Archiv des Autors: fsk

Close

Ein Film von Lukas Dhont.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Remi und Leo sind von klein auf bes­te Freunde. Sie besu­chen die glei­che Schulklasse, ver­brin­gen Tag und manch­mal auch Nacht mit­ein­an­der, und jetzt, im Alter von 13 Jahren, pla­nen sie eine gemein­sa­me Zukunft: Leo wird Manager des begab­ten Oboe-Spielers Remi, und sie rei­sen dann von Konzert zu Konzert durch die Welt.
Wegen der offen­sicht­li­chen engen und lie­be­vol­len Beziehung der bei­den stel­len eines Tages Mitschülerinnen auf dem Schulhof die unschul­dig-pro­vo­ka­ti­ve Frage: „Seid ihr ein Paar?“ Leo ist ver­wirrt und ver­un­si­chert. Von einem Augenblick auf den ande­ren fühlt er sich von Remis Nähe bedrängt und möch­te sich abset­zen. Er war­tet beim Schulweg nicht mehr auf den Freund und beginnt mit dem Training eines männ­lich kon­no­tier­ten Sports, dem Eishockey. Remi ver­steht die Welt nicht mehr. Für ihn hat sich nichts geän­dert, und er weiß nicht, war­um Leo ihn so offen­siv igno­riert.
Gruppenzwang und sei­ne für ande­re oft ver­let­zen­den Folgen, die Frage nach Loyalität und dem eige­nen Empfinden macht Lukas Dhont (der mit GIRL bereits einen ein­fühl­sa­men Film übers Erwachsenwerden vor­stell­te) hier zum Thema, das natür­lich nicht nur Kinder und Jugendliche angeht.
„So herz­zer­rei­ßend die­se Geschichte ist, insze­niert sie Dhont bedacht und zurück­ge­nom­men. Eine Tragödie zieht den Boden unter den Füßen weg, doch das Leben geht wei­ter, irgend­wie. Und mit der Zeit lernt man, den Verlust anzu­neh­men, mit der Leerstelle zu leben, so die tröst­li­che Geste. »Close« ist in all sei­ner Sensibilität ein radi­ka­les Werk. Und zeigt im Porträt die­ser inten­si­ven Jungsfreundschaft auch, wie stark sich Geschlechterrollen in den jün­ge­ren Generationen ver­än­dert haben. Ein Film wäre in die­ser Fluidität noch vor zehn Jahren kaum denk­bar gewe­sen.“
Thomas Abeltshauser | epd-Film

Credits:

BE/FR/NL 2022, 105 Min., frz. OmU
Regie: Lukas Dhont
Kamera: Frank van den Eeden
Schnitt: Alain Dessauvage
mit: Eden Dambrine
Gustav De Waele
Emilie Dequenne
Léa Drucker

Trailer:
Trailer Close, OmU, fran­zö­sisch mit deut­schen Untertiteln
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An einem schönen Morgen

Ein Film von Mia Hansen-Løve.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Einer der schöns­ten und tröst­lichs­ten Filme des Jahres – mit viel Empathie und ohne zu urtei­len blickt er auf das Leben sei­ner Protagonistin zu einer Zeit, in der sich eini­ge Dinge ändern.
Sandra ist Dolmetscherin, allein­er­zie­hen­de Mutter einer acht­jäh­ri­gen Tochter, aber zunächst vor­wie­gend selbst Tochter. Ihr Vater Gregory, in sei­ner akti­ven Zeit geach­te­ter Philosophieprofessor, lei­det an einer sel­te­nen, fort­schrei­ten­den neu­ro­de­ge­nera­ti­ven Störung. Er ver­gisst Ort und Zeit und Gesichter; der Mann, der er einst war, ist nicht mehr da. Jetzt, wo er nicht mehr allei­ne zurecht­kommt, müs­sen Sandra, ihre von ihm geschie­de­ne Mutter und die aktu­el­le Freundin nicht nur ein Heim suchen, son­dern ihn auch vom Umzug über­zeu­gen und sei­ne Wohnung auf­lö­sen – nach­voll­zieh­bar trau­ri­ge, schreck­li­che Aktivitäten. Eine Odyssee durch Krankenhäuser und Pflegestationen beginnt, ein Ort erscheint schlim­mer als der ande­re. Parallel dazu schafft Sandra es, sich in ihre ers­te Beziehung seit dem Tod ihres Mannes zu manö­vrie­ren. Clément ist ein frü­he­rer Freund der Familie, aller­dings ver­hei­ra­tet mit Kind. Aus der anfäng­li­chen Affäre wird mit der Zeit eine Romanze, und ein Hin- und Her von Trennung – „ich kann das nicht“ – und Rückkehr – „Ich kann nicht ohne dich“ – nimmt sei­nen Lauf.
„… Hansen-Løves Filme sind Ensemblewerke vor allem des­halb, weil Figuren nicht auto­nom, son­dern Knoten in einem Beziehungsgeflecht sind, das der Film nicht krea­tiv spinnt, son­dern in das er sich ein­fach hin­ein­legt. Die Verbindungen schei­nen immer schon da, noch bevor das durch sie Verbundene exis­tiert. Hansen-Løve braucht kei­ne ‚Establishing Shots‘ für ihre Szenen, weil sie gar nicht anders kann, als das Leben, das sie beguckt, als bereits eta­blier­tes zu den­ken, das wei­ter­läuft, immer wei­ter­läuft. Keine Figur, in der das Drama ablau­fen­der Lebenszeit nicht schon ein­ge­rech­net wäre, des­halb berüh­ren sie mich mehr als sol­che, die für ein ganz bestimm­tes Drama erst erfun­den wur­den. …“ Till Kadritzke, critic.de

