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Der Fremde

Ein Film von François Ozon. 

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François Ozon greift einen Stoff aus den 1940er-Jahren auf: den exis­ten­zia­lis­ti­schen Romanklassiker Der Fremde von Albert Camus. Darin war­tet ein jun­ger Franzose in den 1930er-Jahren in Algerien in einer Gefängniszelle auf sei­ne Hinrichtung, weil er einen Mann getö­tet hat. Ozon ent­fal­tet das Drama um den sei­nem Tod ent­ge­gen­se­hen­den Meursault (Benjamin Voisin) und die in Rückblenden sich ent­fal­ten­den Ereignisse, die zu dem Mord geführt haben, in schwarz-wei­ßen Bildern, die in ihrer fast über­ir­di­schen Schönheit in ihren Bann schla­gen und zugleich Rätsel auf­ge­ben, weil sie in einer selt­sa­men, span­nungs­vol­len Reibung zur Geschichte stehen.

Der Kamerablick, der ein gera­de­zu ero­ti­sches Verhältnis zu der Welt an den Tag legt, scheint ein Widerspruch zu Meursaults Apathie zu sein. Während der jun­ge Mann durch sein Leben treibt, ohne von dem berührt zu wer­den, was er erlebt – vom Tod der Mutter zu Beginn über die Affäre mit einer ihn lie­ben­den jun­gen Frau bis letzt­end­lich zum impul­si­ven Akt der Tötung –, ist der Blick der Kamera umso zuge­neig­ter. Die spar­sam, aber sehr wir­kungs­voll ein­ge­setz­te Musik ver­sucht hart­nä­ckig, Meursaults Kälte gegen­über Menschen und Dingen etwas ent­ge­gen­zu­set­zen. Während es in dem Roman um einen Menschen geht, der nichts wert­schät­zen kann, weil er den Glauben an eine tran­szen­den­te Dimension ver­lo­ren hat und jen­seits der Dinge kei­nen höhe­ren Sinn erken­nen kann, scheint Ozon die­se Materialität durch­aus zu genü­gen, um die Welt zu lie­ben.
Felicitas Kleiner | Filmdienst

Credits:

L’Étranger
FR 2025, 120 Min., fran­zö­si­sche OmU
Regie: François Ozon
Kamera: Manu Dacosse
Schnitt: Clément Selitzki
mit: Benjamin Voisin, Rebecca Marder, Pierre Lottin, Denis Lavant, Swann Arlaud

Audiodeskriptionen, Untertitel und Hörverstärkung mit der Greta App

Trailer:
Der Fremde – Trailer OmU
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Stille Beobachter

Ein Film von Eliza Petkova. 

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Das Dorf Pirin liegt am „äußers­ten Rand Bulgariens“ und ist Schauplatz einer Trilogie, deren zwei­ter Teil, Mayor Shephard Widow Dragon (2021), wäh­rend „ach­tung Berlin“ schon bei uns zu sehen war. Im letz­ten Teil offen­ba­ren sechs Haustiere die dunk­le Seite mensch­li­cher Ängste und des Aberglauben: eine Katze, ein Hund, ein Esel, eine Ziege, ein Pferd, ein Lamm. Stille Beobachter ist ein fil­misch äußerst ori­gi­nel­ler Film über ima­gi­nä­re Welten in geschlos­se­nen Gemeinschaften, irgend­wo zwi­schen Dokumentarfilm und Folk-Horror – alles aus der stil­len Perspektive der Tiere betrach­tet.
Eine Witwe ver­mu­tet die Seele des ver­stor­be­nen Mannes in ihrer Katze Matsa, eben­so wie der Esel Kirka der ver­zau­ber­te Sohn sei­nes Halters in ande­rer Gestalt sein könn­te. Die Besitzer müs­sen sehr auf die­se Tiere auf­pas­sen, da ande­re im Dorf in ihnen gefähr­li­che Vampire ver­mu­ten, wie alle Tiere ohne­hin kein leich­tes Leben haben und stets durch die Menschen gefähr­det sind.
„Direkt in anfäng­li­chen Close-Ups zei­gen Teile von Tiergesichtern die sechs Stars von Silent Obser­vers. Ziegennase, Eselsauge, Hundeschnauze, Pferdenüstern, Katzenöhrchen und Schafwolle wer­den nach­ein­an­der in einem bewusst ver­klei­ner­ten, und damit fokus­sier­ten Format prä­sen­tiert, beglei­tet von tra­di­tio­nel­lem Frauengesang, die Dorfszenerie getüncht in inten­si­ves Blau-Orange. Von vornher­ein expe­ri­men­tell, geben die ers­ten Minuten den ästhe­ti­schen Ton an, der in die­sem Film bis zuletzt gehal­ten wird – medi­ta­tiv, natür­lich, mehr auf Stimmung bedacht als auf ein kohä­ren­tes Narrativ. Ei­nen strin­gen­ten Faden bil­den jedoch die bemerk­ba­ren Persönlichkeiten der genann­ten Tiere, der Umgang der Dorfbewohnenden mit ihnen sowie die teils herz­li­che, teils beklem­men­de Atmosphäre in Pirin.“
Elias Schäfer | film-rezensionen.de

