waren ihren Peinigern ausgeliefert. Schwer traumatisiert und nicht selten gebrochen gehen sie als Erwachsene durchs Leben. Sechs von ihnen berichten vom Erlebten, dazu kommen Mitglieder der „Aufklärungskommission“, ranghohe Gemeindemitglieder und Ortsansässige zu Wort.
„Je länger Die Kinder aus Korntal läuft, desto deutlicher wird, dass das Einstehen für die schwere Schuld, die die Brüdergemeinde auf sich geladen hat, und eine echte Aufarbeitung der Taten noch lange nicht passiert sind. Vielmehr schwingt unterschwellig immer das Gefühl mit: Jetzt muss es auch mal gut sein mit dieser leidigen alten Geschichte.“ Elisa Reznicek | Haus des Dokumentarfilms
Credits:
DE 2023, 90 Min., Deutsch mit englischen Untertiteln
Regie: Julia Charakter
Kamera: Jonas Eckert
Schnitt: Jonas Eckert, Julia Charakter
Trailer:
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