Credits:

Un beau matin
FR/DE 2022, 112 Min., frz OmU
Regie: Mia Hansen-Løve
Kamera: Denis Lenoir
Schnitt: Marion Monnier
mit: Léa Seydoux, Pascal Greggory, Melvil Poupaud, Nicole Garcia, Kester Lovelace

Trailer:
UN BEAU MATIN – Trailer F/d
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The Banshees of Inisherin

Ein Film von Martin McDonagh.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Das neue Jahr geht schon wie­der ziem­lich irre los, die Banshees trei­ben auf der schö­nen klei­nen iri­schen Insel Inisherin offen­sicht­lich ihr Unwesen. Hier bekommt man zwar nichts mit vom Bürgerkrieg, der 1923 im Land tobt, aber es gibt Möglichkeiten, sich auch so das Leben schwer zu machen. Colm kün­digt sei­nem lebens­lan­gen Freund Padraic aus hei­te­rem Himmel die Freundschaft: kein gemein­sa­mer Pubbesuch, kei­ne Musikabende, kei­ne Unterhaltungen mehr über Schafe, Colms Hund und Padraics Esel. Wieso? Er sei lang­wei­lig, behaup­tet Colm. Aber das sei er schon immer gewe­sen, ent­geg­net Padraics Schwester Siobhan, und über­haupt sei hier sowie­so jeder lang­wei­lig. Der geschass­te Freund ver­steht es auch nicht und kommt immer wie­der auf ihn zu, bis Colm für den Fall, dass der ihn noch­mal anspre­chen soll­te, zu einer per­fi­den Drohung und dras­ti­schen Mitteln greift: er bestraft sich selbst. Alle irre, meint Siobhan und sucht das Weite, wäh­rend die Gemeinschaft im Pub im Chor als Echo fun­giert.
„Nach Komödie mag sich das zwar nicht unbe­dingt anhö­ren. Doch Martin McDonagh – der zuletzt mit THREE BILLBOARDS OUTSIDE EBBING, MISSOURI bewies, dass er das her­vor­ra­gend kann – balan­ciert die im Grunde trau­ri­ge Handlung höchst unter­halt­sam mit sat­tem, schwar­zem Humor aus und ver­liert die essen­zi­el­len Themen – vom Bedürfnis nach Freundschaft bis zur Angst vor dem Tod – nicht aus dem Blick.“
(Sascha Rettig, Viennale)
Colin Farell bekam übri­gens in Venedig den Darstellerpreis.

Credits:

GB/IR/US 2022, 109 Min., engl. OmU
Regie: Martin McDonagh
Kamera: Ben Davis
Schnitt: Mikkel E.G. Nielsen
mit: Colin Farrell
Brendan Gleeson
Kerry Condon
Barry Keoghan

Trailer:
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Stille Post

Ein Film von Florian Hoffmann. 

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Leider immer noch oder immer wie­der aktu­ell ist der Hintergrund von Florian Hoffmanns Spielfilmdebut. Grundschullehrer Khalil ist bes­tens inte­griert und lebt mit Freundin Leyla, einer Journalistin, in Berlin. Als sie ihm eines Tages ein aktu­el­les Kriegsvideo aus Cizre zeigt, glaubt er, dar­auf sei­ne Schwester Senem zu erken­nen. Eigentlich hat er mit der kur­di­schen Exilgemeinde nichts mehr zu tun, aber jetzt muss er dort um Hilfe bit­ten, um sie zu fin­den. Als Gegenleistung wird erwar­tet, dass er die bis dahin igno­rier­ten Kriegshandlungen in den Medien unter­bringt – kei­ne leich­te Aufgabe.

Meine Reise mit die­sem Film begann 2015 … Das tür­ki­sche Militär hat­te in einer Nacht- und Nebelaktion die kur­di­sche Stadt Cizre umzin­gelt und eine Ausgangssperre über sie ver­hängt: Niemand durf­te die Stadt betre­ten – kei­ne Journalisten, kei­ne Politiker, nicht ein­mal Krankenwagen. Die Bewohner von Cizre waren gefan­gen in ihrer eige­nen Stadt. Kurz dar­auf begann das tür­ki­sche Militär Cizre zu bom­bar­die­ren.
Was an die­sem Fall beson­ders war: Die Militäroperation ging mit einer Medienstrategie ein­her. Die Stromverbindung der Stadt wur­de gekappt, das Internet abge­stellt und Störsender errich­tet, die den Handyempfang der Bewohner ver­hin­der­ten. Das tür­ki­sche Militär woll­te sicher­ge­hen, dass kein Bild die­ser Geheimoperation die Stadt ver­lässt.
Um mehr zu erfah­ren, muss­te ich selbst hin­fah­ren. … nach 79 Tagen wur­de die Ausgangssperre für weni­ge Tage auf­ge­ho­ben. Ich fand eine zer­stör­te Stadt vor und sprach mit trau­ma­ti­sier­ten Einwohnern. Zugleich sicher­te ich die Videos, die die Bewohner von Cizre heim­lich mit ihren Handys gedreht hat­ten, und die Angriffe und Menschenrechtsverletzungen wäh­rend der Ausgangssperre beleg­ten. …
Warum wird über man­che Kriege berich­tet und ande­re ein­fach über­gan­gen? Oder anders gefragt: Was brau­chen Kriegsbilder, um im Wettbewerb um Medienaufmerksamkeit kon­kur­rie­ren zu kön­nen? Es wur­de eine drei­jäh­ri­ge Drehbuchrecherche. Doch das Herzstück von STILLE POST sind die authen­ti­schen Handyvideos aus der kur­di­schen Krisenregion.“
Florian Hoffmann

Credits:

DE 2021, 94 Min., Deutsch, Türkisch, Kurdisch OmU
Drehbuch & Regie: Florian Hoffmann
Kamera: Carmen Treichl
Schnitt: Marco Rottig
mit: Hadi Khanjanpour, Kristin Suckow, Aziz Capkurt, Jeanette Hain, Mela Kanbak

Trailer:
Offizieller Teaser | „STILLE POST” – Ab 15.12.2022 im Kino
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Passagiere der Nacht

Ein Film von Michael Hers.