STILLE

Credits:

DE/BG 2024, 95 Min., bul­ga­ri­sche OmU
Regie: Eliza Petkova
Kamera: Constanze Schmitt
Schnitt: Eliza Petkova, Hannes Marget

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Trailer:
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Yi Yi – A One and a Two

Yi Yi

Ein Film von Edward Yang. Wiederaufführung.

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Auf so poe­ti­sche wie zärt­li­che Weise schil­dert Yi Yi die Lebens- und Gefühlswelten einer Familie, in der die Generation der Großeltern, der Kinder und Enkel zusam­men­le­ben. Der Film beginnt mit der skep­tisch beäug­ten Hochzeit von Min-Mins jün­ge­rem Bruder und sei­ner unge­wollt schwan­ge­ren Freundin. Am Rande der Feier trifft Min-Mins Ehemann auf eine Ex-Freundin, die er vor 30 Jahren abrupt ver­las­sen hat­te – eine Begegnung, die ihn in eine tie­fe Sinnkrise stürzt. Kurz dar­auf gerät Ying-Ying, die Tochter der bei­den, in eine fata­le Gefühlslage, wäh­rend ihr jün­ge­rer Bruder Tang-Tang sein Interesse für die Fotografie ent­deckt – und für eine Mitschülerin, die ihn in der Schule schi­ka­niert. Die par­al­le­len, sich immer wie­der berüh­ren­den Handlungsstränge sind Teil einer kom­ple­xen Erzählung über mensch­li­che Verhaltensweisen und Schicksale, über Bedauern und Hoffnung, Schuld und Erlösung in Taipeh am Ende des 20. Jahrhunderts.
Edward Yang ist als einer der zen­tra­len Vertreter des Taiwan New Cinema untrenn­bar mit der in den 1980er Jahren ein­set­zen­den ästhe­ti­schen Erneuerung des tai­wa­ni­schen Kinos ver­bun­den. Seine Filme spie­geln die spe­zi­fisch tai­wa­ni­sche Erfahrung von Exil, Autoritarismus und Liberalisierung sowie die Diskrepanz zwi­schen kon­fu­zia­ni­scher und west­lich ori­en­tier­ter Moderne. Die for­ma­le Kraft und Modernität sei­ner Filme haben Taiwan zu einem der auf­re­gends­ten Orte des Weltkinos gemacht.“
Jendrik Walendi | dhm

Yi Yi, für den Yang bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes 2000 den Regiepreis gewann, war sein letz­ter Film, bevor er 2007 mit 60 Jahren an Krebs starb.
„Ich möch­te mei­ne Sichtweise nie­man­dem auf­zwin­gen. Ich möch­te die Dinge so natür­lich und neu­tral wie mög­lich dar­stel­len und es den Zuschauern über­las­sen, sich ihre eige­ne Meinung zu bil­den“, so erklärt Yang, war­um er den Blick aus der Distanz liebt: um die Stille oder unan­ge­neh­men Momente, die sich im Inneren abspie­len, bes­ser dar­stel­len zu können.

