Ein Film von Alexander Horwath. Ab 30.1. im fsk. Am 5.2. mit anschließendem Filmgespräch.
[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]
Von 1905 bis 1982 lebte Henry Fonda, spielte in rund 80 Filmen mit, darunter einigen der größten Klassiker des amerikanischen Kinos: „Früchte des Zorns“, „Faustrecht der Prärie“, „Die 12 Geschworenen.“ Kaum jemand verkörperte dabei den einfachen Mann, den durchschnittlichen, aber ehrbaren Bürger so gut wie Henry Fonda, der sicher nicht zufällig im Lauf seiner Karriere immer wieder Präsidenten spielte, echte und fiktive: In „Der junge Mr. Lincoln“ verkörperte er den legendären Honest Abe, der Präsident, der zumindest auf dem Papier die Sklaverei beendete und sein Land durch den Bürgerkrieg führte, in „Angriffsziel Moskau“ einen namenlosen Präsidenten, der sein Land vor einem Nuklearkrieg bewahren will.
Wenn man mit dem amerikanischen, also mit dem Hollywood-Kino aufgewachsen ist, gerade als in den 60er oder 70er Jahren geborener, dann kam man an Henry Fonda nicht vorbei. So ging es auch dem österreichischen Filmwissenschaftler, langjährigem Leiter der Viennale und Direktor des österreichischen Filmmuseums Alexander Horwarth, der 1980, als sechzehnjähriger in Paris, Henry Fonda entdeckte. So erzählt es Horwarth in seinem essayistischen Dokumentarfilm „Henry Fonda for President“, der in losen, angenehm mäandernden Linien, um Henry Fonda, Hollywood und die amerikanische Gesellschaft kreist.
Und dabei auch weit in die Vergangenheit greift, den Henry Fondas Vorfahren kamen einst aus dem alten Europa in die neue Welt, siedelten in nur scheinbar unberührter Natur, folgten dem Versprechen des amerikanischen Traums. In Nebraska, einem jener Flächenstaaten, die kaum ein Tourist jemals besucht, wurde Henry Fonda geboren, fand seinen Weg nach Hollywood und verkörperte lange jenen typischen amerikanischen Jedermann, ehrbar und kritisch – und auch ein Mythos.
Anhand zahlreicher Filmausschnitte skizziert Horwarth, wie Hollywood und damit Amerika sich durch Typen wie Henry Fonda ein idealisiertes Ebenbild schuf, wie die Selbstwahrnehmung der USA, die sich gerne als ideale Demokratie sah, als Verfechter von Recht und Anstand, als sprichwörtliche Stadt auf dem Hügel, sich in der scheinbar unpolitischen Form des Hollywood-Kinos spiegelte, die dadurch als Propaganda für die USA auf den Leinwänden der Welt zu sehen war.
Im Laufe seiner Karriere wurde jedoch auch Fonda kritischer mit sich und seinem Land, vielleicht auch durch seine bedien Kinder Peter und Jane, die gleichzeitig Hollywood Royalty waren und doch auch zu Symbolen der Gegenkultur der 60er Jahre wurden: Peter durch seine Hauptrolle in „Easy Rider“, Jane durch ihren politischen Aktivismus, der ihr den despektierlichen Spitznamen Hanoi Jane einbrachte.
So beschreibt „Henry Fonda for President“ auf sehr persönliche Weise auch den Weg einer Entfremdung im Blick auf Amerika. Die Mythen, die gerade der klassische Western der 40er Jahre verbreitete, wurden spätestens mit dem Vietnamkrieg entlarvt. Das kurz danach mit Ronald Reagen tatsächlich ein Schauspieler Präsident wurde war Zufall, passt aber irgendwie auch in das Bild eines Landes, das sich zu gern im Glanz von Hollywood und des Showbusiness sonnte. Als einer der exponiertesten Vertreter dieser Welt fungierte über viele Jahrzehnte Henry Fonda, der allerdings selbstreflexiv genug war, um schon Ende der 60er Jahre im legendären Italo-Western „Spiel mir das Lied vom Tod“, einen der übelsten Killer der Filmgeschichte zu spielen: Als Frank konterkariert Fonda sein eigenes Image und ein bisschen auch das Bild, das Amerika gerne von sich selbst hat und tötet gleich in seiner ersten Szene ein Kind. Auch eine Methode den Mythos vom amerikanischen Traum zu beerdigen, was damals Sergio Leone so bildgewaltig tat und nun Alexander Horwarth in einem klugen, vielschichtigen Essayfilm.
Michael Meyns | programmkino.de
Credits:
AU/DE 2024, 184 Min., engl./dt. OmU
Regie: Alexander Horwath
Kamera & Schnitt: Michael Palm
Trailer:
nach oben