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Paris, 1981: Am Wahlabend herrscht Aufbruchsstimmung; beschwingt stür­men Frankreichs Bürger*innen die Straßen. Doch Élisabeth (Charlotte Gainsbourg) fällt es schwer, sich dem all­ge­mei­nen Optimismus anzu­schlie­ßen. Ihre Ehe steht vor dem Aus, und sie wird die Familie allei­ne zusam­men­hal­ten müs­sen. Sie ist ver­zwei­felt, sowohl ihr Vater als auch ihre halb­wüch­si­gen Kinder fürch­ten, dass ihre Tränen nie ver­sie­gen wer­den. Was aber, wenn Élisabeth ihren Gefühlen folgt, um die sich ankün­di­gen­de Leere zu fül­len? Was, wenn sie aus einer Laune her­aus dem Moderator ihrer liebs­ten Radiosendung einen Brief schreibt? Oder ein obdach­lo­ses Mädchen zu sich nach Hause ein­lädt? Was, wenn sie auf eine Weise zu han­deln beginnt, die das Leben tat­säch­lich ver­än­dert?
Nach Amanda rich­tet Mikhaël Hers sei­nen sen­si­blen Blick auf die 1980er-Jahre und auf die schein­bar all­täg­li­chen Momente des Familienlebens, die einem jedoch für immer in Erinnerung blei­ben. Eine nost­al­gi­sche Selbsterfindungssaga, bevöl­kert von Figuren, deren Verletzlichkeit und Güte der Regisseur auf eine Weise wür­digt, dass es in unse­rer meist von des­il­lu­sio­nier­ten Antihelden begeis­ter­ten Filmwelt her­vor­sticht. Bei der Frage, wie unse­re Gesellschaft funk­tio­niert, ver­mag uns die­ser inti­me und fas­zi­nie­ren­de Film eine Idee davon zu geben, war­um Liebe wich­tig ist.

Der Berlinale-Wettbewerbsbeitrag „The Passengers Of The Night“ von Mikhaël Hers gehört zu die­ser ganz beson­de­ren Art von Filmen, in denen man sich völ­lig ver­lie­ren kann und von denen man sich im Grunde wünscht, sie mögen nie­mals zu Ende gehen. Ein Film, den man nicht schau­en, son­dern den man bewoh­nen möch­te.“
Jochen Werner | filmstarts.de

Credits:

Les pas­sa­gers de la nuit
FR 2022, 111 Min., frz. OmU
Regie: Mikhaël Hers
Kamera: Sébastien Buchmann
Montage: Marion Monnier
mit: Charlotte Gainsbourg, Quito Rayon-Richter, Noée Abita, Megan Northam, Thibault Vinçon, Emmanuelle Béart, Laurent Poitrenaux, Didier Sandre, Lilith Grasmug, Calixte Broisin-Doutaz

Trailer:
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Unruh

Ein Film von Cyril Schäublin.

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Ein Hauch von Rebellion weht durch das klei­ne Schweizer Bergtal: aus­ge­hend von Florian Eitels „Anarchistische Uhrmacher in der Schweiz“ erzählt Cyril Schäublin in sei­nem preis­ge­krön­ten zwei­ten Spielfilm über revo­lu­tio­nä­res Streben, eine begin­nen­de Romanze, dem Wesen kom­pli­zier­ter Handwerksarbeit und die Abhängigkeit von Zeit, Technik, Arbeit und Gewinn.
Die UNRUH ist die Federspirale einer Uhr und mit ihrer Unruhe ver­ant­wort­lich für die genau Abbildung des Zeitlaufs, nicht ihrer Messung. In dem Dorf mit der wich­ti­gen Uhrenmanufaktur haben Gemeinde, Fabriken, Bahn und Post näm­lich jeweils eige­ne Zeiten. So kann es pas­sie­ren, dass man dadurch nach der Pause zwei Minuten zu spät zurück in der Fabrik ist, aber eine gan­ze Stunde abge­zo­gen bekommt. Doch es regt sich Widerstand gegen die Arbeitsverhältnisse im Allgemeinen, die die Menschen zu sekun­den­ab­hän­gi­gen maschi­nen­ar­tig Schaffenden macht. Der rus­si­sche Kartograph und Anarchist P. A. Kropotkin ist jeden­falls über­rascht und fas­zi­niert, als er 1877 ins Tal kommt. Einerseits schlägt ihn jun­ge Uhrmacherin Josephine, die prä­zi­se und mit Leidenschaft Unruhen zusam­men­setzt, in den Bann, ande­rer­seits ver­fol­gen sie und ihre Kolleg*innen schon län­ger die Idee der Anarchie und har­ren ihrer Umsetzung. Etwas Sabotage, eige­ne Publikationen, die Gründung einer Gewerkschaft und Solidaritätsaktionen mit Kollegen in fer­nen Ländern gehö­ren dazu.