Credits:

Yi Yi – A One and a Two
TW/JP 2000, 173 Min., Taiwanesisches Mandarin, Japanisch OmU
Regie: Edward Yang
Kamera: Weihan Yang
Schnitt: Bowen Chen
mit Kelly Lee, Jonathan Chang, Niazhen Wu, Elaine Jin, Issey Ogata

Trailer:
Yi Yi – Trailer OV/d/f
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Die jüngste Tochter

Ein Film von Hafsia Herzi. 

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Zu Hause, in den Augen ihrer mus­li­mi­schen Familie, ist die 19-jäh­ri­ge Fatima eine gute Tochter: Sie betet, hat Bestnoten und ein ent­spann­tes Verhältnis zu ihren Eltern und den bei­den älte­ren Schwestern. In der Schule aber raucht sie (obwohl sie Asthma hat) und hängt mit den größ­ten Rabauken ab. Bei den homo­pho­ben Sprüchen ihrer Kumpels ist sie still – obwohl sie selbst längst weiß, dass sie wahr­schein­lich les­bisch ist. Nachdem sich Fatima per Dating-App zum ers­ten Mal mit ande­ren Frauen trifft und dabei Ji-Na (Park Min-ji) ken­nen­lernt, beginnt für sie der lan­ge, stei­ni­ge Weg raus aus dem „Schrank“, der bei Fatima eher ein Kokon ist.

Regisseurin Hafsia Herzis zwei­ter Langfilm DIE JÜNGSTE TOCHTER (frz. La peti­te der­niè­re) basiert auf dem gleich­na­mi­gen auto­fik­tio­na­len Roman der alge­risch-fran­zö­si­schen Autorin Fatima Daas. Die Heldin des Films ist in kei­ner Welt rich­tig zu Hause, wächst auf inmit­ten unauf­lös­ba­rer Widersprüche. So ver­schlos­sen ist sie, dass sie selbst die Zuschauenden stets auf Distanz hält und es ihnen schwer macht, einen rich­ti­gen Zugang zu ihr zu fin­den. Sie lügt ihre Dates und Freund*innen an und hat auf Schritt und Tritt Angst, ent­tarnt zu wer­den. Im Sommer mit ihrer ers­ten gro­ßen Liebe, der im gemein­sa­men Besuch einer CSD-Veranstaltung mün­det, blüht sie erst­mals auf, doch das Glück ist nicht von Dauer.

Herzi erzählt ellip­tisch und in scharf kon­tu­rier­ten Sequenzen von Fatimas Selbstfindung. Der Film ist gespickt mit her­aus­ra­gen­den fil­mi­schen Momenten: das Gespräch mit dem Imam etwa, der ihr vor­be­tet, war­um ihre dis­pa­ra­ten Lebenswelten sich nie ver­ein­ba­ren las­sen wer­den, oder der Versuch, sich gegen­über ihrer lie­be­vol­len Mutter zu outen. Schön, dass die­se Geschichte für ihr les­bi­sches Liebespaar nicht nur Tragik, son­dern auch ein Quäntchen Hoffnung bereithält.

Eva Szulkowsk | indiekino

Interview mit Hafsia Herzi

Credits:

La peti­te der­niè­re
DE/FR 2025, 106 Min., Französisch, Arabisch OmU
Regie: Hafsia Herzi
Kamera: Jérémie Attard
Schnitt: Géraldine Mangenot
mit Nadia Melliti, Ji-Min Park, Aloïse Sauvage, Nemo Schiffman, Sophie Garagnon

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Trailer:
DIE JÜNGSTE TOCHTER | Trailer OmU | Ab 25.12. im Kino!
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Das Verschwinden des Josef Mengele

Ein Film von Kirill Serebrennikov. 

