Der Tod von Ludwig XIV.

Ein Film von Albert Serra.

Der Spanier Albert Serra ist ein Meister dar­in, Figuren der Kulturgeschichte aus­gie­big gewöhn­li­chen Situationen aus­zu­set­zen, so Don Quichote (Honor de Cavalleria) und die Heiligen drei Könige (Birdsong). Mit der Beobachtung des Sterbens Ludwig XIV. kommt jetzt erst­mals ein Film von ihm, und dazu der ers­te fran­zö­si­sche, regu­lär hier ins Kino.

Der König der fran­zö­si­schen Könige, der Sonnenkönig, stirbt. Die letz­ten 15 Tage sei­nes Lebens begin­nen mit einer Schwäche wäh­rend eines Empfangs. Ab dann muss der abso­lu­te Herrscher das Bett in sei­nem Schlafgemach in Versailles hüten, wo sich aller­lei Hof- und Regierungsvolk, Verwandt- und Ärzteschaft aus dem gan­zen Land um ihn ver­sam­melt. Man scheint besorgt oder erschüt­tert, will auf­mun­tern oder hel­fen, sich selbst Vorteile ver­schaf­fen oder auch schon Ränke für die Zeit danach schmie­den. Vor allem jedoch regiert Ratlosigkeit – bei Ärzten wie Bediensteten. Während sein Kopf zumeist in der rie­si­gen Perücke ver­schwin­det, wird jede Regung genau regis­triert: was möch­te er, trinkt er, trinkt er nicht? Atmet er noch? Wohin schaut er? Flüstert er etwas? Was und wie isst er?, kom­men­tiert, gege­be­nen­falls auch ger­ne beklatscht und mit „bravo“-Rufen bedacht. In die­sem abge­dun­kel­ten Raum mit dem schwe­ren Interieur herrscht eine bizar­re, fast zeit­lo­se Atmosphäre, in die nur Vogelgezwitscher, sel­ten ein paar ver­lo­re­ne Sonnenstrahlen und das Summen der Insekten noch Leben hin­ein­brin­gen und zur „Entspannung des Sinne“ (Serra) beitragen .

Vom Regisseur ursprüng­lich als 15-Tage-live-Installation für die docu­men­ta gedacht, erwies sich das Projekt aus Sicherheitsgründen zu teu­er. Der Filmdreh mit der Verkürzung der Ereignisse auf knapp 2 Stunden dau­er­te mit 14 Tagen schließ­lich fast so lan­ge. Detailgetreu den Memoiren Herzog Saint-Simons ent­nom­men, ist es den­noch kei­ne Geschichtslektion.

»Von „Handlung“ kann man hier kaum spre­chen – es han­delt sich viel­mehr um eine Abfolge win­zi­ger, rea­ler oder mög­li­cher Ereignisse, die zum Ende der längs­ten könig­li­chen Amtszeit der fran­zö­si­schen Geschichte füh­ren – und zum Erlöschen eines Körpers, der mit Macht und Nation untrenn­bar ver­schmol­zen war. Die Bedeutung des Biologischen und Zeremoniellen insze­niert Serra sehr fan­ta­sie­voll; in humor­vol­len Dialoge und Situationen vol­ler Abschweifungen, Bücklingen und demons­tra­ti­ven Ergebenheitsgesten als komi­sche und doch ehr­li­che Ausdrücke einer bedin­gungs­lo­sen Liebe zu dem Monarchen.« Olivier Pere | arte

»Albert Serra berei­chert das Weltkino mit einer neu­en Form der Klassikeradaption: gro­ße Stoffe zei­gen Auflösungserscheinungen in sei­nen mäan­dern­den, grenz­nar­ra­ti­ven Filmen.« cargo

La Mort de Louis XIV
F 2016, 115 Min., franz. OmU
Regie: Albert Serra
Buch:Albert Serra, Thierry Lounas
Kamera: Jonathan Ricquebourg,Julien Hogert, Artur Tort
Schnitt: Ariadne Ribas, Artur Tort,Albert Serra
mit Jean-Pierre Léaud, Patrick d’Assumçao, Marc Susini