Die meis­ten Ereignisse wer­den behan­delt, als wäre man zufäl­lig über sie gestol­pert. Man lauscht … wie ein(e) Passant*in, im Vorübergehen hier und da ein paar Sätze aufschnap­pend. Die Kamera nimmt in „Unruh“ nie das Offensichtliche in den Blick. … Es geht um Menschen, aber eben auch um Ideen. Um Individuen, aber eben auch um Massen und Bewegungen. Es sind demo­kra­ti­sche Bilder, die das Publikum für sich selbst ord­nen darf. …Ein schil­lern­des, klu­ges Gesellschaftsporträt zwi­schen Spott und Empathie, Sanftmut und Zorn, Liebe und Revolution.“
Lucas Barwenczik | Filmstarts.de

Credits:

CH 2022, 93Min., Schweizerdeutsch/Französisch/Russisch u. a. OmU
Regie, Drehbuch, Schnitt: Cyril Schäublin, Kamera: Silvan Hillmann
mit: Clara Gostynski, Alexei Evstratov, Monika Stalder, Hélio Thiémard, Alice-Marie Humbert, Esther Flückiger, Alisa Miloglyadova, Elisaveta Kriman, Olga Bushkova

Trailer:
UNRUH (offi­zi­el­ler Trailer)
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Poppy Field

Poppy Field

Ein Film von Eugen Jebeleanu.

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In sei­nem Job als Polizist ver­birgt Cristi, dass er schwul ist. Dann wird die Einheit in ein Kino geru­fen, in dem christ­li­che Konservative gegen einen „unmo­ra­li­schen“ les­bi­schen Film pro­tes­tie­ren.
Wenn er mit sei­nem fran­zö­si­schen Freund Hadi allei­ne in der Wohnung ist, ist Cristi lie­be­voll und ent­spannt. Es wirkt, als besuch­te der Pariser Cristi zum ers­ten Mal in Rumänien und auch, als wäre ihre Beziehung noch sehr frisch. Die bei­den Männer tur­teln und kuscheln, Cristi kocht und erzählt von der Oma, die im Gefängnis war. Nur, wenn er sich unbe­ob­ach­tet fühlt, schim­mert durch, dass er auch ner­vös ist. Das wird deut­li­cher, als Hadi vor­schlägt, sie könn­ten zusam­men einen Ausflug machen. Cristi fin­det alle mög­li­chen Gründe dage­gen. In sei­nem Job bei der Gendarmerie, einer Art mili­tä­ri­scher Polizei, hat Weichheit kei­nen Platz und egal, ob er mit den Kollegen quatscht oder von Protestierenden ange­schrien wird, immer trägt er, so gut er kann, eine pro­fes­sio­nell emo­ti­ons­lo­se Maske. Doch an die­sem Abend wird sei­ne Einheit in ein Kino geru­fen, in dem christ­li­che Konservative gegen einen „unmo­ra­li­schen“ les­bi­schen Film pro­tes­tie­ren, und als ein Bekannter Cristi aus den Clubs wie­der­erkennt, schlägt er ihn ins Gesicht und gerät so erst recht ins Zentrum der Aufmerksamkeit.
Der eta­blier­te Theaterregisseur Eugen Jebeleanu hat für sei­nen Debütfilm ein Kammerspiel effek­tiv mit den Mitteln des Kinos ange­rei­chert. Der Film setzt sich aus meh­re­ren lan­gen Dialogszenen zusam­men, in denen die Handkamera durch den Raum kreist, als wäre sie selbst stän­dig in Gefahr, im Gewühl der Schreienden mit­ge­ris­sen zu wer­den, und dann ganz nah ran­geht, wo sich in klei­nen Bemerkungen und Gesichtsregungen die wah­re Geschichte zuträgt. So ent­steht ein gro­ßes Drama aus klei­nen Momenten. Conrad Mericoffer spielt dabei gelun­gen Cristis inne­re Konflikte wie auch die Wutausbrüche, hin­ter denen er sie vor sei­nen Kollegen ver­steckt. Man hofft, er kön­ne irgend­wann zu sich, sei­nen Gefühlen und Hadi ste­hen, aber die sub­ti­le, all­ge­gen­wär­ti­ge Homophobie scheint auch ihn zu durch­trän­ken. Ob er an ihr zer­bricht oder nach die­ser Nacht zuhau­se wie­der zur anfäng­li­chen Liebe fin­det, bleibt unklar. Aber der Film gibt die Hoffnung nie ganz auf.
Text: Christian Klose | Indiekino.de

Credits:

RO 2020, 81 Min., rumä­ni­sche OmU
Regie: Eugen Jebeleanu
Kamera: Marius Panduru
Schnitt: Cătălin Cristuţiu
mit: Conrad Mericoffer, Alexandru Potocean, Radouan Leflahi, Cendana Trifan, Ionuţ Nicolae, Alex Câlin, Rolando Matsangos, George Piștereanu

Trailer:
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Drei Winter

Drei Winter

Ein Film von Michael Koch.

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

In einem ent­le­ge­nen Schweizer Alpendorf greift der zuge­zo­ge­ne Marco dem Bergbauern Alois unter die Arme, auch beim Stammtisch lernt man den stäm­mi­gen Eisteetrinker lang­sam schät­zen. Anna wie­der­um kommt ursprüng­lich aus dem Dorf, ihre Tochter stammt aus einer frü­he­ren Beziehung. Dass die neue Liaison mit Marco klap­pen wird, bezwei­feln so man­che. Marco und Anna nicht, sie hei­ra­ten. Ihre Liebe ist behut­sam und schön, sie beschwö­ren sie mit ein­fa­chen Worten, kön­nen sie nicht fas­sen. Doch bald scheint Marco immer öfter die Kontrolle über sei­ne Impulse zu ver­lie­ren …
Romeo und Julia, modern inter­pre­tiert in den Schweizer Alpen: in Michael Kochs beein­dru­cken­dem zwei­ten Spielfilm kom­men eine mensch­li­che Tragödie und die epi­sche Natur der Schweizer Bergwelt auf ein­zig­ar­ti­ge Weise zusam­men. DREI WINTER wur­de auf der dies­jäh­ri­gen Berlinale mit einer loben­den Erwähnung ausgezeichnet.