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Der Film wird kon­tro­vers gese­hen – man­che fin­den sogar, dass man zum Schluss, wenn der Mann alt und krank ist, Mitleid mit dem „Todesengel von Auschwitz” bekommt. Mir ging es nicht so, denn August Diehl ver­kör­pert Mengele von Anfang bis Ende als inhu­man, arro­gant und selbst­mit­lei­dig. Serebrennikov ver­filmt Mengeles Zeit in Lateinamerika (mit eini­gen Abstechern zurück nach Deutschland) nach sei­ner Flucht über die „Rattenlinie” als beklem­men­de Geschichtsstunde, in der viel aus­ge­spro­chen und gezeigt wird, was hier nie­mand wis­sen woll­te und will. Er bezieht sich dabei auf den gleich­na­mi­gen, genau recher­chier­ten Bestseller von Olivier Guez, wobei die bestechen­den Schwarz-Weiß-Bilder ein­deu­tig kei­nen doku­men­ta­ri­schen Charakter ent­fal­ten.
„Seine Haltung [Mengeles] spie­gelt nicht die Banalität des Bösen wider, son­dern des­sen gro­tes­ke Überhöhung: den Glauben an die eige­ne Überlegenheit, ange­heizt durch ein ver­zerr­tes Opferbewusstsein. Auf die­se Weise wird der Film zu einem Kommentar über zeit­ge­nös­si­sche Strukturen der Täterschaft und Straflosigkeit, die ohne exter­ne Systeme der Rechenschaftspflicht fort­be­stehen.“
(Evgeny Gusyatinskiy | Viennale)

Credits:

FR/MX/DE/GB 2025, 135 Min., deutsch, spa­ni­sche OmU,
Regie: Kirill Serebrennikov
Kamera: Vladislav Opelyants
Schnitt: Hansjörg Weißbrich
mit: D: August Diehl, Max Bretschneider, Dana Herfurth, Friederike Becht, Mirco Kreibich, David Ruland

Audiodeskriptionen, Untertitel und Hörverstärkung mit der Greta App

Trailer:
Das Verschwinden des Josef Mengele | TRAILER
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Palliativstation

Ein Film von Philipp Döring. 

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Es geht nicht dar­um, dem Leben mehr Tage zu geben, son­dern den Tagen mehr Leben“, lau­tet ein Gedanke von Cicely Saunders, Begründerin der Palliative Care. In Philipp Dörings vier­stün­di­ger Institutionsbeobachtung flirrt er in einer Präsentation auf, wäh­rend eine Pflegekraft einen neu­en Mitarbeiter ein­weist. Sie befin­den sich im Berliner Franziskus-Krankenhaus. Hier doku­men­tiert Döring eini­ge Monate zwi­schen Frühjahr und Sommer, beglei­tet Ärzte in die Visite und bei Gesprächen mit Angehörigen, lauscht dem inter­nen Austausch des Teams, in dem auch Missstände nicht ver­schwie­gen wer­den. Ein geschütz­ter, sei­nen eige­nen Gesetzen fol­gen­der Raum ent­steht. In ihm wer­den Dialoge über Lebenswege auf­ge­grif­fen und reflek­tiert, Fortschritte gefei­ert und sich abzeich­nen­de Abschiede betrau­ert. Dabei ist Palliativstation auch ein Film über Sprache: Zwischen medi­zi­ni­schem Fachjargon und Dialekt chan­gie­rend, manch­mal nur über tech­ni­sche Hilfsmittel her­stell­bar. Döring kommt dem Sterben nah, sehr nah, aber mit ihm auch dem Leben. Sein Film hat Gewicht und beein­druckt, und erdrückt doch unter kei­ner Schicksalslast. Schnell wird deut­lich: Das Leben, es endet wirk­lich erst mit dem letz­ten Herzschlag. (Carolin Weidner)

Credits:

DE 2025, 245 Min.,
Regie, Kamera, Schnitt: Philipp Döring

Trailer:
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Sorry Baby

Sorry, Baby

Ein Film von Eva Victor. 

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Agnes und Lydie sind seit Studienzeiten eng befreun­det. Während Lydie nach New York zog, besetzt Agnes eine Stelle als Literaturprofessorin an ihrer alten Uni in New England. Trotz des beruf­li­chen Erfolgs scheint ihr Leben im Kontrast zu Lydies still­zu­ste­hen. Nicht nur Wohnort und Beziehungsstatus sind unver­än­dert, sie lebt auch immer noch im glei­chen Häuschen, das sie sich jetzt aber statt mit Lydie mit Katze Olga teilt. Zwischen den leicht­fü­ßig necken­den Gesprächen der bei­den las­sen Lydies Fürsorglichkeit und Agnes’ Unsicherheit erah­nen, dass Agnes nicht ein­fach faul unter der Sofadecke, son­dern unter einem schwe­re­ren Gewicht feststeckt.

In fünf nicht chro­no­lo­gi­schen Kapiteln erzählt Autorin, Filmemacherin und Hauptdarstellerin Eva Victor von einem sexu­el­len Übergriff und den Anstrengungen, die es kos­tet, aus einer trau­ma­ti­schen Schockstarre zurück­zu­fin­den. Feinfühlig insze­niert sie den müh­sa­men, lang­jäh­ri­gen Prozess und die oft über­ra­schen­den Momente von Besserung als Indie-„Traumedy”. Da ent­puppt sich, wäh­rend einer Panikattacke auf einem Restaurantparkplatz, ein schrof­fer Typ als uner­war­tet empa­thi­scher Zuhörer und ein Besuch bei Gericht wird zur Schlüsselszene der Selbstannahme. Warm, wit­zig und tröst­lich ist die Freundschaft zu Lydie, zen­tral für Agnes, um Raum für Heilung zu fin­den. Ein Raum, der ihr Intimität ermög­licht, die sie sonst kaum mehr spürt – außer, wenn sie Katze Olga mit Liebkosungen überschüttet.

Eva Victor balan­ciert als Agnes die Komik des Unbehagens in ihrem Spielfilmdebüt gekonnt aus. Um Bezüge zu Phoebe Waller-Bridges FLEABAG oder Greta Gerwig kommt man im bes­ten Sinne nicht her­um. Auch wenn eini­ge Nebencharaktere zweck­erfül­lend daher­kom­men – ein beson­ders empa­thie­lo­ser Arzt, eine ehr­geiz­zer­fres­se­ne Kollegin – ist SORRY, BABY ein elo­quen­tes und berüh­ren­des Porträt einer Freundschaft und einer Heilung.

Clarissa Lempp | indiekino

Credits:

US 2025, 103 Min., engl. OmU
Regie: Eva Victor
Kamera: Mia Cioffi Henry
Schnitt: Randi Atkins, Alex O’Flinn
mit: Eva Victor, Naomi Ackie, Louis Cancelmi, Kelly McCormack, Lucas Hedges, John Carroll Lynch

Trailer:
SORRY, BABY | Official Trailer (EN/de)
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Paternal Leave

Ein Film von Alissa Jung. 