Mir war wich­tig, nicht das Schweizer Postkartenbild der idyl­li­schen Bergwelt zu wie­der­ho­len, das immer wie­der in ein­hei­mi­schen Filmen zu sehen ist. Ich woll­te eine ande­re Landschaft in den Vordergrund rücken. Im Kanton Uri herrscht durch die­se engen Täler und stei­len Hänge, die­se eher raue Natur, noch­mals eine ande­re Energie. Hier leben vie­le Einheimische noch von der Berglandwirtschaft. Sie beackern das gan­ze Jahr hin­weg das Land, auf dem sie woh­nen und sind dadurch eng mit der Natur und der Bergwelt ver­bun­den. Dieser Hintergrund wirkt sich auch dar­auf aus, wie sie mit gewis­sen Dingen umge­hen, die im Leben nicht zu kon­trol­lie­ren sind. Weil sie viel­leicht die Erfahrung machen, dass die Natur sich immer wie­der der mensch­li­chen Kontrolle ent­zieht und man sich damit arran­gie­ren muss. Gelassen hin­neh­men, was nicht in unse­rer Macht steht, ist glau­be ich eine Qualität, die bei vie­len Berglern anzu­tref­fen ist. Und eine Haltung, die mich inter­es­siert.“ Michael Koch

Credits:

Drii Winter
CH/DE 2022, 136 Min. schwei­zer­deut­sche OmU
Regie, Buch: Michael Koch
Kamera: Armin Dierolf
Schnitt: Florian Riegel
mit Michèle Brand, Simon Wisler, Elin Zgraggen, Daniela Barmettler, Josef Aschwanden

Trailer:
Drei Winter (offi­zi­el­ler Trailer) – ein Film von Michael Koch
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Silent Land

610 – Berlin – Warszawa Filmfestival #2

23. – 30. 11. 2022

Vom 21. bis zum 30. November fin­det in Kinos und Festivalräumen von Berlin und Warschau die zwei­te Ausgabe des Filmfestivals 610 Berlin – Warszawa statt. Zur Eröffnung lädt das fes­ti­val unse­re Gäste zu einer Reise mit dem Kulturzug auf der Strecke Berlin-Warszawa-Berlin ein. Filmemacher, Journalisten und Ehrengäste tref­fen sich an Bord, um über Kino, Kultur und die deutsch-pol­ni­schen Beziehungen zu spre­chen. Die Vorführungen des Hauptfestivals star­ten am 23. November – dann wird zum ers­ten Mal ein deut­scher Film in Kinoteka in Warschau und zur glei­chen Zeit pol­ni­sches Kino im Club der pol­ni­schen Versager in Berlin gezeigt.

Im Mittelpunkt der dies­jäh­ri­gen Warschauer Ausgabe des Festivals steht die Frau – als Künstlerin und als Protagonistin. Wie kann man sich in einem nord­deut­schen Dorf unab­hän­gig machen, wie fin­det man sich in den Realien der Großstadt zurecht, wie ent­kommt man der deut­schen Provinzialität und lässt sich zum Kampf in kur­di­schen Frauenbataillonen auf­stel­len – das sind nur eini­ge der Geschichten, die deut­sche Regisseurinnen erzäh­len. Gelegenheit zum direk­ten Gespräch zwi­schen dem pol­ni­schen Publikum und den Filmemacherinnen bie­ten Podiumsdiskussionen, die im Rahmen des Festivals stattfinden.

Die Auswahl pol­ni­scher Filme in Berlin zeigt unbe­que­me Bilder, es wer­den gesell­schaft­li­che Themen auf­ge­grif­fen: der pol­ni­sche Katholizismus, das mul­ti­kul­tu­rel­le Trauma des Zweiten Weltkrieges, die Globalisierung und die Frauenbewegung der letz­ten Jahre. In Dokumentar‑, Spiel- und Kurzfilmen wird der pol­ni­sche Alltag unge­schminkt gezeigt.

Wir sind davon über­zeugt, dass das dies­jäh­ri­ge Festivalprogramm nicht nur ein anspruchs­vol­les künst­le­ri­sches Niveau bie­tet, son­dern auch die Chance gibt, die kul­tu­rel­len, gesell­schaft­li­chen, poli­ti­schen und emo­tio­na­len Komplexitäten in uns und unse­ren Nachbarn ken­nen­zu­ler­nen und sich dar­über Gedanken zu machen. Über zwei Völker und Kulturen, die sich so nah und gleich­zei­tig so fern sind.

Mehr: https://www.610-filmfestival.pl/de/filmfestspiele/

Das Berlin Programm:

Cicha Ziemia | Silent Land 

SCRATCH

Regie: Agnieszka Woszczyńska

2021 / Polen, Italien, Tschechien / 113 min / OmdU

Wenn sich die Brutalität des Lebens hin­ter der Staffage einer ver­meint­li­chen Idylle ver­birgt, und wir nicht ein­mal das wahr­neh­men wol­len, was uns beun­ru­higt und Angst macht – dann fürch­ten wir uns meis­tens vor der Wahrheit.