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Die 15-jäh­ri­ge Leo sucht nach ihrem ihr unbe­kann­ten Vater und erkennt ihn schließ­lich als Surflehrer in Italien auf einem you­tube-Video. Kurzerhand macht sie sich auf den Weg von Berlin an die Küste des win­ter­li­chen Norden Italiens. Der klei­ne Badeort, in dem Paolo lebt und arbei­tet, scheint völ­lig ver­las­sen. Als Leo ihrem Vater dort schließ­lich fin­det, ist er völ­lig über­for­dert, schickt sie aber nicht gleich fort.
„Schauspielerin und Kinderärztin Alissa Jung prä­sen­tiert mit Paternal Leave … ihr Langfilmdebüt als Regisseurin. In der deutsch-ita­lie­ni­schen Koproduktion, in der ihr Ehemann Luca Marinelli die männ­li­che Hauptrolle spielt, wid­met sich Jung auf fein­füh­li­ge, aber kitsch­freie Art einer gera­de erst begin­nen­den Vater-Tochter-Beziehung. Leo und Paolo legt sie als unkon­ven­tio­nel­le, kom­ple­xe Charaktere an, die Fehler machen dür­fen: Auf kur­ze Momente der Annäherung folgt schnell die nächs­te Enttäuschung. Selbstbewusst kon­fron­tiert Leo ihren Vater mit sei­nen Versäumnissen und sei­nem feh­len­den Verantwortungsgefühl. Auf sei­ne fau­len Ausreden hat Leo immer die pas­sen­de Antwort und hält ihm kon­se­quent den Spiegel vor. In den tris­ten Nebensaisonaufnahmen des im Sommer sehr beleb­ten, kin­der­freund­li­chen Ortes spie­gelt sich Leos Traurigkeit, wäh­rend Paolos lie­be­vol­ler Umgang mit sei­ner jün­ge­ren Tochter Emilia Leo schmerz­lich vor Augen führt, was Paolo ihr vor­ent­hal­ten hat. Die … Tragikomödie über­zeugt mit dem rele­van­ten Thema abwe­sen­der Väter – und vor allem mit ihrer coo­len und schlag­fer­ti­gen jun­gen Heldin, die sich erwach­se­ner und reflek­tier­ter ver­hält als ihr Vater.“ Stefanie Borowsky | indiekino

Credits:

DE/IT 2025, 113 Min., dt.,engl. ital. OmU
Regie & Schnitt: Alissa Jung
Kamera:
Carolina Steinbrecher
Schnitt: Heike Parplies, David Maria Vogel
mit: TJuli Grabenhenrich, Luca Marinelli, Arturo Gabbriellini, Joy Falletti Cardillo, Gaia Rinaldi

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Trailer:
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Zweitland

Ein Film von Michael Kofler. 

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Südtirol ken­nen die meis­ten als gro­ßes und traum­haf­tes Skigebiet, und manch­mal wun­dert sich auch jemand, dass neben Italienisch Deutsch, oder sogar noch eine völ­lig unbe­kann­te Sprache gespro­chen wird. Das Gebiet hat eine beweg­te Geschichte, und eines der letz­ten hier­zu­lan­de wenig bekann­ten, span­nungs­rei­chen Kapitel beleuch­tet der selbst aus Südtirol stam­men­de Michael Kofler in sei­nem Spielfilmdebüt Zweitland auf erhel­lend-inten­si­ve Weise.
Die Handlung setzt 1961 ein. Der jun­ge Bauernsohn Paul will der Perspektivlosigkeit sei­nes Dorfes ent­kom­men und Malerei stu­die­ren, sein älte­rer Bruder Anton schließt sich dem kom­pro­miss­lo­sen Kampf der Separatisten an. Er flieht und lässt Hof und Familie zurück, nach­dem er als einer der Attentäter ent­tarnt wird. Widerwillig ver­schiebt Paul sei­ne eige­nen Pläne, um Antons Frau Anna und ihren klei­nen Sohn zu unter­stüt­zen. Während die Lage eska­liert und die ita­lie­ni­sche Polizei hart durch­greift, beginnt Anna sich zuneh­mend gegen die patri­ar­cha­len Strukturen ihres Umfelds zu weh­ren. Paul hin­ge­gen muss sich ent­schei­den – zwi­schen fami­liä­rer Loyalität und per­sön­li­cher Selbstverwirklichung.
Hintergrund: Eine Reihe von Bombenanschlägen erschüt­tert die Provinz Anfang der 1960-er Jahre. Die von der faschis­ti­schen Mussolini-Regierung vor­an­ge­trie­be­ne Italienisierung der ehe­mals öster­rei­chi­schen Provinz wur­de auch nach dem Krieg fort­ge­führt. Aufgrund die­ser poli­ti­schen und öko­no­mi­schen Marginalisierung der deutsch- und ladi­nisch spre­chen­den Gruppe grün­de­te sich der zuneh­mend deutsch­na­tio­nal gesinn­te „Befreiungsausschuss Südtirol“ (BAS), der mit Gewalt die Trennung von Italien durch­set­zen woll­te. Die Meinung zu den Separatisten teil­te Gesellschaft Südtirols, griff auch zer­stö­re­risch im Leben gan­zer Familien ein.

Gewalt erzeugt neue Gewalt, eine gefähr­li­che Spirale, die nur schwer auf­zu­hal­ten ist – das betont Kofler mit den letz­ten, nie­der­schmet­tern­den Bildern unmiss­ver­ständ­lich.“ Christopher Diekhaus | programmkino.de

Credits:

DE/IT/AT 2025, 112 Min.,
Regie & Schnitt: Michael Kofler
Kamera:
Felix Wiedemann
Schnitt: Florian Miosge
mit: Thomas Prenn, Aenne Schwarz, Laurence Rupp, Francesco Acquaroli

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Trailer:
Zweitland | Trailer Deutsch HD | Ab 04.12. im Kino
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Sentimental Value

Ein Film von Joachim Trier. 

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Nora ist fas­sungs­los, als ihr Vater Gustav bei der Beerdigung ihrer Mutter auf­taucht, schließ­lich hat er sei­ne Familie vor vie­len Jahren ver­las­sen. Immer schon war dem einst gefei­er­ten Filmregisseur sei­ne Arbeit wich­ti­ger als sei­ne Töchter gewe­sen, was Nora ihm nicht ver­zei­hen kann. Jetzt kommt er mit einem Script, in dem er ihr, einer Theaterschauspielerin mit zu gro­ßem Lampenfieber, die Rolle sei­ner Mutter auf den Leib geschrie­ben hat. Nora lehnt das offen­sicht­li­che Versöhnungsangebot ent­schie­den ab. Gustav enga­giert dar­auf­hin statt­des­sen den Hollywoodstar Rachel, und beginnt, den Film auf dem alten Familienwohnsitz, wo Nora und ihre Schwester Agnes auf­wuch­sen, mit dem Dreharbeiten – kaum ver­wun­der­lich, dass alte Dynamiken wie­der ins Rollen gera­ten.
„Ich glau­be, wir woll­ten etwas über Versöhnung, Familie und Zeit machen“, erklär­te Trier auf der Pressekonferenz in Cannes. „Wir befin­den uns jetzt mit­ten im Leben und haben einen grö­ße­ren Überblick über die Lebensspanne eines Menschen. Wir erken­nen, dass hin­ter jedem kom­pli­zier­ten Elternteil oft ein ver­letz­tes Kind steckt. Und wir haben erkannt, dass Gustav Borg, auch wenn er ein kom­pli­zier­ter Vater ist, als Künstler über zwei Ausdrucksweisen ver­fügt. Wir woll­ten über die Verletzlichkeit der Kommunikation spre­chen, über die Unfähigkeit, in einer Familie zu kom­mu­ni­zie­ren, und dar­über, ob Kunst dabei eine Rolle spie­len kann.“
„Gleich zu Beginn von Sentimental Value wird ein Zuhause nicht über sei­ne Architektur beschrie­ben, son­dern über die Erinnerung. Eine Stimme erin­nert sich an Wände, die einst warm waren, vol­ler Leben – erfüllt von Stimmen, Licht, Streit, Freude. Jetzt ist die Luft still. Die Stimmen sind ver­schwun­den. Und das Haus, einst fast eine Figur für sich, trägt nur noch Echos in sich. In die­sen stil­len Überresten der Vergangenheit legt Joachim Trier den emo­tio­na­len Grundstein für sei­nen bis­her reifs­ten und zärt­lichs­ten Film.“ Mia Pflüger | kino-zeit

Credits:

Affeksjonsverdi
DK/DE/FR/NO 2025, 132 Min., Norwegisch mit deut­schen Untertiteln
Regie: Joachim Trier
Kamera: Kasper Tuxen
Schnitt: Olivier Bugge Coutté
mit: Renate Reinsve, Stellan Skarsgård, Elle Fanning, Inga Ibsdotter Lilleaas

Trailer:
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