Anna und Adam sind ein gut situ­ier­tes Paar in den Dreißigern. Reisen, gute Abendessen und Sex ohne Liebe sind ihre Lebensrituale. Gerade hat ihr lang erwar­te­ter Urlaub auf Sizilien begon­nen, aber vor Ort stellt sich her­aus, dass in dem von ihnen gemie­te­ten Haus am Meer kein Wasser im Pool ist. Als nach einem Streit mit dem Besitzer ein jun­ger Mann auf­taucht, der den Schaden repa­rie­ren soll, kommt es zu einem töd­li­chen Unfall. Die Urlaubsidylle wird zum Horror. Wer war die­ser Mann und war­um hat ihm nie­mand gehol­fen? Warum schweigt die ört­li­che Gemeinschaft, und war­um wer­den die Aufzeichnungen der Überwachungskameras – wie schwei­gen­de Zeugen – ignoriert?

Agnieszka Woszczyńskas Debütfilm ist eine lei­se Anklage der Welt, in der wir leben. Er erzählt davon, wie wir vor dem Bösen in unse­rem Umfeld und gegen­über zeit­ge­nös­si­schen Tragödien afri­ka­ni­scher Flüchtlinge die Augen verschließen.

fsk Kino 27.11.2022 20:00 [Tickets]

KLICK 30.11.2022

Gast: Agnieszka Woszczyńska – online

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Dobra zmi­a­na / The Good Change

Regie: Konrad Szołajski

2018, Polen, 77 min, OmeU

Zwei Frauen und zwei Welten, die so weit von­ein­an­der ent­fernt sind, dass man kaum glau­ben möch­te, dass bei­de Protagonistinnen in dem­sel­ben Land leben.

Der „Wandel zum Guten“ war der Wahlkampfslogan der Partei Recht und Gerechtigkeit – der Regierungspartei, die seit sie­ben Jahren in Polen an der Macht ist. Er war die rechts-popu­lis­ti­sche Antwort auf die neo­li­be­ra­le Politik der vor­he­ri­gen Regierung und hat das pol­ni­sche Volk radi­kal pola­ri­siert. Konrad Szołajskis Film erzählt von die­sem poli­ti­schen Phänomen aus der Sicht von zwei Frauen. Marta und Tita emp­fin­den sich bei­de als Patriotinnen, doch für die eine ist Patriotismus natio­nal und katho­lisch, für die ande­re euro­pä­isch und libe­ral. Nominell sind das zwei poli­ti­sche Lager, real ist das ein Krieg der Sterne. Marta und Tita füh­ren ihr Leben auf ver­schie­de­nen Seiten der poli­ti­schen Barrikade in ein und dem­sel­ben Land – in Polen, das zwei Gesichter hat.

Der gesell­schafts­po­li­ti­sche Dokumentarfilm von Konrad Szołajski zwingt zum Nachdenken über die Radikalisierung des gesell­schaft­li­chen Lebens im heu­ti­gen Polen und die Konsequenzen, die sich dar­aus für die inter­na­tio­na­len Beziehungen ergeben.

Klub der pol­ni­schen Versager 24.11.2022

fsk Kino 25.11.2022 20:00 [Tickets]

KLICK 26.11.2022

GAST: Konrad Szołajski

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Jak Bóg szu­kał Karela | Once Upon a Time in Poland

Regie: Vit Klusak / Filip Remunda

2020 / Polen, Tschechien, Slowakei / 98 min, OmeU

Manchmal muss man über erns­te Dinge mit einem Augenzwinkern spre­chen, mit der Ironie eines Narren. Einfachste Fragen stel­len und damit die Welt in ihrer Ungreifbarkeit offen­le­gen und sie furcht­los in ihrer gan­zen Blöße zeigen.

Eine klei­ne Gruppe tsche­chi­scher Protestanten besucht Polen, weil sie das natio­na­le Phänomen des Katholizismus ver­ste­hen will. Es han­delt sich um ein Filmteam, an des­sen Spitze Karel steht, ein Atheist. Mit der Dickköpfigkeit eines Esels durch­que­ren sie das Land kreuz und quer, zwi­schen Sacrum und Profanum. Sie begeg­nen der Freude der christ­li­chen Erweckung und pädo­phi­len Abgründen, dem Glauben im Alltag und dem natio­na­len Charakter der pol­ni­schen Kirche, dem Phänomen der Beichte und der Gefühlserregung durch die Glaubenserfahrung …

In ihrem Film neh­men uns die Künstler mit auf eine unge­wöhn­li­che Reise durch das Polentum. Gleichzeitig han­delt es sich um einen Dokumentarfilm über die Entstehung und Grenzen von Dokumentarfilmen, über Wege zur Wahrheit und über den zar­ten Grat zwi­schen Manipulation und Epiphanie.

Klub der pol­ni­schen Versager 26.11.2022

fsk Kino 24.11.2022 20:00 [Tickets]

KLICK 2511.2022

Gast: Michal Gabor

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MY COUNTRY, SO BEAUTIFUL

Kurzfilmprogramm

PL 2018 ‑2020, 98´, OmeU

Obwohl uns die Namen der Künstler viel­leicht nicht viel sagen, sind ihre Kompromisslosigkeit und ihre muti­ge Sicht auf die Wirklichkeit ein Beweis für ihre enor­me Sensibilität und ihr Verantwortungsgefühl für die Welt, in der wir leben.

Grzegorz Paprzycki por­trä­tiert in sei­nem Film My coun­try so Beautiful rechts­extre­me Kampftruppen. Der Animationsfilm Chrystus Narodu von Ewa Drzewiecka ist eine iro­ni­sche und kri­ti­sche Betrachtung der Fundamente der pol­ni­schen Kultur und ihres Sacrum. In Krzyżoki entfaltetAnna Gawlita ein fas­zi­nie­ren­des Bild eines Osterbrauchs auf dem Lande bei Opole, und Miłość bezwa­r­un­kowa von Rafał Łysak ist eine bewe­gen­de Geschichte über eine from­me Großmutter und ihren homo­se­xu­el­len Enkelsohn.

Diese jun­gen Künstler betrach­ten natio­na­le Fragen, über die bis­her geschwie­gen wur­de, und sie grei­fen sen­si­ble Themen auf, die abwei­chen von der offi­zi­el­len Linie der Kulturförderung.

Krzyżoki | Eastern Riders | Der Osterritt

Regie: Anna Gawlita

PL 2018, 20 min, OmeU

Miłość bezwa­r­un­kowa | Unconditional Love | Bedingungslose Liebe

Regie: Rafał Łysak

PL 2020, 40 min, OmeU

Chrystus Narodu | Christ of the Nation | Christus der Nation

Regie: Ewa Drzewiecka

PL 218, 9 min

Mój kraj taki pię­k­ny | My Country, So Beautiful | Mein Heimat ist so schł

Regie: Grzegorz Paprzycki

PL 2019, 29 mm OmeU

Klub der pol­ni­schen Versager 28.11.2022

fsk Kino 29.11.2022 20:00 [Tickets]

KLICK 27.11.2022

GAST: Rafał Łysak

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Sędziowie pod pres­ją | Judges Under Pressure

Regie: Kacper Lisowski

2021 / Polen / 87 min. OmeU

Die Europäische Kommission hat Polen die sechs­te Tranche der Strafzahlung für die feh­len­de Umsetzung des Entscheides des Gerichtshofes der Europäischen Union von Juli des ver­gan­ge­nen Jahres abge­zo­gen. [RZECZPOSPOLITA, 27.10.2022]

Polens Rechnung für sein System der Disziplinarverfahren gegen Richter beträgt bereits 329 Millionen Euro. Und der Zähler läuft weiter.

[RZECZPOSPOLITA, 28.10.2022]

Worum geht es hier eigent­lich? Wer ist Richter Igor Tuleya? Wer sind die ande­ren Richter in Kacper Lisowskis Film? Die Richter, deren Kompetenzen von der pol­ni­schen Regierung infra­ge gestellt wer­den, obwohl ihnen kei­ne Berufsverbot erteilt wurde?

Seit 2017 wird in Polen über die Unabhängigkeit der pol­ni­schen Gerichtsbarkeit und die Faktizität der Dreiteilung der Macht gestrit­ten. Die Vereinnahmung durch poli­ti­sche Parteien und die dar­aus fol­gen­de Manipulation sowie der Druck sei­tens der Regierungspartei auf die all­ge­mei­nen Gerichte sind beun­ru­hi­gend, weil sie die Fundamente der Demokratie angrei­fen. Mit der Einrichtung einer Disziplinarkammer durch PiS – einer bewer­ten­den? kon­trol­lie­ren­den? über­wa­chen­den? – stößt das juris­ti­sche System auf ent­schie­de­nen gesell­schaft­li­chen Widerstand in Polen und auf finanz­po­li­ti­schen Widerstand in Brüssel.

Der Dokumentarfilm von Kacper Lisowski ver­sucht, den vor­lie­gen­den Sachverhalt aus gesell­schaft­li­cher und emo­tio­na­ler Perspektive zu rekon­stru­ie­ren und die Richter, die ihren Beruf nicht aus­üben kön­nen, spre­chen zu las­sen. Es wird sich auch Gedanken über ethi­sche Werte und die Obsession der Kontrolle gemacht.

Klub der pol­ni­schen Versager 27.11.2022

fsk Kino 28.11.2022 20:00 [Tickets]

KLICK 29.11.2022

GAST: Kacper Lisowski

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WESESE | The Wedding

Regie: Wojciech Smarzowski

2021 / Polen / 135 min / OmdU

WESEלE ist einer der am stärks­ten dys­to­pi­schen und kon­tro­ver­sen Filme des pol­ni­schen Kinos. Er zeigt ein beängs­ti­gen­des Bild vom Zerfall einer Familie und von den Grenzen der Liebe, das Ende der Menschlichkeit und den glo­ba­len Wahnsinn in einer pro­vin­zi­el­len Wirklichkeit.

Ryszard Wilk ist ein loka­ler Geschäftsmann, ein rei­cher und kor­rup­ter Besitzer einer Schlachterei, für den es nichts gibt, was nicht zu beschaf­fen wäre. Als sei­ne gelieb­te Tochter hei­ra­tet, muss die Hochzeit pom­pös sein und mit allem Pipapo. Aber an die­sem Tag geht in sei­nem Leben alles schief. Ein Deal mit einem deut­schen Geschäftspartner platzt, ein skru­pel­lo­ser Erpresser will die unmensch­li­chen Arbeitsbedingungen in der Schlachterei öffent­lich machen, und dann tau­chen, kurz bevor Wilk die Kirche betre­ten will, auch noch zwei Vertreter der israe­li­schen Botschaft mit der Nachricht auf, dass der betag­te Senior der Familie einen Verdienstorden erhal­ten soll. Wilk steht Kopf, um eine Katastrophe zu ver­hin­dern. Doch an die­sem Tag sind die Dämonen der Vergangenheit und des Alltags nicht unter Kontrolle zu bekommen.

Dieser Film fährt die gesam­te Palette auf, die das Leben eines pro­vin­zi­el­len tyran­ni­schen Statthalters beinhal­tet, und impo­niert mit der Fülle an gesell­schaft­lich-his­to­ri­schen Motiven. Regisseur Wojciech Smarzowski erzählt bra­vou­rös und atem­los einen Tag des pol­ni­schen Universums, ohne Grenzfragen wie den Nationalstolz und die unbe­fleck­te Empfängnis zu fürchten.

Babylon 25.11.2022

fsk Kino 26.11.2022 20:00 [Tickets]

KLICK 24.11.2022

GAST: Wojciech Smarzowski

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WOMEN VOICES

Animationsfilm

2016–2021 / Polen / 83 Min.

Zweifellos hat sich der neue pol­ni­sche Feminismus, der durch die Verschärfung des Abtreibungsrechts ent­stan­den ist, nicht nur in Straßenprotesten der Frauen nie­der­ge­schla­gen, son­dern auch in den Werken von Studentinnen der Filmhochschule Łódź. Die Entdeckung der Weiblichkeit aus einer nicht­anato­mi­schen Perspektive, aber als Auseinandersetzung mit der Gesellschaft, als Erfahrung von Schönheit und Schmerz und als unab­hän­gi­ges Streben nach Selbstverständnis – das sind nur eini­ge Motive die­ser kur­zen Geschichten, die sich die Frage Wer bin ich? stellen.

Unterschiedliche Stile, ver­schie­de­ne Erzähltemperaturen, eine Reise durch Farben und Licht, durch Sinnlichkeit und Einfachheit, Verwunderung und Rührung, Wut und Nachsinnen – für den Zuschauer ist das ein ech­tes fil­mi­sches Festmahl und eine Begegnung mit einer Welt der Frauen, die vol­ler Zweifel ist.

Cipka / Pussy 

R: Renata Gasiorowska

PL 2016, 8 min

Alicja i żab­ka / Alice and the Frog

R: Olga Bołądź

PL, 2020, 29 min., OmeU

Moja gru­ba dupa / My fat Arse and I 

R: Yelyzaveta Pysmak

PL 2020, 9 min., OmeU

Ciałość / Lushfullness

R: Weronika Szyma

PL 2020, 5 min

Takie pię­k­ne mias­to / Such a Beatiful Town

R: Maria Koch

PL 2020, 8 min

Jestem tutaj

R: Julia Orlik

Polen / 202015 min / OmeU

Duszyczka / A litt­le Soul

R: Barbara Rupik

PL. 9 min

Klub der pol­ni­schen Versager 29.11.2022

fsk Kino 30.11.2022 20:00 [Tickets]

KLICK 28.11.2022

GAST: Yelyzaveta Pysmak

Hallelujah: Leonard Cohen, a Journey, a Song

Ein Film von Daniel Geller und Dayna Goldfine. 

[Credits] [Tickets & Termine] [Trailer]

Neulich beim Aqua-Fitness gab es zur Unterstützung des Takthaltens eine beson­ders scheuß­li­che Disko-Techno-Version, ges­tern auf der Strandpromenade an der Ostsee eine ver­hal­te­ne mit Solo-Trompete: HALLELUJA ist über­all. Kaum eine Hochzeit, Beerdigung, Casting-Show, Straßenmusikerin kommt mehr ohne eine – text­lich ger­ne ent­schärf­te – Version aus, und Musikerinnen, die was auf sich hal­ten, rei­chern ihre Auftritte damit an, eben­so myria­den TV-Sendungen, Serien, Shows und Filme. Was ist mit die­sem Song, der offen­sicht­lich die meis­ten Menschen rund um den Globus zu rüh­ren ver­mag? Der Film erzählt die Geschichte des Liedes, das Leonard Cohen beim Schreiben über Jahre auf meta­phy­si­scher Suche Strophe auf Strophe, die genaue Anzahl bleibt im Dunkeln, ver­län­ger­te. Die Annäherung an den Poeten und Sänger über ein ein­zi­ges Lied, viel­leicht sein, so legt der Film nahe, wich­tigs­tes, ist hier sehr schlüs­sig, aber nicht das ein­zig Interessante. Von Menschen, die dem Musiker nahe stan­den und mit der Entstehung oder dem Song all­ge­mein zu tun hat­ten, hören wir von der unglaub­li­chen Veröffentlichungsgeschichte, wie der Song trotz­dem in die Welt kam und von wem. Dazu gibt es eini­ge klu­ge Kommentare und Überlegungen zum Musikgeschäft all­ge­mein und dar­über hin­aus. Meine Lieblings-Interpretation von HALLELUJA ist übri­gens nach wie vor die von John Cale von 1991, trotz eini­ger hüb­scher unter den Aufnahmen, die im Netz zu fin­den sind.
„Kann man das Genie eines so viel­sei­ti­gen Dichters, über des­sen Leben es knapp 20 Filme gibt, auf einen Song kon­zen­trie­ren? Die erstaun­li­che Antwort gibt die­ser Film, der es schafft, die wich­tigs­ten bio­gra­fi­schen Wendepunkte zu erwäh­nen und doch im Kern nur die Geschichte von »Hallelujah« zu erzäh­len. Dabei ist es erstaun­lich, …, wie wech­sel­voll Cohens Beziehung zu sei­nem eige­nen Lied war und wie er sich am Ende damit ret­te­te.“ epd-film

Credits:

USA 2021 116 MIn., engl. OmU
Regie & Buch: Daniel Geller, Dayna Goldfine
Kamera: Dan Geller
Schnitt: Dayna Goldfine, Bill Weber, Dan Geller

Trailer:
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